Fünfzehntes Kapitel

Kristen Kurcell hatte Senatorin Jordan aus Duncan Farlowes Büro angerufen, bevor sie Grand Mesa verließ.

»Du hättest mir vor deinem Aufbruch sagen sollen, was hier vor sich geht«, sagte die Jordan sanft. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Mein Gott, ich hätte dir doch geholfen.«

»Es tut mir leid. Ich bin einfach in Panik geraten. Ich … ich habe nicht gewußt, daß es so schlimm werden würde.«

»Mir tut es leid, Kris. Aber ich werde auf dem Flughafen auf dich warten, wenn du landest. Wir werden die Sache gemeinsam verfechten. Du hast keine Ahnung, wie wütend eine Senatorin werden kann, die in einem wichtigen Ausschuß sitzt.«

Als Kristen am Samstag abend das Terminalgebäude verließ, stand der Fahrer der Senatorin Jordan neben der hinteren Tür auf der Beifahrerseite des Lincoln. Der Mann sah sie und öffnete die Tür. Kristen eilte zu ihm und drückte ihm ihre kleine Reisetasche in die ausgestreckte Hand. Dann ließ sie sich auf den Rücksitz fallen.

Im Wagen wartete Senatorin Jordan. Sie umarmten sich, und Kristen spürte, daß die Lippen der Jordan die ihren berühren wollten, und wandte sich im letzten Augenblick ab.

»Schon gut«, sagte die Jordan beruhigend und küßte sie statt dessen auf die Wange. »Du bist jetzt zu Hause.«

Und während der Fahrer den Motor des Lincoln anließ, nahm Samantha Jordan Kristen ganz fest in den Arm.

Samantha Jordan hatte Kristen erstmals an einem Abend vor anderthalb Jahren Avancen gemacht, an dem sie ihre Beförderung zur Bürovorsteherin gefeiert hatten. Nach einem wunderbaren Abendessen folgte eine Flasche Sekt im Stadthaus der Senatorin. Als sie nebeneinander auf dem Sofa saßen und schon einige Gläser geleert hatten, wurde Kristen sich unbehaglich bewußt, daß die Jordan immer näher an sie herangerutscht war. Eine Hand der Senatorin streichelte ihr Knie und glitt dann langsam die Innenseite ihres Schenkels hinauf.

Kristen wich zurück. Ihre Blicke trafen sich, und in diesem Augenblick der stummen Verlegenheit wußte sie es. Es lag in Samantha Jordans Augenausdruck, wenn auch nicht in ihren Worten. Kristen hatte das Stadthaus verlassen und war wie benommen nach Hause gegangen.

Vielleicht hätte sie am nächsten Tag kündigen sollen. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich in ihren siebenundzwanzig Jahren unbehaglicher und befangener gefühlt hatte. Aber das hätte bedeutet, die Freundschaft mit einer Person aufzugeben, die für Kristen in der schwierigsten Zeit ihres Lebens, im Sommer vor den Wahlen im Jahr 1992, immer für sie dagewesen war. Samantha Jordan hatte ihren Wahlkampf zwei Tage lang unterbrochen, um bei der Beerdigung von Kristens Eltern anwesend sein zu können. Sie hatte bei den Vorbereitungen geholfen. Kristen hätte nicht gewußt, was sie ohne sie hätte anfangen sollen, und war froh, den Gefallen erwidern zu können, als lediglich zwei Monate später eine unangenehme Scheidung damit endete, daß die Jordan das Sorgerecht für ihre beiden Kinder verlor.

Kristen hatte sich, nachdem das endgültige Urteil ergangen war, die ganze Nacht hindurch mit der Senatorin unterhalten und Samantha Jordans Stadthaus erst wieder an dem Abend im November gesehen, an dem sie ihre Beförderung gefeiert hatten. Sie wußte, daß die Jordan einsam war und seit der Scheidung häufig unter Depressionen litt. Sie nahm die versuchte Verführung als Ergebnis ihrer stürmischen Gefühlslage hin.

Aber in den darauffolgenden achtzehn Monaten war es zu weiteren Versuchen gekommen, jeweils immer dann, wenn es der Jordan besonders schlecht ging. Sie hatten immer auf dieselbe unschuldige Art und Weise geendet: Kristen hatte der Senatorin in ihr Schlafzimmer hinauf geholfen und sich dann im Wohnzimmer schlafen gelegt, falls die Senatorin aufwachen und noch immer so furchtbar depressiv sein sollte.

Washington liebte Gerüchte geradezu, und die um die angebliche Liebschaft der beiden Frauen war eine Zeitlang das heißeste gewesen. Es köchelte weiterhin auf kleiner Flamme, weil Kristen sich nicht die Mühe machte, es zurückzuweisen, aus Furcht, sie könne damit nur noch mehr Aufmerksamkeit auf die Situation lenken, Samantha Jordans gefühlsmäßige Instabilität ans Licht bringen und damit die brillante Karriere zerstören, die die Senatorin einzig und allein zusammenhielt. Darüber hinaus gab es keinen Mann in ihrem Leben, den Kristen hätte anführen können, um den Gerüchten den Nährboden zu nehmen. Es hatte schon seit geraumer Weile keinen mehr gegeben. Der Tod ihrer Eltern hatte ihr jedes Verlangen nach einer Beziehung genommen und ihren Drang nach körperlichem Vergnügen stark eingedämmt. Wann immer sie sich besser fühlte, setzten unwillkürlich Schuldgefühle ein. Sie konzentrierte sich voll auf ihre Karriere, denn die Arbeit war das einzige, was sie von allem anderen ablenkte.

Kristen sehnte sich schließlich nach den langen Nächten allein im Wohnzimmer des Stadthauses der Senatorin, denn sie war froh, nicht die einzige zu sein, deren Gefühle in eine so tiefe Grube gestürzt waren. Sie konnte sich nur vorstellen, sich je wieder mit einem Mann einzulassen, wenn sie einen fand, der ihr die Kraft gab, die sie Samantha Jordan während ihrer schlimmsten depressiven Phasen gab. Es mußte anfangs lediglich ein Freund sein, der nicht mehr verlangte, als sie geben konnte, und der sie nicht im Stich lassen würde.

Nach Kristens verzweifeltem Anruf aus Colorado hatte Samantha Jordan sie nicht im Stich gelassen. Als Kristen drauf und dran war, nach dem grausamen Tod ihres Bruders in einen Abgrund der Hoffnungslosigkeit zu stürzen, hatte sie hinabgegriffen und sie wieder hochgezogen.

»Ich habe morgen früh im Pentagon eine Verabredung mit dem Ordonnanzoffizier für alle in den Staaten befindlichen Militärbasen«, sagte die Senatorin, als ihr Fahrer sich in den Verkehr einfädelte.

»An einem Sonntag?«

»Das Pentagon weiß, wem es seine Büros öffnen muß, Baby.«

»Hast du etwas über Paul Gathers herausgefunden?« fragte Kristen sie.

»Nach allem, was ich zusammensetzen konnte, hat er einen strikten Routineauftrag gehabt.«

»Aber hast du mit ihm gesprochen?«

»Es ist noch nicht an der Zeit, auf dieses Thema zu sprechen zu kommen, Kris. Aber wenn es an der Zeit ist, gibt es keine Bessere, die sich nachdrücklich ins Zeug legen könnte.«

Am Sonntag morgen mußte Kristen sich im Pentagon bemühen, mit der Senatorin Schritt zu halten, als sie durch die Korridore stürmte. Die Frau war der reinste Dynamo. Nichts und niemand kam ihr in den Weg. Sie hatte sich durch einen Unterausschuß nach dem anderen hochgearbeitet, bis ihr schließlich die Finanzausschüsse offenstanden. Die Parteihierarchie fürchtete sich schlicht und einfach davor, wozu sie imstande wäre, wenn man sie nicht hineinwählte. Samantha bekam den Sitz im gewünschten Ausschuß.

Die Jordan überprüfte die Ziffern auf der Bürotür, vor der sie stehengeblieben waren, und ging dann hinein, ohne anzuklopfen oder die Vorzimmerdame zu bitten, sie anzumelden.

»Senatorin Samantha Jordan, Colonel«, stellte sie sich, nachdem sie die Tür hinter sich wieder geschlossen hatte, einer uniformierten Gestalt hinter dem Schreibtisch vor. »Und das ist meine Bürochefin, Kristen Kurcell.«

Colonel Haynes erhob sich und sah auf seine Uhr. »Es tut mir leid, Frau Senator, aber ich dachte, unsere Verabredung wäre erst …«

»Ich bin etwas zu früh dran. Jetzt lassen wir den Quatsch und kommen direkt zur Sache, wenn Ihnen das recht ist, Colonel Haynes.«

»Natürlich«, sagte Haynes und hätte sich dabei fast verschluckt. »Natürlich, Frau Senator.« Er blieb stehen.

»Ich möchte mit Ihnen über die Air-Force-Basis Miravo in Colorado sprechen.«

»Über Miravo?«

Die Senatorin drehte sich zu Kristen um und nickte.

»Mein Bruder hat Donnerstag abend dort etwas beobachtet«, begann Kristen und erzählte dann die Geschichte, wobei sie die Tränen unterdrücken mußte, als sie berichtete, wie sie Davids Leiche identifiziert hatte.

Colonel Haynes lauschte aufmerksam, und sein Gesichtsausdruck wurde dabei immer verblüffter. Als Kristen geendet hatte, trat er nachdenklich hinter seinem Schreibtisch hervor und schloß die Tür zum Vorzimmer.

»Senator Jordan«, sagte er, während er stocksteif dastand, »wie sieht Ihre Sicherheitsfreigabe aus?«

»Ich bin Mitglied zweier Unterausschüsse des Streitkräfteausschusses des Senats, Colonel. Meine Freigabe ist G-5, und eine höhere gibt es wohl nicht.«

»Dann will ich für den Augenblick davon ausgehen, daß Miss Kurcell dieselbe Freigabe hat. Ich glaube, Sie beide sollten sich setzen.«

»Wir stehen lieber.«

»Wie Sie wünschen. Frau Senator, Ihre Assistentin …«

»Bürochefin.«

»… Ihre Bürochefin behauptet, daß Miravo aufgegeben wurde und menschenleer ist.«

»Ja«, warf Kristen ein. »Gestern war es jedenfalls so.«

»Das ist unmöglich. Die Basis wurde vor einem halben Jahr wieder eröffnet und ist seitdem wieder normal in Betrieb.«

»Nicht den Logbüchern zufolge, über die mein Unterausschuß verfügt, Colonel«, sagte die Jordan mit ziemlich scharfer Stimme.

Haynes zögerte. »Vielleicht sollten meine Vorgesetzten sich in dieser Angelegenheit mit Ihnen besprechen.«

»Sie sind direkt den Kommandierenden der Streitkräfte verantwortlich, Colonel. Das wissen wir beide. Sie sind dieser schwierigen Aufgabe doch bestimmt gewachsen.«

Haynes nickte langsam. »Die Wiedereröffnung Miravos erfolgte gemäß den Blankovorschriften, die Ihr Ausschuß gebilligt hat, Frau Senator.«

»Moment mal. Haben Sie Wiedereröffnung gesagt?«

»Ja. Miravo wurde eingemottet, wie zahlreiche andere Basen an strategischen Punkten im ganzen Land ebenfalls.«

»Warum? Und was genau hat mein Ausschuß angeblich gebilligt?«

»Die Demontage und Zerstörung nuklearer Sprengköpfe in Übereinstimmung mit den jüngsten Abrüstungsverträgen. Miravo und andere ähnlich isolierte Basen wurden wiedereröffnet und dementsprechend ausgestattet.«

»Ich sage Ihnen, die Basis war verlassen«, beharrte Kristen.

»Dann waren Sie nicht in Miravo.«

»Ich bin sicher, daß es Miravo war. Mein Gott, ich bin in den benachbarten Hügeln fast umgebracht worden!«

»Ich habe die Basis erst vor einem Monat persönlich besucht, Madam.«

»Mein Bruder wurde getötet, weil er gesehen hat, was dort vor sich ging. Ich wurde beinahe getötet, weil ich seiner Spur zur Basis gefolgt bin!«

»Ich bedaure, daß Ihr Bruder tot ist, aber er kann nicht in Miravo gewesen sein.«

»Sie behaupten, die Basis sei Donnerstag abend aktiv gewesen«, setzte Kristen ihm zu.

»Ja.«

»Und gestern ebenfalls?«

»Ja, Madam.« Haynes entspannte sich etwas. »Frau Senator, ich werde eine ausführliche Untersuchung anordnen. Ich werde …«

»Nein«, unterbrach Samantha Jordan. »Keine Untersuchung. Ich fliege persönlich hin, um mich zu überzeugen, und ich würde es zu schätzen wissen, wenn Sie das Personal der Basis nicht vorab von meiner Ankunft unterrichten würden.«

»Das ist höchst ungewöhnlich, Frau Senator.«

»Das ist Miss Kurcells Geschichte ebenfalls.«

»Die Sie anscheinend glauben.«

»Ja«, sagte die Jordan, den Blick auf Kristen gerichtet. »Ja, ich glaube sie.«

Auf dem Weg von Gainesville zum Staatsgefängnis Huntsville in Texas versuchte Johnny Wareagle sich einzureden, daß Häuptling Silver Cloud sich geirrt hatte. Wenn Traggeo im Gefängnis war, konnte er weder für Will Shortfeathers Verschwinden verantwortlich sein, noch konnte die Vision des alten Häuptlings von einem anderen, erst kürzlich erfolgten Mord stimmen. Johnny wollte glauben, daß der Mörder hinter Gittern war, wie der Hilfssheriff in Gainesville ihm versichert hatte; daß die Jahre Silver Clouds Augen schließlich doch getrübt hatten. Doch die Entschlossenheit, die im Blick des alten Häuptlings gebrannt hatte, schloß jeden Fehler seinerseits aus, eine Tatsache, die am Sonntagmorgen vom Direktor des Staatsgefängnisses Huntsville bestätigt wurde.

»Traggeo wurde vor fünf Monaten Bewährung zugestanden, nachdem er sieben Monate seiner fünfjährigen Haftstrafe abgesessen hatte«, erklärte der Mann. Auf seinem Schreibtisch lag eine geöffnete Jiffytasche. Der Direktor war ein aufgeschwemmter, frühzeitig kahl gewordener Mann, der durch Brillengläser von der Dicke des Bodens einer Colaflasche zu Johnny hochlugte.

»Wer hat sie gewährt?«

»Der Gouverneur, steht hier. Ich habe hier ein Formular mit seiner Unterschrift.«

»Ich habe nicht gewußt, daß Texas brutalen Mördern vorzeitig Bewährung bietet.«

»Ich mache die Gesetze nicht, Mr. Wareagle.«

»Kennen Sie wenigstens seine Adresse?«

»Natürlich. Warten Sie, ich sehe mal nach … komisch.« Der Direktor sah durch seine dicke Brille wieder zu Wareagle hoch. »Das Formular scheint nicht vollständig ausgefüllt worden zu sein …«

»Gibt es jemanden, der mir helfen könnte, es auszufüllen?«

»Wenn Sie damit die hier fehlenden Angaben meinen, nein. Außer …« Der Direktor blätterte die Akte noch einmal durch. »Anscheinend ist Traggeos Zellengenosse noch bei uns. Elwin Coombs, zwanzig Jahre bis lebenslang wegen Mordes. Aber ich bezweifle, daß er sich als kooperativ erweisen wird.«

»Wo finde ich ihn?«

»Sie haben mich nicht aussprechen lassen. Coombs mußte mehrmals gemaßregelt werden, weil er Wächter bedroht hat. Einem Gefängniskaplan hat er die Nase gebrochen, und einen Psychiater hat er bei einer jährlichen Routineuntersuchung krankenhausreif geschlagen. Er beantwortet Fragen nicht gern.«

»Wo finde ich ihn?« wiederholte Johnny.

Der Direktor zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Er müßte auf dem Hof sein und bei den Vorbereitungen für das jährliche Rodeo helfen.«

»Rodeo?«

Der Direktor erklärte, daß die Insassen der Strafanstalt Huntsville jedes Jahr ein Rodeo veranstalteten. Man errichtete auf dem riesigen Hof unüberdachte Tribünen für die Zuschauer, und die Eintrittsgelder flossen in einen Fonds, über dessen Verwendung ein Häftlings-Komitee entscheiden konnte. Das Rodeo begann jeweils freitags und endete sonntags.

»Da drüben ist er«, sagte der Wächter, der Johnny auf den Hof geführt hatte, und deutete auf einen Corral. »Viel Glück.«

Wareagle ging hinüber.

Der massige, breitschultrige Coombs schüttete gerade Futter in einen Trog vor dem Pferch eines der bockenden Wildpferde, die die Hauptattraktion des Rodeos darstellten. Als er sich vorbeugte, um den Rest des Sackes auszukippen, stieß Johnny ihn durch die Gitterstangen in den Pferch.

»He!« schrie er, als der Hengst schnaubte und nach ihm trat. »He!«

Coombs rappelte sich auf und wich vor dem wiehernden Ungetüm zurück. Das Pferd holte erneut mit den Vorderläufen aus, und Coombs prallte gegen das Gatter. »He!«

Kaum war der Schrei über seine Lippen gekommen, als Coombs einen riesigen Indianer sah, der die Zügel des Wildpferdes packte und das Tier – so unglaublich es auch erschien – festhielt.

»Was soll der Unsinn, Mann?«

»Wir werden uns über Traggeo unterhalten«, erwiderte Johnny.

Wareagle ließ dem Wildpferd gerade so viel Zügelfreiheit, daß es wieder nach Coombs treten konnte. Die Hufe pfiffen an dessen Gesicht vorbei und streiften seine Schulter.

Coombs winkte hektisch. »Schon gut, schon gut! Ich rede! Aber laß mich hier raus!«

»Zuerst redest du«, sagte Johnny und nahm das Wildpferd wieder an die Zügel.

»Das perverseste Arschloch, das ich je getroffen habe, drinnen oder draußen, und du kannst mir glauben, ich hab 'ne Menge von denen kennengelernt. Ich hab' keine Ahnung, warum sie uns zusammen in eine Zelle gesteckt haben. Er war nicht 'n Bruder oder so.« Coombs betrachtete Wareagle skeptisch. »Jedenfalls nicht meiner.«

»Meiner auch nicht. Wieso war er pervers?«

»Weil er nur von den Leuten sprach, die er abgemurkst hat. Das macht ihn an, hat er gesagt. Dafür lebt er.«

Wareagle schluckte heftig. Seine Finger zogen sich um die Zügel des Wildpferds zusammen.

»Ich weiß noch, wie er mir mal gesagt hat, jetzt hätte er alles kapiert. Danach hat er sich den Kopf kahlscheren lassen.«

»Was hatte er kapiert?«

»Daraus wurde ich nicht ganz schlau. Irgendwas in der Art, die Kraft der Leute in sich aufzunehmen, nachdem er sie abgemurkst hat.« Coombs erschauderte sichtlich. »Er hat gesagt, er wolle die Skalps seiner Opfer tragen.«

Es bedurfte Johnnys gesamter Entschlossenheit, um keine Reaktion zu zeigen. Er dachte an Will Shortfeathers blondes Haar auf Traggeos rasiertem Schädel.

»Vor ein paar Monaten, ich weiß nicht mehr genau, vor 'nem halben Jahr vielleicht, mußte er dann zum Direktor, und danach hab' ich ihn nicht mehr gesehen. Sie haben ihn einfach mitgenommen.« Coombs versuchte zu schlucken. »Irgendein hohes Tier muß sich für ihn eingesetzt haben. Mehr weiß ich nicht.«

»Wer hat ihn abgeholt?«

»Keine Ahnung. Verdammt, das ist die Wahrheit. Warum fragst du nicht den Direktor?«

»Er weiß es auch nicht. Aber du hast doch irgendeine Vermutung?«

»Ich hab' gar nix … aber ich hab' was flüstern hören. Über die Wagen der Leute, die ihn abgeholt haben.«

»Ich höre.«

»Sie hatten Nummernschilder der Regierung.«