Es war nicht leicht für Mahmoud, eine E-Mail loszuschicken. Am anderen Ende des Lagers hatte es jemand geschafft, eine Internetverbindung aufzubauen, aber natürlich musste man dafür zahlen. Und sie hatten kein Geld mehr und nichts mehr, das sie verkaufen konnten.

Seine Mutter tat, was sie konnte. Immer wenn sie ihre Lebensmittelration zugeteilt bekamen, hob sie von ihrem eigenen Anteil etwas auf und machte Pfannkuchen, die sie an diejenigen verkaufte, die mehr Geld hatten als sie. Es gab nicht viele solcher Leute, und auch die konnten sich nicht leisten, viel zu kaufen, aber so konnte sie jede Woche ein wenig mehr zurücklegen.

Bis der Kampf ihre Hütte traf.

Es war ein dummer Kampf – nur ein halbes Dutzend frustrierter junger Männer, die aufeinander losgingen –, aber es reichte, um das Haus zu zerstören, das Mahmouds Familie aufgebaut hatte. Die Stützen wurden aus dem Boden gerissen, kräftige Füße zertraten den Mehlsack und stampften das Essen in den Boden.

Zainab und Sagal schrien und kreischten und Mahmoud und seine Mutter stürzten dazwischen und versuchten, ihr Essen und das kostbare Wasser zu retten. Mahmoud bekam einen Tritt ins Gesicht, der eigentlich für jemand anderen bestimmt war, und seine Mutter wurde seitwärts gegen einen Stein geschleudert, sodass sie sich einen Finger brach.

Ein paar Minuten später wurde der Kampf beendet, aber bis dahin war das meiste von ihrem Mehl auf dem Boden verteilt und eine der Wasserflaschen war gesprungen und leckte. Sie würden all ihr gespartes Geld brauchen, nur um am Leben zu bleiben, bis der nächste Lastwagen mit Lebensmitteln kam.

Es war eine schlimme Zeit. Mahmoud hatte Angst, dass seine Mutter den Mut verlieren und den Kampf aufgeben würde. Zum ersten Mal bemerkte er, wie müde sie war und wie dünn, und er fragte sich, wie lange sie noch weitermachen konnte.

Aber sie schaffte es. Als der Kampf vorbei war, verschwand sie im Lager, um Leute zu finden, die ihr Lebensmittel verkaufen konnten. Und sobald sie zurückkam, begann sie, das Haus wieder aufzubauen, und rief Mahmoud und seine Schwestern, ihr dabei zu helfen.

»Wenn wir anfangen, uns zu beklagen, werden wir alles verlieren«, sagte sie. »Jetzt ist es an der Zeit zu arbeiten. Keine Angst, eines Tages wird es auch wieder besser.«

Wir konnten nicht hoffen, die zerbrochenen Pfosten, die die Stützen für die Hütte gebildet hatten, ersetzen zu können, aber Mahmouds Mutter fand trotzdem eine Verwendung für sie. Gemeinsam mit Mahmoud baute sie ein neues Gerüst und schickte die Mädchen los, Plastikteile zu suchen, mit denen wir die Matten ausbessern konnten, aus denen die Wände bestanden.

Dann saßen wir alle zusammen und reparierten die Matten. Bei der Arbeit erzählte Mahmouds Mutter ihnen ihre Lieblingsgeschichten und erinnerte sie daran, dass das Leben besser werden würde.

Mahmoud bemühte sich, ihr zu glauben. Seit er sich erinnern konnte, hatte er die Geschichten vom besseren Leben gehört – manchmal lag es in der Vergangenheit, manchmal in der Zukunft. Aber es fand nie genau jetzt statt. Es schien immer außer Reichweite.

Hoffnung verspürte er nur, wenn er an Geri dachte. Er wusste, dass sie sie nicht vergessen würde. Eines Tages würde sie zurückkommen, sie aus dem Lager retten und genügend Geld mitbringen, um ihnen neue Kamele zu kaufen, und Gewehre, um sie zu beschützen.

Natürlich würde sie sie retten.

Warum war sie sonst weggegangen?

Schöne Khadija
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