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Frohes neues Jahr

Montag, 5.57: «Uuuund öffne die Welt. Uuuund schließe die Welt. Öffne die Welt und schließe die Welt.»

Ich stehe mitten im Wohnzimmer, die Beine weit gegrätscht und die Arme über dem Kopf. In jeder Hand halte ich einen Ball, einen von diesen wabbeligen, die sich anfühlen wie der Kopf einer Riesenkrake. Man verlangt von mir, mit den Bällen in der Luft einen Kreis zu beschreiben. «Uuuund öffne die Welt – uuuund schließe die Welt.»

Die Person, die mir diese Anweisungen gibt, ist eine irrsinnig gut gelaunte Frau um die fünfzig, die einen Kristall an einer Kette um den Hals trägt. Sie leitet wahrscheinlich die Liga zum Schutz irgendwelcher Tiere, die alle anderen Leute von Herzen gern plattgefahren rumliegen sehen würden: Ratten, Fledermäuse, Marder. Fay ist eine persönliche Trainerin, die ich angeheuert habe, damit sie mich bei meinem intensiven Entspannungs- und Fitnessprogramm unterstützen kann. Ich habe sie telefonisch über die Juno Akademie für Gesundheit und Fitness bekommen. Nicht billig, aber ich nehme an, ich werde eine Menge dadurch sparen, dass ich bald wieder in meine Vor-Schwangerschaftskleider passe. Außerdem ist es letzten Endes sicher nicht so teuer wie der Mitgliedsbeitrag in all den Fitnessclubs, in die ich es nie schaffe, weil mir die Zeit fehlt.

«Dein einziges Work-out, Kate, besteht darin, deine Brieftasche mit all den Mitgliedsausweisen für Fitnessclubs anzuheben», sagt Richard.

Unfair. Unfair und wahr. Vorsichtigen Schätzungen zufolge hat mich mein diesjähriges Schwimmen im neusten Health Club, das ich zwischen dem Lunch im Conundrum und einer Präsentation in Blackfriars eingeschoben habe, circa 47,50 Pfund pro Bahn gekostet.

Wie dem auch sei, da erwartete ich also Cindy Crawford in pinkem Lycra, und was steht vor mir, als ich die Tür aufmache? Isadora Duncan in grünem Loden. Das winddurchpustete Elfenwesen, meine persönliche Trainerin, trug die Sorte Doppeldecker-Cape, mit dem uns dereinst Douglas Hurd als Außenminister erfreut hat. «Der Name ist Fay», sagte sie aus einer dieser Reisetaschen heraus, in denen Mary Poppins ihren Hutständer aufzubewahren pflegt, und förderte etwas zutage, das sie als «meine Chi-Bälle» bezeichnete.

Diese Chi-Bälle langsam und geduldig kreisen zu lassen, war nicht gerade das, was ich mir vorgestellt hatte. Ich fragte, ob wir nicht vielleicht einen Schritt weitergehen und ein wenig an meinem Bauch arbeiten könnten. «Wissen Sie, ich hatte einen Kaiserschnitt, und ich hab diesen Hautüberhang, der einfach nicht weggehen will.»

Bei dieser Unterbrechung erschauert Fay wie ein edles Windspiel bei einer Leistungsschau der Schäferhunde. «Mein Ansatz schließt den ganzen Menschen ein, Katya. Ich darf Sie doch Katya nennen? Sehen sie, wenn wir erst mal den Geist befreit haben, dann können wir zum Körper übergehen und nach und nach die verschiedenen Körperteile miteinander bekannt machen, bis wir eine harmonische Kommunikation zustande bringen.»

«Ehrlich gesagt», entgegnete ich Fay, «ich hab unwahrscheinlich viel zu tun. Könnten wir deshalb nicht einfach sagen: Hallo, Bauchmuskeln, erinnert ihr euch noch an mich? Das wäre phantastisch.»

«Sie müssen mir nicht erzählen, dass sie viel zu tun haben, Katya. Das sehe ich an ihrem schweren Kopf. Sie haben wirklich einen sehr schweren Kopf. Einen armen, gestressten Kopf. Und der wiederum verursacht einen unerträglichen Druck im Lendenwirbelbereich.»

Und ich hatte gedacht, man bezahlt diese Leute, damit man sich besser fühlt. Nach dreißig Minuten mit Fay habe ich das Gefühl, ich sollte mich besser einbalsamieren lassen. Jetzt schlägt sie vor, dass ich mich flach auf den Rücken lege, die Arme über den Kopf halte und mir vorstelle, ich liege auf der Folterbank. In Gedanken sehe ich Verräter vor mir, denen man im Tower von London ihre Geheimnisse entlockt – für 25 Pfund die Stunde mit ihrem ganz persönlichen Folterknecht. Laut Fay wird diese Übung mein Rückgrat wieder begradigen, jenes Rückgrat, das eines der kümmerlichsten und verunstaltetsten ist, die Fay je gesehen hat.

«Gut so, gut so, Katya, ausgezeichnet», strahlt sie. «Jetzt führen Sie Ihre Arme langsam über dem Kopf nach vorne und sprechen mir nach: If we com-pete, we are not com-plete. If we com-pete, we are not com-plete.»

 

7 Uhr 01: Fay geht. Der wahrhaft unerträgliche Druck lässt umgehend nach. Genehmige mir eine Schüssel Honigpops. Turnübungen und Selbstverleugnung an ein und demselben Morgen sind einfach zu viel für mich. Als ich am Küchentisch sitze, höre ich plötzlich ein ungewohntes Geräusch, ein heiseres Rauschen wie im Radio. Ich sehe mich um und versuche festzustellen, wo es herkommt. Es dauert ein paar Minuten, bis ich es entlarvt habe: Stille. Das Geräusch von Nichts dröhnt mir im Ohr. Ich habe fünf Minuten für mich allein, ich genieße sie, und dann stürmen Emily und Ben durch die Tür herein.

Nach den Ferien kommen mir die Kinder immer ganz besonders bedürftig vor. Die Zeit, die wir miteinander verbracht haben, hat sie nicht annähernd zufrieden gestellt, sie wirken ausgehungert und gieren nach meiner Aufmerksamkeit wie Neugeborene. Je mehr sie von mir kriegen, desto besser erinnern sie sich daran, wie viel mehr sie darüber hinaus von mir wollen. Vielleicht gilt das für jedes menschliche Verlangen. Schlaf macht müde, vom Essen wird man hungrig, Sex schürt die Lust. Ganz offensichtlich haben meine Kinder das Prinzip Quality Time noch nicht erfasst. Seit wir von Richards Eltern zurück sind, ist es jedes Mal, wenn ich aus der Tür gehe, so, als nähmen zwei Halbwaisen von ihrem Vater Abschied, der ins Gefängnis geht. Bens Gesicht sieht aus wie ein knallroter kummervoller Ballon. Und Emily hat mit diesem grässlichen Gehuste nachts angefangen, sie würgt und würgt, bis sie spucken muss. Als ich Paula das erzählte, damit sie mich beruhigt, sagte sie «Aufmerksamkeitshascherei», mit leisem Triumph in der Stimme. (Selbstverständlich unterstellend, dass Em nicht genug Aufmerksamkeit bekommt.)

Dann sind da noch Emilys ständige Anfragen, mit ihr zu spielen, immer zu den unpassendsten Zeiten, als ob sie mich auf die Probe stellen und dabei nur meine Unzulänglichkeit beweisen wollte. Wie heute Morgen, als ich verzweifelt versuche, zu meinem Arzttermin zu kommen, und sie sich an meinen Rock hängt.

«Mummy, ich seh und seh, was du nicht siehst, und das fängt mit einem B an.»

«Nicht jetzt, Em.»

«Oh, bitte. Was, was mit B anfängt.»

«Butter.»

«Nein.»

«Bär.»

«Nein.»

«Buch.»

«Nein.»

Ich weiß es nicht, Emily, ich gebe auf.»

«Bideo!»

«Video fängt nicht mit B an.»

«Doch.»

«Nein, das stimmt nicht.»

«Es fängt aber mit B an.»

«Nein, mit V. Wie Verkehr. Wie Vulkan. Wie verkehrt. Wenn du den richtigen Buchstaben sagst, Emily, sparen wir eine Menge Zeit.»

«Katie, lass es gut sein. Sie ist erst fünf», sagt Richard, der nach unten gekommen ist. Sein Haar ist noch feucht vom Duschen, und jetzt schneidet er sorgfältig eine Cruella-De-Vil-Maske von der Rückseite einer Frosties-Packung aus.

Ich funkele ihn über den Tisch hinweg an. Himmel, auf Richard ist Verlass, wenn es gilt, mir in den Rücken zu fallen. Er ist so schlecht darin, eine geeinte Front zu demonstrieren.

«Also, wenn ich sie nicht korrigiere, wer dann? Doch bestimmt keiner von diesen Jede-Rechtschreibung-ist-eine-gute-Rechtschreibung-Mullahs in der Schule.»

«Kate, ihr spielt Ich seh, ich seh, um Himmels willen, nicht Wer wird Millionär.»

Rich, fällt mir auf, sieht mich nicht mehr so an, als ob ich einfach nur verrückt wäre. Gewisse zuckende Seitenblicke und verkrampftes Stirnrunzeln lassen darauf schließen, dass er abzuschätzen versucht, wann er den Krankenwagen rufen muss.

«Für dich ist alles ein Wettkampf, nicht, Kate?»

«Es ist wirklich alles ein Wettkampf, Rich, falls dir das noch nicht aufgefallen ist. Jemand will dir deine Murmeln kaputt machen, jemand will eine hübschere Barbiepuppe, jemand will dir deinen wichtigsten Kunden wegschnappen, nur um zu beweisen, dass du nicht mit ihm fertig werden konntest.» Während ich die Geschirrspülmaschine ausräume, denke ich an Fay und ihr blödes Mantra. Wie war das noch? «If we compete, we are not complete.» Damit sollte sie es mal bei Edwin Morgan Forster versuchen. «If we do not com-pete, we are out on the str-eet.»

«Mummy, kann ich ein Bideo gucken? Bitte, bitte, kann ich ein Bideo?» Emily ist auf die Granitarbeitsplatte geklettert und macht mir eine Barbiespange ins Haar.

«Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass wir beim Frühstück kein Bideo, Himmel, kein Video gucken.»

«Ernsthaft, Kate. Du brauchst einfach mehr Ruhe.»

«Nein, Richard, was ich brauche, ist ein Hubschrauber. Ich habe einen Arzttermin, zu dem ich zehn Minuten zu spät komme, was bedeutet, dass ich meinen Termin für die Konferenzschaltung nach Australien nicht einhalten kann. Die Nummer von Pegasus-Taxi hängt am Brett, kannst du da anrufen. Und sag ihnen, sie sollen nicht diesen Wahnsinnskandidaten im Nissan Sunny schicken.»

 

RICHARD IST EIN netterer Mensch als ich, das liegt auf der Hand. Aber wenn es um Leiden, um bittere Erfahrungen geht, bin ich ihm überlegen, und dieses Wissen trage ich mit mir herum wie eine Waffe. Warum packe ich Emily so viel härter an als er? Weil ich Angst habe, dass Rich unsere Kinder für ein England erzieht, das nicht existiert. Eine Welt, in der die Leute sagen: «Nach Ihnen bitte», statt «Ich zuerst!», eine bessere und freundlichere Welt, sicher, aber keine, in der ich je gelebt oder gearbeitet hätte.

Richard hatte eine glückliche Kindheit, und nur eine glückliche Kindheit schafft die Voraussetzungen für ein glückliches Leben als Erwachsener. Aber glückliche Kindheiten taugen nichts, wenn es um Ehrgeiz und Erfolg geht; Elend und Ablehnung und im Regen an der Bushaltestelle stehen liefern den Nährboden dafür. Man schaue sich nur mal Richards tragischen Mangel an Berechnung an, ständig stellt er Kunden, die ihm Leid tun, zu niedrige Rechnungen aus, oder seinen wahnwitzigen Optimismus, der bis zum Erwerb von erotischer Unterwäsche für eine Frau geht, die seit der Geburt ihres ersten Kindes in einem T-Shirt Größe XXXL mit Dackelmotiv ins Ehebett gestiegen ist.

So was machen Kinder mit einem. Er ist Daddy und ich bin Mummy, und Zeit zu finden, Kate und Richard, du und ich zu sein, ist auf der Liste irgendwie ganz nach unten gerutscht. Sex fällt jetzt unter Verschiedenes, zusammen mit Parkausweisen und einem neuen Teppich für die Treppe. Emily, sie kann damals kaum älter als drei gewesen sein, hat uns einmal in der Küche erwischt, als wir uns küssten, und sie ist auf uns losgegangen wie auf einen Dienstboten, der den Finger in der Portweinkaraffe hatte. Ganz Königin Victoria.

«Lasst das. Davon krieg ich Bauchweh», hat sie gefaucht.

Also haben wir es gelassen.

 

8 Uhr 17: Gegen meine ausdrückliche Bitte hat Pegasus mir erneut den Nissan Sunny geschickt. Der Rücksitz ist so feucht, dass man ihn zur Champignonzucht nutzen könnte. Ich spanne Schenkelmuskeln und Hintern an, ziehe meinen grauen Nicole-Farhi-Wollrock hoch und tue mein Bestes, um ein bis drei Zentimeter Abstand zum Schimmel zu halten.

Als ich den Fahrer frage, ob er möglicherweise eine schnellere Route zur Arztpraxis finden könne, dreht er als Reaktion darauf den Kassettenrecorder so weit auf, dass meine Wangenknochen anfangen zu zittern wie im Sturm. (Ist das Gangsta Rap?)

Nach meinem vorweihnachtlichen Versuch, zu Winston freundlich zu sein, habe ich nicht die Absicht, wieder mit ihm zu sprechen. Aber als ich mich aus der Autotür kämpfe, dreht er sich um und sagt, eine Wolke gelben Rauches ausstoßend: «Hoffentlich haben die da drinnen was, das stark genug für Sie ist, Lady.»

Unverschämtheit. Was will er damit sagen? Die Sache wird auch nicht besser, als ich den Arzt um meine Jahresration Antibabypillen angehe. Dr. Dobson tippt auf seiner Computertastatur, und auf dem Monitor flackert ein grünes Warnsignal auf, als sei ich als gerissener Schwerverbrecher von der Fahndungsliste des CIA identifiziert.

«Ah, Mrs. Shattock, ich sehe, Sie haben keinen Abstrich mehr machen lassen seit … Wie lange liegt das jetzt zurück?»

«Also, 96 habe ich einen Abstrich machen lassen, aber Sie haben den Träger fallen lassen. Ich meine, mir wurde mitgeteilt, dass die Probe beim Transport kaputtgegangen war, und man bat mich, noch einmal vorbeizukommen. Aber ich war ja bereits da gewesen, und meine Zeit ist knapp bemessen, kann ich also bitte einfach meine Pillen bekommen?»

«Und in den letzten vier Jahren hatten Sie keine Zeit, einen neuen Test machen zu lassen?», fragt mich ein Bassethund in Menschengestalt. Dr. Dobson hat den triefäugigen Blick, der Hunden und Menschen in pflegenden Berufen gemein ist.

«Hm, nein. Also, man muss anrufen und einen Termin vereinbaren und hängt schon mal ewig am Telefon, weil niemand rangeht und …»

Sein Finger ruckt auf ein Datum in der Mitte der Aufzeichnungen. «Und einmal haben Sie Ihren Termin nicht abgesagt. Am 23. März letzten Jahres.»

«Taiwan.»

«Wie bitte?»

«Ich war in Taiwan. Es ist nicht leicht, mitten in der Nacht auf der anderen Seite der Welt abzusagen, wenn man keine Stunde Zeit hat, am Telefon zu hängen und darauf zu warten, dass die Sprechstundenhilfe in Drayton Lane aus purer Langeweile an den Apparat geht.»

Der Arzt rückt sich nervös den Schlips zurecht, der beige ist und offenbar aus Weizenstroh geflochten. «Verstehe, verstehe», sagt er und versteht offensichtlich überhaupt nicht. «Also, ich halte es nicht für vernünftig, Ihnen für ein weiteres Jahr Microgynon zu verschreiben, solange Sie keinen neuen Abstrich haben machen lassen, Mrs. Shattock. Sie haben sicherlich davon gehört, dass die Regierung sich für die Gesundheit des Gebärmutterhalses einsetzt.»

«Ist die Regierung der Ansicht, dass es besser für mich wäre, noch ein Baby zu kriegen?»

Traurig schüttelt er den Kopf. «So würde ich es nicht ausdrücken. Die Regierung ist lediglich daran interessiert, Frauen dazu anzuregen, mittels eines simplen Tests einer lebensgefährdenden Erkrankung vorzubeugen.»

«Also, wenn ich noch ein Baby kriege, bin ich tot.» Gott, ich kann nicht glauben, dass ich das gesagt hab. Was willst du damit sagen, Kate?

«Sie brauchen sich nicht aufzuregen, Mrs. Shattock.»

«Ich rege mich nicht auf», sage ich ziemlich schrill. «Ich bin nur eine viel beschäftigte Frau, die im Augenblick keine weiteren Kinder gebrauchen kann, wenn’s recht ist. Wenn Sie mir also bitte meine Pillen geben könnten.»

Mit einem uralten Kugelschreiber, von dem alte Tinte rotzt, macht sich der Arzt langsam und sorgfältig Notizen. Jedes Wort, das er schreibt, ist von vornherein verwischt. Er fragt mich, ob ich noch andere Symptome habe.

«Aber ich bin nicht krank.»

«Schlafen Sie gut? Wie ist Ihr Schlaf?»

Zum ersten Mal, seit Fay, die Irre, heute Morgen um sechs aufgetaucht ist, entspannen sich meine Gesichtszüge so weit, dass ich ein Lächeln zustande bringe. «Na ja, ich habe einen elf Monate alten Sohn, der Zähne kriegt. Schlaf passt nicht recht zu diesem Umstand, meinen Sie nicht auch?»

Dr. Dobson erwidert meinen Blick, aber mit wachsamen Fältchen um die Augen, Fältchen, die das Lächeln in Anführungsstriche setzen. Mir wird klar, dass dieser Ausdruck auf seinem Gesicht nur als duldsam bezeichnet werden kann. Und wer hat mehr zu erdulden als ein Arzt? All das Leiden, das er mit ansehen muss. Wie dem auch sei, er sagt mir, dass ich kommen kann, wann immer ich es für nötig halte. Ganz gleich, wann. Sagt, er würde gleich die Schwester bitten, mich für einen Abstrich einzuschieben. «Zehn Minuten können Sie sicher erübrigen?»

Sicher nicht, aber ich tu’s.

 

BÜRORÄUME von Edwin Morgan Forster, 9 Uhr 06:

Komme zu spät und muss unbedingt aufs Klo. Wird aufgeschoben. Habe bis Mittwoch sieben Berichte vorzulegen, nachdem ich mit zwölf verschiedenen Managern konferiert habe. Habe ebenfalls bis Mittwoch ausführliches Briefing über Fiasko mit japanischer Toki Rubber Company vorzulegen. Da kommt Rod Task an meinen Schreibtisch und teilt mir mit, dass ich zwecks Rettung meiner Karriere Jack Abelhammer in New York einen blasen müsse und das, wann wohl, am Mittwoch. Bin nicht sicher, dass tatsächlich von Blasen die Rede war, aber er hat ganz bestimmt gesagt: «Auf den Knien, Schätzchen.»

 

Von: Kate Reddy
An: Candy Stratton
Tag fing wunderbar an. Abstrich. Wie Sex mit dem Blechbüchsenmann. Können die diesen verdammten Spatel nicht aus Gummi machen, oder würden arme Frauen wie ich dann Schlange stehen, weil sie es zweimal die Woche machen lassen wollen?
Komme sechzehn Minuten zu spät und finde Guy auf meinem Platz, wie er Gott und der Welt erzählt, er sei nahezu sicher, dass ich irgendwann eintreffen würde. Fühlte mich wie der dritte Zwerg und war kurz davor zu knurren: Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen? Hab gar nichts gesagt. Wollte dem kleinen Scheißer nicht die Genugtuung geben.
Außerdem muss ich nach NYC, um Klienten zu beruhigen. Hab Jack Abelhammer noch nie gesehen, aber hasse ihn jetzt schon.

 

Von: Candy Stratton
An: Kate Reddy
Liebe Desdemona,
nimm dich in Acht vor Guy «Jago» Chase. Lass das Taschentuch nicht fallen, mein Engel. Er ist so wild auf deinen Job, dass er mit den Zähnen knirscht.
PS. Habe Hirnlose Vogelscheuche gevögelt und den Feigen Löwen (Samstagnacht), aber nie den Blechbüchsenmann. Able Hammer hört sich viel versprechend an.

 

Von: Kate Reddy
An: Debra Richardson
Freut mich zu hören, dass du Weihnachten überlebt hast.
Bin mir in meinem Fall nicht sicher. (Woran merkt man das?) Schlimm, das mit Felix’ Knie und Rubys Mittelohrentzündung. Sollte nicht mal jemand einen neuen Begriff für Feiertage mit Kindern prägen, fernab von Worten wie
a) Urlaub
b) Ruhe
c) Vergnügen
Höllenfeuertage?
K xxx

 

14.35: Gerade, als ich in die Besprechung der European Group will, ruft Paula an. Sie glaubt, sie hat das Virus, das Emily über Weihnachten hatte. Ob es okay ist, wenn sie heute früher geht? Nein, es ist absolut ausgeschlossen. Dies ist dein erster Arbeitstag nach zwei ganzen Wochen Ferien. Sage: Aber natürlich, du Ärmste, du hörst dich ja furchtbar an.

Ich rufe Richard im Büro an. Er ist in einer Besprechung, es geht um den Entwurf einer Friedenspagode für British Nuclear Fuels. Hinterlasse dringende Nachricht und bitte ihn, so bald wie möglich nach Hause zu kommen und die Stellung zu halten.

 

20.12: Keuche nach Hause, um Emily ins Bett bringen zu können. Stoße im Flur auf Richard. Nein, sagt er, er hat sich noch nicht um den neuen Parkausweis kümmern können. Ja, sie haben beide die Haare gewaschen bekommen. Renne nach oben. Will die harschen Worte von heute Morgen unbedingt wieder gutmachen. Warm und weich wickelt meine Tochter sich eine Strähne von meinem Haar um den Finger.

«Welchen Tweenie magst du am liebsten, Mama?»

«Ich weiß nicht, meine Süße.»

«Milo ist der größte.»

«Aha. Was hast du heute in der Schule gemacht, Schatz?»

«Nichts.»

«Das kann ich mir nicht vorstellen. Erzähl mir, was du gemacht hast, Em.»

«Ich seh, ich seh, was du nicht siehst, und das fängt mit W an.»

«Wasserglas?»

«Nein.»

«Windmühle?»

«Nein.»

«Na, was kann das bloß sein? Wekorder?»

«Jaha! Du bist aber schlau, Mummy.»

«Ich geb mir Mühe, Liebling. Wirklich.»

 

Nicht vergessen:

Für Geschenke bedanken. Weihnachtsbaum zerlegen und in Müllsäcken verstecken, weil die Müllmänner ihn sonst nicht mitnehmen. (Nicht unser Job, meine Liebe.) Scheck für Hüpf-Hasen-Kursus (94 Pfund im Halbjahr, Astronautentraining ist billiger). Neues Balletttrikot für Emily (blau, nicht rosa). Osteopathen finden, der «schweren Kopf» untersucht. Mum anrufen, Schwester zurückrufen, ehe sie sich darin bestätigt sieht, dass ich eine eingebildete reiche Kuh bin, die ihre Wurzeln verleugnet.

STRÄHNEN! Pass läuft ab, o Gott, nein. Coole Freundin fragen, was Gangsta Rap ist. Hab keine coole Freundin. Coole Freundin finden. Babysitter Samstag/Mittwoch. Zeitungsabo bezahlen, alte Zeitungen lesen, Kindermädchenagentur anrufen, falls Paula länger krank ist. Phantastischen neuen Kung-Fu-Film ansehen – Der sitzende Tiger? Der schlafende Drache? Ben die Fingernägel schneiden. Namensschilder für die Wäsche, Zahnarzttermin, Juno-Fitness-Akademie anrufen, Persönlichen Trainer buchen, der Bauch zurückdrängt, statt Seele erweitert. Teletubby-Geburtstagstorte für Ben. Woher? Beckenboden: zusammenziehen. Schneewittchen-Video in der Leihbücherei abgeben. Emily: Bewerbungsunterlagen für Schulen: Krieg das geregelt! Sei ein netterer, geduldigerer Mensch mit Emily, damit sie nicht zur Psychopathin heranwächst.

ANGEBOT FÜR NEUEN TREPPENLÄUFER. Jill Cooper-Clarke anrufen. Gesellschaft: Leute einladen zum Sonntagslunch – Simon und Kirsty? Alison und Jon? Pläne für die Osterferien? Was? Jetzt schon? Ja, jetzt schon Geburtstagsparty im Pool für «Jedda» am Sonntag – Junge oder Mädchen?, rausfinden. Häufiger Blase entleeren. Treffen mit Jack Abelhammer vorbereiten. 

Working Mum
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