Von Dosis und Giften

Menschen neigen dazu, Lebensmittel in „gesund“ und „ungesund“ zu klassifizieren. Es gibt vielleicht noch eine zusätzliche Kategorie: „Ist nicht gesund, sind aber trotzdem ein paar gesunde Dinge drin enthalten.“ Diese Denkweise wird von Ernährungsberatern und Medien konsequent bedient: Es ist einfacher, einem Leser zu erklären, dass Äpfel gesund sind, statt darauf hinzuweisen, dass man nach dem Genuss mehrerer Äpfel vielleicht Bauchschmerzen bekommt, dass zu viel Fruchtzucker eine Fettleber begünstigt und dass manche Menschen besser gar keine ungeschälten Äpfel essen, weil sie das Apfelwachs nicht vertragen. Es kommt immer auf die Einzelperson und auf die verzehrte Menge an.

Ohne Wasser verdurstet der Mensch und stirbt. Trinkt man hingegen zu viel, kann es zu einer Wasserintoxikation oder Hyperhydration kommen. Durch das viele Wasser wird der Wasser-Elektrolyt-Haushalt gestört. Trinkt man absichtlich zu viel, kann es zu Schwindel, Übelkeit und Erbrechen kommen, im Extremfall kann eine Wasserintoxikation sogar tödlich sein. Trinken Sportler während eines Wettkampfes in der Hitze weit über ihren natürlichen Durst hinaus, kann es zu Symptomen einer Wasserintoxikation kommen.

Spinat gilt als gesund. Würden Sie fünf Kilo Spinat essen, müssten Sie mit Nierenschäden rechnen. Zum Glück ist der Körper so klug, dass er ein solches Vorhaben durch Erbrechen oder Appetitlosigkeit zu verhindern wüsste. Dies gilt für jede Substanz, die wir dem Körper zuführen: Die Menge macht, ob etwas gesund oder schädlich ist.

Paracelsus schrieb 1538: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift sei.“ Diesen Satz müsste jeder Schüler bereits in der Schule auswendig lernen. Das Schwarz-Weiß-Denken, das die Medien im Bezug auf Nahrung suggerieren, ist falsch. Relevant für die Gesundheit ist letztendlich die Zusammenstellung der Nahrung.

Da der Trend zur Anreichung von Lebensmitteln ungebrochen ist, wird die Dosis der aufgenommenen Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und funktionellen Zusatzstoffe weiter ansteigen, wenn der Verbraucher durch gezielte Auswahl seiner Lebenmittel nicht dagegen steuert.