EPILOG

DIE UNENDLICHE STRASSE

Außerhalb von Portland, Oregon · 25. März

 

Der Motor des Trans Am heulte auf, als Von in den sechsten Gang schaltete. Sie rasten die Straße entlang durch die Nacht wie ein brennender Pfeil. Cortini saß auf dem Beifahrersitz und richtete den Blick in die Dämmerung.

Heather saß mit Annie auf der Rückbank. Dante lag schlummernd und bewusstlos auf ihnen. Sein regennasser Kapuzenpulli war zerfetzt, von Speeren durchbohrt und von Kugeln durchlöchert. Seine körperlichen Verletzungen würden heilen. Doch was Heather ängstigte, war der Schaden, den sein Geist und vielleicht sein Herz genommen hatten. Sie befürchtete, dass er so stark verletzt war, dass es ihr unmöglich sein würde, ihn zu heilen.

Ihr Name war Chloe. Sie war meine Prinzessin, und ich habe sie ermordet.

Heather streichelte über sein nasses schwarzes Haar. Sie strich eine Locke hinter sein Ohr und sah das trockene Blut. Ohne zu zögern hatte er sich für sie und Annie geopfert. Er hatte nie nachgefragt, was das für ihn bedeuten würde. Er hatte seine Gesundheit, sein Leben und seine Freiheit aufs Spiel gesetzt.

Ich werde dich nicht verlieren, hatte sie versprochen.

Sie war erschöpft und spürte keine Energie mehr in ihrem Körper. Sie war so müde, dass ihr ganzer Leib wie eine elektrische Leitung vibrierte. Doch ihr Kopf weigerte sich, Ruhe zu geben, sondern plante, was als Nächstes geschehen sollte.

Sie würde eine Umzugsfirma beauftragen, die Kartons in ihrem Haus abzuholen – einschließlich der Dokumente der Polizei von Portland und der FBI-Akten über den Mord an ihrer Mutter und den Klauenhammer-Mörder. Eines Tages, so hoffte sie, würde sie eine Stimme für ihre Mutter sein. Für Annie.

Für Dante.

Vor allem für ihn. Damit er frei sein und endlich ein eigenes Leben führen konnte.

Seine Zukunft sollte von seinem eigenen Herzen bestimmt werden – nicht von Bad Seed oder der Schattenabteilung oder den Gefallenen. Ihre Zukunft nahm Gestalt an, und sie raste mit offenen Augen darauf zu.

Ein rotes Neonschild leuchtete links von ihnen auf: MOTEL — ZIMMER FREI. Ein Neon-Biber mit einem Zweig zwischen den knabbernden Zähnen zwinkerte ihnen entgegen. Von lenkte den Trans Am auf das Motel zu.

Heather atmete erleichtert auf. Für einen Augenblick vermochte sie abzuschalten – endlich Schlaf. Für sie alle, und sobald die Sonne wieder am Horizont versunken war, würden sie abermals über den Highway donnern.

Sie sah Dante an und strich ihm mit einer Fingerspitze über sein schönes Gesicht. Sie roch Herbstlaub und Blut. Vons Worte schimmerten wie Gold in ihrem Inneren auf: Er ist die unendliche Straße.

Sie würde dieser Straße nach New Orleans folgen. Sie, Annie und Eerie.

»Ich bin hier bei dir, Baptiste«, flüsterte Heather.

Vor ihnen führte die Straße ins Unendliche.