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Mit klopfendem Herzen und einem Zorn, der ihm die Röte ins Gesicht trieb, setzte sich Sjöberg in den Wagen und versuchte, seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Während sich sein ganzes Wesen gegen diese verbitterte und selbstgerechte Person sträubte, die seine Großmutter sein sollte, spürte er auch eine neue Wärme in sich. Ohne den Motor angelassen zu haben hing er über dem Lenkrad und versuchte zu denken, und dabei spürte er, wie dieses Gefühl der Wärme immer mehr Platz in Anspruch nahm, bis schließlich der ganze Zorn gegen die Großmutter in eine neue Art der Bewunderung für seine Mutter übergegangen war.

Plötzlich sah er seine Mutter vor sich, wie sie als junge Frau ausgesehen haben musste, bevor sie zur Witwe wurde. Mithilfe alter Fotografien schuf er sich ein neues Bild von ihr; das Bild einer lebensfrohen jungen Frau mit einem warmen Lächeln. Das Bild einer anderen Frau als der, die er kannte, stark und zuversichtlich und mit dem Leben noch vor sich, glücklich verheiratet in einem Haus auf dem Land und mit einem kleinen Sohn auf dem Arm. Eine Frau, deren Leben eines Tages von einer Feuersbrunst zerstört wird und die es anschließend in den ungastlichen Vorort einer fremden Stadt verschlägt, wo sie mit drei schweren Bürden zu kämpfen hat: einem kleinen Sohn, den sie alleine großziehen muss, der Trauer um ihren tragisch verstorbenen Lebenspartner und dazu noch der großen Schuld, die die Schwiegereltern auf sie abgewälzt haben.

Das Schweigen, die Geheimniskrämerei, all das war nur seinetwegen geschehen. Um ihn vor dem Unbeschreiblichen zu bewahren: der Trauer um den Vater und den Erinnerungen an das Feuer. Heutzutage geht man mit Katastrophen anders um, aber es war ihre Methode, ihren Sohn dabei zu unterstützen, zu einem selbstständigen und harmonischen Menschen heranzuwachsen. Und es war ihr gut gelungen. Wenn man von dem absah, was sich in letzter Zeit in seinem Kopf getan hatte; seine vorübergehende mentale Kernschmelze. Aber von so etwas war jeder Mensch einmal betroffen. Die Fünfziger-Krise vielleicht? Wenn es so etwas gab.

Sjöberg seufzte und drehte den Zündschlüssel. Ein neues Kapitel der Geschichte seiner Mutter hatte sich vor ihm aufgetan, und es war ja auch seine Geschichte. Er würde tun, was er konnte, um aus seinen neuen Erkenntnissen etwas Positives in der Beziehung zu seiner Mutter zu machen. Aber das musste erst einmal warten. Jetzt wollte er in Einar Erikssons vergangene Wirklichkeit eintauchen.