38. Kapitel
27. Mai 2011
Casablanca, Marokko
11.30
Uhr
Nachdem er in Nordafrika eingetroffen war und in einem Hotel Quartier bezogen hatte, traf sich Ondragon mit seinem Mitarbeiter Achille Mercier in einem kleinen Café in der Medina von Casablanca, wo sie sich bei starkem Mokka und süßem Baklava ein zweites Frühstück genehmigten.
„Sag mal, Achille …?“, fragte er leicht verstimmt, nachdem er den ersten Mokka hinuntergestürzt hatte. „ Warum hast du mich denn in dieses Hotel gebucht und nicht ins Sofitel wie sonst?“
„Je suis désolé, Chef, das Sofitel war ausgebucht, selbst die Suiten. Ich dachte, etwas in traditionellerem Stil wäre auch okay für dich. Außerdem hat es eine gute Sicht auf den Hafen. Und das war doch deine oberste Priorität, wenn ich mich recht entsinne.“
„Ja, das ist richtig. Normalerweise habe ich auch nichts gegen ein wenig Lokalkolorit, aber hast du dir vorher mal die Zimmer angesehen?“
Achille hob die dunklen Augenbrauen und sah dabei aus wie der typische Franzose, der nach dem Weg gefragt wurde, aber das holperige Touristen-Französisch partout nicht verstehen wollte.
„Gegen bunte Fliesen habe ich ja nichts“, fuhr Ondragon fort, „mein Zimmer jedoch ist rosa, Achille! Rosa! Mit rüschigem Himmelbett à la Tausend und eine Nacht. Darüber würden sich Scheherezade und die Vierzig Räuber freuen!“
„Ah, ist doch hübsch, n’est-ce pas? Also mir gefällt’s.“
Ondragon verbiss sich einen Kommentar, der auf einen unwissentlichen Wechsel der sexuellen Gesinnung des Franzosen angespielt hätte. Wenigstens war das Frühstück im Hotel okay und das Zimmer für marokkanische Verhältnisse relativ sauber. Und es hatte einen guten Blick auf den Hafen. Alles andere würde er überstehen. Er wäre ja eh nur für ein paar Tage.
„Also gut, kommen wir zum geschäftlichen Teil. Wir haben einiges zu tun, bevor das Schiff, die Tethys II, hier in sieben Tagen einläuft. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass wir schon vorher in Aktion treten müssen. Ich vermute, unser Mann wird früher von Bord gehen. Hier nach Casablanca zu kommen, wäre reichlich dämlich von ihm.“
„Ist er denn dämlich?“
„Nein, den Eindruck macht er bisher nicht. Ich habe zwar noch immer das Gefühl, dass er ein Freelancer ist, aber er ist beileibe nicht blöd.“ Ondragon erzählte Achille, was er über den Typen wusste, und zeigte ihm das Foto, das er vor dem Hotel in Fortaleza geschossen hatte.
„Franzose?“, fragte Achille.
„Auf jeden Fall französischer Abstammung.“
„Nordafrikaner?“
„Denkbar, bei seinem Aussehen.“
„Wo will er hin?“
Ondragon schätzte seinen Mitarbeiter für dessen kurze, präzise Fragen. Der dürre Franzose mit dem schwarzen Haar war sein verlängerter Arm im afrikanischen und südeuropäischen Raum. Und er konnte sich immer auf ihn verlassen. Achille war in Paris aufgewachsen. Jedoch nicht in dem Paris, in das die Touristen fuhren, die zauberhafte Stadt der Liebe! Nein, er kam aus einem der Vororte, in denen ständig die Autos brannten. Dort hatte er als Weißer unter lauter Dunkelhäutigen alles gelernt, was er zum Überleben brauchte. Achille Mercier war Ondragons französische Geheimwaffe, clever wie ein libyscher Wüstenfuchs, gerissen wie ein algerischer Straßenköter und rücksichtlos wie eine hungrige Hyäne – um bei den Tierbeispielen zu bleiben.
„Es gibt zwei Möglichkeiten“, sagte er daraufhin, „die eine ist, dass unser unbekannter Freund – nennen wir ihn der Einfachheit halber Monsieur Noire – über Afrika nach Frankreich will. Sein möglicher Auftraggeber, die Groupe Hexagone, hat dort ihren Hauptsitz. Obwohl ich es seltsam fände, wenn er Pandora erst in Frankreich übergeben will. Dass er das nicht schon in Brasilien getan hat, ist schon eigenartig genug, so heiß, wie der Stoff ist!“
„Etwa die Groupe Hexagone?“, fragte Achille.
„Genau, jene.“
Der Franzose pfiff leise durch die Zähne. „Wenn dem tatsächlich so ist, dann haben wir einen mächtigen Gegner.“
Ondragon lächelte grimmig. „Damit kommen wir schon klar. Wäre schließlich nicht das erste Mal, dass wir einem der großen Jungs in den Teich pissen, oder?“
„Verdammt richtig, mon ami!“
„Dass der Kerl nach Frankreich will, wäre also eine der Möglichkeiten. Die zweite ist, und das halte ich für die wahrscheinlichere, dass er nach Westsahara, ehemals Spanisch Sahara, will.“
„Nach Westsahara? Warum das?“
„Ist nur so eine Vermutung. Hat mit Pandora selbst zu tun.“ Ondragon unterrichtete Achille in aller Kürze von der unglücklichen Reise des General Kammler und der geheimen Fracht.
„Du glaubst also, das Zeug liegt noch immer dort draußen in der Wüste?“, fragte Achille.
„Wäre doch denkbar, oder nicht?“, gab Ondragon zurück. „Du kennst dich in der Sahara bestens aus, Achille. Könnte dort etwas überdauert haben, ohne dass es je gefunden worden wäre?“
De Franzose zupfte an seiner Unterlippe. Dann nickte er. „Kommt natürlich ganz darauf an. Wenn es in einer besonders abgeschiedenen Gegend liegt, dann ist es möglich. Und damit meine ich Orte, an denen es wirklich kein Mensch aushält. Die Tuareg nennen so was Tarart – trockener Platz. Und wenn ein Tuareg etwas trocken nennt, dann ist auch wirklich scheißtrocken gemeint! Weißt du, wo dieser Ort sein könnte?“
„Das haben wir leider noch nicht herausbekommen.“
„Aber warum sollte dann dieser Monsieur Noire davon wissen? Hat er den Code im Logbuch etwa schon entschlüsselt?“
„Mann, Achille, das ist es! Du hast den Löwen beim Schwanz gepackt!“, rief Ondragon aus. „Hiermit ernenne ich dich zum Franzosen des Monats!“
Achille guckte leicht irritiert, wusste er doch nicht, dass er seinem Chef unbewusst das Stichwort geliefert hatte.
„Dass ich darauf noch nicht gekommen bin!“ Mit der flachen Hand schlug sich Ondragon auf den Oberschenkel. Danach zückte er seinen Notizblock und führte seinen Gedankengang gegenüber Achille fort, während er gleichzeitig alles aufschrieb. „Gesetzt den Fall, dass Monsieur Noire bereits im Besitz des Lösungswortes war, bevor er Pandora gestohlen hat, so ist der Inhalt der Kiste vermutlich gar nicht das, worauf er es abgesehen hat. Vermutlich ist es das Zeug, das da in der Wüste liegt. Das würde auch erklären, warum er Pandora noch immer nicht übergeben hat. Sein Auftrag lautet, die Fracht der JU 390 zu bergen und nicht bloß das Logbuch zu beschaffen! Das ist clever von der Groupe Hexagone eingefädelt. Sie lassen das Gros der Arbeit von einem Söldner erledigen, der womöglich noch entbehrlich ist und geopfert werden kann, und kassieren am Ende in aller Seelenruhe die Früchte seiner Strapazen ein.“ Ondragon hielt kurz in seinen Überlegungen inne. Er notierte etwas, strich es wieder durch und schrieb etwas anderes darunter. Dann schaute er Achille an. „Wenn das tatsächlich so ist und der Kerl den Ort bereits kennt, dann brauchen wir nur darauf zu warten, dass er das Schiff verlässt. Über die Satellitenüberwachung des BND können wir seinen Weg in die Wüste verfolgen. Er wird uns zu dem Schatz führen, nicht der Code!“
„Das ist gut. Besser wäre allerdings, wenn wir uns nicht so sehr auf die Technik vom BND verlassen würden, sondern den Code selber knacken. Dann könnten wir dem Kerl zuvorkommen“, warf Achille ein.
„Das ist bereits in Arbeit. Ein Physiker meines Vertrauens widmet sich dieser Aufgabe.“
Achille nickte, steckte sich das letzte Baklavastückchen in den Mund und kaute genüsslich darauf herum, während Ondragon den Kellner herbeiwinkte und die Rechnung bezahlte. Danach fuhren sie mit einem Taxi zurück ins Hotel, wo sie im Schutz des Zimmers besprachen, wie sie weiter vorgehen wollten. Dabei brauchten sie sich schon mal keine Gedanken um die Ausrüstung zu machen. Achille war mit der Cessna Stationair nach Casablanca gekommen, die Ondragon über eine marokkanische Scheinfirma auf den Franzosen zugelassen hatte und die immer für sie bereitstand. Waffen und alles andere militärische Equipment befanden sich bereits an Bord. Die Aufgabe des Franzosen würde es sein, in den nächsten Tagen schnellstmöglich eine Überflugsgenehmigung für Algerien, Mauretanien und Westsahara bei den zuständigen Behörden zu bekommen. Da sie aber noch nicht wussten, wo genau ihre Mission sie hinführen würde und die politische Situation im teilweise von Marokko besetzten Westsahara als instabil galt, würde Achille sich auch noch darum bemühen müssen, eine Erlaubnis bei den Sahraui-Rebellen einzuholen, die den westlichen Teil des Landes besetzt hielten. Zu den Sahrauis hatte der Franzose angeblich eine recht einträgliche Beziehung, wie er es nannte. Ondragon fragte lieber nicht nach, welcher Art diese Beziehung war. Dass das Ganze nicht mit dem Friedensnobelpreis zu tun hatte, war gewiss. Stattdessen konzentrierte er sich wieder auf den Plan. Sie durften jetzt keine Fehler machen, sonst würde Pandora womöglich auf Nimmerwiedersehen in der Wüste verschwinden. Achille würde sich also um die Flugroute kümmern, um die Kommunikation unterwegs, ausreichend Benzin und Wasser und die etwaigen Gastgeschenke, die es vor Ort zu entrichten galt. Ondragon selbst hatte den leichteren Part. Er musste lediglich den Proviant besorgen und einen Metalldetektor.
Achille öffnete seine Tasche, die er schon die ganze Zeit über mit sich herumgetragen hatte, und überreichte seinem Chef eine Sig Sauer mit Halfter und Munition. Zufrieden wog Ondragon das vertraute Gewicht der Waffe in der Hand. Es war das Modell, das er immer benutzte. Gut, dass er überall auf der Welt Depots eingerichtet hatte. Mit den eigenen Waffen fühlte er sich immer noch am sichersten. Er legte das Halfter an und verbarg die Pistole unter einem leichten Leinensakko, das er sich gestern am Flughafen gekauft hatte. Fürs erste musste das als Garderobe für Casablanca reichen, aber er würde sich noch weitere Garnituren für die Expedition beschaffen müssen. In der Wüste war eine andere Haute Couture angesagt.
Er schickte Achille fort und begab sich selbst an die Arbeit. Zuerst machte er eine kurze Stippvisite im Hundeforum, um zu sehen, ob es Neuigkeiten gab. Kubicki hatte ihm einen Livestream mit der Sattelitenüberwachung eingerichtet und versorgte ihn unter dem Namen Bulldogge77 mit den nötigsten Informationen. Noch gab es nichts Neues vom Schiff, das sich gerade mal 500 Seemeilen von der brasilianischen Küste entfernt hatte und sich in der Nähe des 33. Längengrades befand. Noch drei Tage, dann würde es die Kapverden passieren, einen Tag später die Küste von Westsahara und noch einen Tag später die Kanaren. Sie hatten also noch genug Zeit, bevor es losging, aber nur, falls es sich so verhielt, wie Ondragon es vermutete. Hundertprozentig durfte er sich auf diese Version nicht verlassen. Monsieur Noire war unberechenbar. Sie mussten bereit sein, sofort aufzubrechen, wenn er früher von Bord gehen sollte. Deshalb hoffte er, dass Achille genau wusste, wen er bei den marokkanischen Behörden zu schmieren hatte, damit sie schnell ihre Genehmigungen bekamen. Zur Not mussten sie es eben ohne durchziehen. Wäre schließlich auch nicht das erste Mal.
Alles in allem war Ondragon recht zuversichtlich, dass es ihnen gelingen würde, an dem Unbekannten dranzubleiben, zumindest so lange, wie die Satellitenüberwachung des BND funktionierte. Er spürte, wie das Kribbeln der Vorfreude ihn wieder erfasste, und rieb erwartungsvoll seine Fingerspitzen aneinander. Der Wettlauf hatte begonnen.
Am Abend kehrte er schwer beladen mit seinen Besorgungen zum Hotel zurück. Sein Zimmer quoll über vor Tüten mit Kleidung, Proviant und anderen wüstentauglichen Utensilien. Den Metalldetektor hatte er bei einem Ausstatter für Amateur-Schatzsucher und Beachcomber erstanden. Es war zwar ein älteres Gerät, aber es funktionierte tadellos. Als er sich auf das Bett warf und die Augen schloss – nicht nur, um sich kurz auszuruhen, sondern auch um möglichst die Rüschen der Vorhänge auszublenden – klingelte sein Telefon. Ondragon warf einen flüchtigen Blick auf das Display, drückte auf die Taste mit dem grünen Hörer und schloss schnell wieder die Augen.
„Hallo, Truthfinder! Was gibt’s? Hast du den Code geknackt?“
„Leider noch nicht, Mr. O.“
„Und warum rufst du dann an?“
„Mann, Sie sind aber mies darauf.“
„In der Tat. Und es wird mit jeder Stunde mieser, die es mit dem Code noch länger dauert! Wir haben nur noch drei, maximal fünf Tage Zeit, um ihn zu knacken. Vielleicht auch viel weniger. Ich muss, wissen, was es mit den Zahlen auf sich hat.“
„Das klingt ja, als hätten Sie Dr. No im Nacken!“
„So in etwa.“
„Okay, ich rufe an, weil ich das Kreuztattoo gecheckt habe. Auf den ersten Blick ist es bloß ein geometrisches Muster, aber – und jetzt kommt‘s – auf den zweiten Blick könnten es auch Zahlen sein!“
„Was für Zahlen?“
„Römische Ziffern. Sie sind auf zwei gekreuzten Ebenen gespiegelt. Das oberste sind zwei X-Symbole, das heißt, zwei Zehnen. Sie bilden vermutlich eine Zwanzig. Darunter ist ein V, also eine Fünf. Krass, nicht? Das Symbol in der Mitte ist allerdings etwas komplizierter. Auf jeden Fall ist es schon mal kein Balkenkreuz. Wenn es Ziffern sein sollen, dann könnte man darin ein X und vier Vs mit jeweils einem Strich darin erkennen, also einer Eins.“
„Komm zur Sache!“, drängelte Ondragon ungeduldig.
„Okay, okay, bin ja schon dabei. Also, das Symbol in der Mitte ergibt entweder eine unmöglich zu konstruierende Zahl, oder wir streichen einfach drei der Vs und Is zu Ungunsten der Symmetrie und erhalten eine Vierzehn oder eine Sechzehn!“
„Zwanzig, Fünf, Vierzehn, Sechzehn? Was soll das bedeuten?“
„Ich habe die Zahlen durch ein spezielles Symbolik-Programm laufen lassen, aber leider ergeben sie keinen Sinn. Auch die Quersummen daraus nicht. Trotzallem können wir davon ausgehen, dass dieses Kreuz jemand gemacht hat, der genau wusste, was er da tat.“
„Es hat etwas zu bedeuten, das spüre ich“, murmelte Ondragon nachdenklich.
„Nur was?“
„Das werden wir noch herausfinden! Truthfinder, könntest du mal überprüfen, ob ein Kerl namens Chester William Black oder ein Monsieur Noire in deinem Forum unterwegs ist. Such auch andere Namen, die etwas mit Schwarz oder Dunkelheit zu tun haben könnten. Ich habe da einen Verdacht.“
„Mach ich. Sonst noch was?“
„Ja, erklär mir mal so einfach wie möglich, was es mit dieser Nullpunktenergie auf sich hat.“
„Jetzt?“
„Ja, jetzt!“
„Ooookay. So einfach wie möglich, sagten Sie. Nun gut. Es gibt da die These, dass jeder Raum unsichtbare Energie enthält, die man nutzbar machen könnte. Früher nannte man diese Form von Energie ‚dunkle Energie‘ oder auch ‚dunkle Strahlung‘. Nikola Tesla sagte dazu, glaube ich, Ätherenergie. Heute heißt sie zum Beispiel Vakuumenergie, Freie Energie, Neutrinopower oder kosmische Strahlung. Wir bleiben aber mal besser bei Nullpunktenergie, der Begriff gefällt mir am besten. Er leitet sich davon ab, dass auch am absoluten Temperatur-Tiefpunkt, bei Null Kelvin, immer noch Energie vorhanden sein muss. Leichter zu erklären ist das allerdings am Vakuum. In der Quantenmechanik wird es als wahrscheinlich angenommen, dass auch im Vakuum, also in einem vollkommen teilchenleeren Raum – dem Nichts –, noch etwas existiert, nämlich die sogenannten virtuellen Teilchen. Hier kommt der Casimir-Effekt ins Spiel, mit dem man die Nullpunktenergie nachweisen kann. Bei dem Versuch zwängt man ein Vakuum zwischen zwei leitende Platten, man begrenzt es sozusagen. Dazu muss man noch wissen, dass die quantenmechanischen Eigenschaften des Vakuums wellenartig sind. Zwischen den beiden Platten können sich bei einem definierten Abstand also nur noch virtuelle Teilchen mit bestimmten Wellenlängen bewegen, außerhalb jedoch unendlich viele. Dadurch entsteht ein Druck von außen auf die Platten, die Nullpunktenergie, und diese kann man damit messen. Die meisten Physiker glauben allerdings, dass das absoluter Quatsch ist. Auch sei es unmöglich, die Nullpunktenergie nutzbar zu machen.“
„Du glaubst aber was anderes, nicht wahr?“
„Ja, sagen wir, ich bemühe mich herauszufinden, ob diese Form von Energie nicht doch in etwas Nutzbares umgewandelt werden kann.“
„Okay, das habe ich verstanden“, entgegnete Ondragon. „Und hältst du es für möglich, dass Tesla eine solche Apparatur zur Umwandlung von Raumenergie erfunden haben könnte.“
Truthfinder schwieg. Dann sagte er: „Es wäre schön, wenn es so wäre. Ein Traum, den selbst ich nicht zu träume wage. Aber leider bin ich, was das angeht, skeptisch.“
„Ich auch“, sagte Ondragon, der die Diskussion darüber nicht weiter vertiefen wollte. „Vielen Dank für die Erklärung, Truthfinder. Es wäre schön, wenn du dich jetzt wieder um den Code kümmern würdest.“
„In Ordnung, Mr. O. Ich beeile mich damit. Und das Kreuz werde ich einem Freund zeigen. Er ist ein Freak und kennt sich mit Symbolik aus wie kein anderer.“
„Aber nur das Kreuz! Kein Wort von dem Logbuch oder dem Code.“
„Ja, ja, schon klar.“
„Gut, du meldest dich, sobald du was hast!“ Ondragon legte auf. Auf die Idee mit dem Symbolik-Typen hätte der Wunderknabe auch früher kommen können! Er sah auf die Uhr. Es war halb neun. Jetzt brauchte er erst mal einen Drink, um runterzukommen. In trinkfreudiger Stimmung verließ er sein Zimmer und fuhr mit dem Fahrstuhl in den ersten Stock. Dort befand sich das Hotelrestaurant, doch leider musste er dort feststellen, dass es in diesem Etablissement keine Bar gab, die alkoholische Getränke ausschenkte. So viel zu etwas „Traditionellem“. Ganz toll, Achille, wirklich, ganz toll!
Leicht genervt von diesem Umstand fuhr Ondragon ins Foyer hinunter und erkundigte sich an der Rezeption nach einer Bar mit europäischen Standards. Er bekam das Golden Tulip empfohlen, ein Hotel gleich einen Block weiter. Warum hatte Achille ihn nicht dort eingebucht? Plötzlich dämmerte es ihm. Dieser kleine Schelm hatte sich bestimmt wieder einen Scherz mit ihm erlaubt. Dafür war Achille bisweilen bekannt, obwohl Ondragon angenommen hatte, er hätte es ihm bei seinem letzten Besuch ausgetrieben. Na, warte! Für dieses französische Schlitzohr würde er sich schon eine passende Revanche ausdenken.
Als er endlich am Tresen in der sehr mondän eingerichteten Jazz-Bar im Golden Tulip saß und einen ersten Schluck vom süßherben Whiskey Sour nahm, ging es ihm schon wesentlich besser. Und als er die attraktive Brünette am Nachbartisch entdeckte, war der Abend nahezu perfekt.