Die Kosten-Nutzen-Brille

Mit Sterben, Tod und Trauer verbinden sich nicht nur persönliche, gesellschaftliche und philosophische Fragen. Eine Sterbe- und Trauerkultur hat, im Guten wie im Schlechten, auch eine ökonomische Seite. Die Problematisierung des Sterbens bleibt nicht ohne ökonomische Konsequenzen.

Der letzte Lebensabschnitt ist, so rechnen die Krankenkassen vor, der kostspieligste Abschnitt überhaupt. Zwei Drittel der Krankenhauskosten, die ein Mensch in Deutschland heute verursacht, fallen in seinen letzten Lebensmonaten an. Kein Preis scheint zu hoch, um Menschen am Ende des Lebens medizinisch zu versorgen und dieses Ende möglichst lange hinauszuzögern.

Anders sieht es aus, wenn es um den Umgang mit dem Verstorbenen geht. Möglichst schnell, möglichst günstig – wozu eine teure Bestattung, wozu eine aufwändige Trauerfeier? Die ökonomische Kosten-Nutzen-Brille wird auch am Ende des Lebens nicht abgenommen. Wie können wir das schnell hinter uns bringen, damit die Normalität weitergehen kann? Viele wollen oder können keine Verantwortung für die Grabpflege mehr übernehmen.

Und wo eine Nachfrage besteht, entwickelt sich das entsprechende Angebot. In der Bestattungsbranche ist das nicht anders als in anderen Märkten. Trotzdem ist der Bestattermarkt, der in Deutschland von vielen kleinen und mittelständischen Betrieben geprägt ist, schwer mit anderen Dienstleistungsbranchen zu vergleichen.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die Bestattungskultur in Deutschland stark verändert und infolgedessen auch die Bestatterbranche. Beerdigungen nach traditionellem Muster sind aus der Mode gekommen. Die Nachfrage spaltet sich in einen Trend zu individuellen Bestattungsformen auf der einen Seite und zu Billigangeboten auf der anderen Seite.

Auch wir Bestatter sehen uns, wie andere Dienstleistungsbranchen, einem veränderten Entscheidungsverhalten unserer »Kunden« gegenüber. Das Preisbewusstsein steigt, Vergleiche und Verhandlungen sind keine Seltenheit. Die Zahl der Menschen, die sich nicht mehr mit christlichen Werten und Normen identifizieren, wächst, und viele traditionelle Bestattungs- und Gedenkformen verlieren dadurch an Bedeutung.

Wenn heute immer häufiger das günstigste Angebot den Vorzug erhält, dann spiegelt sich darin auch der Bedeutungsverlust der Bestattung als soziales Ereignis. Viele Menschen halten eine aufwändige und kostspielige Beerdigung für nicht mehr notwendig. Erdbestattungen mit Kosten zwischen 2 200 und 6 000 Euro sind immer weniger beliebt. Ihr Anteil sank von 70 Prozent im Jahr 1994 auf 50 Prozent im Jahr 2007, und der Trend hält an.

Auch die Marktsituation hat sich stark gewandelt. Im Jahr 1980 teilten sich gerade einmal 2 200 Betriebe den deutschen Markt – heute sind es mehr als doppelt so viele, nämlich 4 500. Fast alle sind Familienunternehmen. Da der Bedarf bei rund 800 000 Sterbefällen pro Jahr in etwa gleichbleibend ist, besteht ein Verdrängungswettbewerb. Nach dem Fall der Mauer sind viele Betriebe aus dem Osten und Osteuropa dazugekommen.

Inzwischen haben Gesetzesänderungen manches ermöglicht, was zuvor undenkbar war. So sind seit 2002 in manchen Bundesländern private Krematorien erlaubt. Etwa ein Drittel der deutschen Krematorien befindet sich inzwischen in privater Hand.

Nach wie vor erwirtschaftet die Branche zwar Gewinn, doch der Jahresumsatz pro Bestattungsunternehmen ist seit den 1990er Jahren um rund ein Viertel gesunken. Am stärksten davon betroffen sind wenig spezialisierte Institute in den Großstädten.

Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur
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