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Als sie von ihrem Ausflug zurückgekehrt waren, hatten die Ganztagsbetreuer Saft und Popcorn in der gemütlichen Ecke serviert. Die Kinder, die am Freitagnachmittag noch in der Schule waren, durften einen Film gucken, bevor sie ins Wochenende geschickt wurden. Die beiden Sofas waren ebenso wie die Sessel von anderen Drittklässlern besetzt, sodass Johan und Max nebeneinander bäuchlings und mit einem Kissen unter den Ellenbogen auf dem Fußboden lagen und darauf warteten, dass der Film anfing. Zum Ausgleich hatten sie eine eigene Schale mit Popcorn vor sich stehen. Johan streckte den Arm aus, um sich eine Handvoll Freitagnachmittagsgemütlichkeit zu schnappen, als Ivan im Türrahmen auftauchte. Er hatte ihn heute schon länger nicht mehr gesehen und angenommen, dass er nach Hause gegangen war. Aber jetzt stand er dort und winkte ihn zu sich.

Ivan zog ihn mit nach draußen in den Flur und flüsterte aufgeregt von irgendetwas, das er aus dem Werkraum gestohlen hatte. Johan verstand zuerst gar nichts, und noch weniger, als Ivan ein Bündel aus seinem Turnbeutel zog, das zunächst wie ein zusammengerolltes Handtuch aussah. Aber als sich dann herausstellte, dass darin eine riesige Zange eingewickelt war, fiel bei ihm langsam der Groschen.

»Das ist ein Bolzenschneider«, sagte Ivan geheimnisvoll.

Johan hatte so seine Ahnungen, was Ivan damit vorhatte, und der Gedanke war ihm auf der einen Seite sympathisch, andererseits aber auch ganz und gar nicht. Das Schwein zu retten war eine Sache, aber wenn man dafür ein Schloss aufbrechen musste? Er war sich ganz sicher, dass so etwas ein Verbrechen war. Und zu allem Überfluss gehörte das Schloss auch noch diesem unheimlichen Gitarrenmann. Darüber hinaus hatte er den Verdacht, dass Ivan den eigentlichen Einbruch sehr viel interessanter fand, als das Schwein zu befreien.

»Ich bin jedenfalls zur Polizei gegangen«, sagte er in einem lahmen Versuch, Ivan von seinen Einbruchsplänen abzubringen.

»Aha. Und? Ist das Schwein jetzt befreit?«

Johan zuckte mit den Schultern.

»Gib zu, es hat sie gar nicht interessiert«, behauptete Ivan selbstsicher.

»Doch, schon ... Oder ... äh, zum Teil.«

Er wollte nicht offenbaren, welche Gedanken ihm durch den Kopf gingen. Dass gar keine richtige Anzeige daraus geworden war, weil er es nicht gewagt hatte, seinen Namen zu nennen. Dass er Angst davor gehabt hatte, was Mama und Papa sagen würden, wenn sie herausbekamen, was er getan hatte.

»Dann machen wir es eben selber. Komm schon, Johan, wo ist das Problem? Musst du Mama erst um Erlaubnis fragen?«

Ivan konnte offensichtlich Gedanken lesen.

»Wahrscheinlich«, antwortete Johan mit einem schiefen Lächeln.

Und schon war es wieder passiert. Ivan hatte ihn in der Hand, obwohl er ihn nicht einmal besonders mochte. Er ging zu seinem Klassenraum und sagte dem Lehrer, dass er nach Hause ginge. Was okay war, wenn man, wie er, eine Bestätigung von seinen Eltern hatte, dass man allein nach Hause gehen durfte. Shit.

Als sie nach draußen kamen, war es dunkel und es hatte angefangen zu schneien. Vielleicht hätte er ein besseres Gefühl gehabt, wenn es sich um einen sonnigen Frühlingstag gehandelt hätte. Johan hatte böse Vorahnungen, wagte aber nicht den Absprung, wollte vor Ivan nicht als Feigling dastehen. Der marschierte trotz des eingewickelten Bolzenschneiders unter der Jacke mit leichten, selbstsicheren Schritten voran und fühlte sich vermutlich wie ein Bankräuber oder etwas Ähnliches. Cool.

»Und was machen wir dann mit dem Schwein?«, fragte Johan. »Wir können es doch nicht einfach laufen lassen und dann erfriert es oder es wird überfahren?«

Ivan hatte sich schon Gedanken darüber gemacht und antwortete, dass sie die Polizei anrufen und einen anonymen Hinweis hinterlassen könnten, dass ein wild gewordenes Schwein herumlaufe und dass es lebensgefährlich auf den Straßen wäre.

»Und der Typ? Wenn er uns umbringt?«

Ivan antwortete mit einem Lächeln, das direkt aus einem amerikanischen Gangsterfilm hätte stammen können, und klopfte sich auf die Jacke.

»Das tut er nicht«, sagte er, wie immer im Brustton der Überzeugung.

So trotteten sie weiter durch den Schneematsch zum Tantolunden. Johan mit wachsender Nervosität und einem mulmigen Gefühl im Bauch. Er fühlte sich wenig dazu aufgelegt, jemandem einen Bolzenschneider über den Kopf zu ziehen, selbst wenn es ein Tierquäler war.