Von: Ruby Welliams [email protected]

Gesendet: Montag, 23. April 2012 18:08

An: Elodie Saller

Betreff: -------------

ELODIE!!!

Ich bin echt stolz auf mich, denn inzwischen sind 18 (in Worten: na ja, fast achtzehn) Stunden vergangen, ohne dass ich mich schon wieder gemeldet habe, und das, ohne eine Antwort von dir bekommen zu haben (das ist kein Vorwurf, sondern schlicht allergrößte Herzenssorge). Und ich hätte es ganz gewiss noch eine Weile ausgehalten, wenn nicht etwas passiert wäre, das du wissen solltest.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat Silly angeblich versucht, aus der Klinik zu fliehen. Das hat jedenfalls Herr Bouviers – du erinnerst dich: Sillys Nachbar – meinem Vater erzählt. Sie soll ihr Laken und einige Wäschestücke aneinandergeknotet haben und wollte sich daran wohl aus dem dritten Stock abseilen. Es heißt, die Stationsschwester hätte das Fenster nicht abgeschlossen bzw. sie hätten gar nicht damit gerechnet, dass Silly so etwas tun könnte, weil sie ja Psychopharmaka bekommt (kein Valium mehr, sondern Haldol) und eigentlich ziemlich friedlich, fast schon lethargisch war.

Na ja, jedenfalls haben sie sie erwischt, als sie gerade auf dem Sims hockte und die »Wäscheleine« in den Hof runterlassen wollte. Zum Glück! Silly hatte sie nämlich nur mit einer einfachen Schlinge an ihrem Bettgestell befestigt und das hätte nie und nimmer gehalten. Auf jeden Fall hat sie wohl ein Riesentheater veranstaltet, die Delfine würden kommen und alle Mädchen auffressen und am Ende würde eine Riesenflutwelle alles überschwemmen. Na ja, das ganze Programm eben …

Ich hoffe so sehr, dass hier kein Delfin mehr auftaucht. Weder ein Nix noch ein echter. Im Moment scheint zumindest alles ruhig zu sein.

Mit Joelle, Aimee und Olivia habe ich inzwischen privat keinen Kontakt mehr. Ich sehe sie zwar in der Schule, aber wir reden kaum noch miteinander.

Bei Facebook, Skype und Twitter haben sie sich abgemeldet und ihre E-Mail-Adressen existieren auch nicht mehr. Richtig komisch ist das – als wollten sie mit uns Menschen gar nichts mehr zu tun haben.

Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Ashton bei mir ist … oh, das war jetzt wohl nicht so gut.

Elodie, ich mache mir schreckliche Sorgen um dich. Es ist zum Verrücktwerden, dass nicht einmal aus deiner Großtante etwas herauszubekommen ist.

Du fehlst mir sooo sehr!

Ruby