Ballaststoffe

Ballaststoffe sind verschiedenartigste Substanzen, die vom Darm nicht verdaut werden. Sie werden nicht oder nur unvollständig vom Körper aufgenommen und beim Stuhlgang ausgeschieden. Getreideerzeugnisse sind eine der wichtigsten Quellen für Ballaststoffe, danach folgen Obst und Gemüse. Die löslichen Ballaststoffe Inulin und Oligofruktose (Prebiotika) regen das Wachstum der Bakterien des Dickdarms an, was die Gesundheit des Menschen fördern soll.

Weil es so gesund klingt, werden heute immer mehr Ballaststoffe der Nahrung zugesetzt. Gleichzeitig fordert die Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum täglichen Verzehr von fünf Portionen Obst und Gemüse auf. So steigt von Jahr zu Jahr die Last für den Darm. Wie der Ökotrophologe Uwe Knop anhand von Daten der Gesundheitsberichterstattung des Bundes ermittelt hat, sind seit Beginn der Ernährungskampagnen die Verdauungsbeschwerden der Menschen sprunghaft in die Höhe gestiegen.

Die „sonstigen Krankheiten des Magens und Dünndarms“ sind zwischen 2000 und 2011 um 80 Prozent angestiegen. Bei den „sonstigen funktionellen Darmstörungen“, dazu gehören z.B. Verstopfung und Durchfall, hat sich die Zahl der Fälle verdoppelt. Die Zahl der Fälle mit Blähungen (Kategorie „Flatulenz und verwandte Zustände“) sind um 152 Prozent angestiegen. Bei diesen Ergebnissen ist es naheliegend (wenn auch nicht bewiesen), die Ursachen in den steigenden Mengen der aufgenommenen Ballaststoffe zu suchen.

Falls Sie selbst betroffen sind, schafft ein kleiner Ernährungsversuch Abhilfe: Schreiben Sie zwei Wochen lang auf, was Sie wann essen und notieren Sie, wann Beschwerden auftauchen. Vielleicht erkennen Sie bereits einen Zusammenhang, welches Lebensmittel Ihnen nicht bekommt. Steigen Sie dann für zwei Wochen auf bekömmliche und vermeintlich ungesunde Kost um: Helles Brot, normale Spaghetti, kleinere Mengen Obst und Gemüse. Danach können Sie abschätzen, wie Ihr Darm mit Ballaststoffen zurechtkommt. In diesen zwei Wochen werden Sie keine Vitaminmangelkrankheit bekommen.

Der Mensch hat einen kürzeren Darm als seine nächsten Verwandten, die Menschenaffen. Der Lebensmittelchemiker und Ernährungsexperte Udo Pollmer geht soweit, den Menschen als „Coctivor“ zu bezeichnen, da er seine Nahrung durch Kochen bekömmlicher macht. Das menschliche Gebiss kann harte Fasern und Fleisch nicht reißen. Menschen zerkleinern, kochen, schälen, mahlen, entkernen und lösen Knochen aus. Wenn man verschiedene Affenarten miteinander vergleicht, stellt man fest: Je mehr Laub und Früchte verzehrt werden (statt Insekten, Vogeleier und Kleingetier), desto länger ist der Verdauungstrakt und desto kleiner das Gehirn. Das Kochen entgiftet die pflanzliche Nahrung und erleichtert den Aufschluss, Schälen und Entkernen vermindert die Zahl der Ballaststoffe. Selbst Naturvölker bearbeiten und kochen ihre Lebensmittel auf vielfältige Weise, um sie bekömmlicher zu machen.