Die Nahrungsmittelindustrie

Im Lebensmittelchemie-Studium hatte ich einen Dozenten, der Lebensmitteltechnologe war. Dieser Dozent erzählte in der Vorlesung, dass er oft gefragt wurde, warum er denn nicht als Lebensmitteltechnologe arbeite. „Dazu fehlt mir die kriminelle Energie!“ war seine Antwort. Lebensmitteltechnologen kreieren Lebensmittel, die möglichst wenig kosten und sich möglichst gut verkaufen. Kriminell im Sinne des Gesetzes ist dies nicht, aber die Industrie bewegt sich haarscharf am Rande der Legalität, um die gesteckten Gewinnziele zu erreichen.

Ein klassisches Beispiel ist das Bourbon-Vanilleeis: Die zahlreichen dunklen Krümel stammen zwar aus der Vanilleschote, aber das wäre im Grunde zu teuer für ein günstiges Discounter-Eis. Also werden solche Vanilleschoten fein gemahlen, die vorher bereits von ihrem wertvollen Aroma befreit wurden. Kauft der Verbraucher eine Schote, so kratzt er das Mark aus. Die Industrie vermahlt die Schale natürlich mit, die dunklen Punkte sind echte Vanille, der das Vanillearoma fehlt. Der wertvolle Vanilleextrakt wird in hochwertigen und teuren Produkten eingesetzt. Das noch aromalose Eis wird dann mit natürlichem Aroma versetzt, das aus Abfallstoffen der Papierherstellung gewonnen wird. Früher setzte man fein gemahlenen schwarzen Tee ein, um die schwarzen Pünktchen zu erzeugen. Man verwendete genau die Menge, die man nach damaligem Gesetz geradeso nicht deklarieren musste. Dann ergänzte man genau soviel Bourbon-Vanille, dass man sie soeben deklarieren durfte.