Der Geschmack und seine Komponenten

Im Mundraum wird die Nahrung von den Geschmacksknospen analysiert. Durch das Kauen und die Wärme steigen die Aromen über den Rachen in den Nasenraum auf, so wird der Geschmack durch die Eindrücke des Geruchssinns komplettiert. Früher hat man gelehrt, dass verschiedene Bereiche der Zunge für die vier Geschmacksqualitäten süß, salzig, sauer und bitter verantwortlich sind. Heute weiß man, dass die Geschmacksknospen auf der Zunge verteilt sind, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. In jeder Geschmacksknospe der Zunge sind 50 bis 150 Sinneszellen enthalten, die Geschmackspapille setzt sich aus vielen Geschmacksknospen zusammen. Die Schnelligkeit und der Rhythmus der Kaubewegung wird durch die Medulla oblongata im Hirnstamm kontrolliert. Hungrige Menschen kauen schnell, bei zunehmender Sättigung lässt man sich mehr Zeit. Genau wie die Atmung kann man die Kaubewegung auch bewusst steuern, wenn man sich darauf konzentriert.

Die Geschmacksqualitäten

Süß, salzig, sauer, bitter sind die bekanntesten Geschmacksqualitäten. Mittlerweile kennt man eine fünfte Geschmacksqualität, die umami (japanisch: wohlschmeckend, würzig) genannt wird.

Süßer Geschmack ist ein Zeichen für leicht verfügbare, wertvolle Energie. Salze benötigt der Körper, damit der Elektrolythaushalt sowie die Nervenweiterleitung gut funktionieren. Menschen mögen Salziges, früher war Salz wertvoller als Gold. Es gibt Hinweise darauf, dass der Mensch neben Kochsalz auch die Mineralien Kalzium und Magnesium schmecken kann. Menschen können Mineralwässer geschmacklich voneinander unterscheiden. Sauer zeigt, dass die Frucht noch unreif ist. Eine saure Zitrone löst starken Speichelfluss aus, damit die Zähne von der Säure nicht angegriffen werden. Der Sinn für bitter schützt die Gesundheit, denn Gifte sind meist bitter. Kinder mögen keine bitteren Nahrungsmittel. Wenn sie älter werden, können sie lernen, mit dem bitteren Geschmack auch Positives zu verbinden.

Auf Geschmacksverstärker reagiert der Sinn Umami. Warum reagiert der Mensch überhaupt auf diese Substanzen? Glutamat ist das Salz der Aminosäure Glutaminsäure, die in gebundener Form im Eiweiß vorkommt. Glutaminsäure ist eine der 21 im Körper vorkommenden Aminosäuren. Gebunden im Eiweiß kann man diese nicht schmecken. Sobald das Eiweiß etwas gelagert wurde oder abgehangen ist (z.B. Fleisch), wird die Glutaminsäure in kleinsten Mengen frei. Der Körper kann dann das Eiweißbruchstück schmecken. Umami signalisiert dem Gehirn die Anwesenheit von wertvollem Eiweiß. Bereits kleine Mengen Glutamat reichen aus, um einen Wohlgeschmack zu empfinden. Der Körper giert also nicht nach Glutamat, sondern nach Eiweiß. Je mehr Glutamat im natürlichen Essen enthalten ist, desto leichter verdaulich ist das Eiweiß. Eiweiß liefert Energie und wertvolle Baustoffe. Zehn Aminsoäuren des Eiweißes kann der Körper nicht selbst herstellen, die muss er über die Nahrung aufnehmen. Setzt die Industrie ihren Produkten Glutamat zu, denkt der Körper, er bekäme Eiweiß. Statt dessen bekommt er z.B. Kartoffelchips und damit Kohlenhydrate und Fett.

Wenn es einen eigenen Rezeptor für Eiweiß gibt, was ist mit dem Fett? Fett ist ein wichtiger Energieträger. Hinzu kommt, dass der Mensch einige Fettsäuren nicht selbst bilden kann und auf eine Zufuhr aus der Nahrung dringend angewiesen ist. Fett wird zunächst über das Mundgefühl wahrgenommen. Da es zahlreiche fettlösliche Aromen löst, ist es ein wichtiger Geschmacksträger. Fettreiche Speisen schmecken besser und aromatischer als fettarme Nahrung. Mittlerweile wurde ein möglicher Geschmacksrezeptor für Fett ermittelt. In Mäusen hat man diesen Rezeptor ausgeschaltet. Man gab diesen Mäusen fetthaltiges und fettarmes Futter zur Auswahl. Das fettarme Futter bekam über Zusatzstoffe die Konsistenz einer fetthaltigen Nahrung. Die Mäuse ohne Fettrezeptor wählen beide Futterarten gleich gerne. Die normalen Mäuse bevorzugen hingegen das Futter mit dem echten Fett. Im Jahr 2010 konnte man zeigen, dass Menschen unterschiedliche Fettsäuren in ansonsten geschmacksneutralen Lösungen identifizieren können. Einige Menschen können diese Aufgabe besser lösen als andere. Es gibt Hinweise darauf, dass die Menschen mit einem empfindlichen Geschmackssinn für Fett weniger Fett konsumieren als Menschen, die Fett weniger gut schmecken können.

Für Schärfe gibt es keinen eigenen Geschmacksrezeptor im Mund, Schärfe ist Schmerz und wird daher auch als heiß wahrgenommen. Um die Schleimhäute zu schützen, produziert der Körper bei scharfem Essen Schleim, viele Menschen müssen sich dann räuspern oder hüsteln, anderen bricht wegen der empfundenen Hitze der Schweiß aus.

Menschen lieben Süßes. Es gibt einen Rezeptor für Zucker, so kann man den schnellen Energieträger problemlos erkennen. Aber was ist mit stärkehaltigen Produkten? Wie schmeckt der Mensch Nudeln, Kartoffeln und Brot? Obwohl diese Nahrungsmittel im Vergleich zu Zucker und Salz eher wenig Eigengeschmack haben, sind sie sehr beliebt, werden aber häufig mit geschmackvollen Nahrungsmitteln kombiniert. Beim Brot wählt man einen herzhaften oder süßen Belag, Nudeln ergänzt man mit einer leckeren Sauce. Kohlenhydrate werden im Speichel durch die Alpha-Amylase vorverdaut: Kaut man das Brot länger, so beginnt es süßlich zu schmecken. Die Amylase knabbert ein paar Zuckermoleküle von den Kohlenhydraten ab, leistet aber nur einen winzigen Teil der Verdauungsarbeit: Schluckt man die Nahrung runter, wird die Alpha-Amylase im sauern Magensaft sofort wieder deaktiviert. Erst im Darm werden die Kohlenhydrate vollständig aufgeschlossen. Warum macht sich der Körper die Mühe, diese Amylase zu produzieren, um eine minimale Vorverdauung im Mund zu leisten? Dem Darm ist es beim Aufschluss der Kohlenhydrate herzlich egal, ob wir das Brot lange kauen oder in Windeseile verschlingen. Die Alpha-Amylase leistet ihren Beitrag, indem sie von den Kohlenhydraten kleinste Mengen Zucker freisetzt, die dann als süß geschmeckt werden können. So kann der Mensch über die beim Kauen entstehenden Malzzucker und Oligosaccharide schmecken, dass er gerade auf einer energiereichen Nahrung kaut.

Somit kann der Mensch im Mund alle wichtigen Nahrungsbestandteile analysieren: Den schnell verfügbaren Zucker, die langsam verfügbaren Kohlenhydrate, das Fett, das Eiweiß und die wichtigsten Mineralien. Gleichzeitig schützt der Rezeptor für Bitteres vor Giften.

Der Geruchssinn

Das Analysieren der Nahrung ist die vielleicht wichtigste Aufgabe des Geruchssinns. Menschliche Nasen sind für Gerüche der Verderbnis sehr sensibel: Der Genuss einer bakteriell verdorbenen Speise könnte das Leben kosten, Schimmelpilztoxine schädigen die Gesundheit. Leckere Aromen animieren zum Zugreifen, sie stimulieren den Appetit und leiten die Produktion der Verdauungssäfte ein. Das Wasser läuft im Mund zusammen, der Körper beginnt mit der Produktion der Verdauungssäfte.

Geschmack und Geruch beeinflussen sich gegenseitig. Das erlebt jeder, der versucht, das Essen trotz Erkältung und verstopfter Nase zu genießen. Im Inneren des Nasenraumes ist die Riechschleimhaut lokalisiert. Beim gezielten Schnüffeln vor der Bäckerei verwirbelt sich die Luft stärker als beim normalen Atmen, mehr Geruchsmoleküle werden an die Schleimhaut getragen, um die Luft zu analysieren. Beim Kauen gelangen die Geruchsstoffe über den Hals und Rachen von innen an die Riechschleimhaut. Durch die Zerkleinerung und das Erwärmen der Nahrung beim Kauen werden die Aromen gut freigesetzt.

In der Riechschleimhaut sitzen 30 Millionen sehr verschiedenartige Sinneszellen, die jeweils auf einen bestimmten Duftstoff ansprechen. Jedes Lebewesen verfügt hauptsächlich über die Sinneszellen, die für es von Bedeutung sind. Man sagt, dass Hunde besser riechen können als Menschen. Dies stimmt nur teilweise. Hunde sind für den Fettschweiß ihrer Beute sehr empfindlich, der Mensch kann hier nicht mithalten. Mensch und Affe hingegen können Fruchtdüfte viel besser und differenzierter wahrnehmen als Hunde. Der Hund hat kein Interesse am reifen Apfel, er ernährt sich von Fleisch.

Die Information über Gerüche gelangt ungefiltert ins limbische System des Gehirns, so ist die Geruchswahrnehmung sehr direkt mit den Emotionen verbunden. Ein bestimmter Geruch erinnert Sie sofort an einen geliebten Menschen oder an eine bestimmte Situation.

Menschen nehmen schon kleine Konzentrationen von Fäkal- und Verderbnisgerüchen wahr, dies schützt vor Infektionen aller Art. Manche unangenehmen Gerüche können in hoher Konzentration sogar Würgereflexe auslösen. Faule Eier sind für uns kaum zu ertragen, der Körper möchte uns durch den Würgereflex vor einer solchen Gefahr schützen.