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Wir wandten uns alle um – den Laufsteg entlang in die offene Wüste hinter uns. Wir konnten nicht anders. Die Show sollte gerade beginnen, aber das ging doch nicht, solange Mahmouds Leben auf Messers Schneide stand? Wenn die Männer dieses Mal nicht ihr Geld bekamen, würden sie ihn sicher umbringen.

Es konnte kein Zufall sein, dass sie gerade jetzt kamen. Jemand musste ihnen gesagt haben, wann die Show anfing. Vielleicht dachten sie, dass Sandy ohne zu zögern zahlen würde, damit sie aus dem Weg waren, bevor die Show begann.

Aber da hatten sie sich verrechnet. Als Sandy den Jeep sah, sprang sie auf den Laufsteg und schrie die Wachleute an.

»Los, bewegt euch! Ich bezahle euch dafür, diese Show zu beschützen, also geht los und verdient euch euer Geld! Es ist mir egal, wie ihr das macht, aber haltet diesen Jeep so lange auf, bis die Show zu Ende ist!«

Suliman und Amina begannen zu übersetzen, aber das war kaum notwendig. Die Wachen hatten bereits zu den Waffen gegriffen und stiegen in ihre Laster. Noch bevor Sandy aufgehört hatte zu schreien, fuhren sie dröhnend aus dem Dorf den Entführern entgegen.

»Sie werden im Bild sein«, rief Freyas Vater mit einem Blick durch die Kamera. »Ich kann sie nicht herausschneiden.«

»Wie dumm«, fuhr Sandy auf. Sie sprang vom Laufsteg und ging zu ihm, um es sich anzusehen. »Geh einfach so dicht wie möglich an die Models heran und mach weiter.« Dann drehte sie sich um und schrie die anderen an: »Noch zwei Minuten! Vergesst den James-Bond-Kram. Ihr kümmert euch nur darum, die Kleider zu zeigen. Haltet euch alle bereit!«

Es war so drückend, dass ich das Gefühl hatte, in dem Kleid zu ersticken. Von dort, wo ich stand, konnte ich den Jeep näher kommen sehen und die Laster, die ihm entgegenfuhren. In diesen Lastern waren Gewehre, auf Mahmoud gerichtet. Ich kann da doch jetzt nicht hinaufsteigen und Kleider vorführen, dachte ich, das kann ich nicht …

»… dreißig Sekunden … zwanzig … zehn …«

Ich kann nicht …!

»Jetzt!«

Sandy legte mir die Hand auf den Rücken und schob mich vor und ich konnte ihr nicht widerstehen, denn sie war Mahmouds einzige Hoffnung. Plötzlich betrat ich den Laufsteg, den Kopf hoch erhoben, und setzte einen Fuß vor den anderen, rechts, links, rechts, links. Es war ein Gefühl, wie auf Messerschneiden zu laufen. Jetzt wandte ich dem Jeep den Rücken zu und konnte nicht sehen, was geschah. Ich konnte nur so gehen, wie Sandy es mir gezeigt hatte und wurde dabei immer schneller, damit ich bereit war, mich am Ende des Laufsteges auf der kleinen Bühne …

… zu drehen!

Ich weiß nicht, ob sie in London aufschrien, aber in diesem Dorf taten es alle, als mein Kleid sich diagonal öffnete und scharlachrot aufleuchtete. Selbst der Schleier ließ seine Falten aufspringen und verwandelte sich in die Farbe frischen, fließenden Blutes.

Ich drehte mich einmal, zweimal, dreimal. Dann blieb ich stehen und die Farbe verschwand. Alles war wieder schwarz und ich ging den Catwalk zurück und zwang mich, den Jeep nicht anzusehen. Noch nicht. Ich musste alles perfekt machen, genau so, wie Sandy es wollte.

Im Laufen öffnete ich die verborgenen Schnallen vorne an meinem Kleid. Bei jedem Schritt eine, wie ich es geübt hatte. Als ich am Ende des Laufstegs angelangt war, ließ ich das Kleid von meinen Schultern gleiten, trat heraus, nahm den Schleier ab und zeigte …

… ein anderes Kleid. Und einen anderen Schleier, aus rotbraunem Material, das mit der Wüste hinter mir verschmolz.

Einen Augenblick blieb ich stehen und drehte mich einmal, um mein Tarnkleid zu präsentieren. Qarsoon die Unsichtbare. Das Mädchen, das man nicht sieht. Dann nahm ich das schwarze Kleid und ging vom Laufsteg hinunter, den Emily gerade bestieg.

Und selbst da hatte ich keine Zeit, stehen zu bleiben und nach dem Jeep zu sehen. Sobald ich außer Sichtweite der Kamera war, musste ich meine Röcke festhalten und in Nhurs Haus laufen zu Freya, um mein zweites Kleid anzuziehen.

»Schnell! Bitte beeil dich!«, zischte ich ihr zu. »Ich muss raus und sehen, was geschieht!«

Schöne Khadija
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