Nachwort der Autorin

Ich bin in Paris geboren und aufgewachsen, und wie die meisten Pariser liebe ich meine Stadt. Ihre Geschichte und ihre Vielfalt haben mich schon immer fasziniert. Napoleon III., von 1852 bis 1870 Kaiser der Franzosen, und Baron Haussmann, der 1853 zum Präfekten von Paris ernannt wurde, betrieben die damals so dringend erforderliche Modernisierung der Stadt und verliehen ihr das Erscheinungsbild, das bis heute erhalten ist.

Ich habe mich jedoch oft gefragt, wie es für die Menschen war, Zeugen dieser Veränderungen zu werden, und was es für sie bedeutete, das geliebte Heim zu verlieren – wie es Rose widerfuhr. Jene achtzehn Jahre der »Verschönerung« von Paris – bis zur Ausrufung der Kommune 1871 – müssen für die Pariser die Hölle gewesen sein. Émile Zola schildert – und kritisiert – sie virtuos in seinem Roman Die Beute, erschienen 1871. Auch Victor Hugo, Charles Baudelaire und die Brüder Goncourt verliehen ihrem Missfallen darüber Ausdruck. Doch sosehr Haussmann die Pariser auch gegen sich aufbrachte, sein Lebenswerk ist unstrittig das Fundament der modernen Anlage der Stadt.

Ich habe mir in diesem Briefroman nur sehr wenige Freiheiten in Bezug auf Daten und Orte erlaubt. Die Rue Childebert, Rue d’Erfurth, Rue Taranne, Rue Sainte-Marguerite, Rue Beurrière, Rue Sainte-Marthe sowie die Place Gozlin und die Passage Saint-Benoît gab es vor 140 Jahren tatsächlich noch im Quartier Saint-Germain-des-Prés im 6. Arrondissement.

Wenn Sie den Boulevard Saint-Germain entlanggehen, können Sie an der Ecke zur Rue du Dragon, schräg gegenüber dem Café de Flore, eine Reihe alter Gebäude entdecken, die wundersamerweise zwischen den Haussmann-Bauten stehen geblieben sind. Es sind die Überreste der einen Straßenseite der Rue Taranne, wo die fiktive Baronne de Vresse lebte. Das Haus, wo vor Kurzem ein bekanntes US-amerikanisches Modelabel einen Flagship Store eröffnete, könnte durchaus die Heimstatt der Baronin gewesen sein. Schauen Sie einfach mal rein.

Versuchen Sie in der Rue des Ciseaux auf dem Weg Richtung Kirche den lärmenden Boulevard zu ignorieren und stellen Sie sich stattdessen die kurze, enge Rue d’Erfurth vor, die von der Rue Sainte-Marguerite direkt zur Rue Childebert führte, wo heute, links, der Eingang zur Metrostation Saint-Germain-des-Prés liegt. Vielleicht begegnet Ihnen ja eine ansehnliche grauhaarige Sechzigjährige, untergehakt bei einer großen Dunkelhaarigen – das sind Rose und Alexandrine auf dem Nachhauseweg.

Tatiana de Rosnay

Paris, im Juli 2010