15

Sebastian war etwas außer Puste. Schnell klopfte er an die Bürotür. Frau Gambach rief ihn herein. Sie sah umwerfend aus in ihrem hellen Kostüm. Er mochte besonders den Gehschlitz hinten. Schade, dass sie jetzt saß.

Er legte ihr ein paar Papiere auf den Tisch. „Der 2003er ist definitiv kein Garagenwagen. Da steht ’ne Tischtennisplatte in der Garage.“

„Sehr schön, das hatte ich gleich vermutet. Und was ist mit dem Wagen in Dassel? Dem aus der Anzeige?“

„Da hatte ich Glück. Die Frau wollte gerade zum Einkaufen fahren. Ich durfte mich mal reinsetzen.“

„Du hast ihr nicht gesagt, dass du zu einem Autohaus gehörst.“

„Ich bin ja nich blöd. Ich hab einen auf armen Studenten gemacht. Auf zwei sieben ist sie runtergegangen, muss aber noch mit ihrem Mann sprechen.“

„Zwei sieben, wunderbar. Der wäre was für die Krämers.“

Sie zwinkerte ihm zu.

„Die wollen in drei Wochen nach Italien fahren. Dafür brauchen sie was Verlässliches. Mehr als fünftausend wollen sie nicht ausgeben.“

Sebastian spürte, wie er errötete. „Ich habe mir auch den Buckelvolvo in Fürstenberg angesehen. Da geht was.“

„Und der Jahreswagen in Lauenförde?“

„Nix für uns. Der hatte ’n Unfall, garantiert. Ist zwar gut gemacht, aber trotzdem, die Lackstärke stimmt nicht. Würde ich die Finger von lassen.“

Sie war aufgestanden, stand nun ganz nah vor ihm, sodass er ihren Duft einatmen konnte. Zwei Finger legte sie unter sein Kinn und hob es sanft an. Sie schaute ihm in die Augen. „Ich verlass mich ganz auf dich und deine geschickten Finger.“

Ihre Worte und ihr Atem, den sie beim Sprechen über sein Gesicht hauchte, erregten ihn. Am liebsten hätte er sie gepackt und ihr bewiesen, was seine Finger sonst noch alles konnten.

Aber das ging jetzt nicht. So lächelte er nur und sagte: „Dann gehe ich mal in die Werkstatt, da wartet ein Auspuff auf mich.“

Sie war zufrieden. Das war gut. Er dachte an den Buckelvolvo. Wenn sie ihn nicht wollte, würde er ihn kaufen. Fünf Mille, die hatte er noch. Plötzlich stieg der Ärger wieder in ihm hoch.

Wenn ihm dieser Drecksack nicht zuvorgekommen wäre, hätte er sich den Heckmann-Wagen geholt.

Den Wecker hatte er auf drei Uhr gestellt, Treffpunkt Dassel, eine Stunde später wäre der XC90 auf dem Weg nach Bulgarien gewesen, und Sebastian hätte sechstausend Euro mehr in seinem Versteck gehabt.

Er konnte von Glück reden, dass Lirim ihm wegen der Zeitverschwendung nicht das Licht ausgepustet hatte. Drei gezielte Schläge auf die Nieren und ein Messer am Hals. Danke schön. Darauf konnte er gut verzichten.

Konnte von Glück reden, dass er bisher immer zuverlässig geliefert hatte. Logisch. Er wusste, dass es nicht gut war, Lirim zu enttäuschen. Aber er musste vorsichtig sein, die neue Stelle war ihm wichtig. Frau Gambach war ihm wichtig. Er hatte alles im Griff.

Dann kreuzt so ein Wichser auf und macht sich mit dem Crossover davon. Ob dieser dämliche Russenpraktikant tatsächlich den Schlüssel besorgt hatte? Sebastian konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob er dazu die Gelegenheit gehabt hatte oder nicht. Möglich war’s. Umso schlimmer. Schleicht sich hier ein, macht einen auf Schleimer und versaut das Geschäft.

Irgendwie gehörten die alle zusammen, die in den schwarzen T-Shirts mit dem brennenden Ölfass. Alles angehende Terroristen oder so. Die würden sich nie wieder mit ihm anlegen. Dafür hatte er gesorgt.

Lirim hat ihm mit dem Messer nur wenig die Haut angeritzt. Hat ganz schön gebrannt. Die Schlüsselkästchen hat er auch behalten. „Wenn du mich nicht belieferst, kriegst du von mir auch nichts.“

Was sollte das? Wie sollte er liefern, wenn er keine Schlüssel kopieren konnte? He? Vielleicht kurzschließen wie vor hundert Jahren.

Er musste aufpassen, durfte sich nicht hetzen lassen. Lirim gab ihm noch eine Chance. Bald, aber nicht zu bald.

Immerhin hatte er noch den Schlüssel von dem C70. So ein Coupé brachte noch mal zwei- oder dreitausend mehr. Obwohl, bei der Farbe? Egal, erst einmal musste etwas Gras über die anderen Sachen wachsen.

Ausweichmanöver
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