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Vida Johansson war eine ausgesprochen schöne Frau von dreißig Jahren, die gemeinsam mit ihrem Mann eine Zweizimmerwohnung bewohnte. Er schaute gerade Fernsehen, als die beiden Polizisten auftauchten, schien frisch geduscht und roch nach parfümierter Seife, als er aufstand und sie begrüßte. Er war im selben Alter wie seine Frau und trug Jeans und ein kariertes Hemd, das bis zum Nabel hinunter aufgeknöpft war und einen wohltrainierten Brustkorb freigab. Vida hatte langes, glänzend schwarzes Haar, das sie zu einem dicken Zopf gebunden hatte. Auch sie trug Jeans und dazu einen dicken Strickpulli. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und betrachtete sie abwartend.

»Können wir uns vielleicht irgendwo setzen?«, fragte Sjöberg.

Vida nickte und schaute sich etwas verwirrt um.

»Soll Göran dabei sein, oder möchten Sie nur mit mir reden?«, fragte sie.

»Es wäre wohl besser, wenn Ihr Mann dabei ist«, antwortete Sjöberg. »Vielleicht können wir uns gleich hier hinsetzen?«, schlug er vor und setzte sich in das beige Ledersofa, ohne auf eine Antwort zu warten.

Göran griff nach der Fernbedienung und stellte den Fernseher ab, worauf er sich wieder in den Sessel zurücksinken ließ. Sandén nahm neben Sjöberg auf dem Sofa Platz, und Vida setzte sich auf den Fußschemel ihres Mannes. Sie schien sich in dieser Situation nicht wohlzufühlen.

»Es ist etwas sehr Trauriges passiert«, begann Sjöberg.

Vida schlug die Hände vor den Mund, und ihre Augen wanderten erschrocken von einem Polizisten zum anderen. Göran zog neugierig die Augenbrauen hoch.

»Wie wir erfahren haben, sind Sie eng mit Catherine Larsson befreundet«, sagte Sjöberg, und Vida nickte zustimmend. »Kennen Sie sie auch?«, fragte er den Mann.

»Natürlich, sehr gut sogar«, antwortete Göran Johansson.

»Sie ist heute Vormittag tot in ihrer Wohnung aufgefunden worden«, sagte Sjöberg.

»Tot? Nein!«, rief Vida. »Sie ist meine beste Freundin!«

Göran sah bestürzt auf und zog seine Frau an sich. Sjöberg räusperte sich, als wollte er erst Anlauf nehmen, und eröffnete ihnen die näheren Umstände, so schonend er es vermochte. Göran Johansson schaute auf seine Frau, die laut weinte und immer noch die Hände vor den Mund hielt. Er streichelte ihr über das Haar und nahm sie fest in den Arm, damit sie nicht mehr zitterte. Als Sjöberg fertig war, hatte Vida das Gesicht an die Brust ihres Mannes gedrückt und rührte sich nicht mehr. Auch Göran Johansson fand keine Worte, sondern schaute die beiden Polizisten nur flehentlich an. Sjöberg schwieg eine Weile. Er warf einen resignierten Blick zu Sandén hinüber, bevor er erneut Luft holte.

»Wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen«, sagte er.

»Aber wir wissen doch nichts darüber«, sagte Göran Johansson.

»Und wir wissen nichts über Catherine«, entgegnete Sjöberg. »Sie müssen uns dabei helfen, uns ein Bild vom Leben der Familie zu machen. Wie lange haben Sie einander gekannt, Vida?«

Vida befreite sich aus der Umarmung ihres Mannes und betrachtete Sjöberg mit einem trüben Blick.

»Seit 2002. Wir haben in derselben Reinigungsfirma gearbeitet. Wir waren beide ziemlich neu in diesem Land, aber sie war schon ein paar Monate länger da als ich, sodass sie sich ein bisschen um mich kümmerte.«

»Arbeiten Sie immer noch bei dieser Firma?«

»Nein, jetzt arbeite ich im Büro von Görans Firma.«

Sjöberg warf einen fragenden Blick auf Göran Johansson.

»Ich habe zusammen mit ein paar anderen einen Malerbetrieb«, erklärte er.

»Sie putzen also nicht mehr schwarz, Vida?«, wollte Sjöberg wissen.

Sie starrte ihn entsetzt an, ohne zu antworten.

»Wir nehmen das heute mal nicht so genau, aber wir müssen die Wahrheit erfahren, das verstehen Sie doch.«

»Ich habe aufgehört zu putzen«, sagte sie leise. »Aber Kate putzt noch. Hat geputzt. Schwarz.«

»Kate – ist das Catherine?«

Vida nickte und wischte sich mit der Rückseite der Hand die Nase ab.

»Wissen Sie, wer ihre Kunden waren?«

»Ein paar von ihnen kenne ich. Wir haben einander manchmal geholfen, wenn es viel zu tun gab, Fensterputzen, Endreinigung und solche Sachen.«

»Sie müssen uns dabei helfen, eine Liste der Kunden zu erstellen, von denen Sie wissen.«

»Jetzt?«

»Jetzt wäre gut.«

Sjöberg glaubte, dass es ihr helfen könnte, für eine Zeit die schweren Gedanken zu vertreiben. Er schlug die erste Seite in seinem Notizblock um und reichte ihn ihr zusammen mit einem Stift. Sie begann zu schreiben.

»Haben Sie eine Ahnung, wer das getan haben könnte? Jemand, dem Catherine ein Dorn im Auge war?«

»Ein Dorn im Auge?«

»Jemand, der sie nicht mochte.«

»Alle mochten Kate«, sagte Vida.

Ihr Mann nickte zustimmend.

»Erzählen Sie mir von Ihrer Beziehung zu Christer Larsson«, bat Sandén.

Vida Johansson und ihr Mann sahen sich an.

»Er war ein richtiger Idiot«, sagte Göran endlich.

»Das hat Catherine vielleicht anders gesehen, schließlich hat sie ihn geheiratet.«

»Na ja, so muss das ja nicht unbedingt in jedem Fall laufen.«

»Kate hat ihn gemocht, das auf jeden Fall«, warf Vida ein.

»Was meinen Sie damit, dass es nicht in jedem Fall so laufen muss?«, wollte Sandén wissen.

»Die Philippinen sind ein armes Land, und viele würden alles tun, um von dort wegzukommen«, erklärte Göran. »Zum Beispiel, jemanden aus dem Westen heiraten.«

Beide Polizisten warfen reflexartig einen Blick auf Vida, sahen aber davon ab, Spekulationen hinsichtlich der Motivationen für das Eheversprechen des Paares Johansson anzustellen.

»Aber Catherine und Christer Larsson mochten einander?«, fragte Sandén nun an Vida gewandt.

»Zu Anfang. Kate hat ihn nie geliebt, glaube ich, aber am Anfang haben sie einander gemocht. Sie hat es wirklich versucht. Aber nach einer Weile wurde er merkwürdig.«

»Was heißt merkwürdig?«, fragte Sjöberg.

»Zu Anfang haben wir uns manchmal alle vier getroffen«, sagte Göran Johansson. »Christer hat damals zwar auch nicht viel erzählt, aber er war immerhin dabei und hat gelacht, wenn man einen Scherz gemacht hat. Aber von Mal zu Mal ist er wortkarger geworden, und bei den letzten Begegnungen saß er einfach nur stumm da und hat aus dem Fenster gestarrt.«

»Nach unseren Informationen leidet er an Depressionen«, stellte Sjöberg klar.

»Ja«, sagte Göran Johansson, »Kate hat es erzählt. Wir versuchten, ihn in das Gespräch mit einzubeziehen, aber wissen Sie, am Ende gibt man einfach auf.«

Vida nickte zustimmend.

»Danach hat er alleine zu Hause gesessen, wollte uns nicht mehr treffen«, fuhr sie fort. »Am Ende sind Kate und die Kinder ausgezogen.«

»Ich glaube nicht, dass wir Christer seit der Geburt von Linn noch einmal gesehen haben«, sagte Göran.

»Eine Ehe ist wohl nicht das Richtige für ihn«, sagte Vida. »Er möchte allein sein. Er war vorher schon mal verheiratet, aber auch damals hat er sich scheiden lassen. Kate hat erzählt, dass sie die erste Frau war, mit der er seit zwanzig Jahren zusammen war.«

Sjöberg zog eine Augenbraue hoch.

»Ist er jemals bedrohlich aufgetreten oder aggressiv geworden?«, fragte er.

»Davon haben wir nichts bemerkt«, antwortete Vida. »Und Kate hat nie so etwas erzählt.«

»Auch nicht gegenüber den Kindern?«

»Er hat sich nicht besonders viel aus ihnen gemacht. Kate hat sich allein um sie gekümmert.«

»Schien sie unglücklich zu sein?«

»Ich glaube, sie hat sich sehr nach Hause zurückgesehnt. Aber sie war sich bestimmt bewusst, dass sie Schweden nicht verlassen konnte – wegen der Kinder.«

»Ist sie jemals zurück auf die Philippinen gereist, um ihre Familie zu besuchen?«, wollte Sandén wissen.

»Nein, das hätte zu viel gekostet. Alleine mit zwei Kindern«, bemerkte Vida.

»Sie hatte also nicht viel Geld?«

»Nein, aber sie hat fast alles gespart, was sie verdient hat. Sie hat nur gekauft, was absolut notwendig war.«

»Woher hat sie dann das Geld für die Wohnung am Hammarbyhamnen bekommen?«, hakte Sjöberg erwartungsvoll nach.

»Das haben wir uns auch gefragt«, sage Göran Johansson und kratzte sich mit dem Zeigefinger am Kopf. »Wir haben es nicht so richtig zusammenbekommen. Die Wohnungen dort sind doch schweineteuer.«

Vida schien ein weiterer Kunde einzufallen, und sie schrieb mit schnellen Bewegungen in den Block, der vor ihr lag.

»Hat sie sich prostituiert?«, fragte Sandén ohne Umschweife.

»Nein, das hat sie nicht getan«, sagte Vida mit Nachdruck und schaute Sandén direkt in die Augen.

»Und da sind Sie sich ganz sicher?«

»Absolut sicher.«

Sie schaute wieder auf den Block und kritzelte eine weitere Angabe hinein.

»Hat Kate einen Mann kennengelernt, der finanziell für sie und die Kinder gesorgt hat?«, fragte Sjöberg aus einer plötzlichen Eingebung heraus und wandte sich an Vida.

»Nein, sie ...«, hob Göran an, aber Sjöberg brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen und wiederholte mit strenger Stimme:

»Vida?«

Eine Träne tropfte von ihrer Wange auf Sjöbergs Block, und sie wischte sie schnell mit der Spitze des Mittelfingers wieder fort. Göran Johansson warf einen fragenden Blick auf seine Frau.

»Ich habe Kate versprochen ...«, begann sie und schaute ihren Mann traurig an. »Ich habe versprochen, es niemals jemandem zu erzählen.«

»Kate ist tot«, mahnte sie Sjöberg. »Wir müssen die Wahrheit erfahren.«

Vida holte tief Luft, bevor sie mit der Geschichte begann.

»Es gab einen Mann. Einen Mann, den sie zufällig irgendwo kennengelernt hatte. Er hatte ihr einmal geholfen, als sie von Skinheads angegriffen worden war. Das habe ich alles erst viel später erfahren«, erläuterte Vida. »Sie begannen sich zu treffen. Kate sagte, dass sie keinen Sex hätten, aber ich weiß nicht ... Worum hätte es sonst gehen sollen? Sie trafen sich in der Stadt, niemals bei ihm zu Hause. Er war bestimmt verheiratet, auch wenn sie nie etwas darüber erzählt hat. Bei ihr zu Hause haben sie sich auch nie getroffen – damals wohnte sie ja noch bei Christer. Kate fand, dass man mit diesem Mann gut reden konnte; sie hätten über alles geredet, sagte sie. Er hat sie getröstet, wenn sie Probleme mit Christer hatte, und er wollte ihr helfen, als sie sich endlich entschloss, Christer zu verlassen. Zuerst wollte sie das viele Geld gar nicht annehmen – es waren mehr als zwei Millionen Kronen –, aber er konnte sie überreden. Die Kinder würden es dort gut haben. Ein Spielplatz auf dem Hof und viele Spielkameraden. Sie hatte sich zuerst Sorgen gemacht, dass sie dafür Dinge machen sollte, die sie nicht wollte, aber so war es nicht. Er schien ein fantastischer Mensch zu sein. Und die Kinder liebten ihn, sagte Kate. Und er hat sie geliebt. Er passte manchmal auf sie auf, wenn Kate länger arbeiten musste.«

»Sie sind ihm niemals begegnet?«, wunderte sich Sjöberg.

»Nein, ich wollte es, aber er tat ein bisschen geheimnisvoll. Sie hatte das Gefühl, ihn zu verraten, als sie mir von ihm erzählte. Und ich habe dasselbe Gefühl, wenn ich Ihnen jetzt davon erzähle.«

Vida begann erneut zu weinen, und ihr Mann streichelte ihr das Haar.

»Hieß dieser Mann möglicherweise Erik?«, fragte Sandén.

»Ja, er hieß Erik. Glauben Sie, dass er derjenige war, der ...?«

»Bislang glauben wir gar nichts, aber es wäre natürlich sehr wichtig für uns, mit ihm in Kontakt zu kommen«, antwortete Sjöberg.

Er griff nach dem Block und dem Stift und stellte fest, dass Vida Johansson sechs weitere Anhaltspunkte geliefert hatte. Nachdem sie dem Ehepaar Johansson routinemäßig die Fingerabdrücke abgenommen hatten, stand Sjöberg auf, und Sandén tat es ihm nach. Sjöberg zog seine Börse aus der Gesäßtasche, suchte eine Visitenkarte heraus und legte sie auf den Couchtisch.

»Es tut uns wirklich leid«, sagte Sjöberg abschließend. »Sie waren uns eine große Hilfe. Melden Sie sich bitte, wenn Ihnen noch etwas einfällt.«

Der Regen prasselte auf die Windschutzscheibe und Tausende konturloser Lichtquellen huschten draußen in der Dunkelheit vorbei. Sandéns beherrschte Fahrweise machte das Auto zu einem sicheren Ort an diesem späten Winterabend.

»Was ist denn vorhin passiert?«, fragte Sjöberg. »In der Besprechung?«

Sandén antwortete zunächst nicht, was Sjöberg darin bestärkte, dass seine Frage wichtig war.

»Ich weiß nicht, ob ich darüber sprechen möchte.«

»Kein Problem. Wir vergessen es einfach.«

Sie schwiegen eine Weile, und Sjöberg redete sich ein, dass es tatsächlich keinen Grund zur Sorge gab. Sandén passte auf sich auf. Er aß gesünder, trank weniger und hielt sich einigermaßen fit. Sich unnötig aufzuregen war der schnellste Weg ins Grab. Sandén war nicht der Typ dafür, und auch Sjöberg tat sein Bestes, sich vernünftig zu verhalten.

»Es tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen sollen.«

Ganz unerwartet hatte Sandén den Faden wieder aufgenommen.

»Ich habe, wie immer, versucht, lustige Sprüche zu klopfen, ohne vorher darüber nachzudenken. Es sind doch nur Wörter. Prostitution. Aber plötzlich sah ich dieses Bild vor mir. Und ich mochte es nicht.«

»Catherine Larsson?«

»Nein.«

Sandén seufzte.

»Jenny.«

Sjöberg verstand nicht, wusste nicht, was er glauben sollte. Sandén fuhr auf den Nynäsvägen hinaus. Trotz des Wetters und der späten Stunde herrschte dichter Verkehr, aber das Tempo war gemächlich. Er hielt sich auf dem ganzen Weg in die Stadt auf der rechten Spur, ließ sich von Autofahrern überholen und nassspritzen, die es eiliger hatten als er. Dabei erzählte er Sjöberg, was in jenen Tagen im September geschehen war, als sein Leben in die Brüche ging. Wie seine über alles geliebte, geistig leicht behinderte Tochter in eine Form der Prostitution hineingelockt worden war. Wie der Vollidiot Pontus, ihr damaliger Partner und sogenannter Freund, sie für Geld verkauft hatte, von dem sie selbst nie etwas gesehen hatte. Und wie diese furchtbare Entdeckung für ihn selbst fast den Tod bedeutet hätte, während Pontus ganz unbeschwert das Leben mit Jenny hinter sich gelassen hatte, mit der einzigen Folge, dass seine Brieftasche noch dicker war als zuvor. Sandén war es gelungen, ihn aus seinem – und natürlich Jennys – Leben hinauszukaufen, für die haarsträubende Summe von fünfzigtausend Kronen. Seitdem war er zum Glück nicht mehr aufgetaucht. Für ein juristisches Nachspiel hatte Sandén keine Kraft mehr gehabt, vor allem aber wollte er auch seine Tochter schonen.

Sjöberg musste ihm darin recht geben. Und er drückte die Daumen, dass damit wirklich alles überstanden war. Immerhin hatte er Jenny einen Job bei Lotten an der Rezeption besorgen können, sodass ihr Leben hoffentlich eine Wendung zum Besseren genommen hatte.

»Und du? Geht es euch gut, Åsa und dir?«

Sandén hatte genug von seinen eigenen Problemen geredet und gab den Ball an Sjöberg weiter. Näher würde er einer direkten Einladung zur Vertraulichkeit nicht kommen. Zu neugierigen Fragen oder Anspielungen ließ sich Sandén nicht herab. Direkt zur Sache oder vollständige Diskretion, danach lebte er. Sjöberg hatte schon die ganze Zeit das Gefühl, dass seine Geschichte mit Margit Olofsson nicht so unbemerkt an dem Kollegen vorbeigegangen war, wie er gehofft hatte. Sandén war dabei gewesen, als ihr Verhältnis begonnen hatte; wenn er auch nur das geringste Fingerspitzengefühl besaß, musste er gespürt haben, wie es zwischen ihnen in der Pianobar geknistert hatte.

Und er hatte es gespürt. Sandén war trotz seiner Ungeschliffenheit ein Mensch mit großer Wärme und einem ausgeprägten Sinn für Nuancen. Er musste bemerkt haben, was sich an diesem unglückseligen Abend angebahnt hatte, als Åsa und die Kinder bei den Schwiegereltern in Linköping waren. Er hatte nie etwas gesagt, nicht mit einem einzigen Wort angedeutet, dass er etwas wusste, aber war er nicht ungewöhnlich aufmerksam gewesen, ungewöhnlich ... rücksichtsvoll, in den Monaten nach diesem ersten Fehltritt? Doch, so war es wohl gewesen, dachte Sjöberg. Jens Sandén war seit einer halben Ewigkeit sein bester Freund – seit sie gemeinsam die Polizeischule besucht hatten –, und er spürte eine Wärme in sich aufsteigen, als ihm klar wurde, dass Sandén vermutlich verstand, was seine verlorene Seele umtrieb. Obwohl er die ganze Zeit feinfühlig genug gewesen war, das Thema nicht zur Sprache zu bringen.

Vielleicht waren es der Regen, die Kälte und die schimmernden Lichter dort draußen, im Kontrast zu der Dunkelheit und der Wärme im Auto, die den Ausschlag gaben. Vielleicht war es die emotionsgeladene Atmosphäre oder einfach nur die selbstverständliche Sicherheit, die eine feste und langjährige Freundschaft bot. Jedenfalls überkam ihn ein übermächtiger Drang, alles zu beichten, und Sjöberg erzählte.

Als der Wagen in die Skånegatan abbog, den Nytorget passierte und schließlich hielt, war noch nicht alles ausgesprochen. Lange blieben sie im Wagen vor Sjöbergs Haustür sitzen. Es war der Abend der schmerzlichen Bekenntnisse, und vielleicht würden sie nie wieder darauf zurückkommen. Jetzt aber war es wichtig, und sie konnten beide weitergehen, ein bisschen stärker, ein bisschen reicher. Ein bisschen weniger einsam.

»Nein«, beendete Sandén das Gespräch. »Was würde es nützen, Åsa davon zu erzählen? Es würde ihre Gefühle nur unnötig aufrühren. Und sie zerstören.«