Helfer im Darm?

Als die ersten Joghurts und sauer vergorenen Milchprodukte Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Markt kamen, waren einige Ärzte noch der Ansicht, dass die darin enthaltenen Bakterien schädlich sein könnten. Heute sind probiotische Joghurts eine lukrative Einnahmequelle. Joghurt enthält lebende Milchsäurekulturen, wovon die meisten im sauren Magenbrei sterben, ein natürlicher Schutzmechanismus gegen unerwünschte Eindringlinge. Einige wenige Bakterien überleben und können sich im Darm des Menschen ansiedeln. Probiotische Joghurts enthalten besondere Joghurtkulturen, denen von der Industrie positive Wirkungen nachgesagt werden. Die gesundheitsfördernden Eigenschaften werden intensiv beworben, die wissenschaftlichen Nachweise sind schwierig. Viele dieser Joghurts weisen einen sehr hohen Zuckeranteil auf.

Sollten diese Produkte tatsächlich positive Wirkungen haben, dann stellt sich auch die Frage nach möglichen Nebenwirkungen. Probiotische Bakterien enthalten verschiedene Gene mit Antibiotikaresistenzen. Bakterien können diese Gene prinzipiell untereinander weitergeben. Es gibt bisher keine Hinweise, dass probiotischer Joghurt die Wirksamkeit von Antibiotika herabsetzt, aber es wäre zumindest denkbar. Mit eventuellen Risiken eines Produktes wird natürlich nicht geworben.

Trotzdem sollten probiotische Produkte nur von gesunden Personen verzehrt werden. Bei Patienten mit gestörter Immunabwehr oder schweren Grunderkrankungen könnte es zu Problemen kommen: Eine holländische Studie prüfte den Nutzen der Probiotika bei Patienten mit einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse, dies ist eine sehr schwere Erkrankung mit hoher Sterblichkeitsrate. In der Gruppe der Probiotika-Patienten kam es häufig zu einer Minderdurchblutung des Darms, an der acht von neun der betroffenen Patienten verstorben sind. Insgesamt wurden 298 Patienten in der Studie untersucht. Die Autoren kommen in ihrer Publikation zu dem Schluss, dass Probiotika bei kritisch kranken Patienten grundsätzlich vermieden werden sollten.