24

»Das kann nicht dein Ernst sein.«

Ich beäugte das verlassene Gebäude mit den zerdepperten Fensterscheiben, der eingestürzten Rückwand und dem baufälligen Dach mehr als nur leicht entsetzt. Zu allem Überfluss stand es auch noch auf einem Schrottplatz. Einem übel riechenden Schrottplatz. Selbst Fabian wirkte, als wäre er am liebsten davongelaufen.

Bones zuckte mit den Schultern. »Wo ist das Problem? Ist eine ziemlich sichere Unterkunft.«

Du rachsüchtiger, manipulativer …

»Möchtest du dein Zimmer sehen?«, unterbrach er mein mentales Gekeife. Seinem Gesichtsausdruck nach amüsierte er sich prächtig.

»Lass mich raten … Es ist die Schrottkarre da drüben«, antwortete ich und deutete auf einen alten ausrangierten Buick.

»Oh, hier draußen wohnst du nicht«, antwortete Bones und ging auf das verfallene Gebäude zu. »Quasimodo!«, brüllte er.

Man hörte ein lautes Knarren; eine Maschine hätte vielleicht so geklungen, wenn sie in der Lage gewesen wäre, Schmerz zu empfinden. Dann tauchten, wie aus dem Erdboden gewachsen, zwei Vampire aus den Trümmern auf.

»Wir haben euch schon vor einer Stunde erwartet«, verkündete einer. »Ihr Essen ist kalt.«

Ich wollte dem Unbekannten gerade versichern, dass mir bei dem Gestank ohnehin der Appetit vergangen war, als neben ihm eine Brünette zwischen den Betonbrocken erschien.

»Catherine.«

Ich warf Bones einen Blick zu, der ihm fürchterliche Rache verhieß. Er sah mich nicht an, aber seine Lippen zuckten.

»Wenn du das nächste Mal zu spät kommst«, begrüßte mich meine Mutter, »rufst du vorher an.«

 

Das Gebäude war nur Tarnung. Im eingestürzten Abschnitt lag unter falschen Betonbrocken ein Fahrstuhl verborgen. Wenigstens der unterirdische Teil war mit einer eigenen Klimaanlage ausgestattet, sodass der Müllgestank dort schon sehr viel weniger penetrant war. Ich nahm an, dass es sich um einen alten Bunker handelte. In den Staaten hatte Don solche Einrichtungen gern zu Operationsbasen umfunktioniert. Sparsamkeit ist eben eine Tugend.

»Willkommen im Müllschloss«, sagte meine Mutter, als sie Fabian und mir unsere Unterkunft zeigte. »Als ich es das erste Mal sah, mussten sie mich gegen meinen Willen hier reinzerren. Ich bin mir sicher, dein niederträchtiger Gatte hat uns aus purer Rachsucht hier untergebracht.«

Der Meinung war ich zwar auch, wollte aber im Augenblick nicht mit ihr darüber diskutieren. »Bones ist nicht mein Mann, wie du ja bestimmt schon gehört hast.«

Sie warf mir einen wissenden Blick zu. »Das glaubst du doch nicht wirklich.«

Sechs Minuten und zehn Sekunden. Länger hatte es nicht gedauert, bis ich schreiend weglaufen wollte.

Bones war nicht da. Er hatte mich einfach abgesetzt und sich dann unter dem Vorwand, er hätte noch zu tun, wieder aus dem Staub gemacht. Ich war schon versucht gewesen, ihn anzubrüllen: »Warum holst du mich unter Einsatz deines Lebens von Vlad weg, wenn du meine Gegenwart doch nicht ertragen kannst?« Aber dann hätte er gemerkt, wie viel er mir noch bedeutete. Also hatte ich geschwiegen. Ich hatte Bones gehen lassen, ohne ihn zu fragen, wann oder ob er überhaupt wieder zurückkommen würde. Wollte ich denn lieber unter einem riesigen Müllhaufen verrotten als zugeben, wie sehr mich unser Wiedersehen schmerzte, geschweige denn der Abschied? Definitiv.

Nach drei Tagen im Müllschloss kam ich zu dem Schluss, dass es einen besseren Ort nicht geben konnte, wenn man sich vorgenommen hatte, verrückt zu werden und nicht viel Zeit dazu hatte. Fünfzehn Meter unter einer Müllhalde, eingesperrt mit einem Gespenst, einer Mutter, die kein Blatt vor den Mund nahm, und den Gedanken an den Mann, der mich verlassen hatte, lauerte der Wahnsinn an jeder Ecke. Bald schon erschien mir die Vorstellung, mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen, als eine relativ verlockende Art, zehn Minuten rumzukriegen. Ich fantasierte von Nahtoderfahrungen, als wären sie ein Schokoladendessert. Gegen das, was ich hier durchmachte, war die Pubertät eine Aromatherapiesitzung gewesen.

Trotz des Gestanks verdrückte ich mich immer öfter nach oben und räumte Teile des Schrottplatzes frei, nur um etwas zu tun zu haben. Fabian hatte seine eigene Methode, mit der Situation umzugehen. Er verbrachte endlose Stunden vor dem Fernseher. Meine Mutter las oder machte Kreuzworträtsel und wurde dabei nicht müde, mich immer wieder darauf hinzuweisen, wie leicht ich meine Misere doch hätte vermeiden können, wenn ich nur auf sie gehört hätte. War es da verwunderlich, dass ich meine Zeit lieber mit dem stinkenden Müll verbrachte?

Ich räumte gerade am Ende des Grundstücks auf, als ich hörte, wie ein Auto sich näherte. Mir war zwar klar, dass sich unmöglich ein Tourist hierherverirrt haben konnte, schließlich waren wir ja am Arsch der Welt; aber ich wartete trotzdem nicht ab, bis ich wusste, ob Freund oder Feind nahte, bevor ich auf den nächsten Müllhaufen kletterte. Der Tod? Jagte mir keine Angst ein. Wäre die reinste Erholung gewesen im Vergleich zu dieser olfaktorischen Folterkammer.

»Wer hat sich eigentlich das Passwort Quasimodo einfallen lassen?«, murmelte Spade, als er aus dem Wagen stieg.

»Hallo Spade«, rief ich, während ich hängen gebliebenen Unrat von dem Rechen schüttelte, den ich mir aus dünnen Metallstreifen und einer Lkw-Achse gebastelt hatte.

Spade starrte zu mir herauf, Ekel und Unglaube kämpften um die Oberhand in seinem hübschen Gesicht.

»Luzifers haarige Klöten. Du bist zum Morlock geworden. «

Als ich Spade so da stehen sah, ganz adrett in seinem weißen Hemd, den glänzenden schwarzen Schuhen und der gebügelten Hose, wurde mir erst bewusst, dass ich von Kopf bis Fuß mit Schmutz besudelt war und vermutlich stank, als hätte ich schlimme Blähungen.

»Seit Tagen sitze ich unter einer Müllhalde fest, was hast du denn erwartet?«

Spade schlug die Autotür zu. Ich brauchte nur hinzusehen, schon musste ich gegen den Drang ankämpfen, einfach hineinzuspringen und zu fahren, bis ich am Lenkrad zusammenbrach.

»Ich kann nicht einfach Däumchen drehen, während Crispin und du an eurer eigenen Sturheit erstickt. Guter Gott, Cat, warum machst du nicht einfach Schluss?.«

Ich sah ihn ungläubig an. »Du mich auch, mein Freund.«

»Zurück in den Wagen, Sie sind hier nicht erwünscht«, mischte sich Techno ein, einer der auf dem Schrottplatz stationierten Vampire. Er war hinter einer Mauer aufgetaucht und hatte eine mit Silbermunition geladene Uzi auf Spade gerichtet.

»Ich stehe auf der Liste, du Idiot«, schnauzte Spade. »Und jetzt mach die Mücke, bevor ich dir dein Spielzeug in den Arsch stecke und das Ende abbreche.«

Spade hatte mir den Rücken zugewandt. Ich schnappte mir einen herumliegenden Reifen, warf damit nach ihm und freute mich über den Abdruck auf seinem perfekt weißen Hemd. »Sprich nicht so mit ihm, er macht nur seinen Job.«

Nachdem Spade sich von meiner Reifenattacke erholt hatte, tauchte er mit der Schnelligkeit eines Untoten vor mir auf.

»Um Himmels willen, Cat, gib dir einen Ruck, worauf wartest du noch?«

Einen Augenblick lang fragte ich mich, ob ich vielleicht wirklich den Verstand verloren hatte. Spade klang, als wollte er mich in den Selbstmord treiben.

»Habe ich dir was getan?«

Spade drehte sich mit geballten Fäusten um. Techno sah mich verwirrt an, als wüsste er nicht genau, ob ich in Gefahr war.

»Soll ich ihn erschießen«, erkundigte er sich.

»Willst du unbedingt alles noch schlimmer machen? Du bist schon längst kein richtiger Mensch mehr; warum hängst du so an deinem letzten bisschen Sterblichkeit?«

»Nicht schießen«, befahl ich Techno, der die Uzi schon im Anschlag hatte. »Lass uns allein.«

»Er soll nicht…«, fing Techno an zu stammeln.

»Was soll ich nicht?«, fragte Spade. »Ihr sagen, was los ist, hm? Deshalb sieht sie mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle, was? Weil sie keine Ahnung hat, wovon ich rede.«

Meine Kiefer mahlten. Technos Gesichtsausdruck bestätigte Spades Worte. Verdammte Scheiße.

»Geht es wieder um die Ghule?«, erkundigte ich mich. Im Geist verfluchte ich mich, weil ich so mit mir selbst beschäftigt gewesen war, dass ich mir gar keine Gedanken über die plötzliche Funkstille in diesem Zusammenhang gemacht hatte.

Spade warf Techno einen letzten drohenden Blick zu und verschränkte dann die Arme vor der Brust.

»Ja, es geht um die Ghule. Sie werden immer radikaler. Es gibt Gegenden, da verschwinden schon Vampire, die keiner Sippe angehören. Mag sein, dass sie bloß dumm waren und von einem Artgenossen in die ewigen Jagdgründe geschickt worden sind, aber es gibt Grund zu der Annahme, dass mehr dahintersteckt.«

Ich starrte ihn an. Spades tigerfarbene Augen hatten einen unnachgiebigen Ausdruck. Das ist Gregors Werk, dachte ich. Je größer die Angst, ich könnte mich in einen Vampir-Ghul-Mischling verwandeln, desto mehr Unterstützung bekam er für seine Mission, mich zu sich zu holen, damit er mich unter Kontrolle hatte.

»Warum hat mir das niemand gesagt?«

Spade verdrehte die Augen. »Rate mal. Crispin will nicht, dass du dich dadurch in deiner Entscheidung, eine Vampirin zu werden, beeinflussen lässt.«

»Ich bin ihm egal«, murmelte ich, bevor ich es mir verkneifen konnte.

»Du bist eine Idiotin.«

Ich konnte spüren, wie meine Augen vor Zorn grün wurden. »Wie bitte?«

»Idiotin«, wiederholte Spade, und zog das Wort zur Verdeutlichung noch in die Länge. »Warum, glaubst du, hat er dich von Vlad weggeholt? Crispin wusste, dass du den Kürzeren ziehen würdest, wenn Vlad sich zwischen dir und seinen Leuten entscheiden müsste. Tepesch kann dich bestimmt gut leiden, aber seine Sippe verteidigt er mit Klauen und Zähnen. «

Ich musste kurz wegsehen. Dann schüttelte ich den Kopf. »Wenn ich Bones nicht egal bin, ist, sich einmal komplett durch New Orleans zu vögeln, eine seltsame Art mir das zu zeigen.«

Spade warf mir einen zynischen Blick zu. »Wenn du der Meinung warst, Crispin würde dir gehören, und du das, was er getan hat, nicht gutheißen konntest, warum hast du dann nicht auf ihn gewartet, als er aus New Orleans kam, sondern bist mit Tepesch abgehauen?«

Ich starrte ihn mit offenem Mund an. »Weißt du, was du da redest?«

»Du denkst nicht wie eine Vampirin«, murmelte Spade. »Je schneller du deine menschliche Sicht der Dinge ablegst, desto besser. Hör mal, können wir uns später über den Fehler in deiner Argumentationskette unterhalten? Wenn ich diesen widerlichen Gestank noch eine Sekunde länger ertragen muss, kommt’s mir hoch.«

»Fehler? Fick dich!«

Spade schenkte mir ein verschmitztes Grinsen. »Statt dir über das Gedanken zu machen, was ich sage, solltest du dir lieber überlegen, was du Crispin erzählen willst, um ihn davon zu überzeugen, dass er dich in eine Vampirin verwandeln soll.«

Bei diesen Worten setzte mein Herz einen Schlag aus. Spade hörte es und schnaubte. »Jetzt hörst du mir zu, was? Crispin muss es tun. Ich würde es nicht wagen. Jeden anderen, der dich verwandelt, würde er umbringen, glaub mir.«

»Woher weißt du überhaupt, dass ich beschlossen habe, zur Vampirin zu werden?«

Spades Sarkasmus und Kaltschnäuzigkeit waren mit einem Mal wie weggewischt, und er sah mich mit todernstem Blick an.

»Komm schon, Gevatterin. Wir wissen beide, dass du dich schon zu lange an deiner Menschlichkeit festklammerst. Du brauchtest bloß einen kleinen Schubs, nicht wahr?«

So viele verschiedene Gedanken gingen mir durch den Kopf. Ich dachte an meine Kindheitsjahre, in denen ich meine immer stärker werdenden übermenschlichen Fähigkeiten hatte verbergen müssen, um meine Mutter nicht zu beunruhigen. Später dann in der Schule war ich mir völlig fehl am Platze vorgekommen, wenn ich vorgab, »normal« zu sein, wo doch nichts an mir normal war. Und noch später, als ich mit Anfang zwanzig begonnen hatte, Vampire zu jagen. War meine Menschlichkeit nicht eher eine Verkleidung als eine Selbstverständlichkeit für mich gewesen? Und jetzt erst; wie frustriert war ich darüber, zu schwach zu sein, um es allein mit Gregor aufnehmen zu können. Ohne das Überraschungsmoment, das meine Besonderheit mir eingebracht hatte, würde ich immer zu schwach sein, um gegen die alten Meistervampire anzukommen … zumindest solange ich meinen Rest Sterblichkeit behielt.

Aber insbesondere eine Frage ließ mir keine Ruhe: Angenommen die Sache zwischen Bones und mir wäre geklärt, das Problem mit Gregor auf wundersame Weise aus der Welt geschafft, genau wie die Gerüchte um meine Person – könnte ich dann je wieder ein Leben unter normalen Menschen führen und vorgeben, ich wäre eine von ihnen?

Nein. Ich konnte nicht länger so tun, als würde das, was in mir war, nicht existieren. Selbst wenn ich der Welt der Untoten für immer den Rücken kehrte, wäre ich doch mehr Vampir als Mensch. Und wenn ich den Untoten nicht den Rücken kehren und auch nicht länger so tun wollte, als wäre ich ein Mensch, warum hing ich dann noch so sehr an meinem schlagenden Herzen? Gott, hatte Bones am Ende recht? Waren es nur meine tiefverwurzelten Vorurteile gewesen, die mich vor diesem Schritt hatten zurückschrecken lassen? Viele Gründe sprachen für eine Verwandlung. Gab es auch nur einen, der dafür sprach, das zu bleiben, was ich war?

»Ich werde Bones bitten, es zu tun«, hörte ich mich sagen. »Aber bestimmt lehnt er ab.«

 

Spade hatte keine Kopfhörer, mit denen verhindert werden konnte, dass ich etwas aufschnappte, was mir einen Hinweis auf unser Reiseziel gab. Nein, er zog mir einfach ordentlich eins über die Rübe, um sicherzustellen, dass ich den Großteil der Reise im Land der Träume verbrachte. Spade war ein Meistervampir, sodass ich echt Kopfschmerzen hatte, als ich wieder zu mir kam.

»Du solltest erst duschen, bevor du zu ihm gehst«, riet mir Spade, als ich wieder bei mir war. »Du stinkst immer noch entsetzlich. Am Ende weigert sich Crispin noch, dich zu verwandeln, nur weil er es in deiner Nähe nicht aushält.«

Im Geist beschimpfte ich Spade aufs Übelste. Etwas Kühles strich mir über die Hand. Ohne die Augen zu öffnen wusste ich, dass es Fabian war, der mir seine Version eines mitfühlenden Händetätschelns zukommen ließ. Er hatte mich auf meiner Reise begleitet. Offenbar konnte es noch nicht einmal ein Gespenst im Müllschloss aushalten. Wenigstens machte Fabian keine Bemerkungen über meinen Körpergeruch. Das war das Gute an einem Begleiter, der keine richtige Nase hatte.

»Ah, da sind wir ja«, verkündete Spade. »Nicht spitzen; sonst sieht Gregor, während du schläfst, noch eine Hausnummer. «

Ich hatte es so satt, mit verbundenen Augen zu reisen. Wollte Bones mich nicht verwandeln, wusste ich, an wen ich mich als Nächstes wenden würde: Vlad. Ich hatte ihn schon angerufen und gefragt, ob er den Job übernehmen würde. Er hatte sich sofort bereit erklärt. Ich wusste nicht, womit ich Vlads Zuneigung verdient hatte, aber ich war dankbar dafür.

Etwa eine Minute später hielt der Wagen an. »Bleib hier«, wies Spade mich an. »Ich sage Crispin, dass wir da sind, dann hole ich dich.«

»Du meinst, du fragst, ob er mich überhaupt einen Fuß aus dem Auto setzen lässt«, gab ich mit nach wie vor geschlossenen Augen zurück.

»Keine Bange. Ich sorge dafür, dass du dich wenigstens duschen kannst, und wenn ich Crispin dazu zu Boden ringen muss.«

»Danke«, gab ich zurück. Spade schloss nur lachend die Tür. Als Bones’ bester Freund war er ihm treu ergeben, ihn kümmerte es also nicht, wie schwer das alles für mich schon ohne seine spöttischen Bemerkungen über meinen Körpergeruch war.

Von draußen hörte ich viele Stimmen, wahrscheinlich von den Leuten im Haus. Ich lauschte besonders auf eine. So wie alle hier durcheinanderredeten, war es allerdings schwer, eine bestimmte herauszuhören. Hier war ganz schön was los, wo auch immer hier sein mochte.

»… Crispin …«, hörte ich Spade sagen.

»… führt dich …« Das war Bones gewesen, den Rest des Satzes bekam ich nicht mit.

»… draußen …«, kam es von Spade. »… dich sehen …«

Warum können die nicht mal einen Moment die Klappe halten, damit ich was verstehen kann?, dachte ich.

»… unbedingt …« Das war Bones gewesen.

Damit war alles klar. Ich seufzte. »Sieht aus, als dürften wir doch noch reinkommen, Fabian.«

»Sehr gut«, war seine spontane Reaktion, dann unterbrach er sich. »Wenn es das ist, was du dir gewünscht hast, meine ich.«

Tatsächlich hatte ein Teil von mir gehofft, Bones würde mich nicht einmal aussteigen lassen. Ein solches Glück war mir allerdings nicht vergönnt.

Augenblicke später öffnete Spade die Autotür. »Ab unter die Dusche mit dir, danach empfängt er dich. Ich habe ihm gesagt, es wäre zu seinem eigenen Besten, wenn er wartet.«

»Noch ein Wort über meinen Geruch, und du kriegst ein Messer ins Herz«, sagte ich, und das war mein voller Ernst.

Er schnalzte mit der Zunge. »Böses Mädchen. Komm schon, nimm meinen Arm … aber nicht so fest!«

Ich hatte aus Leibeskräften zugedrückt. Spades Jaulen zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht. »Du musst mir noch meine Klamotten aus dem Kofferraum holen, damit ich mir was Frisches anziehen kann, sonst kann ich mir die Dusche sparen. «

»Wir sind drinnen«, verkündete Spade. »Du kannst die Augen aufmachen.«

Ich gehorchte. Fabian schwebte vor uns einher, während wir durch die wunderhübsche Diele gingen. Keine Spur von Schrottautos oder Müll. Hier also hatte Bones residiert, während ich unter einem Abfallhaufen festgesessen hatte? Du hast dich gründlich getäuscht, Spade, dachte ich. Ich bedeute Bones gar nichts mehr.

Wir gingen weiter den Flur entlang. Ein unbekannter Vampir warf uns einen neugierigen Blick zu, als wir an ihm vorbeikamen.

»Was stinkt hier so?«, wollte er wissen.

Fabian löste sich sofort in Luft auf, aber ich sah noch das Grinsen auf seinem Gesicht. Spade fing an zu lachen.

»Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram«, raunzte ich den Vampir an und schalt mich dann selbst, als er erbleichte. Gott, wie unhöflich von mir!

»Verzeihung«, sagte ich. »Achten Sie gar nicht auf mich, ich habe in einer unterirdischen Mülltonne festgesessen.«

Spade hatte sich noch immer nicht wieder eingekriegt, also gab ich ihm einen unsanften Rippenstoß.

»Können wir?«

»Sofort«, meinte er und wischte sich die rosig-feuchten Augen. »Weitermachen, junger Mann«, sagte er zu dem verdutzten Vampir.

Ich gestaltete meinen Abgang mit so viel Würde, wie es mir im Augenblick möglich war, also mit überhaupt keiner.