|96|Sinans Wodka wird teuer

Sinan war stinksauer. Die Richterin hatte ihn zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Wegen einer einzigen billigen Wodkaflasche! Sein Pflichtverteidiger hatte ihm angeraten, aufgrund der zwingenden Beweislage die Tat einzugestehen. Das hatte er aber abgelehnt. Der ganze Prozess war doch eine einzige Farce. Und dann sollte er sich auch noch vor einer Frau rechtfertigen und reumütig zeigen. Nicht mit ihm. Er hatte seinen Stolz. Die Hauptverhandlung war dann nach vier Stunden mit Zeugenvernehmung vorbei. Im Nachhinein überlegte er sich, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, wenn er auf seinen Verteidiger gehört hätte. Die Strafe war ziemlich hoch und zur Flucht hatte er auch keine Chance gehabt. Sie hatten auf ihn aufgepasst, als würde hier ein Mord verhandelt. Es war einfach lächerlich. Der Pflichtverteidiger meinte, dass die Verurteilung nicht so schlimm sei. Die Strafe würde ohnehin bei einer späteren Verurteilung in Chemnitz oder Berlin miteinbezogen werden. Er solle sich eher wegen dieser Prozesse Sorgen machen. Er habe in beiden Fällen jetzt Akteneinsicht erhalten. Am Tatort seien jeweils DNA-Spuren von ihm gefunden worden, die ihn erheblich belasten würden. Im Vergleich zu den dort zu erwartenden Strafen sei die jetzt erfolgte Verurteilung »ein Witz«.

Sinan jaulte innerlich auf, als er das hörte. Sollte es ihn |97|nach all der Zeit noch so schlimm erwischen? Er konnte sich die DNA-Spuren auch nicht richtig erklären. Sie hatten doch immer Handschuhe und Masken getragen! Er meinte sich aber dunkel zu erinnern, dass er in Berlin mal eine Maske am Tatort hatte zurücklassen müssen.

 

Zwei Monate später wurde Sinan für den Gefangenentransport nach Chemnitz vorbereitet. Dort sollte in Kürze der Prozess gegen ihn wegen schweren Raubes vor der Großen Strafkammer des Landgerichts eröffnet werden.