57
Sebastian parkte den Wagen rückwärts ein. Langsam ließ er die Seitenscheibe in seiner Tür herunter. Melli beobachtete ihn aufmerksam, fast ein wenig aufgeregt.
Das Gewehr lag unter einer Decke auf dem Rücksitz. Wie sollte er ihr das erklären? Er sah sie an.
„Melli?“
Sie grinste. „Mach einfach.“
„Du weißt?“
Sie schüttelte den Kopf, dass die eben frisch geschwärzten Haare flogen. „Ich weiß gar nichts, muss ich auch nicht. Du wirst wissen, was du tust. Hauptsache, du gibst mir was ab. Mama ist immer so geizig.“
Es dauerte etwas, bevor er begriff, was sie gesagt hatte. Sie hatte ihn durchschaut. Wahrscheinlich schon, als er ihr das Haarfärbemittel gegeben hatte.
Er griff nach hinten, zog das Gewehr hervor. Dabei hörte er, dass sie die Luft einzog. Er zeigte ihr die Kartuschen. „Nur Betäubung.“
„Wo hast du das her?“
„Von einem Förster. Der hat sich ein neues gekauft.“
„Um wie viel geht es?“
Er stutzte, zögerte. Hatte er sie richtig verstanden? „Hundert sind für dich drin.“
„Zweihundert“, sagte sie. „Wahrscheinlich ist das noch zu wenig. Ich bin einfach zu gutmütig.“
„Wofür brauchst du zweihundert Euro?“
„Für Klamotten und so. Was denkst du denn?“
Sebastian antwortete nicht, denn er hatte den Radfahrer erblickt. War er das?
Er war’s.
Melli spürte, dass es ernst wurde und verhielt sich ganz ruhig. Der Bengel kam den Berg herauf, wurde langsamer. Wollte er anhalten? Sebastians Mundwinkel zuckte. Ausgerechnet hier?
Sebastian konnte sehen, dass der Typ schweißgebadet war. Er hielt an, atmete tief durch und schaute sich um.
Jetzt bemerkte er Sebastian im Auto, erkannte ihn, schaute Melli an, erschrak. Zu spät. Sebastian drückte ab. Lars schaute nach unten auf seine Brust, wo die Injektionsspitze hing. Seine Hand war zum Gürtel geschnellt, hatte ein Messer hervorgezogen. Dann fiel er. Das Fahrrad schepperte laut.
Sebastian sprang aus dem Auto, zerrte Lars auf den Rücksitz. Schnell warf er das Fahrrad ins Gebüsch. So viel Zeit musste sein.
Dann fuhr er los. „Nicht schneller als fünfzig, nicht auffallen“, sagte er leise vor sich hin.
Plötzlich tauchte hinter ihm ein Polizeiwagen auf. Er sah ihn im Rückspiegel größer werden. Das Signal „Anhalten. Polizeikontrolle“ ging an.
Sebastian gab Gas.