Trotz der ungewohnten Anstrengung schlief sie schlecht in dieser Nacht. Mal erwachte sie vom Ruf eines Nachtvogels, dann wieder weckte sie eine krabbelnde Ameise, am häufigsten jedoch störte Christian ihren Schlaf. Ruhelos wälzte er sich auf seiner Bastmatte hin und her, setzte sich immer wieder auf, um etwas von dem restlichen Tee zu trinken, oder zuckte unter dem Biss eines Insekts zusammen. Ganz sicher machte auch er kaum ein Auge zu, doch sie konnte wenig Mitgefühl für ihn aufbringen. Stattdessen begann sie, über ihn nachzugrübeln und sich zu fragen, ob er sich vielleicht wirklich verändert hatte. Er hatte keinen einzigen Versuch unternommen, sich ihr zu nähern. Was bezweckte er? Wollte er sie zurückgewinnen? Sie beschützen? Oder wollte er einfach nur deutlich machen, dass er seine Frau nicht unbeaufsichtigt mit einer Karawane davonziehen ließ?

Gegen Morgen spürte sie das seltsam hohle Gefühl, das stets einen Fieberanfall ankündigte, und erschrak. Auf keinen Fall durfte sie krank werden; jetzt, da Christian mit der Karawane reiste, schon gar nicht. Leise zündete sie die Lampe an, stand vom Feldbett auf und kramte die kleine Flasche mit dem Chinin aus ihrem Koffer hervor. Sie nahm eine geringe Dosis von dem bitteren, weißen Pulver und spülte sie mit dem Rest Tee hinunter. Es war nicht das erste Mal, dass sie Fieber bekam, aber bisher hatte das Chinin immer gut geholfen, man musste es nur regelmäßig über mehrere Tage hinweg einnehmen. Bevor sie die Lampe löschte, sah sie auf Christian hinab, der bewegungslos auf seiner Bastmatte am Boden lag. Schlief er? Der Lampenschein erreichte sein Gesicht nicht, doch sie hatte den Eindruck, dass seine Augen einen Spalt weit geöffnet waren.

Als die Karawane gut zwei Stunden später den Lagerplatz verließ, hatten sich Charlottes Befürchtungen zerstreut, das hohle Gefühl war verschwunden. Der Weg führte nach Korogwe – ein Ort am Fuß des Usambara-Gebirges, bestehend aus etwa zwanzig Lehmhütten und einer verlassenen Missionsstation. Eine muntere Ziegenherde graste auf den Hügeln, und die Araber schickten ein paar Männer los, um Ziegenfleisch und Kochbananen gegen ein wenig Eisendraht, eine Stoffbahn und rote Glasperlen zu tauschen.

Das Usambara-Gebirge erhob sich vor ihnen in wilder, unberührter Schönheit, die Gipfel halb im Nebel verborgen. Grünende Berghänge, Felsgestein, dichte Waldgebiete, in denen sich Wasserfälle wie weiße Fäden den Hang hinabstürzten, erschienen vor ihren staunenden Augen. Der Pfad folgte nun nicht mehr dem Pangani, sondern einem seiner Quellflüsse, dem Mkomasi, doch die Karawanenstraße führte nicht unten am Fluss entlang, sondern durch die Berge, berührte Tamaranda und zog sich weiter nach Masinde.

Jeder Tag brachte neue Entdeckungen, Afrika erschien Charlotte wie ein blühender Garten Eden. Sie sahen die massigen Leiber der Flusspferde im braunen Wasser liegen, Adler kreisten über den Bergen, Hyänen stießen in den Nächten ihr seltsam heiseres Lachen aus, und ganz selten, doch unverkennbar, war das Brüllen eines Löwen vernehmbar. Längst hatte sie sich an die täglichen Strapazen gewöhnt, nahm das morgendliche und abendliche Zeremoniell der Afrikaner mit Heiterkeit und konnte die Ungeduld ihrer deutschen Reisebegleiter nicht begreifen. Weshalb eilen? Dieses Land war gesegnet, seine Bewohner hielten die Zeit in ihren Händen. Sie ließen die Stunden wie feinen Sand durch die Finger rieseln, berührten jede Minute, jede Sekunde mit zärtlicher Gelassenheit, nichts ging verloren, alles kehrte wieder zu ihnen zurück.

Am fünften Tag erreichten sie den Ort Masinde, auf einem Hügel inmitten eines felsigen Bergtales gelegen und im dichten Regenwald verborgen. Hier gab es eine Station der deutschen Polizeitruppe, ein massives, weiß angestrichenes Lehmgebäude mit vier Bastionen, was die Karawanenführer sehr zu schätzen wussten, denn noch vor wenigen Jahren hatte man hier hohe Wegzölle an Semboja, den Häuptling der Shamba, zahlen müssen. Es wurde beschlossen, einen Tag Pause zu machen, denn es gab einige Fieberfälle unter den Trägern, auch hatte sich der Maler Dobner einen Dorn in den Fuß getreten, einen ungewöhnlich spitzen, großen Stachel, der durch die Schuhsohle hindurch in den Fußballen eingedrungen war.

Charlotte verbrachte den Tag unter den schwarzen Frauen und Kindern, was Dr. Meyerwald ganz erstaunlich fand und mit teils amüsierter, teils befremdeter Miene beobachtete. Auch Christian, der Dobners Fuß gereinigt und verbunden hatte, suchte Charlotte häufig mit den Blicken, er schwieg jedoch, und man sah ihm nicht an, was er davon hielt.

Charlotte hatte die Kinder bald für sich gewonnen: Sie sang ihnen Lieder vor, die sie unglaublich schnell mitsingen konnten, sie erfand Geschicklichkeitsspiele mit kleinen Steinchen und Hölzern, sie stellte Fragen auf Suaheli, und auch wenn nicht alle diese Sprache verstanden, so begriffen sie doch, was die weiße Frau wissen wollte. Mit den Frauen war es schwieriger, sie schwatzten und stritten zwar unbefangen untereinander, doch Charlotte hatte schon bemerkt, dass es auch unter ihnen feste Gruppen gab, die den Kontakt mit anderen vermieden. Alle jedoch scheuten sich, längere Zeit mit einer weißen Frau zu reden, und wenn sie es taten, dann überlegten sie gut, was sie sagten und worüber sie besser nicht sprachen.

»Weshalb haben die Träger gestern ausgespuckt, als sie an diesem grauen Fels vorbeigingen?«

»Sie haben gespuckt? Nein, nein, bibi Ohlsen. Sie nicht haben gespuckt. Das hast du falsch gesehen.«

»Das mag sein. Aber sie haben auch Steine aufgehoben und sie vor den Fels geworfen.«

»Steine? Ja, vielleicht einer hat Stein aufgehoben und wieder fortgeworfen, weil er nicht gefällt.«

»So wird es gewesen sein«, erwiderte Charlotte geduldig. »Aber weshalb haben andere Männer Zweige abgerissen und sie vor den Fels gelegt?«

»Zweige? Sie waren im Weg, da sie sie haben abgerissen …«

»Jetzt verstehe ich«, versetzte Charlotte. »Wie dumm ich war. Ich habe gedacht, dieser graue Fels möchte Zweige und Steinchen fressen, und er mag gern angespuckt werden. Da habe ich ihn auch angespuckt …«

Die Frauen kicherten, eine beugte sich vor, um eine Horde Fliegen von den Teigfladen zu verscheuchen, eine andere legte die Fladen auf einen flachen Stein, der in der glimmenden Asche lag.

»Das vielleicht dumm von dir, bibi Ohlsen. Vielleicht aber auch nicht. Du den mzimu Tribut gezahlt hast.«

»Den mzimu?«

»Den Manen, den Geistern der Toten.«

Jetzt endlich bequemte sich eine der älteren Frauen, das Rätsel zu lösen.

»An dem Fels wurde einmal ein Mann getötet. Seine Manen immer noch dort sind. Sie wollen Wegzoll haben, sonst sie schicken Krankheit, wilde Tiere oder böse Menschen.«

»So ist das. Jetzt habe ich es verstanden.«

Ganz fremd waren ihr solche Vorstellungen nicht, auch daheim in Ostfriesland gab es Sagen von den Toten, die das Moor geschluckt hatte und die ruhelos an diesem Ort umgingen. Sie konnten die Lebenden in die Irre führen und sie tief hinunter in den Schlick ziehen.

»Was tut ihr aber, wenn ihr trotzdem ein Fieber bekommt?«

»Dann heilt Schamane. Manchmal auch Hexe. Aber Hexe ist nicht immer gut gelaunt; wenn sie böse, sie kann auch schaden …«

Die kranken Träger hatte man mit Chinin behandelt, aber es gab da einen Mann, der hinten mit den Führern der Karawane ging und den Charlotte schon mehrfach wegen seines auffällig bunten Kopfschmucks bestaunt hatte. Er saß jetzt bei den Fiebernden, rauchte Hanf in dicken Schwaden und bespritzte die Männer immer wieder mit einer trüben Flüssigkeit, die in einer Schale vor ihm stand. Ob das Wasser war?

»Ja, bibi. Wasser kann heilen. Er macht Zauber hinein. Er geht zu den Geistern. Wenn er dann in Wasser spuckt, die Geister geben dem Wasser Zauber …«

Wenn das so einfach wäre, dachte Charlotte amüsiert. Besser war schon, dass die Träger Chinin eingenommen hatten.

Am Abend saßen die vier Weißen wieder zusammen unter dem aufgespannten Vordach, und Dr. Meyerwald hatte zum Thema Magie eine Menge eigener Erfahrungen und Beobachtungen beizutragen. So habe er im Inland vor Jahren eine mpepo, eine Zauberin gesehen, ein scheußlich fettes Weib, mit grellrot und weiß bemaltem Gesicht, in bunte Tücher und Perlenschnüre gewickelt und mit einem Leopardenfell behängt. Sie habe sich vollkommen verrückt gebärdet, die Augen gerollt, die Finger zu Krallen geformt, er selbst habe sich nur durch einen behänden Sprung zur Seite vor dieser Megäre retten können. Vermutlich habe das Weib Pilze oder Pflanzengifte gefressen und sei davon in den Zustand der Besessenheit geraten, denn mpepo bedeute eigentlich »Wind« oder »Sturm«. Sie habe eine Dienerin bei sich gehabt, die die dawa – so nennt man hierzulande die Arzneien und Zaubergebräue – der Hexe an die Schwarzen verkaufte, wahrscheinlich Liebestränke und derartige Mittelchen. Nun, der Aberglaube sei weit verbreitet bei den Schwarzen, da habe die christliche Mission noch viel Arbeit vor sich.

»Vielleicht konnte diese Hexe ja wirklich zaubern«, überlegte Dobner und wackelte dabei probeweise mit seinem verbundenen Fuß.

»Ganz sicher«, knurrte Meyerwald spöttisch. »Sie hat sich ein kleines Vermögen zusammengezaubert, die schlaue Alte. Mit Liebestränken kann man schneller Geld verdienen als mit schlechten Zeichnungen, mein armer Freund.«

Dobner verzog das Gesicht und blieb für den Rest des Abends schweigsam.

Der folgende Tag brachte eine aufregende Abwechslung, denn die Karawane musste den Mkomasi überqueren, um wieder zum Pangani-Fluss zu gelangen, dessen Lauf man von nun an bis zum Kilimandscharo-Gebirge folgen würde. Die Furt war bekannt, sie wurde häufig von Karawanen benutzt und sei – wie der unermüdliche Meyerwald erklärte – vollkommen ungefährlich. Tatsächlich war der Fluss hier nicht allzu breit, er floss ruhig dahin, so dass man nicht fürchten musste, vom Strom erfasst und fortgespült zu werden. Doch die rotbraune Farbe des Wassers gefiel Charlotte wenig; man konnte nicht bis auf den Grund sehen und wusste so nicht, worauf man die Füße setzte.

Eine Gruppe Flusspferde, die sich ausgerechnet die Furt als Ruheplatz gewählt hatte, wurde mit Schüssen, Trommeln und Hörnerschall so lange verunsichert, bis sie sich gemächlich flussabwärts trollte.

»Ein Jammer«, rief Dr. Meyerwald. »Man hätte recht gut einen dieser Kolosse schießen können. Aber die Eingeborenen hier wollen das Fleisch nicht essen und weigern sich auch, es zuzubereiten, weil diese Viecher ihnen heilig sind …«

Charlotte lag die Frage nach den Krokodilen auf der Zunge, doch da niemand sonst davon sprach, schwieg auch sie.

Dobner, der immer noch Schmerzen in seinem Fuß verspürte, setzte sich auf einen Lehnstuhl und ließ sich von zwei Afrikanern hinübertragen. Als Humadi einen Stuhl für Charlotte herbeischleppte, lehnte sie jedoch ab. Schließlich war sie weder krank noch verwundet – sie konnte recht gut auf eigenen Füßen gehen.

Sie zog Schuhe und Strümpfe aus – die Hose würde im hüfthohen Wasser leider nass werden, daran war nichts zu ändern. Langsam ging sie den Pfad zum Ufer hinab und sah zu, wie die Träger ihre Lasten unter den gestrengen Augen ihrer Anführer und der Araber über den Fluss trugen. Es schien ihnen Spaß zu machen, sie riefen einander Scherzworte zu, und man hörte ihre seltsam rauen und doch melodischen Wechselgesänge. Als einer der Krieger mitten im Wasser ausglitt und in den braunen Fluten verschwand, ertönte ringsum schadenfrohes Gelächter. Der Krieger hatte ausnahmsweise keine Lust mitzulachen, denn mit ihm war sein Karabiner in den Fluss getaucht, und ein Gewehr war unter den Schwarzen etwas äußerst Kostbares.

Dr. Meyerwald stapfte mutig voraus, die Hose bis weit über die Oberschenkel aufgekrempelt, so dass man seine schwarz behaarten Beine sah, dann folgte Charlotte. Ihr klopfte das Herz bis zum Hals. Das Wasser war erstaunlich kalt und der Grund schlickig, so dass sie bis zu den Knöcheln im Schlamm versank. Immer wieder trafen ihre nackten Füße auf etwas Hartes – einen Stein, ein Stück Holz, eine Muschel –, sie hatte keine Ahnung, was es war, und sie wollte es auch nicht wissen. Christian hielt sich dicht hinter ihr, das Gewehr schussbereit in den Händen.

»Willst du Flusspferde abknallen?«, fragte sie spöttisch.

»Warum nicht? Vielleicht hättest du gern eine hübsche Trophäe?«

»Nein, danke!«

Ob er überhaupt schon einmal einen Schuss aus dieser albernen Flinte abgegeben hatte? Und wieso lief er so dicht hinter ihr?

Sie war stolz auf sich, als sie mit klatschnasser Hose, ansonsten aber unbeschadet am anderen Ufer ankam. Erleichtert hockte sie sich auf den Boden, um Socken und Schuhe wieder anzuziehen, da erhob sich plötzlich um sie herum lautes Geheul. In der Flussmitte war das Wasser aufgewühlt, einer der viereckigen Warenballen lag in den Fluten, man sah einen schwarzen Körper, einen zappelnden Arm, ein angstverzerrtes Gesicht mit weit geöffnetem Mund. Schüsse peitschten ins Wasser, jemand fasste Charlotte am Arm und riss sie vom Ufer fort. Es war Christian.

»Krokodile!«, brüllte Dobner. »Mein Gewehr! Bringt mir mein Gewehr!«

Sein Gebrüll war überflüssig, es gab schon genügend Leute, die blindwütig in den Fluss hineinfeuerten, allen voran Dr. Meyerwald, der beständig dabei fluchte, er habe es ja gewusst. Zu beiden Seiten der Furt brachten sich die Träger in Sicherheit, Warenballen wurden abgeworfen und landeten im braunen Wasser, die Frauen, die bereits das jenseitige Ufer erreicht hatten, kreischten in heller Verzweiflung, einige warfen mit Steinen. Eine der Frauen lief sogar in den Fluss hinein und musste gewaltsam zurückgerissen werden. Vermutlich war der Unglückliche dort in der Flussmitte ihr Mann.

Das Opfer verschwand, als habe der Mkomasi es verschluckt, einige behaupteten später, er sei weiter flussabwärts noch einmal aufgetaucht, doch wegen der Krokodile hatte niemand Lust, am Ufer entlangzulaufen, um den Leichnam zu bergen. Man erzählte von der riesigen Echse, die sich aus dem seichten Wasser aufgebäumt habe, den Mann am Oberschenkel packte und ihn mit sich zog. Keiner der Weißen hatte dieses Tier gesehen, es musste aber da gewesen sein, was sonst hatte den armen Burschen angefallen?

Es dauerte lange, bis die Karawanenführer die restlichen Träger dazu überreden konnten, ans andere Ufer zu gehen. Krieger, mit Speeren und Karabinern bewaffnet, säumten die Furt, und es gelang ihnen, den vollkommen durchweichten Warenballen aus dem Fluss zu ziehen.

Am Abend waren die Afrikaner schon wieder guter Dinge. An den Feuern wurde aufgeregt erzählt und gestikuliert, Gesänge ertönten, der Geruch der Hanfpfeifen breitete sich über dem Lager aus. Die Frau, die ihren Mann verloren hatte, saß schweigsam bei den anderen, einige trösteten sie, viele jedoch schwatzten und lachten, als sei nichts geschehen. Charlotte wusste von Kamal Singh, dass nicht alle Träger die Reise überlebten; Fieber, Unfälle oder feindliche Übergriffe forderten regelmäßig ihre Opfer. Der Tod konnte hinter jedem Fels, in jedem Fluss auf sie lauern – vielleicht besaßen diese Menschen deshalb die Gabe, den Augenblick in unbefangener Fröhlichkeit zu leben?

Die Stimmung bei den weißen Mitreisenden war eher bedrückt. Dobner laborierte immer noch an seinem Fuß herum, Dr. Meyerwald hatte sich wie jeden Abend auf die Suche nach unbekannten Insekten begeben und ein besonders schönes Exemplar einer großen, behaarten Raupenart entdeckt. Das Tier war jedoch nicht bereit, der Wissenschaft als Forschungsobjekt zu dienen, und so handelte sich der Biologe einige Stiche auf dem Handrücken ein.

»Das ist hochinteressant«, bemerkte Dr. Meyerwald, während Charlotte seine Hand beim Schein der Lampe untersuchte. »Vermutlich ist ein Gift in der Behaarung enthalten, mit dem die Raupe sich gegen natürliche Feinde wehrt. Leider sind einige dieser Härchen abgebrochen und stecken noch in meiner Haut. Können Sie sie entfernen, Frau Ohlsen? Nehmen Sie diese Pinzette dafür.«

»Ich will es versuchen.«

Die winzigen Stiche waren bereits heftig angeschwollen, so dass die Operation nicht ganz einfach war. Dr. Meyerwald bekämpfte etwaige Folgen der Verletzung mit einem Glas Whiskey und erzählte dann von einer Löwenjagd in der Savanne von Deutsch-Südwest, wo er drei dieser Burschen erlegt hatte und noch dazu zwei Treiber durch einen Meisterschuss vor dem sicheren Tod rettete. Sein Eifer ließ jedoch bald nach, er bat, sich zurückziehen zu dürfen, der Alkohol und die heutigen Vorkommnisse hätten ihn ein wenig ermüdet. Beklommen sah Charlotte, dass seine Hand bereits unförmig angeschwollen und krebsrot war.

Christian hatte die Rücksicht besessen, vor dem Zelt zu warten, bis Charlotte sich drinnen trockene Kleider angezogen hatte. Als er sich jetzt durch den niedrigen Zelteingang bückte und sich sogleich auf sein Lager legen wollte, hatte sie das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Bisher hatte er sich wirklich sehr anständig benommen, es wäre feige von ihr gewesen, zu schweigen.

»Es war doch richtig, dass du dein Gewehr im Anschlag hattest, als wir über den Fluss gingen.«

Er zog die Jacke eng um den Körper und streckte sich auf der Bastmatte aus.

»Wer weiß? Wahrscheinlich hat nicht ein Krokodil den armen Kerl getötet, sondern die Kugeln dieser Verrückten, die ohne etwas sehen zu können ins Wasser schossen.«

»Wie auch immer – er ist tot«, gab sie beklommen zurück.

Sie löschte die Lampe und legte sich zurecht. Das Feldbett war keineswegs weich, doch unten auf dem Boden war man noch dazu allerlei Insekten ausgeliefert. Weshalb hatte Christian auch keine anständige Ausrüstung mitgenommen!

»Vielleicht hatte er ja vergessen, bei dem Felsen Tribut zu leisten«, bemerkte er nachdenklich.

»Das ist doch ein dummer Aberglaube!«

»Wieso? Dobner hat seinen Dorn im Fuß, Dr. Meyerwald hat sich eine geschwollene Hand eingehandelt. Da bleibe nur noch ich übrig.«

»Du?«

Sie hörte sein leises Lachen.

»Natürlich. Ich habe auch nicht ausgespuckt.«

Himmel über dem Kilimandscharo
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