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Mit aller Kraft stieß ich Cyril von mir weg. Ich hörte ihn stöhnen, dann ertönte ein Schlag, Cyril stürzte zu Boden, und ehe ich kapierte, was hier vorging, packte mich jemand und warf mich über seine Schulter.

Ich sah samtbraune Haut, ein silbrig schimmerndes Tuch, das sich um ein wohlgeformtes Hinterteil spannte, und zwei hübsche Füße, die über den feuchten Sandstrand rasten. Sein betörend frischer Duft drang in meine Nase und füllte meine Lunge.

Selig schlang ich die Arme um seine Taille, schmiegte meine Wange an seine Haut und spürte das geschmeidige Spiel seiner Rückenmuskeln, während unter mir Sand, Felsen, Erde und Gras vorbeiflogen.

Ich war so trunken vor Glück darüber, dass er am Leben und zu mir zurückgekommen war, dass ich mir nicht einen Gedanken mehr um Cyril machte. Unser Kuss, noch nicht einmal eine Minute her, war wie ausgelöscht.

Erst als Gordy das Grundstück meiner Großtante erreichte, den Balkon vor meinem Zimmer erklomm und mich dort unsanft zu Boden ließ, kam ich allmählich wieder zu mir.

Gordians türkisgrüne Augen glänzten feucht und sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Er sah aus, als hätte man ihm das Herz aus der Brust gerissen.

»Was hast du dir nur dabei gedacht!«, fuhr er mich an.

Er sprach nicht besonders laut, viel zu laut jedoch für das menschliche Gehör. Seine kräftige dunkle Stimme erfasste jede Faser meines Körpers, hob mich von den Füßen und katapultierte mich gegen das Fensterglas. All das geschah im Bruchteil einer Sekunde.

Die Scheiben vibrierten und einen quälend langen Moment war ich unfähig zu atmen. Den Schmerz in meinem Rücken spürte ich kaum, ich sah nur Gordys Augen, die nun funkelnd vor Zorn und Enttäuschung in fliegendem Rhythmus den Farbton wechselten. Um seinen Mund zuckte es und er zitterte am ganzen Körper. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, wie überlegen, wie unkontrolliert, wie gefährlich er war. Und trotzdem: Ich war mir absolut sicher, ganz gleich wie wütend er auch sein mochte, er würde mir nie, niemals wirklich etwas antun.

Außerdem hatte ich den Fehler gemacht. Ich ganz allein.

Tränen schossen mir in die Augen. Ich wollte Gordian um Verzeihung bitten, aber ich brachte kein Wort über die Lippen, sondern stand nur da und heulte.

Gordy fuhr sich durch die Haare und schüttelte wieder und wieder den Kopf. Schließlich wandte er sich um und sprang über das Geländer in den Garten hinunter.

Nein, schrie alles in mir. Nein, nein, nein! Wenn er jetzt ging, wenn er mich so in Erinnerung behielt, wenn das hier, dieses kurze Wiedersehen, unsere letzte Begegnung gewesen sein sollte, würde ich keine Sekunde mehr glücklich sein können.

Ohne auf meine schmerzenden Knochen zu achten, kletterte ich ebenfalls über das Balkongeländer und ließ mich einfach in die Tiefe fallen. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte ich das schon einmal getan, ich war also gewissermaßen in Übung, aber auch diesmal kam ich nicht ohne Blessuren davon, schlug mir das Knie auf und verknackste mir das Ellenbogengelenk. Doch all das war mir vollkommen egal. Ich musste Gordy erreichen, bevor er ins Meer abtauchte. Und so stolperte ich blindlings die Gartenterrassen hinunter und auf die Klippen zu.

Natürlich war er schneller als ich. Sehr viel schneller. Eben glaubte ich noch, ihn gesehen zu haben, die wild zerzausten Locken und seine schöne schlanke Gestalt, die ähnlich einer Katze über die Felsen sprang, und dann war er auch schon verschwunden.

»Gordy!«, krächzte ich. »Gordy!« Meine Lungen dehnten sich aus und allmählich kam meine Stimme zurück. »Gordy!«, rief ich, lauter und immer lauter.

Ich erreichte den großen abgeflachten Felsen, meine Stelle, unsere Stelle, aber von Gordian fehlte jede Spur. Die Nordsee tobte, Gischt sprudelnde Wellen rauschten zu mir herauf und umspülten meine brennenden Knöchel.

Der Regen klatschte mir ins Gesicht und der eiskalte Wind zerrte an meinen Haaren, doch nicht nur deshalb war mein Vorhaben mehr als verrückt. Aber ich zögerte nicht eine Sekunde, sondern riss mir die Regensachen vom Leib, zog Sweater, Chucks und Jeans aus und stürzte mich kopfüber ins Wasser.

Der Tidenhöchststand würde erst in einer Stunde erreicht sein, ich konnte mir also ausrechnen, dass das Meer mich unerbittlich auf die Klippen zurückwarf.

So weit ließ Gordy es allerdings nicht kommen. Er war bei mir, noch ehe ich einen Schwimmzug gemacht hatte, schlang seine Arme um mich und drückte mich an sich. Ich hielt mich an ihm fest, legte mein Gesicht in seine Halsbeuge und schlang zögernd meine Beine um seine Hüften. Meine Haut auf seiner und um uns herum das tiefblaue Meer – für einen winzigen, geradezu magischen Augenblick fühlte sich alles hundertprozentig richtig an, und im nächsten lagen wir bereits keuchend auf den Klippen.

Gordy hielt mich noch immer. Ich hatte gemerkt, wie sein Delfinschwanz sich in Beine verwandelte, wie sein Körper vollständig wurde und nun der eines Mannes war, und so unpassend es auch sein mochte, ausgerechnet jetzt an so etwas zu denken, aber für eine Sekunde wurde mir schwindelig bei der Vorstellung, dass es hier und jetzt auf unserer Klippe passieren könnte …

»Elodie«, flüsterte Gordy. »Hab ich dich nicht gebeten, das nie, nie wieder zu tun?« Seine Stimme war nun unendlich sanft, jede einzelne Silbe streichelte mich so zart wie eine Feder.

»Ich wusste nicht, wie ich dich sonst aufhalten sollte«, erwiderte ich.

»Du hättest dich nicht so entblößen müssen«, sagte er bestimmt und streckte seinen Arm nach meiner Regenjacke aus, die sich in einer Felsspalte verfangen hatte und geräuschvoll im Wind flatterte. »Du weißt doch, wie …«

»Ja, ich weiß«, raunte ich in sein Ohr, während ich seinen Nacken fest umschlungen hielt. »Allein deine Stimme könnte mich umbringen.«

Gordy schluckte. Ich spürte an meinem Hals, wie sein Kehlkopf sich auf und ab bewegte. »Es tut mir leid, Elodie. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr«, presste er hervor. Er machte eine ruckartige Bewegung nach vorn und bekam die Regenjacke zu fassen. »Zieh das bitte an. Ich suche derweil deine übrigen Sachen zusammen.«

Ich zitterte am ganzen Leib vor Kälte, aber ich wollte ihn nicht loslassen.

»Elodie, bitte! Sei nicht töricht.«

Gordy sah mich an und ich tauchte in seinen türkisgrünen Blick ein. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Er war noch tausendmal schöner, als ich ihn in Erinnerung hatte, so wunderschön, dass es wehtat.

»Verzeihst du mir?«, wisperte ich.

Gordy antwortete nicht, sondern sah mich weiter an.

»Ich liebe dich, Elodie«, sagte er schließlich und strich sanft mit seinen Lippen über meine.

Es war nur ein flüchtiger Kuss, aber es war fast mehr, als mein sich überschlagendes Herz in diesem Moment ertragen konnte. Der dunkle Himmel über uns und das Meer, das um uns herum in den Klippen toste, schienen uns im Arm zu halten, einen Nix und ein Menschenmädchen, die nicht zusammenpassten und trotzdem zusammengehörten.

»Komm jetzt«, sagte Gordy. Er stützte sich auf und bedeckte meinen Körper mit der Regenjacke, und ehe ich richtig hinschauen konnte, hatte er bereits seine Delfinhaut ergriffen und um seine Hüften geschlungen. Dann sprang er auf die Füße, lief hierhin und dorthin und sammelte meine Klamotten ein, die der Wind zum Teil bis in Tante Gracies Garten hinaufgeweht hatte.

»Hier, die hing in einem Baum«, sagte Gordy grinsend, als er mir zu guter Letzt die Regenhose reichte.

Ich schlüpfte hinein und sah ihn an. »Bist du nun zufrieden? «

»Ja, du siehst wirklich sehr hübsch aus«, entgegnete er und zupfte an der Kapuze, die knatternd auf meinem Rücken herumtanzte. »Und du machst ulkige Geräusche.«

»Das ist nur der Wind«, sagte ich.

»Mhmmm, und der hat dich eben wohl auch ins Meer gepustet «, meinte Gordy und lächelte dieses unwiderstehliche Lächeln, bei dem sich das kleine Grübchen über seiner Oberlippe bildete. »Und jetzt musst du ganz schnell wieder trocken und warm werden.«

Er war bereits im Begriff, mich auf seinen Arm zu heben, doch ich wehrte ab. »Wir können nicht ins Haus. Jedenfalls nicht über den Balkon. Ich habe das Fenster geschlossen, damit niemand hereinkommt.«

Gordian sah mich verständnislos an.

»Es ist jemand eingedrungen.« Meine Stimme überschlug sich fast.

»Was?« Gordy fasste sich an den Kopf. Er blickte zum Meer und dann wieder zu mir. Seine ganze Haltung spiegelte Fassungslosigkeit und Entsetzen wider. »Wann?«

»Letzte Nacht. Er hat mich … Er wollte …« Ich brach ab. Ich schaffte es einfach nicht, ihm zu sagen, dass mich außer Cyril auch ein Fremder geküsst hatte. »Es kann eigentlich nur einer von euch gewesen sein«, setzte ich hastig hinzu.

»Nein«, sagte Gordy. Sein Blick verschloss sich und der Ausdruck in seinem Gesicht wurde steinern. »Niemand von uns. Ganz sicher nicht!«

Aber wer dann?, wollte ich fragen, doch da hatte er schon seinen Arm um meine Schultern geschlungen. Energisch zog er mich den schmalen Weg über die Gartenterrassen zum Cottage hinauf.

»Du musst trockene Sachen anziehen.«

»Genau das habe ich vor«, versprach ich. »Und gleich danach öffne ich das Fenster, damit du …«

»Nein«, fiel Gordy mir ins Wort. »Ich komme mit. Von nun an lasse ich dich keine Sekunde mehr aus den Augen.«

Zugegeben: Diese Aussicht war fantastisch. Es gab nur einen einzigen winzig kleinen Haken. »Und was ist mit Tante Grace?«

»Oh, ich hoffe, sie wird mich mögen«, erwiderte Gordian mit einem verschmitzten Grinsen, wodurch das niedliche Grübchen wieder deutlich zum Vorschein kam.

»Das kannst du vergessen. Meine Großtante mag überhaupt keine Männer. Sie konnte auch Cyril nicht leiden …«

Gordys Miene verfinsterte sich. »Dann haben sie und ich ja schon etwas gemeinsam«, knurrte er. »Aber darüber reden wir später.«

Ich tat einen schweren Atemzug. Das Thema war also noch nicht vom Tisch. – Natürlich nicht. »Das spezielle Problem bei dir ist allerdings, dass du nicht besonders viel anhast«, äußerte ich vorsichtig. »Zudem wirkt deine Delfinhaut eher exotisch …«

»Schon gut.« Ehe ich ausreden konnte, hatte Gordian mir bereits meine Regenjacke von den Schultern gestreift und über seine silberne Haut um die Hüften geknotet. »Ist es so besser?«

»Nein«, sagte ich. »Tante Grace wird ausflippen, wenn sie uns so sieht. Ich klatschnass und du …«

»Glaub mir, ich habe in den letzten Tagen ganz andere Situationen durchstehen müssen«, entgegnete Gordy. Er tastete nach meiner Hand, doch ich entzog sie ihm gleich wieder. Stirnrunzelnd blickte er mich an.

»Besser nicht«, sagte ich leise.

Er schüttelte unwillig den Kopf. »Elodie, du und ich, wir gehören zusammen. Das soll deine Großtante gleich wissen.«

Das Herz sprang mir bis in den Hals hinauf. Wir gehören zusammen. Was ich bisher nur zu denken gewagt hatte, sprach er aus, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres auf dieser Welt.

Abermals ergriff Gordy meine Hand und ich lief mit rasendem Herzen neben ihm her auf den Hauseingang zu.

Tante Grace hatte uns anscheinend bereits kommen sehen. Sie riss die Tür auf und stürzte uns entgegen. »Elodie, um Gottes willen!«

»Nichts passiert, alles halb so wild«, sagte ich, während sie meinen freien Arm packte und mich in den Hausflur zog.

Gordy, der noch immer meine Hand hielt, folgte mir und drückte die Tür hinter uns zu.

»Und Sie, junger Mann …«, begann meine Großtante, aber ich ließ sie gar nicht erst in Fahrt kommen.

»Er hat mich gerettet«, sagte ich.

Tante Graces Augenbrauen bogen sich nach oben. »Wie darf ich das verstehen?«

»Ja, also … ich bin von einer Klippe gerutscht«, begann ich mit meiner Erklärung, »und er …«

»… kam zufällig gerade vorbeigeschwommen?«

»Nicht zufällig.« Mir war natürlich klar, wie unglaubwürdig sich das anhörte. Ganz sicher war es gut, wenn wir mit unserer Geschichte so nah wie möglich an der Wahrheit blieben. »Jedenfalls hat er mich herausgefischt. Gordian ist nämlich ein ganz ausgezeichneter Schwimmer«, fügte ich hastig hinzu. »Das Meer ist wie seine zweite Heimat. Er verbringt täglich mehrere Stunden darin, sogar im Winter.«

»Aha.« Tante Grace kräuselte die Lippen und musterte unverhohlen seinen nackten muskulösen Oberkörper.

»Mrs Shindles«, sagte er und verbeugte sich leicht. »Es freut mich sehr, Sie endlich kennenzulernen. Elodie hat mir schon so viel von Ihnen erzählt.«

Die Augenbrauen meiner Großtante verschwanden nun vollständig unter ihrem kurzen, leicht antoupierten Pony. »Sooo?«, sagte sie gedehnt. »Bedauerlicherweise kann ich das von Ihnen nicht behaupten. Wenn ich mich recht erinnere, hat Elodie Sie bisher nicht einmal erwähnt«, setzte sie mit einem bedeutungsvollen Seitenblick auf mich hinzu.

»Das werde ich alles nachholen«, versprach ich, während ich Gordy an ihr vorbeibugsierte und in Richtung Treppe schob. »Auf jeden Fall sind wir … na ja … zusammen. Und jetzt würden wir gerne trockene Sachen anziehen und …«

»Du gibst dich also der Illusion hin, dass dem jungen Mann deine Hosen und Pullover passen?«, unterbrach Tante Grace mein Gestammel.

Ich blieb stehen und starrte sie, dann Gordy und danach wieder sie an.

»Er hat eine Jeans und einen Sweater oben bei mir im Zimmer «, sagte ich schließlich.

Meine Eröffnung schien ihr die Sprache zu verschlagen und ich senkte betreten den Kopf. Nur zu gerne hätte ich ihr und natürlich auch mir all diese Peinlichkeiten erspart, aber letztendlich war meine Großtante ja selber schuld. Warum wollte sie auch immer alles ganz genau wissen!

»Ich werde es dir erklären«, sagte ich. »Später.«

Gordy schenkte Tante Grace ein Lächeln. Ihre Augenbrauen kamen wieder zum Vorschein und ihr Gesicht entspannte sich. Ich fragte mich, ob seine besondere Magie wohl auch bei ihr wirkte …

»In fünf Minuten seid ihr wieder hier unten«, gab sie im Befehlston zurück. »Dann ist nämlich die Quiche fertig.«

»Ich habe deine Sachen in den Schrank gelegt«, sagte ich, nachdem wir mein Apartment betreten hatten, und streifte eilig Chucks, Regenhose, Jeans und Sweater ab. »Auf der rechten Seite ins oberste Fach. Ich dachte mir, dass Tante Grace dort bestimmt nicht nachschauen würde. Eigentlich glaube ich zwar nicht, dass sie in meinen Klamotten herumschnüffelt, aber …«

»Elodie …« Gordys Blick haftete auf mir, und diesmal sah er mir nicht in die Augen, sondern betrachtete meinen Körper. »Könntest du bitte damit aufhören, dich ständig vor mir auszuziehen!«

»Entschuldigung«, entgegnete ich, »aber mir ist eiskalt.« Außerdem hatte ich meinen Slip und den BH ja noch an. »Das ist wie ein Bikini«, verteidigte ich mich weiter. »So laufen hier alle Mädchen im Sommer rum.«

Gordian presste die Lippen aufeinander. »Na, dann hoffe ich …«

»Was?«

»Ach, nichts.« Er machte eine resignierte Handbewegung. »Wo, sagtest du, sind meine Sachen?«

»Warte, ich geb sie dir.« Ich öffnete den Schrank und angelte Gordys Jeans, das schwarze T-Shirt, seinen Kapuzensweater und ein paar frische Klamotten für mich heraus. »Ich versuche ja, mich zusammenzureißen und möglichst nichts zu tun, das dich … na ja … anmacht.« Ich wusste wirklich nicht, wie ich das unverfänglicher ausdrücken sollte. »Was mir zugegebenermaßen nicht ganz leicht fällt«, setzte ich hinzu. »Vielleicht solltest du dich auch einfach allmählich daran gewöhnen, dass ich ein Mädchen bin und du ein Junge.«

»Ein Menschenmädchen«, sagte Gordy leise. Sein warmer Atem strich mir über den Nacken, dann spürte ich seine Lippen auf meiner Haut. Er streichelte mir so zärtlich den Rücken entlang, dass mir die Luft wegblieb. Schließlich legten sich seine Hände warm in meine Taille und seine Fingerkuppen fuhren beinahe beiläufig über den Rand meines Slips.

Ich stand da wie paralysiert, unterdrückte einen Seufzer und den Impuls, mich umzudrehen und an ihn zu pressen. Meine Haut kribbelte vom Scheitel bis zu den Zehen hinunter, und ich hatte das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig zu werden.

»Das ist unfair«, keuchte ich.

»Da siehst du mal«, erwiderte Gordy.

»Was?«

Er nahm seine Hände von meiner Taille, umfasste meine Schultern und zog mich sanft zu sich herum. »Es ist ja nicht so, dass ich es nicht möchte«, sagte er leise, während er seine Hände nun um mein Gesicht legte und mit den Daumen die Kontur meines Kinns nachzeichnete. »Ich bin mir nur sicher, dass wir es nicht tun sollten.«

»Gar nicht oder noch nicht?«

Er küsste mich zärtlich auf den Mund. Das war alles, was ich ihm entlocken konnte.

Ich starrte ihn noch eine Weile an und rang um Fassung, dann räusperte ich mich und sagte: »Okay, die Zeit, die Tante Grace uns gewährt hat, ist ohnehin gleich um.«

Ich drückte ihm seine Sachen in die Hand, huschte ins Bad und bekam es irgendwie hin, mich in den noch verbleibenden dreißig Sekunden anzuziehen, meine nassen Haare zu einem Knoten zu zwirbeln und meinen Herzschlag unter Kontrolle zu bringen.

»Pünktlich auf die Minute«, stellte Tante Grace strahlend fest, als Gordian und ich in die Küche traten. »Braves Mädchen«, raunte sie und kniff mir mehr oder weniger unauffällig in die Wange. »Trotzdem müssen wir darüber reden«, fügte sie etwas lauter an Gordy gerichtet hinzu.

Wie eben schon zur Begrüßung deutete er einen Diener an. »Mrs Shindles.«

»Gute Manieren haben Sie ja«, sagte meine Großtante und wies mich an, den Tisch zu decken. »Wenn Sie jetzt auch noch guten Hunger mitgebracht haben …«

Gordy hob die Schultern und versuchte zu lächeln.

»Er isst am liebsten Fisch«, antwortete ich an seiner Stelle.

»Das konnte ich natürlich nicht ahnen«, sagte Tante Grace und richtete ihren Blick nun tief in meine Augen. »So wie ich ebenfalls nicht ahnen konnte, dass du dich so schnell wieder …«

»Cyril hat dich angelogen«, fuhr ich dazwischen, bevor sie etwas sagen konnte, das Gordy verletzte. »Nicht ich bin unglücklich in ihn verliebt gewesen, sondern er in mich. Er war schrecklich eifersüchtig auf Gordian und hat ihm Fotos von mir und ein paar Jungs gezeigt, die während meiner Abschiedsparty in Lübeck aufgenommen wurden.«

»Und da hast du ihm vor Wut ein Loch in die Schulter gebissen. « Tante Grace grunzte leise. Ich bildete mir ein, an ihrer Miene ablesen zu können, dass sie das für eine durchaus angemessene Reaktion hielt.

Gordy sah mich überrascht an. »Was hast du?«, formte er lautlos mit den Lippen.

Ich zuckte die Achseln und er lächelte sein süßes Grübchenlächeln. Eine warme Welle durchflutete mich, und verrückterweise wurde mir erst in diesem Moment so richtig bewusst, dass er tatsächlich zurückgekehrt und wieder hier bei mir war und nun zusammen mit meiner guten Tante Grace in ihrer gemütlichen kleinen Küche am Tisch saß und just im Begriff war, zum ersten Mal in seinem Leben ein Stück Quiche Lorraine zu essen und dazu einen Salat, der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nach Seetang schmeckte. Ich konnte mir nicht helfen, aber die Vorstellung war einfach zu surreal.

Und so stand ich da, mit den Tellern und dem Besteck in der Hand, und konnte nicht aufhören, ihn anzusehen. Nicht nur, dass er so unvorstellbar schön und so besonders war, nein, da war noch etwas anderes, viel Wesentlicheres, das ich nicht wirklich fassen konnte, von dem ich jedoch spürte, dass es mir die ganze Zeit über gefehlt hatte.

»Allerdings scheint dir sein Fleisch nicht besonders gut bekommen zu sein«, riss Tante Grace mich aus meinen Gedanken.

»Ähm … was?«

Hastig verteilte ich die Teller und reichte Gordy Messer und Gabel, die er stirnrunzelnd betrachtete.

»Das Stück Fleisch, das du Cyril aus der Schulter gebissen hast«, half meine Großtante mir auf die Sprünge. »Es scheint verdorben gewesen zu sein. Sonst wärst du anschließend wohl kaum so furchtbar krank geworden.«

»Ich bin wegen Gordian krank geworden«, erwiderte ich.

»Ach, du liebe Güte!« Tante Grace hob in einer theatralischen Geste ihre Hände. »Jetzt komm mir bloß nicht damit, das mit euch soll so eine Ich-kann-ohne-den-anderen-nicht-sein-Geschichte werden!«

Ich spürte Gordys Blick auf mir und das brachte mein Herz zum Rasen.

»Wäre das so schlimm?«, krächzte ich.

»Allerdings«, entgegnete meine Großtante, platzierte die Tarteform auf dem Holzbrett, das ich in die Tischmitte gelegt hatte, und teilte die Quiche mit den für sie so typischen energischen Handgriffen in sechs Dreiecke. »Es ist nie gut, wenn man sich von einem anderen Menschen abhängig macht. Zuerst muss man seinen eigenen Platz im Leben finden.«

»Wovon ich deiner Ansicht nach offenbar noch meilenweit entfernt bin«, ergänzte ich.

»Du weißt ganz genau, wie ich das meine, Elodie«, gab Tante Grace zurück. Sie wartete, bis ich den Salat verteilt hatte, dann ließ sie sich auf ihren Stuhl sinken. »So, und jetzt wünsche ich uns einen gesegneten Appetit.«

Leise seufzend nahm ich mein Besteck auf.

Tante Grace war eine verdammt harte Nuss, die sicher nicht so leicht zu knacken war und die mir wohl noch so manches Hindernis in den Weg legen würde. Nicht aus böser Absicht natürlich. Oh nein. Auf ihre Art meinte sie es ganz bestimmt genauso gut mit mir wie Ruby oder Sina und in gewisser Weise war ich sogar dankbar dafür.

Ich hatte immer Menschen an meiner Seite gebraucht, die mir schwierige Entscheidungen abnahmen und mir eine Richtung vorgaben. Pa war einer von ihnen gewesen. Der Wichtigste. Sein Tod hatte mich auf mich selbst und damit auf unbekanntes Terrain zurückgeworfen. Inzwischen begann in mir aber die Gewissheit heranzureifen, dass er mich niemals verlassen hätte, wenn er nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass ich in der Lage war, mein Leben auch ohne ihn und seine Ratschläge zu meistern. Und das gab mir eine Stärke, die ich zwar nicht wirklich greifen, aber tief in meinem Herzen spüren konnte.

Tante Grace hatte absolut recht: Man – oder in diesem Falle ich – durfte mich nicht zu sehr von anderen Menschen abhängig machen. Weder von ihr oder Gordy noch von Sina oder meiner Mutter. Und bei jedem, der mir begegnete, musste ich immer wieder aufs Neue abwägen, welche Rolle er in meinem Leben spielen könnte und welchen Raum er dabei einnehmen würde. Was Cyril anging, hatte ich mich böse geirrt, aber Gordy würde mich nicht enttäuschen. Dessen war ich mir sicher … dessen wollte ich mir einfach sicher sein.

»Seit wann kennt ihr euch eigentlich schon?«, fragte Tante Grace, während sie sorgfältig ein Salatblatt mit Messer und Gabel faltete und anschließend aufspießte.

Gordy sah ihr fasziniert dabei zu. Er hielt sein Besteck eher ungelenk in den Händen und hatte seine Quiche noch nicht angerührt. Wenn er es sich mit meiner Großtante nicht bis an sein Lebensende verderben wollte, würde er aber wohl oder übel etwas davon probieren müssen. Und so trennte ich möglichst elegant die Spitze von dem Stück auf meinem Teller ab, in der Hoffnung, dass er sich unsere Art zu essen von mir abgucken würde.

»Ähm … seit ungefähr drei Wochen«, sagte ich und schob mir das Quichestück in den Mund.

»Hmmm«, machte Tante Grace. »Und seit wann gehen Sie hier bereits ein und aus?« Ohne dass ich etwas davon mitbekommen habe, schwang unüberhörbar in ihrer Frage mit.

»Ich bin heute zum ersten Mal in Ihrem Haus, Mrs Shindles «, erwiderte Gordy mit einer geradezu atemberaubenden Selbstverständlichkeit.

Meine Großtante sah ihn nicht weniger verwundert an als ich. »Verzeihen Sie bitte meine Indiskretion«, sagte sie. »Aber wie sind Ihre Sachen dann in Elodies Zimmer gelangt?«

Gordy schenkte zuerst ihr ein Lächeln und danach mir. »Sie hat sie freundlicherweise für mich aufbewahrt.«

»Entschuldigung, aber das ist mir zu hoch«, brummte Tante Grace.

Ich spürte, dass es nun an mir war, diese Notlügengeschichte fortzuspinnen, und steckte mir ein weiteres Stück Quiche in den Mund. Ich kaute langsam und genüsslich, zum einen, um meiner Großtante zu signalisieren, dass ihr auch diese Mahlzeit wieder einmal hervorragend gelungen war, zum anderen, um etwas Zeit zu gewinnen, damit ich nicht im Eifer des Gefechts etwas Unüberlegtes äußerte.

»Gordian ist so etwas wie ein Marathonschwimmer«, fing ich schließlich mit meiner Erklärung an. »Im nächsten Jahr möchte er den Ärmelkanal durchqueren …«

Erneut bogen sich Tante Graces Brauen nach oben, darüber hinaus registrierte ich das Blitzen in Gordys Augen. Unauffällig zwinkerte er mir zu. Eine meiner leichtesten Übungen, schien er damit sagen zu wollen, und ich hatte Mühe, ein Kichern zu unterdrücken.

»Na ja«, fuhr ich nach einem weiteren Stück Quiche fort. »Und um seine Kondition zu trainieren, schwimmt er jeden Tag zwischen der Cobo, Vazon und Perelle Bay hin und her.«

»Verstehe«, sagte meine Großtante. »Er schwimmt und du transportierst seine Kleidung. Auf dem Fahrrad, nehme ich an?«

Ich antwortete mit einem Nicken. Vielleicht hätte ich noch erwähnen sollen, dass ich hin und wieder auch etwas für ihn auswusch und im Badezimmer trocknete, aber ich ließ es sein. Je weniger ich diese Schwindeleien in Worte fasste, umso weniger unbehaglich fühlte ich mich. Ohnehin wunderte es mich, dass Tante Grace nicht noch einmal nachhakte, wieso ich Klamotten von Gordian bei mir im Zimmer aufbewahrte. Doch eine andere Frage beschäftigte sie offenbar mehr.

»Und warum hast du mir diesen reizenden, sportlichen jungen Mann bisher nicht vorgestellt?«

»Es hat sich einfach nicht ergeben«, erwiderte ich.

»Weil er sich die meiste Zeit im Wasser aufgehalten hat?«

Die Spitze in ihren Worten war nicht zu überhören – sogar Gordy zuckte darunter leicht zusammen –, und ich fragte mich ernsthaft, ob es sich dabei wieder einmal bloß um Tante Gracies unübertroffene Ironie handelte oder ob sie nicht vielleicht doch etwas über die Existenz der Nixe wusste oder zumindest davon ahnte. Jedenfalls versuchte ich, mir nichts von meiner Unsicherheit anmerken zu lassen, und parierte ihren Angriff mit einem treffsicheren Konter: »Ja, oder weil du gerade mit deinen Nähkursen beschäftigt warst.«

»Ach so«, sagte sie nur und kaute eine Weile schweigend vor sich hin, bevor sie wieder in die Offensive ging. »Und wo wohnen Sie zurzeit, Gordian … wie war noch gleich Ihr Nachname?«

»Smith«, beeilte ich mich zu sagen, ehe Gordy womöglich noch in Verlegenheit geriet.

»Im Freien, Mrs Shindles«, fügte er seelenruhig hinzu. »Wenn es nicht gerade regnet.«

»Er liebt es, im Zelt zu übernachten«, sagte ich. »Hin und wieder, wenn es sehr kalt und nass war, ist er bei jemandem aus Rubys Clique untergekommen. Daher kenne ich ihn ja auch.«

Tante Grace nickte, legte ihr Besteck beiseite und tupfte sich sorgsam die Mundwinkel. »Ich könnte Ihnen eine Wohnung drüben im Gästehaus anbieten. Das Ehepaar, das ursprünglich in der nächsten Woche anreisen wollte, hat nämlich abgesagt «, erklärte sie schulterzuckend. »Dann wären Sie in Elodies Nähe und hätten es auch mit Ihrer Kleidung etwas weniger umständlich.«

»Oh«, sagte Gordy. »Das ist wirklich … sehr nett.«

Das war es in der Tat, und weit mehr, als ich erwartet hätte. Andererseits passte es aber auch wieder zu meiner Großtante. Wenn Gordy im Gästehaus wohnte, hatte sie die Situation unter Kontrolle. Das zumindest glaubte sie wohl.

»Und nun, mein lieber Gordian, entspannen Sie sich und fangen Sie an zu essen, bevor es kalt wird«, sagte sie dann und tätschelte sachte seine Hand. »Wenn Elodie wirklich so viel an Ihnen liegt, sind Sie mir herzlich willkommen.«

Kyan war als Erster beim Sirenenriff, wie die Delfinnixe die große, ähnlich einer Haiflosse geformte und mit Seetang überwucherte Felsformation nahe der bretonischen Küste nannten. Beim Kampf mit dem Plonx hatte er sich zwei Rippen gebrochen, was seinen Hass auf die Menschen umso mehr anfachte.

Elliot war tot.

Das Bild, wie die Menschen eine Harpune durch seinen Leib bohrten, ihn aus dem Wasser zogen und so lange mit ihren Knüppeln auf ihn einschlugen, bis er schließlich reglos liegenblieb, hatte sich wie ein Geschwür in Kyans Gehirn gefressen, und er wusste, er würde es erst wieder loswerden, wenn er diesen hinterhältigen, bestialischen Mord an seinem Freund gerächt hatte.

Zak und Liam ging es ähnlich. Die Trauer über Elliots Verlust verblasste hinter ihrem Zorn und ließ sie die eigene Schuld an seinem Tod vergessen.

Nahezu täglich drängten sie eines der Nixmädchen in die Mulde, die die Unterströmung wie ein Bett in die Mitte des Sirenenriffs geschliffen hatte, und tanzten ihren ungeduldigen, besitzergreifenden Tanz mit ihr. Nur Malou ließen sie in Ruhe, weil Kyan es so wollte. Und Kirby und Idis hatten sich seit den erschütternden Ereignissen in der Perelle Bay einer Delfinschule angeschlossen und sich nicht mehr in ihrer Nähe blicken lassen.

»Wen wundert’s?«, sagte Zak.

Überrascht wirbelte Kyan herum. Die Hülle seines Delfinleibs schützte seinen menschlichen Oberkörper – solange er nicht an Land ging, musste er sich um seine Verletzungen keine Gedanken machen. Weitaus mehr Sorge bereitete ihm der Umstand, dass er seine Freunde nicht hatte kommen hören. Das Meer war geradezu durchdrungen von den dumpfen Geräuschen der Schiffsmotoren und dem Dröhnen, das die Ölförderung mit sich brachte, und deren Intensität wurde nur noch durch den Lärm übertroffen, den die Explosionen der Gassuchkanonen verursachten, die in den letzten Jahren unaufhörlich zugenommen hatten. Die Verständigung unter den Nixen wurde zunehmend schwieriger, Kyan empfand es mittlerweile als unendlich mühsam, seine kleine Truppe zusammenzuhalten.

Zak und Liam, die sich ihm vom Atlantik her näherten, hatten eine hübsche schlanke Nixe in ihre Mitte genommen. Mit schnellen, geschickten Bewegungen hinderten sie sie daran zu entkommen und trieben sie Kyan entgegen.

»Sie halten zu ihm«, setzte Zak hinzu. »Trotz allem.«

»Idis, ja, weil sie seine geliebte kleine Schwester ist«, knurrte Kyan, während er das rotblonde Geschöpf unter der zarten silbrigen Hülle neugierig in Augenschein nahm. »Aber Kirby? Sie hat keinen Grund.«

»Sie könnte Gordy bestimmt sein«, sagte Liam. »Trotz allem«, betonte er.

Kyan stieß ein unwilliges Grollen aus. Er wollte diesen Namen nicht hören, nicht an den Plonx denken, der vor wenigen Wochen noch zu ihnen gehört und Kyan ebenso als Anführer akzeptiert hatte wie Liam und Zak.

Es bedurfte nur einer einzigen blitzschnellen Bewegung seiner Schwanzflosse und sein Körper glitt unter den der Nixe. Kyan senkte seinen Blick in ihre hellblauen Augen, spürte die kleinen festen Brüste unter ihrer Hülle und presste seinen Unterleib gierig gegen ihren.

Er hätte sie gerne geküsst, so wie Lauren, aber seine Hülle hinderte ihn daran. Sie zwang ihn dazu, sich wie ein Delfin zu verhalten, sich schnell und emotionslos zu paaren. Gefühle brachten sie nur ihren Familien entgegen, ihren Eltern und Geschwistern, und denen, die sie zu ihren Freunden erwählten.

Kyan führte den Akt zu Ende, danach gaben sie die Nixe frei, die eilig unter leisem Fluchen davonstob.

»Es ist nicht das Gleiche, stimmt’s?«, murmelte Liam versonnen.

»Nein, das ist es nicht«, sagte Kyan. »Und es bringt auch keinen Spaß mehr.«

»Warum tun wir es dann noch?« Zak grinste breit.

»Hast du es seit unserem Landgang denn überhaupt noch einmal getan?«, erwiderte Kyan gehässig. »Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern.«

Zaks Grinsen erstarb und die olivfarbene Haut unter seiner schimmernden Delfinhülle erbleichte. Der Umgang mit Kyan war noch nie leicht gewesen. Es gab ganz andere Anführer, in deren Allianzen ein wesentlich brüderlicherer Geist herrschte und die dennoch weitaus schlagkräftiger agierten. Kyan dagegen ging es vor allem um sein persönliches Ansehen und den Erhalt seiner Position. Er kannte die Schwachstellen und wunden Punkte seiner Kameraden ganz genau und ließ kaum eine Gelegenheit aus, darauf herumzuhacken.

»Was meinst du?«, fragte Zak lauernd. »Mit der Kleinen von eben oder den Mädchen von Sark?«

»Du hast weder Joelle angerührt noch die Kleine von eben«, knurrte Kyan. »Genau genommen beteiligst du dich schon lange nicht mehr.«

»Ja.« Zak richtete seinen Blick auf die Korallenpracht unter ihnen.

»Weil es mir nicht mehr geheuer ist. Das eine wie das andere.«

»Du empfindest also etwas für sie … Joelle?«

Zak musste nicht hinsehen, er spürte auch so, dass Kyan diese Möglichkeit überhaupt nicht gefiel, und er überlegte, was er nun antworten sollte.

Ja, er empfand etwas für dieses Menschenmädchen. Und er war sicher, dass es das gleiche Gefühl war, das Kyan und Elliot letztendlich zu ihren mörderischen Taten getrieben hatte. Zak wollte nicht so sein, und er wusste aus einem heimlichen Gespräch mit Liam, dass es ihn ebenso sehr davor grauste. Ein bisschen mehr Unterstützung seitens seines Kameraden wäre also durchaus wünschenswert gewesen, Zak verstand jedoch sehr gut, dass Liam noch zögerte und sich zurückhielt. Kyan war unberechenbar. Jetzt, nach Elliots Tod, umso mehr.

Er würde es nicht dulden, wenn sie ihm Widerstand leisteten oder sich sogar von ihm abwandten.

»Wir werden wieder an Land gehen«, sagte er jetzt und sein Blick wurde dunkel. »Ich spüre es. Wir werden die Mädchen treffen, und wir werden lernen, diesen Drang zu kontrollieren. Und bis dahin, Jungs, machen wir diesem gottverdammten Hai die Hölle heiß.«