Jonas rannte wie von der Tarantel gestochen dorthin, wo HK gestanden hatte. Er fuhr sogar einige Male mit den Händen durch die Luft, ehe er sich klarmachen konnte, dass es sinnlos war. Er rechnete damit, dass Katherine ihn auslachen würde – bis er begriff, dass sie das Gleiche tat wie er.
»Äh«, sagte Jonas mit einem Räuspern und ließ die Schultern hängen. »Ich wollte mir nur … ein bisschen Bewegung verschaffen …«
»Klar«, sagte Katherine und schüttelte den Kopf.
Auch sie ließ die Hände sinken.
Dann standen beide hilflos da.
»Hm, ›Entferne Kostüm‹?«, sagte Katherine.
»Ja, richtig«, stimmte Jonas ihr zu.
Er wollte nicht eine Sekunde länger wie John Hudson aussehen oder klingen. Trotzdem hob er den Arm nur langsam, um auf die Anzeige des Definators zu schauen.
Was ist, wenn wir damit ganz schnell fertig sind? Dann haben wir nichts, mit dem wir uns ablenken können, falls HK immer noch nicht zurück ist. Wie lange würden wir warten, bevor wir aufgeben?, fragte sich Jonas.
Zum Glück schien es eine recht komplizierte Angelegenheit zu sein, das John-Hudson-Kostüm loszuwerden. Zuerst mussten sie herausfinden, wie man auf dem Definator eine Suche startete, was nicht unproblematisch war, da das Gerät etwa eine Million Mal komplizierter war als ein iPhone. Man fuhr weniger mit dem Finger über das Display, als dass man lediglich daran dachte, den Finger irgendwohin zu bewegen, und schon gehorchte das Ding.
»Da ist es: WIE MAN EIN NICHT MEHR BENÖTIGTES HISTORISCHES KOSTÜM ENTFERNT«, las Katherine vor. »Man muss nur …«
»Warte! Was soll ich eigentlich anziehen, wenn ich das Kostüm los bin?«, fragte Jonas. »Kriege ich meine alten Sachen zurück oder was?«
Katherine zog die Nase kraus. »Ja, richtig. Sehen wir zu, dass du nicht in Unterwäsche dasitzt«, murmelte sie.
Jonas beschloss, ihr lieber nicht zu sagen, dass zu seinem Kostüm aus dem siebzehnten Jahrhundert keine Unterwäsche gehörte.
Sie mussten sich durch haufenweise Kleingedrucktes arbeiten, aber schließlich fanden sie die richtigen Befehle, die es einzugeben galt. Im Handumdrehen steckte Jonas wieder in dem T-Shirt und in den Jeans, mit denen er zunächst ins Jahr 1600 und dann ins Jahr 1611 gereist war. Das T-Shirt hatte immer noch Schweißflecken von der Zeit, die er auf den Inseln Roanoke und Croatoan verbracht hatte; die Jeans waren von den Knien abwärts steif und sandverkrustet.
»Sehe ich jetzt normal aus?«, fragte Jonas seine Schwester.
»Wie meinst du das? Du hast noch nie normal ausgesehen«, erwiderte sie.
Aber ihre Augen leuchteten.
Sie sahen sich um und warteten darauf, dass HK wieder auftauchte. Der Kostümwechsel war eine gute Ablenkung gewesen, aber er hatte nicht genug Zeit in Anspruch genommen.
»Können Sie uns nicht sagen, ob HK zurückkommt, Zwei?«, fragte Jonas den Definator.
Das Gerät blieb stumm.
»Ich glaube nicht, dass er hier jemals wirklich mit uns geredet hat, Jonas«, sagte Katherine. »Wahrscheinlich war alles, was er über den Definator gesagt hat, voraufgezeichnet.«
»Aber … er hat unsere Fragen beantwortet! Woher wusste er, was wir ihn fragen würden?«, wandte Jonas ein.
»Sprachgesteuerte Angaben«, sagte Katherine. »Wie beim Telefon. »›Zur Ansage der Öffnungszeiten drücken oder sagen Sie: Eins. Für unser Niederlassungsverzeichnis drücken oder sagen Sie: Zwei‹«, ahmte sie eine Bandstimme nach.
»Für die Bestätigung, dass Sie nicht gestorben sind, erwähnen Sie das Wort ›Himmel‹«, sagte Jonas verbittert. »Und wenn Sie etwas fragen, was ich nicht beantworten will, sage ich einfach: ›Wir müssen die Sache vorantreiben.‹ Ah! Du hast recht! Erinnerst du dich, dass er das schon einmal gemacht hat? Auf dem Weg ins Jahr 1611?«
Frustriert schüttelte er den Definator. Katherine schien anzunehmen, dass er wütend genug war, um ihn wegzuwerfen, denn sie packte seinen Arm.
»Jonas! Er ist vielleicht unser einziger Ausweg!«, schimpfte sie, während sie an seinem Ellbogen zerrte.
»Nein, nein, HK kommt sicher gleich zurück. Dann können wir mit seinem Definator verschwinden«, sagte Jonas sarkastisch.
Katherine hörte auf, an ihm herumzuzerren und ließ los.
»O nein. O nein«, sagte sie und hyperventilierte fast dabei.
»Was ist denn?«, fragte Jonas.
»Deshalb ist HK noch nicht zurückgekommen«, sagte sie.
»Hä?«
Katherine beugte sich vor und legte die Hände auf die Knie. Sie schien ihre Atmung unter Kontrolle bringen zu wollen. Dann wandte sie den Kopf, um Jonas anzusehen.
»Weil wir seinen Definator haben«, sagte sie. »Erinnerst du dich? Er hat ihn uns gegeben, als wir das Jahr 1600 verlassen haben.«