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Die Zeit verging wie im Flug. Clarissa war
in den nächsten Wochen und Monaten damit beschäftigt, das Haus
einzurichten und die neue Gegend zu erkunden. Daniel verließ
morgens um sieben das Haus und kam selten vor sieben Uhr am Abend
zurück. Clarissa vermisste ein wenig die Abende in Zweisamkeit,
denn Daniel war oft sehr müde und hielt abends meist nicht mehr
lange durch. Inzwischen war es Ende Juli und die Tage waren
unerträglich heiß. Daniel genoss die warmen, aber für ihn leider
sehr kurzen Sommerabende mit ihr sehr, und sie verbrachten diese
entweder auf dem kleinen Balkon der zum Schlafzimmer gehörte, oder
in dem großzügigen Garten, der inzwischen seine wahre Schönheit
entfaltet hatte. Die Rosen blühten in voller Pracht und strahlten
einen angenehmen Duft aus, der Lavendel der dazwischen gepflanzt
war, mischte seine eigene Duftnote darunter. Clarissa hatte wenig
Ahnung von Bäumen und Sträuchern, aber inzwischen hatte sich
herausgestellt dass sich im Garten ein Apfelbaum befand, sowie auch
ein Birnbaum. Ansonsten blühten überall Sträucher die wohl nur zur
Zierde gepflanzt worden waren, aber dafür in den schönsten
Farben.
Sparky war auch eine Neuanschaffung. Daniel hatte seine Familie überraschen wollen und diese Überraschung war ihm auch gelungen. Eines Abends hatte er ihn mitgebracht – einen Golden Retriever. Als tollpatschiger Welpe von gerade mal 12 Wochen hatte er sofort das Herz aller Familienmitglieder erobert, und noch – Clarissa legte Wert auf die Betonung des Wortes »noch« – gab es keine Probleme mit der Aufteilung der Arbeit, die der Hund verursachte. Schließlich gab es hier und da doch mal eine Pfütze wegzuputzen oder ein Häufchen, denn selbstverständlich musste Sparky noch viel lernen. Bisher aber gab es um die Spaziergänge mit Sparky keine Probleme. Sowohl Damian als auch Charlotte wollten gerne mit dem niedlichen Kerlchen rausgehen, der Hund kam weiß Gott oft genug vor die Tür. Und dazwischen tobte er im Garten herum. Bisher hatte er auch noch keine Anstalten gemacht, Löcher buddeln zu wollen, allerdings musste Clarissa höllisch darüber wachen, dass er nicht zum Pinkeln in die Sträucher oder Rosenbeete ging.
Wenn
Daniel sich gegen neun oder halb zehn ins Bett verzog, saß Clarissa
oftmals noch bis weit nach Mitternacht im Garten, den Hund zu ihren
Füßen, mit einem Buch in der Hand. Sex hatten sie im Moment kaum
noch, aber das war okay für Clarissa. Daniel hatte im Moment viel
um die Ohren. Er war einfach zu müde. Clarissa sehnte sich nach
Zärtlichkeit und oft, wenn er sie liebevoll in den Arm nahm, regte
sich in ihr die Lust – aber sie war schon immer verständnisvoll und
vor allem rücksichtsvoll gewesen. Sie konnte sich gut vorstellen,
dass er derzeit den Kopf voll hatte. Er musste sich in der neuen
Firma richtig ins Zeug legen, einiges verändern, sodass es so lief
wie er es als Geschäftsführer vertreten konnte. Hinzu kam die
Sommerhitze, die ohnehin jedem zu schaffen machte. Clarissa fühlte
sich nicht traurig, weil ihr Sexleben in den letzten Monaten eher
mäßig war, denn Daniel gab ihr trotzdem die Wärme, nach der sie
sich sehnte, und wenn er nicht zu müde war, dann fehlte es ihm auch
nicht an Leidenschaft.
Oft musste sie an Patrizia denken. Sie fehlte
ihr. Sie fehlte ihr nicht nur sexuell, sondern auch als Mensch.
Clarissa bedauerte es sehr, dass sie auf Grund der Situation und
aus Rücksicht Daniel gegenüber gezwungenermaßen den Kontakt zu ihr
fast völlig abgebrochen hatte. Aber sie konnte es beiden nicht
antun, weiter mit Patrizia befreundet zu sein. Patrizia hätte
weiterhin unter der Trennung leiden müssen, je öfter sie sich
gesehen hätten. Daniel hingegen konnte mit Patrizias Anwesenheit
überhaupt nicht umgehen, das hatte sich ja auf der Party bewiesen.
Sie verkehrte mit Patrizia vorwiegend per E-Mail, denn geschäftlich
hatte sie zwangsläufig weiterhin mit ihr zu tun. Patrizia hatte
auch ihre neue Anschrift und die Telefonnummer erhalten, aber sie
meldete sich bei ihr nicht – für Clarissa ein sicheres Zeichen
dafür, dass Patrizia einen klaren Schnitt ebenso
bevorzugte.
Trotzdem fehlte sie ihr. Sie hatte mit
Patrizia nicht nur eine Menge Stunden voller Liebe und Leidenschaft
verbracht, sondern auch sehr viele hochinteressante Gespräche
geführt. Sie hatten viel miteinander gelacht, über das Leben
philosophiert, es war einfach eine schöne Zeit mit ihr gewesen. Die
zärtlichen Stunden fehlten ihr. Jedes Mal, wenn Clarissa an
Patrizias wunderschönen Körper dachte, an diese vollen Lippen, die
sie so gerne geküsst hatte, diese Lockenpracht, die sie so gerne
auf ihrer nackten Haut gespürt hatte, stieg Wehmut in ihr auf. In
solchen Momenten empfand sie es als sehr schwer, sich davon nicht
leiten zu lassen, sich neu zu motivieren und in der Regel stürzte
sie sich in solchen Phasen auf ihre Arbeit in Haus und
Garten.
Eines Morgens im Juli ging Clarissa wie jeden Tag an den Briefkasten, sortierte seufzend die ganzen Rechnungen auf einen Stapel, den sie Daniel am Abend geben würde, denn all diese Dinge regelte er selbst. Natürlich hatte sie eine EC-Karte und Kontovollmachten, aber alle Zahlungen regelte grundsätzlich er. Sie stutzte, als sie einen rechteckigen Umschlag in der Hand hielt der mit Schreibmaschine beschriftet war. Kein Mensch schrieb mehr mit einer Schreibmaschine. Schon das war auffällig. Und der Brief war an sie adressiert. Neugierig riss sie ihn auf und faltete das Blatt auseinander. Sie erschrak, las mehrmals den Inhalt und musste sich erst mal setzen. Sie hatte das Gefühl, ihre Knie würden ihren Dienst versagen, sie zitterte innerlich und rang nach Luft. Erst als sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte, nahm sie den Brief erneut zur Hand und las ihn ein weiteres Mal.
»Du hast ihn nicht für dich alleine. Was denkst du was er hinter deinem Rücken treibt? Trenn dich von ihm!«
Clarissa faltete den Brief nervös wieder zusammen und beschloss, Daniel am Abend sofort damit zu konfrontieren. Ihr Magen rebellierte und sie fühlte, dass sie innerlich zitterte. Sie rauchte nervös mehrere Zigaretten hintereinander und gegen ein Uhr mittags beschloss sie, Patrizia anzurufen. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Entweder Daniel hatte tatsächlich eine andere, betrog sie, wie er es schon einmal getan hatte und irgendwer wollte sie warnen. Oder – Patrizia. Vielleicht war Patrizias ruhiges Verhalten seit ihrem Umzug trügerisch. Vielleicht steckte sie dahinter. Vielleicht versuchte sie auf diese Art, sie zurückzugewinnen, sich zwischen sie und Daniel zu stellen. Hatte sie ihr nicht bei der Trennung angedroht, sie würde ihre Entscheidung noch bereuen? Clarissa atmete tief durch, während sie Patrizias Nummer wählte. Sie ging nicht ans Telefon, weder zu Hause noch in der Galerie. Also wählte Clarissa ihre Handynummer und dort meldete sie sich auch sofort.
»Hallo Süße!« sagte sie. Sie klang wirklich überrascht und erfreut. »Was verschafft mir die Ehre? Du hast doch nicht etwa Sehnsucht nach mir?«
Der letzte Satz klang ein wenig sarkastisch, aber das war Patrizias Art mit den Dingen umzugehen.
Clarissa atmete tief ein.
»Nein. Ich meine ... Patrizia ... es ist schwer zu erklären.«
»Versuch es doch einfach.«
»Patrizia, ich hab einen anonymen Brief bekommen.«
»Einen anonymen Brief? Erzähl!«
Clarissa las ihr den Inhalt vor. Patrizia schwieg. Clarissa grübelte über der Frage, ob sie nun aus Betroffenheit schwieg oder aus einem schlechten Gewissen heraus.
»Hast du mal auf den Poststempel geguckt, wo der Brief abgestempelt wurde?« fragte Patrizia schließlich. Nein, auf diese Idee war Clarissa noch nicht gekommen. Sie drehte den Umschlag herum.
»Bonn«, las sie vor. »Gestern abgeschickt.«
»Aha«, sagte Patrizia.
Wieder schwieg sie für einen Moment.
»Und du rufst mich jetzt an weil du wissen möchtest, ob ich dahinter stecke?« fragte sie schließlich. Clarissa fühlte wie sie rot wurde, auch wenn es Blödsinn war. Patrizia konnte sie nicht sehen. Aber sie wusste, mit einem solchen Verdacht würde sie Patrizia sehr verletzen, vorausgesetzt sie steckte wirklich nicht dahinter. »Ich denke ... ich weiß es nicht, Patrizia. Ich weiß nicht was ich denken soll. Steckst du dahinter?«
»Nein«, sagte Patrizia kühl. »So etwas ist nicht mein Stil und du solltest das eigentlich wissen.«
Ja, das sollte sie eigentlich wissen. Andererseits, woher? Sie hatte mit ihr ein paar wunderschöne Monate verbracht, aber was wusste sie wirklich von Patrizia? Nicht viel ...
»Es tut mir leid, wenn du dich jetzt verletzt fühlst«, sagte Clarissa.
»Warum?« antwortete Patrizia. »Ich finde es nicht angenehm, dass du mir solch feige Aktionen zutraust. Aber andererseits kann ich verstehen, dass du darüber grübelst von wem so etwas stammen könnte und vor allem warum.«
»Wenn der Brief nicht von dir ist, dann stammt er von irgendwem. Und das könnte so ziemlich jeder sein. Angefangen bei neidischen Nachbarn, es könnten irgendwelche Kinder sein, die sich einen Scherz erlauben. Es könnte aber auch sein, dass Daniel ...«
Sie konnte den Satz nicht zu Ende führen, in diesem Moment brach sie in Tränen aus. Patrizia schwieg und ließ sie weinen.
»Liebes, der Brief ist nicht von mir«, sagte Patrizia. Ihre Stimme klang sehr sanft. »Das schwöre ich dir. Bei allem was mir heilig ist. Ich würde so etwas niemals tun.«
»Ich glaube es dir ja, aber wer könnte dahinterstecken?« schluchzte Clarissa. Patrizia räusperte sich.
»Ich habe keine Ahnung Clarissa, vielleicht solltest du diesen Brief Daniel zeigen und schauen wie er reagiert.«
Clarissa schluchzte.
»Clarissa, vielleicht will dich nur
jemand ärgern. Menschen sind neidisch, leider ist das so.
Vielleicht ist da tatsächlich eine in seinem Umfeld, die total
scharf auf deinen Daniel ist und keine Chance bei ihm hat und sie
hat den Brief aus lauter Bosheit geschrieben. Vielleicht steckt
nicht mal was dahinter. Nach eurer Geschichte … also Clarissa, ich
kann mir nicht vorstellen, dass er sich mit einer anderen Frau
eingelassen hat, nicht nach eurer Vorgeschichte.«
Clarissa war irgendwie gerührt über Patrizias Offenheit und vor allem, ihre ehrliche Art, mit ihr über Daniel zu sprechen. Sie hätte allen Grund der Welt gehabt, ihn vor ihr schlecht darzustellen, stattdessen nahm sie ihn noch in Schutz. Sie fühlte ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, nicht nur weil sie sie verdächtigt hatte, diesen Brief geschrieben zu haben, sondern auch weil sie ihr monatelang persönlich aus dem Weg gegangen war.
»Sprich heute Abend mit ihm«, sagte Patrizia eindringlich.
»Ja, das werde ich tun. Patrizia?«
»Ja?«
»Es tut mir leid, dass ich dich verdächtigt habe.«
»Ist schon gut. Vielleicht hätte ich an deiner Stelle genauso gedacht. Mir ist nur wichtig dass für dich feststeht, dass ich es nicht war.«
»Ja«, sagte Clarissa. »Ich glaube dir. Danke.«
»Danke, für was? Was macht übrigens deine Malerei, ich hab lange keine Bilder mehr von dir bekommen?«
»Ich hatte wenig Zeit in den letzten Monaten.«
»Lass es nicht einschlafen, Clarissa, es wäre schade drum. Weißt du, ich hab nur diese kleine Galerie und sicher keinen großen Einfluss auf die Kunstszene, aber immerhin finden deine Werke Anklang. Sie sind wirklich gut. Aber das habe ich dir schon oft gesagt. Und dass sie sich verkaufen, das siehst du ja wohl an meinen Überweisungen auf dein Konto.«
»Ja«, sagte Clarissa. »Patrizia, ich hab schon hier und da was gemalt, aber ich hatte in den letzten Monaten viel mit dem Haus zu tun. Es musste fertig eingerichtet werden, ich musste mich hier erst mal zurechtfinden und ein wenig einleben. So ein Umzug reißt einen zwangsläufig aus der gewohnten Routine.«
»Ja, das weiß ich.« Sie seufzte. »Ich würde dich so gerne mal wieder sehen. Meinst du nicht, das wäre möglich? Es liegen ein paar Monate dazwischen. Mir geht es besser. Wir hatten uns doch gern. Wir hatten doch auch so etwas wie eine wirkliche Freundschaft. Müssen wir das aufgeben, nur weil unsere Beziehung vorbei ist?«
»Ich weiß nicht«, sagte Clarissa zögernd.
»Ist es dir peinlich?«
»Nein.« Sie seufzte tief. »Es ist nur so, dass
Daniel damit nicht umgehen könnte. Ich könnte auch nicht damit
umgehen, wenn seine damalige Geliebte hier auftauchen
würde.«
»Ja«,
sagte Patrizia. Sie klang traurig. »Also gut, aber egal was
passiert in deinem Leben, du kannst jederzeit zu mir kommen, das
weißt du hoffentlich. Und ruf mich an, wenn du noch mal einen
solchen Brief bekommst oder überhaupt – ruf mich an, wenn du mit
Daniel gesprochen hast, wenn du jemanden zum Reden
brauchst.«
Sie machte eine kurze Pause. »Ruf mich einfach an, wenn dir danach ist. Ich habe deine Entscheidung akzeptiert. Ich dränge mich nicht mit Gewalt auf, Clarissa, so viel Stolz habe ich. Aber mir wäre oft danach, einfach mal deine Stimme zu hören, mit dir zu reden. Du fehlst mir. Ruf mich an.«
»Das mach ich«, versprach Clarissa.
Sie verabschiedete sich und legte auf. Völlig
mechanisch erledigte Clarissa ihre restlichen Pflichten im Haushalt
und legte sich dann mit einem Buch in der Hand in den Garten in
einen der Liegestühle unter den Sonnenschirm. Verzweifelt versuchte
sie sich auf das Buch zu konzentrieren, aber es gelang ihr nicht.
Sparky tobte um sie herum und nahm ihr ein klein wenig das Gefühl
der Einsamkeit. Die Kinder waren nicht zu Hause sondern mit
Freunden unterwegs und sie hatte Haus und Garten für sich alleine.
Manchmal empfand sie das neue Leben in Köln als etwas einsam. Die
Kinder hatten ja schnell Anschluss gefunden, aber sie? Sie war
beschäftigt mit ihrer Familie, mit dem Einrichten des Hauses und so
wirklich gelang es ihr nicht, Kontakte zu knüpfen. Sie hatte
inzwischen sämtliche Nachbarn kennen gelernt, man grüßte sich
freundlich, hielt aber ansonsten Distanz. Das lag vor allem auch an
Clarissas Art, denn zu nahen Kontakt mit Nachbarn mochte sie nicht.
Elternabende hatten bisher nur zweimal stattgefunden, einmal in
Charlottes Klasse und einmal in Damians Klasse und auch da hatte
sie keinen Anschluss gefunden. Die Eltern kannten sich alle schon
über längere Jahre untereinander und sie verhielten sich zwar
freundlich, aber waren offensichtlich auch nicht näher an Kontakten
interessiert. Clarissa war ein sehr kontaktfreudiger Mensch, aber
sie fand einfach keinen Zugang in diese eingeschworenen, kleinen
Gemeinden, mit denen sie es so zu tun hatte. Ihre einzigen
Gesprächspartner außerhalb ihrer Familie waren meist die
Kassiererinnen in den Supermärkten. Und sicher, sie hielt ihre
Freundschaften hoch, aber letztlich waren ihre Freunde in Frankfurt
zurückgeblieben und man konnte sich nur selten sehen. Anja hatte
sie im Frühjahr mal über das Wochenende besucht, aber es war nicht
wie früher. Früher hatte man sich spontan treffen können, früher
hatte man einfach mal spontan etwas miteinander unternommen,
Spaziergänge, Shopping-Tage in der Innenstadt oder einfach nur eine
Tasse Kaffee in der Eisdiele. Jetzt war Anja weit weg, sie war
beruflich sehr eingespannt und ein Treffen mit ihr bedeutete eine
Menge Planung und Vorbereitung. An diesem Nachmittag hätte Clarissa
gerne eine beste Freundin gehabt, mit der sie die Sache besprechen
konnte. Sie telefonierte häufig mit Anja, aber das war irgendwie
nicht dasselbe.
Daniel
kam an diesem Tag für seine Verhältnisse früh nach Hause, es war
gerade sechs Uhr. Clarissa begrüßte ihn und versuchte dabei,
möglichst gemäßigt auf ihn zuzugehen, denn ihr Innerstes war
zutiefst aufgewühlt. Schließlich, als er zu Abend gegessen hatte,
legte sie ihm den Brief vor. Stirnrunzelnd las er den Inhalt, wurde
blass und legte den Brief beiseite. Aber er sah ihr direkt in die
Augen und das gab Clarissa ein gutes Gefühl bei der ganzen Sache.
Daniel konnte nicht lügen, jedenfalls konnte er nicht lügen und ihr
dabei ins Gesicht sehen.
»Liebling, ich habe keine Ahnung ...«, sagte er. »Ich verstehe das nicht.«
»Wirklich nicht? Es ist nicht so dass du irgendwo was laufen hast?«
Daniel sah sie erstaunt an. »Clarissa, ich weiß nicht wie du darauf kommst. Sicher, ich hab mal eine Menge Mist gebaut, aber bedeutet das jetzt für dich, dass du mir nicht mehr vertraust? Ich habe nichts laufen, wirklich nicht. Wann denn auch? Ich hatte bisher keine Geschäftsreisen, bin den ganzen Tag im Büro ... du hast einen Überblick über meine gesamte Zeit, über das was ich mache und mit wem ich zusammen bin.«
»Kann es sein, dass in deiner Firma irgendwo eine Kollegin rumläuft, die ein Auge auf dich geworfen hat?«
»Auf mich?« fragte Daniel.
»Ja, auf dich. Vorstellbar wäre es. Du bist ein attraktiver Mann und du stehst auch nicht schlecht da. Nett bist du auch. Mir würdest du auch gefallen, wenn ich dir im Büro begegnen würde.«
»Meinst du nicht, ich würde es merken, wenn da eine wäre die sich für mich interessiert?«
Clarissa zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, Daniel. Wenn sie dich lieber aus der Ferne anhimmelt, vielleicht nicht.«
Daniel atmete tief ein.
»Hör zu, ich habe kein Verhältnis, ich hab auch sonst keinen Mist gebaut. Ich weiß nicht was das soll mit diesem anonymen Brief und ich habe auch keine Ahnung woher der stammen könnte oder wer ihn geschickt haben könnte. Ich habe ein reines Gewissen, mehr kann ich dir dazu nicht sagen! Und die Damen in der Firma hast du kennen gelernt. Würde dir auch nur eine einzige einfallen, die du verdächtigen könntest, so was zu tun?«
»Nicht wirklich«, sagte Clarissa, und sie erinnerte sich an den netten Abend in Daniels Firma, den sie hauptsächlich mit Manuela, der Vertriebssachbearbeiterin verbracht hatte.
»Was ist mit deinem Eisblock?«, fragte sie.
»Mein Eisblock schafft es inzwischen, in der Mittagspause ab und zu nett mit den Kollegen zusammen zu sitzen. Sie musste sich einfach nur einleben. Mir gegenüber ist sie höflich und distanziert.«
»Dann haken wir das jetzt erst mal ab. Aber versprich mir dass du die Augen offen hältst, ja?« Daniel lachte. »Nach was soll ich denn die Augen offen halten, Clarissa? Da ist nichts, jedenfalls nichts was ich wissen müsste!«
»Pass einfach auf«, sagte Clarissa.
»Zerreiß dieses Geschmiere und versuch es zu
vergessen«, sagte Daniel. »Wahrscheinlich hat sich da jemand einen
üblen Scherz erlaubt.«