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Als die Anspannung nach seinem riskanten Manöver in Erikssons Büro nachließ, spürte Sjöberg, wie seine Kopfschmerzen sich wieder einstellten. Er beschloss, sie mit einem großen Glas Wasser und ein paar trockenen Keksen zu bekämpfen, die er sich in der Küche holte. Er nahm sie mit ins Büro und setzte sich vor den Rechner. Als das Glas ausgetrunken und die Kekse aufgegessen waren, waren die Kopfschmerzen schlimmer geworden. Antriebslos starrte er auf den schwarzen Bildschirm. Nach einem kurzen Zögern beschloss er, noch etwas zu tun, wozu er eigentlich nicht das Recht hatte.

Er loggte sich in das Kriminalregister ein, um nach Einar Eriksson zu suchen, dessen Sozialversicherungsnummer er mittlerweile auswendig wusste. Er war sich bewusst, dass seine Suchanfrage überprüft werden konnte, und wenn sie sich als unbefugt herausstellte – was sie zweifellos war, wenn Eriksson jetzt plötzlich wieder auftauchte –, konnte er die Berechtigung verlieren, auf das Register zuzugreifen. Seine Eignung als Kriminalhauptkommissar und generell als Polizist würde natürlich auch infrage gestellt werden. Sjöberg versuchte sich damit zu trösten, dass diese Sünde angesichts des Einbruchs und der Datenschutzvergehen, derer er sich im Laufe des Tages bereits schuldig gemacht hatte, als lässlich erscheinen dürfte. Aber im Unterschied zu den vorherigen Vergehen war dieses eines, das leicht entdeckt werden konnte. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass Einar Eriksson nicht vorbestraft war, und er hoffte, dass Eriksson selbst in seiner derzeitigen Situation wenig daran gelegen war, einen möglichen Prozess gegen ihn durchzufechten.

Ohne zu wissen, wonach er eigentlich suchte, rief er anschließend im Einwohnermeldeamt an. Er stellte sich als Kriminalkommissar vor, worauf er umgehend gebeten wurde, seinen Hörer wieder aufzulegen und zu warten, bis er vom zuständigen Beamten zurückgerufen wurde. Nach wenigen Minuten ging der Anruf bei ihm ein, und Sjöberg ließ sich sämtliche Informationen geben, die dort zu Einar Eriksson und seiner Ehefrau vorlagen, was nicht besonders viel war. Er machte sich Notizen, während er zuhörte, und als das Gespräch beendet war, ging er die Aufzeichnungen in seinem Block noch einmal durch.

Eriksson hatte keine Geschwister, und seine Eltern lebten nicht mehr. Wie vermutet war er mit einer Solveig Eriksson, geborene Jönsson, verheiratet, die im selben Jahr geboren war wie er. Auch ihre Eltern waren verstorben, und Geschwister hatte sie ebenfalls keine. Sie waren seit 1976 verheiratet, hatten keine Kinder, und sie war unter derselben Adresse gemeldet wie ihr Mann. Eriksson war im April 2006 umgezogen, von einer Adresse in einer Reihenhaussiedlung in Huddinge, wo er seit 1980 gewohnt hatte, zu seiner derzeitigen Wohnung in der Eriksdalsgatan. Davor war Einar Eriksson in Arboga gemeldet.

Diese für Sjöberg neue, aber nicht besonders interessante Information erinnerte ihn daran, dass er noch einmal versuchen sollte, Ingegärd Rydin, Christer Larssons erste Frau, zu erreichen. Er nahm den Hörer und wählte die Nummer, aber auch dieses Mal bekam er keine Antwort. Nach zehn Signalen gab er auf.

Sjöberg seufzte hörbar, verschränkte die Hände im Nacken und drehte den Bürostuhl in Richtung des Fensters. Er streckte die Beine aus und kippte die Rückenlehne so weit wie möglich zurück. Der Frühling ließ auf sich warten, und große Schneeflocken wirbelten vor dem Fenster herum. Wind kam auf. Obwohl das Frühjahrslicht bereits gekommen war, glänzten alle Frühlingsboten mit Abwesenheit. Bislang hatte er noch keine schmelzende Schneeflocke gesehen, aber vielleicht war er auch nur unaufmerksam gewesen. Am Morgen, als er seine Wohnung in der Skånegatan verlassen hatte, hatte das Thermometer fünf Grad Frost angezeigt, und auf dem Hammarbykanal lag immer noch Eis, obwohl die Schiffe die Fahrrinne in der Mitte ständig neu aufrissen.

In diesen Bahnen liefen seine Gedanken, als das Wort »tiefgefroren« in seinem Bewusstsein auftauchte. Tiefgefroren – so fühlte er sich. Seine Seele war tiefgefroren. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Wie konnte er seine geliebte Åsa so eiskalt betrügen? Es war zwar nur ein paarmal passiert, aber dennoch, es war immer mit derselben Frau gewesen, und deshalb handelte es sich um eine Affäre und nicht um einen einzelnen Seitensprung. Er versuchte sich einzureden, dass er sich für sich selbst und seine Handlungen schämte, aber in seinen Empfindungen war er neutral. Schamlos. Eiskalt. Was sich ereignet hatte, war gewissermaßen unvermeidbar gewesen, und die Art und Weise, wie er es auf Distanz hielt, war ihm völlig fremd. Vielleicht sollte er einen Psychologen aufsuchen. Jemanden, der ihm den ständig wiederkehrenden Traum erklären konnte, seine Gefühle in Worte fassen und ihm einen Stoß in die richtige Richtung geben konnte. Oder besser noch, einen direkten Befehl, eine Aufforderung, das Verhältnis mit dieser Frau auf der Stelle zu beenden. »Diese Frau«, wiederholte er für sich selbst. Er wälzte die Last der Schuld auf sie ab.

Er seufzte noch einmal. Eine ganze Familie war ausgelöscht worden, und darüber hinaus war Einar verschwunden, und im Grunde waren sie in keinem dieser Fälle vorangekommen. Sjöberg wurde von einem Gefühl der Ohnmacht gepackt. Und er saß hier und grübelte über seine eigenen Sorgen nach. Ein Bild tauchte vor seinem inneren Auge auf: Einar, der jeden Morgen einsam in seiner kleinen Wohnung aufwachte, obwohl er seit mehr als dreißig Jahren verheiratet war. Einar, der sich jeden Tag zur Arbeit schleppte, obwohl er sich dort offensichtlich nicht wohlfühlte. Aber es war die Arbeit, für die er ausgebildet war, die Arbeit, die er so dringend brauchte, um das Pflegeheim für seine Frau bezahlen zu können. Ihm wurde bewusst, wie sehr Einar Eriksson seine Frau lieben musste, trotz der Krankheit und aller Widrigkeiten, wenn er bereit war, so viel Geld für ihre Betreuung auszugeben. Er hatte sie nicht in das nächstbeste Heim gesteckt, sondern in einer »Perle in Bergslagen, in naturschöner Umgebung« untergebracht. Er hatte sie auch nicht sich selbst überlassen, sondern setzte sich jeden Samstagmorgen in sein Auto und fuhr den ganzen Weg bis nach Fellingsbro. Wo sollte er sonst seine Samstage verbringen?

Sjöberg setzte sich in seinem Stuhl auf und wandte sich dem Rechner zu. Mit dem rechten Zeigefinger rief er die Startseite von Eniro auf. Er klickte auf den Reiter »Karten« und fand nach einigen Versuchen eine Karte von Västmanland, auf der die kleine Siedlung Fellingsbro eingezeichnet war. Es stellte sich heraus, dass sie außerhalb von Arboga lag, auf dem Weg nach Lindesberg. Plötzlich wurde ihm klar, warum Eriksson seine kranke Frau ausgerechnet dort untergebracht hatte; sie stammte von dort. Worunter sie auch immer leiden mochte, er ließ sie in ihrer Heimat pflegen. Einar Eriksson bekam eine ganz andere Statur in Sjöbergs Augen. Aber warum war er von dort weggezogen?

Ein schüchternes Klopfen am Türrahmen riss ihn aus seinen Gedanken. Sjöberg winkte Jamal Hamad herein, der heute Chinos mit breitem Gürtel und ein hellblaues Hemd trug. Seine dunklen Augen blitzten im matten Licht der Schreibtischlampe, und Sjöberg erkannte diesen Blick sofort. Er spiegelte den Eifer und die Erregung seines Kollegen wider; Hamad hatte etwas herausgefunden. Dennoch waren seine Schritte vorsichtig, und die kleine Andeutung eines Lächelns, die Hamads Entdeckungen sonst immer begleitete, konnte Sjöberg nirgendwo erkennen. Mit einer Geste forderte er ihn auf, sich in den Besucherstuhl zu setzen. Hamad räusperte sich, sagte aber nichts.

»Wie läuft es?«, eröffnete Sjöberg das Gespräch.

»Keine Treffer. Weder bei der Zahnklinik noch bei der Kinderklinik. Es handelte sich um ganz alltägliche Sachen, und einen Erik hatten sie auch nicht unter ihren Angestellten.«

»Aber ...?«, hakte Sjöberg nach.

»Aber was?«

»Ich sehe dir doch an, dass du etwas hast.«

Hamad seufzte, und obwohl Sjöberg freundlich lächelte, behielt der jüngere Kollege seinen ernsten Gesichtsausdruck bei und wich seinen Blicken aus.

»Du wirst mir böse sein.«

»Böse?!«, lachte Sjöberg. »Großer Gott, ich bin dir doch noch nie böse gewesen. Jetzt lass hören.«

»Es war ein gewagter Versuch«, sagte Hamad. »Es mag weit hergeholt erscheinen, aber ich hatte dieses Gefühl ...«

»Eigentlich bin ich hier derjenige, der für die Intuition zuständig ist«, sagte Sjöberg, immer noch lächelnd. »Du solltest hier den sachlichen Typen geben.«

»Leider ist es auch nicht ganz unsachlich ...«

»Leider? Jetzt aber raus mit der Sprache.«

Hamad setzte sich auf, und Sjöberg konnte sehen, wie angespannt er war. So hatte er ihn noch nie erlebt.

»Conny, erinnerst du dich an diesen Pullover, der zu Hause bei Catherine Larsson im Flur hing?«, begann er.

Sjöberg wurde eiskalt. Plötzlich wusste er, was Hamad ihm sagen wollte, und ihm wurde klar, dass er unbewusst bereits dieselbe Überlegung angestellt hatte. Trotzdem hatte er, bevor Hamad fortfahren konnte, schon beschlossen, dass er sich querstellen würde. Er nickte misstrauisch.

»Ich glaube, dass es Erikssons Pullover ist«, fuhr Hamad fort und senkte die Augen.

»Welcher Eriksson?«, blaffte Sjöberg.

Der barsche Ton brachte auch Hamad in Rage. Trotzig begegnete er Sjöbergs Blick.

»Einar, verdammt noch mal. Ich hab doch gesagt, dass du böse werden wirst.«

»Natürlich werde ich böse«, antwortete Sjöberg herablassend. »Es ist ein ganz normaler Pullover von Åhléns. Was glaubst du, wie viele es davon in Stockholm gibt?«

»Hunderte, vielleicht Tausende, ich weiß. Aber ich glaube trotzdem, dass es seiner ist.«

»Und wo kommt jetzt das ›nicht ganz Unsachliche‹ ins Spiel?«, fragte Sjöberg sarkastisch.

»Ich habe an dem Pullover gerochen«, antwortete Hamad, dessen Augen mittlerweile wieder blitzten. »Er roch nach Old Spice. Und eines kann ich dir sagen: Viele verwenden das heutzutage nicht mehr.«

»Aber Eriksson tut es?«

Hamad nickte.

»Ich glaube, es ist dieselbe Klientel, die Old Spice verwendet und ihre Pullover bei Åhléns kauft«, fegte Sjöberg das Argument zur Seite.

»Was für ein verdammter Snob du geworden bist«, versuchte Hamad ihn zu erweichen, aber Sjöberg war für Flachsereien nicht zu haben, sondern musterte ihn stumm mit kühlem Blick.

»Erik Eriksson aus der Eriksdalsgatan«, bemerkte Hamad listig.

»Ist das der sachliche Teil deiner Argumentation? Ein albernes Wortspiel?«

»Einar ist Erik.«

»Einar ist verschwunden.«

»Eben. Das passt doch, im Lichte dieser neuen Erkenntnis.«

»Aber Jamal, verdammt noch mal! Was hast du denn herausgefunden?«

»Dass Einar Erik ist.«

»Anhand eines Åhléns-Pullovers?«

»Anhand von Zeugenaussagen des Kindergartenpersonals.«

Sjöberg wurde kalt ums Herz, und ein Klumpen wuchs in seiner Kehle. Hastig sprang er von seinem Stuhl auf und trat ans Fenster. Die Sonne schien jetzt von einem hellblauen Himmel, was schlecht zu seiner inneren Stimmung passte. Mit dem Rücken zu Hamad fragte er so beherrscht, wie er konnte:

»Was hast du gemacht, Jamal?«

»Ich habe dem Kindergartenpersonal ein Foto von Einar gezeigt. Und sie haben bestätigt, dass Einar Erik ist. Es bleiben keine Fragezeichen, Conny.«

»Du hast meinen Anordnungen zuwidergehandelt, Jamal.«

»Man könnte auch sagen, dass ich deinen Anordnungen gefolgt bin und noch ein bisschen mehr gemacht habe. Was ein verdammtes Glück war, denn jetzt wissen wir es sicher.«

Sjöberg steckte die Hände in die Hosentaschen und seufzte resigniert. Ein großer Kran im Industriegebiet jenseits des Kanals drehte eine halbe Runde mit einer Baubude an einem Haken, der bestimmt fünfzig Meter über dem Boden schwebte.

»Du hattest dasselbe Gefühl, oder?«, fragte Hamad vorsichtig.

»So würde ich es nicht sagen«, antwortete Sjöberg. »Aber ich wusste, was kommen würde, nachdem du den Pullover angesprochen hattest. Es hat wohl irgendwo ganz hinten in meinem Kopf herumgespukt.«

Er drehte sich wieder zu seinem Kollegen um.

»Warum bist du nicht zuerst zu mir gekommen?«

»Ich wollte erst mehr in der Hand haben. Was auch nötig war, denn du hast genauso reagiert, wie ich erwartet hatte.«

Sjöberg setzte sich wieder. Eine Weile sprach keiner von ihnen. Sjöberg trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. Sein Blick war in unbestimmte Ferne gerichtet.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Hamad schließlich.

»Wir müssen nach ihm fahnden.«

»Mit welcher Begründung?«

»Dass er seit vier Tagen verschwunden ist.«

»Vier? Woher weißt du das?«

»Seit der Nacht zwischen Samstag und Sonntag.«

»Du meinst, als die Morde begangen wurden?«

»Ich meine, dass ich gewisse Nachforschungen angestellt habe und zu dem Ergebnis gekommen bin, dass er am späten Samstagabend mit dem Auto nach Hause gekommen ist, aber die Sonntagsausgabe der Dagens Nyheter nicht vom Flurboden aufgehoben hat.«

»Oh, verdammt«, sagte Hamad mit respektvollem Blick.

»In Einars Büro hängt ein anderer seiner Pullover. Schick ihn ans SKL und bitte sie, mögliche Haarreste oder sonst etwas miteinander zu vergleichen.«

»Aha, dort bist du auch schon gewesen?«

Sjöberg ließ die Frage unbeantwortet. Mit einem Mal begann er klar zu denken.

»Ich werde Einars Bank kontaktieren und mir bestätigen lassen, dass er Catherine Larssons Wohnung finanziert hat.«

»Glaubst du, dass es so war?«

»Davon bin ich überzeugt. Einar lebt praktisch von nichts. Alles, was übrig war, nachdem er die Wohnung für sich und seine Frau bezahlt hatte, ging an Catherine Larsson. Er hat sein Reihenhaus in Huddinge im Frühjahr 2006 verkauft, kurz bevor Catherine Larsson ihre Wohnung erworben hat.«

Hamad schaute ihn bestürzt an.

»Aber was ist mit seiner Frau? Sie muss doch merken, wenn zwei Millionen auf dem Bankkonto fehlen?«

»Sie wohnt nicht zu Hause. Sie lebt seit mindestens zehn Jahren in einem Pflegeheim, das auch von Einars Polizeigehalt bezahlt wird.«

»Einar führt also ein Doppelleben, wer hätte das gedacht ... Das erklärt zumindest die Geheimniskrämerei. Und seine schroffe Art.«

Sjöberg musste plötzlich an Sandéns Schilderung denken, wie das Kindergartenpersonal »Erik« charakterisiert hatte.

»Er spielt Ball mit den Kindern ...«, murmelte er.

Hamad schaute ihn fragend an.

»Einar war glücklich zusammen mit Catherine Larsson«, sagte Sjöberg. »Die Kinder liebten ihn. Was ist da schiefgegangen?«

Sie waren der entscheidenden Frage lange genug ausgewichen. Hamad stellte die unvermeidliche Frage.

»Glaubst du, dass Einar sie umgebracht hat?«

Sjöberg dachte eine Weile nach, bevor er antwortete.

»Was weiß man schon über die Menschen? Die meisten Morde werden innerhalb der Familie verübt. Es fällt mir schwer, Einar als einen rücksichtslosen Kindermörder zu sehen. Aber ich muss zugeben, dass es mir genauso schwerfällt, ihn mir als fürsorglichen Familienvater vorzustellen.«

Hamad nickte nachdenklich.

»Noch dazu mit zwei Frauen«, fügte er hinzu.

»Machst du ihm deswegen Vorwürfe?«

»Tja ... Nein, wenn die Frau so lange krank war, wie du sagst. Was fehlt ihr eigentlich?«

»Das werde ich herausfinden. Ich werde morgen früh nach Arboga fahren.«

Sjöberg hatte sich im selben Moment entschieden, als er es aussprach.

»Arboga?«

»Das Heim, in dem sie betreut wird, liegt außerhalb von Arboga«, erläuterte Sjöberg. »Außerdem wohnt auch Christer Larssons Exfrau dort. Bisher konnte ich sie nicht erreichen.«

»Sollten wir uns nicht darauf konzentrieren, Einar zu finden?«, meinte Hamad.

»Absolut. Das ist auch der Grund für meine Reise. Ich kann mir verschiedene Gründe dafür vorstellen, dass Einar verschwunden ist.«

Das war eine Einladung für seinen jungen Kollegen, und Hamad biss sofort an:

»Er kann Catherine Larsson und ihre Kinder ermordet und anschließend die Flucht ergriffen haben. Seine Frau könnte uns Dinge erzählen, die uns helfen, ihn zu finden. Oder ihn zu verstehen.«

Sjöberg nickte zustimmend, und Hamad spekulierte weiter:

»Christer Larsson könnte der Mörder sein. Dann würde es sich höchstwahrscheinlich um ein klassisches Eifersuchtsdrama handeln. Einar könnte ... schwer zu finden sein. Du bist doch Christer Larsson begegnet, wäre er in der Lage ...?«

»Er ist depressiv. Lebt alleine und hat kein Alibi für die Mordnacht. Er ist ein richtiger Hüne, Einar hätte ihm nicht viel entgegenzusetzen. Ich muss mit Larssons Exfrau sprechen.«

»Er ist nicht vorbestraft«, wandte Hamad ein.

»Einar auch nicht.«

Hamad zog die Augenbrauen hoch, enthielt sich aber eines Kommentars.

»Falls Einar es getan hat, dann hatte er vier Tage Zeit, das Land zu verlassen«, bemerkte Hamad.

»Ich glaube nicht, dass er die finanziellen Möglichkeiten dafür hat«, sagte Sjöberg. »Er nagt bereits am Hungertuch. Ich werde seiner finanziellen Situation direkt auf den Grund gehen.«

»Du scheinst ja schon eine Menge zu wissen«, kommentierte Hamad.

»Wie gesagt, ich habe schon eigene Nachforschungen angestellt.«

»Trotzdem beeindruckend, dass er seine angetraute Ehefrau nicht im Stich lässt. Besonders, nachdem er eine andere Frau kennengelernt hat.«

»Oder feige. Jamal, du rufst die anderen zu einer Besprechung um siebzehn Uhr zusammen. Auch Rosén. Sag ihm, dass es wichtig ist. Was wir hier besprochen haben, bleibt bis dahin unter uns, damit sie unbefangen an dem weiterarbeiten können, was sie sich vorgenommen haben. Und dann bringst du die Fahndung nach Einar in Gang.«

»Festnahme in Abwesenheit?«

Sjöberg betrachtete ihn mit kühlem Blick.

»Vermisst im weitesten Sinne des Wortes.«