Königsdisziplin Change Management

Im Alltagsleben sind Krisen Ausnahmesituationen – in der Arbeitswelt ist es umgekehrt: Die Krise ist Alltag. Erschütterungen und Veränderungen zu bewältigen ist für Mitarbeiter und Führungskräfte zu einer Daueraufgabe geworden. In immer kürzeren Abständen werden die Mitarbeiter aufgefordert, ihre eingefahrenen Bahnen zu verlassen und sich neuen Situationen anzupassen. Im Unterschied zu Lebenskrisen werden die Veränderungen vorsätzlich erzeugt. »Schöpferische Zerstörung« nannte der Ökonom Joseph Schumpeter den Prozess, der die ureigenste Aufgabe des Unternehmers sei, um die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. »Die effiziente Organisation von morgen wird jeden Tag aufs Neue hervorgezaubert«, formulierte der Managementguru Tom Peters das Credo des Wandels. Change Management als Überbegriff für das professionelle Steuern von Veränderungen hat sich zur Königsdisziplin der Unternehmensführung entwickelt; für Führungskräfte wie Mitarbeiter zählt »Change-Kompetenz« zu den wichtigsten Qualifikationen.

Viele Manager konzentrieren sich bei Veränderungen allein darauf, die Wirklichkeit zu verändern. Doch worauf es ankommt, wenn Veränderungsprozesse gelingen sollen, ist: die emotionalen Folgen der Veränderungen wie Unsicherheit, Verlusterfahrung und -verarbeitung in den Blick zu nehmen. Wird diese Aufgabe der Verlustverarbeitung unterschätzt, wiegen die Folgen schwer. Doch bis heute herrscht in vielen Unternehmen ein Menschenbild, das – trotz aller Rhetorik – der individuellen Reaktion der Mitarbeiter auf Veränderungsprozesse wenig Beachtung schenkt. In dieser Hinsicht könnten Unternehmen viel vom Umgang mit Tod und Trauer als extremer Krisen- und Verlusterfahrung lernen.

Viele Veränderungsprogramme gehen irrtümlich von der scheinbar optimistischen Annahme aus, Veränderung sei ein Gewinn ohne Verluste und eine Frage der Einstellung. Zu Recht stellten Kritiker fest, dass zu wenig Aufmerksamkeit auf die Verlustseite der Erneuerung verwendet wird: das Loslösen von vorhandenen Prozessen, das die Fähigkeit voraussetzt, sich von gewohnten Verfahren und Verhaltensweisen zu trennen. Weil Trennung aber immer auch Verlust bedeutet – löst sie Widerstand aus. Menschen haben nichts dagegen, sich zu verändern. Sie haben nur viel dagegen, verändert zu werden.

Veränderungen sind für Menschen grundsätzlich schwierig. Die erste Reaktion ist oftmals hoch emotional. Je negativer die Bewertung der Veränderung und der damit verbundenen Verluste, umso stärker die innere Verleugnung. Darauf folgt eine innere und äußere Auflehnung gegen die Veränderung. Kann ein Mitarbeiter eine Veränderung nicht aufhalten, sondern nur verzögern oder mitgestalten, tritt schnell Resignation ein. Aus dieser Resignation ergibt sich in den meisten Fällen das Loslassen des Alten, verbunden mit der Trauer um den Verlust. An diesem Punkt variieren die Entwicklungsmöglichkeiten: Manche Menschen verharren in dieser Trauer; andere wiederum durchleben den Umbruch und akzeptieren die neue Situation.

Zu den häufigsten Versäumnissen in der Gestaltung von Veränderungsprozessen gehört das »Schönreden«: Risiken werden heruntergespielt, negative Folgen verschwiegen oder als vernachlässigbar dargestellt. Selbst dann, wenn die Nachteile offen zutage treten und für jeden sichtbar sind, wird oft noch so getan, als würde die Veränderung allein eine Frage des guten Willens sein. Gerade Führungskräfte sind darauf trainiert, die Dinge ausnahmslos positiv darzustellen und jeden negativen Einwand abzuwehren. Intern führt diese Form der Ausblendung von Verlusten, von beendeten Geschäftsbereichen dazu, dass Manager seitens ihrer Mitarbeiter an Glaubwürdigkeit verlieren. Wer Engagement möchte, muss einen Sinn für die Wirklichkeit der Mitarbeiter haben und sie im übertragenen Sinn in ihrer »Trauerarbeit« unterstützen.

Denn bei Veränderungen gibt es nie nur Gewinner, sondern auch Verlierer und Verluste. Veränderungen führen in der Regel zu einer Verschiebung von Positionen und Rangordnungen, Ansprüche werden in Frage gestellt, Zuständigkeiten verändern sich. Wenn die Leute wissen, was auf sie zukommt, haben sie selbst bei negativen Veränderungen in der Regel ein stärkeres Gefühl der Kontrolle, als wenn sie im Unwissen gelassen werden. Ein Manager, dem daran gelegen ist, seine Mitarbeiter gut zu informieren, spricht rechtzeitig, offen, ehrlich und ausführlich auch die Verluste an, die mit der Veränderung einhergehen.

Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur
titlepage.xhtml
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_000.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_001.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_002.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_003.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_004.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_005.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_006.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_007.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_008.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_009.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_010.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_011.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_012.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_013.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_014.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_015.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_016.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_017.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_018.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_019.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_020.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_021.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_022.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_023.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_024.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_025.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_026.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_027.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_028.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_029.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_030.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_031.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_032.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_033.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_034.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_035.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_036.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_037.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_038.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_039.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_040.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_041.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_042.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_043.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_044.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_045.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_046.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_047.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_048.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_049.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_050.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_051.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_052.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_053.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_054.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_055.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_056.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_057.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_058.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_059.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_060.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_061.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_062.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_063.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_064.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_065.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_066.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_067.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_068.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_069.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_070.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_071.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_072.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_073.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_074.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_075.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_076.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_077.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_078.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_079.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_080.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_081.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_082.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_083.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_084.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_085.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_086.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_087.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_088.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_089.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_090.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_091.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_092.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_093.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_094.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_095.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_096.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_097.html
CR!BQJMVNDYB90BDFXTJYV2TPG5W2DY_split_098.html