|230|Abschied in der Mittelhalle

Wenig später befand ich mich auf dem Weg zum Ausgang im Hauptportal des Kriminalgerichts, stieg die breite Treppe der Mittelhalle hinunter. Durch die Notbeleuchtung waren die Umrisse der Halle nur unscharf zu erkennen. Andere Personen waren nicht mehr unterwegs. Es war still. Das dicke Mauerwerk der riesigen Mittelhalle schwieg mich an. Die Mauern hatten alles mitbekommen und so viel mehr an Elend und Verzweiflung in den hundert Jahren ihres Bestehens. Gut, dass sie stumm blieben. Es war wahrscheinlich mehr, als ein Mensch ertragen konnte. In dem einen Jahr als Staatsanwalt hatte ich eine Ahnung von der Dimension menschlicher Abgründe erhalten.

 

Ich habe nie erfahren, ob Sinan H. sich doch noch dazu entschlossen hat, weitere Namen zu nennen, und ob Erika L. der Blick in sein Gesicht geholfen hat, ihren Kampf gegen die maskierten Täter endlich zu beenden. Ich denke oft an mein Jahr als Staatsanwalt zurück. Die Ausbildungsphase, die man als Neuling bei der Staatsanwaltschaft zu absolvieren hat, ist sicherlich nicht einfach. Harte Zeiten. Aber bei all den Problemen fühlte ich mich nie allein in der eingeschworenen Gemeinde unserer Abteilung, unter den Fittichen von Oberstaatsanwalt Berndt. Die schlimmen Gerüchte, die es vorab gegeben hatte, konnte ich jedenfalls nicht bestätigen. |231|Mein Kollege, mit dem ich vor unserer gemeinsamen Abordnung zur Staatsanwaltschaft diesen düsteren Schicksalsschlag beklagte, bat übrigens darum, bei der Staatsanwaltschaft bleiben zu dürfen, und bekämpft heute insbesondere die Strukturen organisierter Kriminalität.