Mehr, mehr, mehr

Die Portionen haben sich in den vergangenen Jahren nach und nach vergrößert. Die Getränkebecher in den USA sind so groß, dass der New Yorker Bürgermeister die Becher ab etwa einem Liter Fassungsvermögen verbieten möchte. Ein Liter Cola enthält 110 Gramm Zucker, das sind sechseinhalb Esslöffel voll. Über die Riesenbecher mit gezuckerter Cola oder Limonade wird in den USA sehr viel Zucker konsumiert. Da Zucker praktisch nicht sättigt, leisten die großen Becher ihren Anteil am Übergewichts-Problem des Landes.

Der Fast Food-Anbieter frittierter Hähnchenprodukte bot zu Beginn größere Hähnchenteile an. Heute sind die Stückchen winzig, damit man viel Panade daran befestigen kann. Die Kunden essen heute mehr Panade als Fleisch, durch die große Portion haben sie trotzdem das Gefühl, mit dem Kauf des Produktes ein gutes Geschäft gemacht zu haben.

Bei einem der vielen Experimente zum Popcornverzehr im Kino gab man verschieden große Popcorntüten an Zuschauer und wog hinterher genau nach, wie viel Popcorn gegessen wurde. Die Teilnehmer des Experiments an der Universität Cornell aßen 45,3 Prozent mehr aus dem 240-Gramm-Behälter als aus dem 120-Gramm-Behälter. Allein die Menge der vorhandenen Nahrung stimulierte ihren Appetit. Ist man zu Besuch und es steht nur eine kleine Portion Gebäck auf dem Tisch, so übt man Zurückhaltung. Steht hingegen eine große Schale auf dem Tisch, so greift man eher zu. Es fällt nicht auf, wenn ein Stück fehlt, außerdem ist ja noch genug da.

Dr. Barbara Rolls machte zur Portionsgröße beeindruckende Experimente mit Versuchspersonen: Elf Tage lang wurden die Portionen der Studienteilnehmer um 50% vergrößert. Die Personen aßen jeden Tag 400 kcal mehr als vorher und nahmen in der Versuchszeit ein halbes Kilo zu. Die meisten Probanden bemerkten dies nicht mal. Gerade bei Nahrung mit hoher Energiedichte bemerken Menschen nicht, wie viele Kalorien sie aufnehmen, der Magen ist noch gar nicht richtig gefüllt, wenn eigentlich schon genug Kalorien aufgenommen wurden. Menschen lassen sich also allein von der Verfügbarkeit der Nahrung in ihrem Essverhalten steuern. Die Effekte sind erschreckend: Die Wissenschaftlerin Rolls konnte den Teilnehmern in weniger als zwei Wochen unbemerkt ein Pfund Gewicht auf den Körper manipulieren, indem sie einfach mehr Essen auf die Teller schöpfte. Dieses Mehressen könnte wiederum an der Entstehung einer Leptinresistenz beteiligt sein, damit ist der Weg in den Teufelskreis frei.

Essen ist eine soziale Angelegenheit, wir lassen uns ebenfalls von dem beeinflussen, was unsere Tischnachbarn essen: Wer zusammen mit Menschen isst, die große Portionen verzehren, der isst selbst auch mehr. Je mehr Menschen große Portionen verspeisen, desto eher werden die verbleibenden Tischnachbarn verführt, auch zu essen.