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„Familie Belfano oder Auto-Gambach, wo möchtest du zuerst hin?“

Kofi überlegte.

„Ich rekapituliere. Die Jugendlichen, zu denen auch Eugenia gehört, sagen, Timo war’s nicht, wir sind das Ziel des Täters. Wir müssen davon ausgehen, dass sie versucht haben, Timo zu erreichen.“

„Was ihnen gelungen zu sein scheint.“

„Genau, denn erstens war er ausgeflogen und zweitens hat sich Valentin keine Sorgen mehr gemacht, sagte seine Mutter. Sobald wir uns dieser Argumentation anschließen, müssen wir nach einem anderen Täter und damit nach einer anderen Motivation suchen. Unser einziger anderer Anhaltspunkt ist das gestohlene Auto.“

„Und damit das Autohaus Gambach. Den Weg kenne ich.“

Die ganze Fahrt über brütete Kofi vor sich hin. Sein düsterer Gesichtsabdruck hellte sich noch nicht einmal auf, als „Sweet Home Alabama“ im Radio dudelte. Normalerweise zappelte er sich dabei einen ab und sang lauthals mit. Er konnte alle Strophen auswendig und nicht nur den Refrain.

Ich konzentrierte mich auf den Verkehr.

Wir kamen am Schulzentrum vorbei, wo gerade große Pause war. Jedenfalls hörte es sich so an. Das Gewerbegebiet begann gleich dahinter. Eine Autofirma neben der anderen. Beim Mitzkat-Verlag mussten wir abbiegen. Da stand der Buckelvolvo, blinken und in die Einfahrt.

Frau Gambach telefonierte, winkte uns aber zu sich hinein. Weißblond, Nadelstreifenkostüm, auffällig gemusterte Schuhe, zu rote Lippen.

Nicht mein Typ.

„Was kann ich für Sie tun, meine Herren? Nehmen Sie doch Platz.“ Sie hielt den Hörer noch ans Ohr. „Ich warte auf eine Auskunft. Scheinbar müssen die erst im Keller Akten wälzen.“

Wir setzten uns auf die Besucherstühle. Kofi schob ihr seine Marke zu.

„Polizei? Moment.“ In den Hörer sagte sie: „Ich rufe später noch mal an.“ Sie lächelte uns an. „Ich sah Sie mit dem Passat ankommen und dachte, Sie wollten sich nach etwas Modernem umsehen.“

Was hatten alle gegen mein Auto?

„Wir sind wegen des gestohlenen Volvo hier“, sagte Kofi.

„Herr Heckmann?“

„Sie haben ihm den Wagen verkauft, und in Ihrer Werkstatt wurde er nach dem Diebstahl wiederhergestellt. Uns interessiert, ob ein bestimmter Mitarbeiter sich darum gekümmert hat oder ob es verschiedene waren? Wie viele Mitarbeiter haben Sie?“

„Zwei im Verkauf und drei in der Werkstatt, außerdem eine Reinigungskraft. Für den SUV von Herrn Heckmann war Sebastian Posner verantwortlich. Der Kunde hatte einige Extras bestellt, zum Beispiel Hancock-Reifen, die wir vor Ort montiert haben.“ Sie lächelte verbindlich.

„Ist Herr Posner schon lange bei Ihnen beschäftigt?“

„Seit knapp zwei Jahren. Warum?“ Ihre Miene drückte Verwunderung aus und … Anspannung? Ich ließ Kofi weiterfragen und beobachtete sie.

„Sie vertrauen ihm?“

Ein minimales Zögern. „Bisher hat er sich nichts zuschulden kommen lassen.“

„Hat er bei Ihnen gelernt?“

„Nein, er hat in Alfeld gelernt, und dann zwei Jahre in Hameln und eines in Höxter gearbeitet, bevor er bei mir angefangen hat.“

„Das wissen Sie alles auswendig? Ziemlich viele Stationen für einen jungen Mann.“

Sie zögerte, fand dann ihr Lächeln wieder. „Er war ein wenig unstet, das stimmt, aber zwischendurch nie arbeitslos.“

„Wir würden ihn gern sprechen.“

Hatte sie das erschreckt? „Das geht nicht, Herr Posner ist unterwegs nach Hameln, einen Jahreswagen abholen, für den ich einen Interessenten habe.“

„Haben alle Mitarbeiter Zugang zu allen Autos?“

„Im Prinzip ja, die Schlüssel werden zwar verschlossen aufbewahrt, aber nur, damit kein Fremder sich einen aneignen kann. Sie wissen ja, Gelegenheit macht Diebe. Wieso fragen Sie?“

„Herr Heckmann hat heute Morgen im Seitenspiegel gefälschte Papiere für seinen Wagen gefunden, inklusive Stempel und Unterschrift.“

Sie hatte ihr Gesicht gut unter Kontrolle. Trotzdem konnte ich erkennen, wie die kleinen Rädchen anfingen zu klickern. Sie ahnte etwas, würde uns aber anlügen.

Ich hatte recht. Sie brauchte Zeit, bis sie eine angemessene Entgegnung formuliert hatte. „Was wollen Sie damit ausdrücken?“

„Dass jemand gefälschte Papiere in dem Wagen deponiert hat.“

„Dieser Jemand muss Ihrer Meinung nach bei mir arbeiten?“

„Nicht zwangsläufig, möglicherweise.“

Ihr dämmerte etwas. „Sie denken, der SUV wurde präpariert, um gezielt gestohlen zu werden. Hören Sie, das ist lächerlich, wenn ich meinen Kunden Autos verkaufen würde, die kurz darauf gestohlen werden, das wäre geschäftsschädigend.“

Kofi grinste. „Eigentlich nicht, die Versicherung zahlt den Schaden, die Leute kaufen ein neues Auto – womöglich bei Ihnen.“

„Werden Sie nicht unverschämt. Das könnte ich mir nicht erlauben. Außerdem können Sie das sicher überprüfen, Wagen, die hier verkauft wurden, sind nicht öfter gestohlen worden als die anderer Händler.“ Sie hatte sich ereifert. Rote Flecken zogen an ihrem Hals auf.

Mir war aufgefallen, dass Kofi zwei wichtige Sachen gesagt hatte, Versicherungsbetrug. Und dann die Sache mit den Formularen und den Stempeln. Das passte zu den Einbrüchen ins Rathaus, wenn es denn welche gab und Knesebeck nicht nur olfaktorische Halluzinationen hatte. Darüber musste ich in aller Ruhe nachdenken. Doch zuerst hatte ich noch eine Frage an Frau Gambach. „Wenn ich meinen Autoschlüssel verliere, kann ich bei Ihnen einen neuen bekommen?“

„Selbstverständlich. Ich würde allerdings eher erwarten, dass Sie in eine VW-Werkstatt Ihres Vertrauens gehen. Wenn Sie keine kennen, kann ich Ihnen …“

„Nein, nein, danke, es war eine rein prophylaktische Frage.“

Sie betrachtete mich nachdenklich, schien mit sich zu ringen, kam zu einem Entschluss. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Posner mein Vertrauen missbraucht. Er hatte eine schwierige Kindheit. Den Schulabschluss hat er mit Ach und Krach geschafft. Dann die Lehre, in der Praxis super, in der Berufsschule viele Probleme. Autos sind seine Leidenschaft, auch privat. Sie haben sicher den Oldtimer bemerkt, den wir draußen ausstellen. Alles Handarbeit.“

„Woher wissen Sie das alles?“

„Sein Chef aus Höxter hat mir den Jungen angeboten. Ihm war aufgefallen, dass er zur Chefin immer höflich und zuvorkommend war, während er ihn selbst öfter, na, ich sage mal, abfällig behandelt hat, sogar aufsässig war.“

„Angeboten?“

„Wegen seiner Fähigkeiten, er selbst musste ihn wegen dieser Aufsässigkeit entlassen, da kam er auf die Idee, dass er mit mir als Chefin eventuell gut zurechtkäme. Das hat sich bisher bewahrheitet.“

„Haben Sie eine Erklärung für sein Verhalten?“

Sie wand sich etwas. „Ich gebe zu, das Ganze war mir nicht geheuer. Deshalb habe ich Frau Posner, also seine Mutter, angerufen, bevor ich ihm die Probezeit angeboten habe.“

„Was hat sie gesagt?“

„Das Übliche, gewalttätiger Vater, Alkohol und immer zu wenig Geld.“

„Da haben Sie gedacht, dem geb’ ich eine Chance.“

„Ich bin nicht Mutter Theresa, sondern Geschäftsfrau. Ich habe ihn trotzdem genommen, weil er fachlich mehr drauf hat als Herr Kriescher, der schon bei meinem Vater beschäftigt war.“

Kofi nickte. „Wann, denken Sie, können wir persönlich mit Herrn Posner sprechen?“

„Hier in der Firma? Am Montag.“ Sie stand auf.

War das ein Rauswurf? Hatte sie nicht gesagt, er holt das Auto her?

Ihr schien aufzufallen, dass sie zu schroff reagiert hatte. „Herr Posner kommt nur ganz kurz herein, er hat anschließend noch zwei Termine außer Haus, dabei geht es um den Ankauf von Gebrauchtwagen. Wenn Sie Montagmorgen kommen, hat er Zeit für Sie.“

Sollte ich ihr drohen? Wir konnten diesen Posner jederzeit abholen. Nein. So weit waren wir noch nicht. Sicher war es besser, keine schlafenden Hunde zu wecken.

Wir verabschiedeten uns und schlenderten durch die Ausstellungshalle ins Freie.

„Mich würde interessieren, ob er wirklich außer Haus ist“, sagte Kofi und schaute zur Werkstatt hinüber.

„Warum sollte sie uns in dieser Hinsicht anlügen? Guck mal, wer da kommt! Guten Tag, Herr Weber.“

„Der Herr Kommissar und sein Kuli. Fahren Sie auch Volvo?“

„Nein, deutsche Wertarbeit“, sagte Kofi.

Herr Weber überhörte seinen Einwurf. „Ich muss zur Inspektion. Haben Sie den Kerl geschnappt, der meine Uhr geklaut hat?“

„Wir haben einen Einbrecher mit Fünfzigeuroscheinen ergriffen, wenn Sie mir eben die Nummern der Scheine nennen, die bei Ihnen entwendet wurden, können wir sie auszahlen.“ Kofi strahlte ihn an.

Herr Weber lächelte amüsiert und klopfte seine Taschen ab. „Warten Sie, das sollte mit dem Teufel zugehen, wenn ich die nicht irgendwo notiert hätte.“

Ausweichmanöver
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