Kristina Lohfeldt

 

Nemesis parkte gleich neben dem Bankgebäude, in dem sie als Kristina Lohfeldt noch vor einer halben Stunde von dem affektierten Bankangestellten wie der letzte Dreck behandelt wurde. Sie sah auf die Uhr und wusste: In wenigen Sekunden würde dieses schmierige Wiesel in seine unverdiente Mittagspause verschwinden.

Als die elegante Drehtür der Bank den ungepflegten, fetten Körper des Arschlochs freigab, ließ Kristina die Scheibe herunter. Dann richtete sie einen Finger auf die Gegend in Schwanzhöhe seiner Anzughose und briet seine Eier mit einem göttlichen Energiestrahl aus den Tiefen ihrer Bosheit gut durch. Noch während der Typ auf dem Bürgersteig vor sich hin dampfte, gab Nemesis Gas und verschwand im Berufsverkehr.

1972 war das Jahr, in dem Nemesis beschloss, auf der Erde ein wenig aufzuräumen. Also kam sie als Kristina Lohfeldt in Hamburg auf die Welt, um jene zu strafen, die das Gesetz ganz gerne übersieht. Besonders intensiv widmete sie sich der Missachtung von Recht und Sittsamkeit sowie der menschlichen Selbstüberschätzung. In der Regel lebte sie damit ganz gut, doch auch eine Göttin muss Geld verdienen. Deswegen studierte sie zunächst Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie, arbeitete mehrere Jahre als freie Lektorin und als Werbetexterin, um dann 2006 mit ihrer Arbeit als Autorin zu beginnen. Nach zahlreichen Veröffentlichungen im Zeitschriftenbereich, einem englischsprachigen Gedicht in einer Anthologie in den USA und einem Songtext, veröffentlichte sie 2012 das Buch Too Bad To Be God. Wie es ihrer Natur entspricht, handelte ihr erstes Buch also von ihrer Familie. Ihre Kurzgeschichte Der letzte Märchenprinz ist nun die erste Horrorstory, in der sie ihrer dunklen Göttin die Führung überlässt. Nemesis straft sich erbarmungslos durch die Welt. Darum sollte man sich lieber drei Mal umschauen, bevor man sich wie die Axt im Walde benimmt. Es sei denn, man möchte unbedingt gegrillt werden.