Zehntes Kapitel
In scheinbar endlosen Serpentinen führte Baralong ihn den Berg hoch. Der Pfad, der sich als solcher nur dem Eingeborenen erschloss, wand sich durch Wälder aus Kasuarinen, Mulla-Mulla-Büschen mit ihren lavendelblauen Blüten sowie grünen Emusträuchern. Immer wieder gelangten sie an gefährlich schmale Stellen, wo das Gelände jäh in Schwindel erregende Abgründe abfiel.
Andrew rang nach Atem und hatte mehr als einmal Mühe, die Pferde, die er am Zügel hinter sich herführte, zum Weitergehen zu bewegen. Er selbst war nicht weniger erschöpft. Zwei Tage folgte er Baralong nun schon durch das unglaubliche Labyrinth aus zerklüfteten Sandsteinschluchten, paradiesisch grünen Talkesseln und ineinander verschachtelten Bergzügen.
»Lass uns eine Rast einlegen, Baralong!« »Bis zum Bergsattel ist es nicht mehr weit, Gubba Andrew. Da können wir dann rasten«, antwortete der Eingeborene ohne sich umzublicken oder in seinem beständigen Schritt innezuhalten.
»Nicht mehr weit!«, maulte Andrew abgekämpft. »Den Spruch habe ich allmählich zur Genüge gehört.«
»Willst du nun über die Berge oder nicht?«
Andrew ersparte sich eine Antwort und ging weiter. Seit er nicht mehr im Sattel saß, sondern Stunde um Stunde auf- und absteigen musste, vermochte er die Ausdauer seines Trackers erst richtig zu würdigen. Baralong schien das Wort Müdigkeit nicht zu kennen. Mit dem Gleichmaß einer Maschine ging er die Berge an, führte ihn über Felsgrate und stieg in die stillen Täler hinunter.
Sie brauchten noch eine Stunde, um den Bergsattel zu erreichen, der angeblich gleich hinter der nächsten Ecke lag. Andrew war erschöpft und in Schweiß gebadet, während Baralong nicht einmal einen leicht beschleunigten Atem zeigte.
Andrew band die Pferde an den nächsten Baum und sank dann auf einen Felsen. Wohin er auch schaute, überall traf sein Blick auf bewaldete Bergzüge. In ihrer zerklüfteten Gestalt nahmen sie sich wie Palisaden aus, die ein Riese wahllos ineinander und hintereinander geschoben hatte. Das Bewusstsein, sich nach zwei Tagesmärschen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang mitten in den Blue Mountains zu befinden und allein wohl nie wieder aus diesem gewaltigen Irrgarten herauszukommen, hatte etwas Beklemmendes. Schon nach dem ersten Tag hatte er es aufgegeben, sich die zerschlungenen Wege merken zu wollen, auf denen Baralong ihn durch dieses unglaubliche Labyrinth aus sich verzweigenden Schluchten und Bergzügen führte.
Andrew erfüllte jedoch nicht nur Furcht, die er ins Unterbewusstsein zu verdrängen suchte, sondern auch ungläubiges Staunen über die urtümliche Schönheit, die sich ihm in dieser von Weißen noch nicht erforschten Welt der Blue Mountains offenbarte.
Noch nie in seinem Leben hatte er derartige Wälder aus palmenähnlichen Gewächsen, Schilfen und unzähligen Farnarten gesehen, die mehr als mannshoch in den Tälern wuchsen und ihnen den Charakter eines urzeitlichen Dschungels gaben. Nichts erinnerte hier an die Trockenheit, die das Land östlich der Berge heimsuchte. Es gab einen geradezu verschwenderischen Reichtum an klaren Quellen und Flüssen, die als hohe, silbrig glänzende Wasserfälle in die Tiefe stürzten und sich in kleine Seen ergossen.
Blind endende Schluchten, dämmrige Spalten mit glitschigem Felsboden und tiefe jadegrüne Täler, in die nur wenige Stunden am Tag Licht fiel und wo das Moos auch noch während der Mittagszeit seinen Morgentau nicht zu verlieren schien, wechselten sich ab mit nackten Sandsteinterrassen, schroffen Klippen und gezackten Höhenzügen, die von Eukalypten, Kasuarinen und anderen Baumarten so dicht bewachsen waren, dass die Wälder so undurchdringlich wie eine grüne Mauer erschienen.
So üppig und wild wuchernd die Vegetation war, so groß war auch der Reichtum an Tieren und Vögeln, die die Täler und Bergzüge der Blue Mountains bevölkerten. Schlangen und Echsen huschten durch das Meer der Farne, Beuteltiere ergriffen vor ihnen die Flucht, und bunt schillernde Vögel, wie Andrew sie noch nie zuvor in einer solchen Fülle und Vielfalt gesehen hatte, waren allgegenwärtig.
Als Andrew da auf dem Felsen saß und seinen Blick über diese fremdartige Welt schweifen ließ, verwunderte es ihn gar nicht, dass bisher noch kein Weißer einen passierbaren Weg über die Blue Mountains gefunden hatte. Und es erschien ihm unwirklich, dass er sich auf dieses Wagnis eingelassen hatte und nun im Begriffe stand, die Berge tatsächlich zu überqueren - so wie es Abby vor ihm getan hatte, sofern Baralong mit seiner Vermutung Recht hatte.
Abby.
Andrew seufzte. Seit er erfahren hatte, dass die Katajuri seine verwundete Frau gefunden und mit auf ihren Weg über die Berge genommen hatten, lebte er in einem Wechselbad aus Freude und Angst.
»Wir müssen weiter«, holte Baralong ihn aus seinen Gedanken. »Es wird ein Unwetter geben, und bevor es losbricht, sollten wir unten im Tal sein.«
»Ein Unwetter?«, fragte Andrew verständnislos.
Baralong wies nach Osten. »Es wird Regen geben.«
Andrew suchte den Horizont nach dunklen Wolken ab, konnte jedoch nichts entdecken, was auf ein heraufziehendes Unwetter hindeuten konnte. »Regen täte dem Land gut. Aber mir ist es ein Rätsel, wo du heraufziehende Regenwolken sehen willst.«
»Sie kommen, Gubba Andrew, doch sie werden ihre Wassermassen nicht über der Kolonie abladen, sondern hier über den Bergen«, antwortete Baralong unerschütterlich und erhob sich. »Gehen wir.«
Sie machten sich auf den langen und mühsamen Abstieg ins Tal, das sie zwei Stunden vor Einbruch der Nacht erreichten und das von einem Meer von Farnen bedeckt war. Als Lagerplatz wählte Baralong eine Stelle an einem Hang aus, wo ein Felsvorsprung Schutz bot.
Andrew hatte Baralong auf dem Abstieg wegen seiner Regenprophezeiung mehrfach verspottet. Doch der Spott verging ihm. Denn kaum hatten sie Feuerholz gesammelt und ein Feuer entzündet, als sich der Himmel fast schlagartig verdunkelte. Mit Urgewalt brach das Unwetter los. Blitze zuckten aus den schwarzen Wolken. Es war, als schleudere ein zorniger Gott grell leuchtende Lanzen auf die Bergrücken. Und dann kam der Regen.
Es schüttete wie aus Kübeln. Die Welt verschwand hinter einem dunklen Vorhang herabströmenden Regens, der die ganze Nacht hindurch nur wenig an Heftigkeit verlor. Als der neue Tag anbrach, regnete es noch immer, wenn auch nicht mehr mit der sintflutartigen Kraft der ersten Stunden.
»Wir werden die Pferde hier im Tal zurücklassen«, sagte Baralong.
»Unmöglich!«, widersprach Andrew.
»Wir müssen noch einige Berge überwinden und nach dem schweren Regen werden viele Stellen mit den Tieren schwer zu passieren sein. Sie werden uns mehr behindern als nutzen, Gubba Andrew. Die Pferde müssen zurückbleiben. Sie finden hier ausreichend Wasser und Futter.«
»Das kommt gar nicht in Frage! Weißt du überhaupt, was ein Pferd wie Dellie oder Nestor wert ist? Natürlich nicht! Ich lasse sie doch nicht in dieser dschungelartigen Wildnis zurück, wo ich sie vielleicht niemals wiederfinde!«, weigerte sich Andrew. »Außerdem brauchen wir sie, denn wer sonst sollte das Gepäck über die Berge tragen?«
»Alles, was ich brauche, passt in diesen Beutel und halte ich in einer Hand«, antwortete Baralong, hing sich den Beutel aus Opossumfell über die Schulter und griff zu seinem Speer.
»Du bist ja auch ein Eingeborener, ein Yapa«, sagte Andrew verdrossen, den es nicht wunderte, dass Baralong kein Interesse mehr an der Mitnahme der Pferde zeigte. Ihr Rumvorrat war seit vorletzter Nacht aufgebraucht und den restlichen Tabak hatte er in seinem räudigen Fellbeutel. »Ich lasse Dellie und Nestor jedenfalls nicht zurück.« Sollte er denn die Suche nach Abby zu Fuß fortsetzen, wenn sie die Blue Mountains überwunden hatten und wieder in offenes Gelände kamen? Nein, er dachte gar nicht daran, auf die Schnelligkeit seiner Pferde zu verzichten.
»Wie du willst«, gab Baralong scheinbar gleichgültig nach und wartete geduldig, bis Andrew den Proviantsack auf Dellies Rücken festgezurrt hatte und marschbereit war.
Schon bei trockenem Wetter war der Weg über die Blue Mountains eine gefahrvolle und strapazenreiche Unternehmung. Nach dem schweren Regen wurde die Aufgabe, die vor ihnen lag, noch bedeutend anstrengender und riskanter.
Andrew kamen schon bald die ersten Zweifel, ob ihm nicht vielleicht doch ein Fehler unterlaufen war, als er Baralongs Einwände einfach ignoriert und auf die Mitnahme der Pferde bestanden hatte. Der Boden war an vielen Stellen aufgeweicht und glitschig. Auf verhältnismäßig ebenem Gelände hätte dieser Umstand allein Auswirkungen auf ihr Marschtempo gehabt. Hier in den zerklüfteten Bergen aber, wo sie immer wieder steile Hänge bewältigen mussten und dabei häufig die Gefahr des Wegrutschens bestand, bedeutete der regengetränkte Boden eine erhöhte Gefahr.
Und die Pferde witterten diese Gefahr, wie ihr nervöses Schnauben sowie ihr Bocken und Zurückweichen mehr als deutlich verrieten. Als wäre der Marsch nicht auch so schon anstrengend genug, musste Andrew nun zusätzlich noch viel Kraft und Überredungskunst aufbringen, um Dellie und Nestor immer wieder zu beruhigen und sie zu zwingen, ihm am Zügel über abschüssige Geländestrecken zu folgen.
Mehr als einmal sagte ihm seine Vernunft nach kritischen Situationen, dass es wirklich ratsamer war, die Pferde zurückzulassen und den Marsch mit leichtem Gepäck fortzusetzen. Aber sein Stolz verbot es ihm, seine Fehleinschätzung vom Morgen zuzugeben und die Konsequenzen daraus zu ziehen. Er vertraute darauf, dass alles gut gehen würde.
Seine Hoffnung erfüllte sich nicht.
Die Katastrophe, die Andrew um Haaresbreite den Tod gebracht hätte, ereignete sich am frühen Nachmittag. Sie hatten den langen und kräftezehrenden Aufstieg zu einem Bergrücken bewältigt und den Abstieg begonnen.
Es ging gar nicht übermäßig steil bergab und die Büsche, die überall auf dem Hang wuchsen, verwehrten den klaren Blick auf jene Schluchten, die sich aus dem Tal wie Keile in diese Seite des Berges bohrten.
»Was ist?«, fragte Andrew mit keuchendem Atem, als Baralong unerwartet stehen blieb.
»Gefährliches Gelände«, antwortete der Eingeborene und wies auf die tiefen Abflussrinnen, die der stundenlange, heftige Regen aus der Erde gewaschen hatte und durch die noch immer das Regenwasser in kleinen Bächen talabwärts floss. »Warte hier. Ich schaue mir den Weg erst einmal an. Notfalls müssen wir umkehren und einen Bogen schlagen.«
Baralong ging los.
Andrew wurde schon nach wenigen Augenblicken ungeduldig. Der Regen hatte ihn längst bis auf die Haut durchnässt und er wollte weiter. Er verstand nicht, dass Baralong ausgerechnet diesen Hang so argwöhnisch beäugte, hatten sie doch in den vergangenen Stunden viel steileres Gelände als dieses hier problemlos überwunden.
In der Annahme, dass Baralong sich mal wieder von irgendeinem Aberglauben zu übertriebener Vorsicht leiten ließ, wickelte er sich die Zügel von Nestor, der durch ein kurzes Seil mit dem Packpferd Dellie verbunden war, um das Handgelenk und begann nun auch den Abstieg - ohne Baralongs Zeichen abzuwarten.
»Nur ruhig, meine Besten!«, rief Andrew Nestor und Dellie über die Schulter zu, als sie nervös schnaubten und ihm nur sehr widerwillig folgen wollten. »Hier findet ihr doch guten Tritt. Wir haben es ja gar nicht mehr ...«
Er kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Plötzlich war ihm, als spielten ihm sein Gleichgewichtssinn und auch seine Augen einen bösen Streich. Die Landschaft um ihn herum begann sich zu bewegen, aber nicht im gewohnten Verhältnis zu seinen Schritten.
Baralongs gellender Warnschrei kam in dem Moment, als Andrew sich mit Entsetzen bewusst wurde, dass sich der Boden unter ihm bewegte. Zu Tode erschrocken riss er den Kopf herum und schrie auf, als er begriff, dass er sich auf einer Art Erdscholle von etwa fünfzehn, zwanzig Schritt Durchmesser befand, die sich vom Hang losgelöst hatte und nun abwärts rutschte - mit ihm und den Pferden. Die schweren Regengüsse mussten den Hang teilweise unterspült haben und er hatte zusammen mit dem Gewicht der Pferde den letzten Ausschlag zu einem Erdrutsch gegeben!
Was geschah, ereignete sich innerhalb weniger Sekunden, die nicht viel Zeit für lange Überlegungen ließen. So langsam sich die Erdscholle anfangs auch bewegt hatte, so erschreckend schnell nahm sie nun Geschwindigkeit auf. Sie schien über einen Untergrund aus Schmierseife zu schliddern – direkt auf eine Abbruchkante zu, hinter der ein Abgrund von mehreren hundert Fuß Tiefe gähnte.
Andrew wurde zu Boden gerissen. Auch Dellie und Nestor verloren den Halt und stürzten unter schrillem, angsterfülltem Wiehern. Das Seil, das Dellie und Nestor verband, riss wie ein Bindfaden unter einem Bleigewicht, als das Packpferd sich überschlug.
Von panischer Todesangst erfüllt, schrie Andrew auf, als es ihm nicht gelang, sich von dem Zügel zu befreien, den er sich um das rechte Handgelenk gewickelt hatte. Er spannte sich unter dem Gewicht von Nestor, der wild um sich schlug und vergeblich versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Nestor hielt ihn auf der Erdscholle und drohte ihn mit in den Abgrund zu reißen, der immer näher rückte.
Baralong rettete ihm durch seine Geistesgegenwart und Courage das Leben. Andrew lag mit dem Gesicht am Boden und sah nur einen Schatten heranfliegen. Im nächsten Moment durchtrennte ein Messer die todbringende Verbindung zu Nestor, und Baralong riss ihn hoch.
»Lauf!«, schrie der Eingeborene.
Andrew rannte los, sprang von der unter ihm wegziehenden Erdscholle auf festen Grund und krallte sich mit beiden Händen in das nasse, steinige Erdreich. Als er einen Blick zurückwarf, sah er noch, wie die Erdscholle, gleich einem riesigen grünen Teppich, mit Nestor über die Abbruchkante in die Tiefe stürzte. Die Todesschreie der beiden Pferde gingen ihm durch Mark und Bein. Augenblicke später hörte man einen dumpfen Aufprall, der vom Boden der tiefen Schlucht nach oben dröhnte.
Dann trat eine schreckliche Stille ein.
Am ganzen Leib zitternd lag Andrew in der aufgerissenen Erde. Er wagte sich nicht zu bewegen. Die Erkenntnis, dem Tod im allerletzten Moment entronnen zu sein, überfiel ihn wie ein Schwächegefühl, und er glaubte sich erbrechen zu müssen.
Als er endlich die Kraft fand, sich vorsichtig aufzurichten, sah er in das Gesicht von Baralong. Dessen Miene war weder Ärger noch grimmige Genugtuung abzulesen.
»Du ... du hast mir das Leben gerettet«, stieß Andrew, noch ganz unter dem Schock des Erlebten, verstört hervor. »Das war Rettung in höchster Not! Danke, Baralong.«
Dieser rückte seinen ramponierten Dreispitz zurecht und fuhr sich über den Bart. »Sagte ich nicht, das Gelände ist gefährlich?«, fragte er ruhig. »Und habe ich dir ein Zeichen gegeben, dass der Weg sicher ist und du mir folgen kannst?«
Andrew machte ein zerknirschtes Gesicht. »Es war dumm von mir, deinem Rat nicht zu folgen, Baralong. Du hast Recht gehabt. Es tut mir Leid.«
Baralong zuckte gleichmäßig mit den Achseln. »Du bist nun mal ein Weißgesicht.«
»Und was heißt das?«
»Wann schenkt ein Weißgesicht einem Yapa schon Glauben?«
Andrew fühlte sich beschämt. »Was soll nun bloß werden?«, fragte er bedrückt. »Wir haben alles verloren, nicht nur die Pferde und unseren Proviant, sondern auch mein Gewehr und all die andere Ausrüstung.«
»Du hast viel verloren, was einem Weißgesicht wohl wichtig ist«, antwortete Baralong gelassen. »Aber nichts davon ist wichtig gewesen für unsere Suche nach deiner Frau. Wer gehen kann, braucht keine Krücke, Gubba Andrew. Alles, was wir brauchen, trage ich bei mir. Und wenn wir auch das noch verlieren sollten, ist nichts verloren, was ein Yapa nicht rasch wieder ersetzen kann. Dafür haben unsere Ahnen in der Traumzeit gesorgt. Die Natur bietet alles, was wir brauchen. Man muss nur verstehen, die Gaben zu finden und zu nutzen, die sie zu bieten hat.«
Andrew erinnerte sich auf einmal jener Fabel, die ihm sein Vater vor vielen Jahren erzählt hatte. Er wusste nicht mehr, was der Anlass dafür gewesen war, doch an die Fabel vermochte er sich noch ganz genau zu erinnern:
Es war einmal ein Vogel, der lag auf dem Rücken und hatte beide Beine starr gegen den Himmel ausgestreckt. Da kam ein anderer Vogel vorbei, sah seinen Artgenossen in dieser merkwürdigen Stellung und wollte verwundert wissen, was das zu bedeuten habe. »Ich trage den Himmel mit meinen Beinen«, lautete die Antwort des auf dem Rücken liegenden Vogels. »Wenn ich mich von der Stelle rühre, stürzt der Himmel über uns zusammen.«
Kaum hatte er das gesagt, da wehte der Wind ein Blatt von einem nahen Baum, und es segelte mit einem leisen Rascheln zu Boden. Darüber erschrak der Vogel, der den Himmel zu tragen meinte, derart, dass er sich herumdrehte und eiligst davonflog. Der Himmel aber wankte nicht um eine Haaresbreite, sondern blieb auch weiterhin an seinem Ort...
»Lass uns gehen, Gubba Andrew. Wir haben noch einen langen Weg vor uns«, sagte Baralong, stieß seinen Speer Halt suchend in das Erdreich und bot Andrew seinen Arm als Stütze.
Andrew ergriff den Arm seines Trackers und in strömendem Regen kletterten sie schräg den Hang hoch. Von der grenzenlosen Überlegenheit des zivilisierten Weißen, die er einst als so selbstverständlich hingenommen hatte wie den Wechsel von Tag und Nacht, war bei Andrew nichts mehr übrig, als sie ihren Marsch über die Berge fortsetzten. Sein Schicksal und indirekt auch das von Abby lag nun ganz allein in Baralongs Händen.