8

DER UNSCHÖPFER

Mit scharfem, metallischem Klicken schlossen sich die Handschellen um Dantes Handgelenke. Alte Dämonen, die er nicht einmal zu benennen wusste, reckten ihre hässlichen Häupter. Gedanken wie trockene Wüstenluft brannten in seinem Bewusstsein. Spreng die Handschellen. Lösch sie aus. Alle. Du wirst über den Balkon geflohen sein, ehe ihr Blut aufhört zu fließen. Willstesbrauchstestueswillstesbrauchstes …

Dante senkte mit angespannten Muskeln den Kopf, während er versuchte, nicht auf die Stimmen zu hören.

Durch den Duft von Ginas Blut nahm er einen Hauch von Benzin und verbranntem Fleisch wahr. Er hörte das Knistern von Flammen. Aber nicht hier. Ein andermal. An einem anderen Ort. Ihm lief ein eiskalter Schauder über den Rücken. Vor seinen Augen verschwamm das Zimmer.

»He«, sagte Agent Wallace. »Atmen Sie. Einfach atmen. Ein, aus … ein, aus … los, versuchen Sie es doch.«

Er lauschte der tröstlichen, leisen Stimme der Agentin. Dann tastete er nach Lucien und berührte über ihre Verbindung dessen wartendes Bewusstsein.

Gina ist tot. Stell Kaution, sobald die anderen wieder wach sind.

»Atmen Sie, Dante. Haben Sie Medikamente bei sich?«

Kaution stellen? Kind, warum hast du dich verhaften lassen?

Willesbraucheestueeswillesbraucheesverbrennees …, entwischte es ihm, ehe er seinen Gedanken Einhalt gebieten konnte.

Psst …

Plötzlich breitete sich ein kühlendes Licht in Dantes Bewusstsein aus, vereiste seinen Schmerz und brachte die Stimmen zum Verstummen. Er zuckte zusammen, als Agent Wallace nach seiner Brille fasste und sie sanft herabzog. Er wandte den Kopf ab, denn das helle Morgenlicht vernebelte ihm die Sinne. Sie fasste ihn am Kinn und drehte seinen Kopf so, dass er sie ansehen musste.

»Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?«

»Morphium. Manchmal Opium«, entgegnete er und sah ihr durch seine Wimpern hindurch in die Augen. Dämmerungsblau, dachte er, wenn die Sterne herauskommen.

Sie erwiderte seinen Blick und runzelte die Stirn. Rotes Haar umrahmte ihr Gesicht und kringelte sich an ihren Schläfen. »Hätten Sie nicht wenigstens ein zugelassenes Medikament nennen können?«, flüsterte sie und schob ihm die Sonnenbrille wieder auf die Nase. »Gütiger Himmel.«

Dante zuckte die Achseln. »Sie haben gefragt. Ich lüge nie.«

»Vielleicht sollten Sie das aber manchmal.« Agent Wallace schüttelte den Kopf.

»Führen Sie ihn ab«, sagte Arschloch – LaRousse. »Sperren Sie ihn ein. Er wird garantiert in kürzester Zeit selig schlummern.«

Dante warf einen Blick über die Schulter. Arschloch zwinkerte ihm hasserfüllt zu.

Er weiß, dass ich ein Nachtgeschöpf bin.

»Einen Augenblick.« Agent Wallace zog ihm die Kapuze über den Kopf und stellte sicher, dass sie sein Gesicht bedeckte. »Wir wollen schließlich nicht, dass Sie in Flammen aufgehen oder so«, murmelte sie, und für einen Augenblick zeigte sich auf ihrem Gesicht ein flüchtiges Lächeln.

»Merci beaucoup«, flüsterte er.

Ihre Fürsorge überraschte ihn. Sie brachte ihn sogar fast aus der Fassung. Die Frau verhielt sich nicht wie ein Bulle – jedenfalls nicht ständig –, selbst wenn sie damit beschäftigt war, Nachtgeschöpfe mit Durchsuchungsbefehlen aus dem Schlaf zu reißen. In ihrem Blick lag kein Spott, kein Hohn. Er beobachtete, wie sie sich abwandte und durch das Zimmer zum Bett ging.

Die kühle Morgenluft spielte mit Ginas Haar und ließ den Strumpf, der um ihren Hals geknotet war, ein wenig hin und her wehen. Dante sah sie ein letztes Mal an.

Wir müssen jetzt gehen, Hübscher. Morgen wieder?

Er hatte nicht geantwortet. Jetzt war es ein bisschen zu spät. »Ja«, flüsterte er. »Morgen wieder.«

Er folgte LaRousses Handlanger auf den Flur und die Treppe hinunter. Eis schmolz, und die Schmerzen setzten wieder ein. Schweiß trat auf seine Stirn.

Wir …

Wo war eigentlich Jay?

 

Müdigkeit erfüllte Dante, ein Bedürfnis nach Schlaf, das ihn fast einnicken ließ, obwohl er entschlossen war, wach zu bleiben. Er setzte sich mit angezogenen Knien in eine Ecke der Arrestzelle und döste immer wieder ein, während er den Gesprächen seiner Mithäftlinge lauschte.

»Da sagt also diese Hoodoo-Tante: Pass auf … weißt du …«, erklärte Schweißgeek, der auf einer Bank auf der anderen Seite der Zelle saß, mit einer hohen schrillen Stimme; irgendwie erinnerte er Dante an einen Pingpongball unter dem Einfluss von Aufputschmitteln.

»Halt’s Maul«, knurrte Fiesling, der neben ihm auf der Bank kauerte.

Der besoffene Sumpfbewohner klammerte sich an den Toilettensitz und übergab sich … erneut … er würgte derart heftig, dass er dafür eine Art mitleidsvolles Knurren Fieslings erntete. Schweißgeek würgte ebenfalls, als er das laute Platschen hörte, mit dem die Kotze im Klo landete, und sich ein unangenehm saurer Gestank in der Zelle ausbreitete.

Da man Dante seine Sonnenbrille und das Sweatshirt mit der Kapuze zusammen mit seinem Gürtel und seinem Schmuck abgenommen hatte, war er froh, dass die Zelle kein Fenster hatte, auch wenn etwas frische Luft jetzt ganz gutgetan hätte. Er schloss die Augen, und sein Kopf sackte herab.

Dante riss den Kopf wieder hoch und zwang sich, die Augen zu öffnen. Er blinzelte ins fluoreszierende Licht. Bleib wach!

Schweißgeek redete ungerührt von den Unterbrechungen durch Sumpfbewohner und Fiesling einfach weiter. »Auf den Umformer, den Unschöpfer, sagt sie.«

»Wen interessiert das, du Scheißkerl?«

Eine kleine bräunliche Kakerlake rannte aus einem Spalt in der Wand und eilte auf den Schatten zu, der durch Dantes angewinkelte Knie entstanden war. Er fing das Tier ein und hielt es in der hohlen Hand. Die zarten Beinchen und Fühler strichen über seine Haut.

Konzentrier dich. Komm schon … bleib wach …

Ein schwaches blaues Leuchten zeigte sich zwischen seinen Händen, und trotz seiner Bemühungen schloss er die Augen. Ein Lied lockte ihn: das Lied der Kakerlake, eine ununterbrochene Welle, vom Rhythmus ihrer DNS untermalt. Dante nahm den Rhythmus auf und veränderte die Melodie. Noch immer lockte ihn der Schlaf. Für einen Augenblick döste er ein, und der Rhythmus wurde schwächer, bis ein anderes Lied sein Bewusstsein durchdrang – der chaotische Rhythmus von Alpträumen und Zorn.

Ein Bild tauchte vor seinem inneren Auge auf: ein kleines Mädchen, ein plüschiger Orca – schwarz-weiß-rot gepunktet … tiefrot …

Fort.

Wieder schlich sich Schmerz in Dantes Bewusstsein. Es gab so viel, woran er sich nicht erinnern konnte. Jedesmal, wenn er es versuchte, setzte die Migräne ein und lähmte alles andere.

Dante öffnete die Augen und hielt seine noch immer einen Hohlraum bildenden Hände zwischen seine Stiefel. Blaues Licht fiel auf seine Schnürsenkel und Schnallen und glitzerte auf der harten schwarzen Oberfläche des Wesens, das er nun losließ. Was früher eine Kakerlake gewesen war, hastete nun miauend von seinem Schöpfer davon.

Dante schlug ein-, zweimal mit dem Kopf gegen die Wand. Er hatte alles so verdammt falsch gemacht. Er schloss krampfhaft die Augen. Mit bebenden Händen berührte er seine Schläfen. Schweiß benetzte seine Finger.

»Was zum Teufel ist das?«

»Bäh! Mach es tot!«

Der hämmernde Lärm mehrerer trampelnder Füße erschütterte Dantes Körper von der Wirbelsäule bis in den Schädel. Schmerz flammte wie eine Supernova in ihm auf – weiß, heiß und gewaltig. Der Schlaf knockte ihn aus und stieß ihn hinab in die innere Nacht.

 

»Also … Tod durch Erwürgen?«, fragte Heather.

»Inoffiziell, ja«, entgegnete Adams. »Sicher kann ich das allerdings erst nach der Autopsie sagen.«

Er schob Ginas Leichnam, der mit einem Tuch bedeckt war, wieder in das Kühlfach zurück. Die Klappe schloss sich mit einem lauten Klicken, das im ganzen Raum widerhallte.

Heather bemerkte die Müdigkeit in den Augen des Pathologen, die seine Mundwinkel herabzog. Seine Nackenmuskeln waren verspannt. Der bevorstehende Mardi Gras und ein Serienmörder in der Stadt versprachen eine geschäftige Woche für die Gerichtsmediziner im Big Easy. Sie beneidete Adams nicht um seinen Job.

»Wann werden Sie die Ergebnisse der Spermaproben haben?«, fragte sie und richtete die Aufmerksamkeit auf die rechteckige Stahlklappe, hinter der Gina lag.

Der CCK kommt Dante näher. Warum treibt er Spielchen?

»Wahrscheinlich Mitte der Woche. Ich melde mich bei Ihnen.« Adams’ Stimme klang leise und angespannt, fast wütend.

Heather sah auf. Seine Brauen waren zusammengezogen, und er knirschte mit den Zähnen.

»Was eindeutig entgegenkommender ist, als Sie sich uns gegenüber gezeigt haben«, fügte er hinzu.

»Bitte?« Verärgert musterte sie den Wissenschaftler. Die Bitterkeit in seinem Blick überraschte sie.

»Warum haben Sie uns nicht informiert? Wir hätten eine Warnung ausgeben können. Hier in New Orleans ist ein Serienmörder unterwegs, Agent Wallace«, antwortete er. »Sie wussten das und haben nichts gesagt.«

Heather fühlte sich plötzlich unendlich müde. »Tut mir leid. Aber ich muss erst ganz sicher sein, ehe ich so etwas rausgebe.«

»Erklären Sie ihr das«, sagte Adams und wies mit dem Kopf auf die Kühlwand mit den Leichen. Dann lief er über den gefliesten Boden zur Schwingtür, die noch eine Weile hin und her schwang, nachdem er gegangen war.

Heather stand allein in der Leichenhalle, umgeben von den vielen stummen Toten. Sie legte eine Hand auf die kalte Metallwand, während sie sich dahinter Gina unter dem Tuch vorstellte und sich an Dantes Worte erinnerte: Er hat ihr alles genommen.

Heathers Kehle war wie zugeschnürt. Ja. Alles. Aber wenn sie diesen Bastard erwischte, würde Gina zumindest eine letzte Chance erhalten, noch einmal ihre Stimme zu erheben.

Schwacher Trost.

Nach drei langen Jahren hatte sie nun endlich eine Verbindung zu dem Cross-Country-Killer, und die hieß Dante.

Aber zu welchem Preis?

Sie nahm die Hand von der kalten Metalltür und ging zum Ausgang. Kälte kroch ihr in den Nacken. Sie wollte sich nicht noch einmal umdrehen, ehe sie die Leichenhalle verließ. Nur einen Augenblick lang blieb sie noch draußen im Flur stehen, während die Tür hinter ihr zuschwang.

Vergib mir, Gina.

 

Lucien stand in der Mitte des Wohnzimmers, den Blick zur Decke gerichtet. Die alten Bodendielen knarrten, als ein Fuß sie berührte. Er öffnete die Fäuste. Seine Krallen lösten sich aus seinen Handflächen, und die Wunden begannen sich zu schließen. Er eilte zur Haustür und riss sie auf. Schwächer werdendes graues Licht fiel ins Haus. Der Tag neigte sich bereits dem Ende zu.

Lucien sendete den erwachenden Vampiren im ersten Stock einen Gedanken, ein Bild – die Nachricht vom Mord an Gina und von Dantes Verhaftung. Die Antworten prallten gegen seinen Schild, allesamt überrascht und perplex. Er verschloss sich gegen sie und eilte in den Abend hinaus, der nach Rosen und Regen duftete.

 

Ronin öffnete die Augen. Farben – Orange und Violett – fluteten durch die Vorhänge vor dem Fenster ins Zimmer. Die Sonne sank.

Ein durchdringender Piepton zerriss die Stille und lenkte Ronins Blick auf das Nachttischchen neben seinem Bett. Das Display seines Handys leuchtete gelb auf: eine SMS. Er rollte sich auf die Seite, nahm das Mobiltelefon und klappte es auf. Dann scrollte er zu der SMS hinunter. Sie stammte von seinem Kontakt im Dezernat.

PREJEAN WIRD AUF DEM 8. REVIER FESTGEHALTEN.

Ronin schmunzelte.

 

Ein Geräusch riss Dante aus dem Schlaf. Er öffnete die Augen und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Ein Polizist hämmerte mit seinem Schlagstock gegen die Gitterstäbe der Zelle. Der Stahl vibrierte.

»He, Schneewittchen!«, höhnte der Bulle. »Deine Kaution wurde gestellt.«

»Cool.«

Dante streckte sich, seine Muskeln lockerten sich, dann stand er auf. Er fühlte sich hungrig und blutdurstig. Es war Zeit, endlich wieder zu trinken.

Sumpfbewohner und Fiesling waren schon vor einigen Stunden entlassen worden. Nur Schweißgeek brütete noch mit hochgezogenen Beinen auf der Bank. Er musterte nervös den Boden. »Irgendwo da unten … pass auf …«

»Halt’s Maul, Wilson«, meinte der Bulle kopfschüttelnd. »Hast du deinen Rausch noch immer nicht ausgeschlafen oder was?« Er schloss die Zelle auf.

Schweißgeek – Wilson – sah zu Dante hinüber. Seine Augen weiteten sich. Er schlang die Arme um sich und hielt seinen Oberkörper fest, als könne er sich dadurch kleiner machen – wie ein Gartenzwerg auf einer Stahlbank. »Der Umformer ist da. Der Unschöpfer.«

Dante hielt inne und beobachtete Wilson. »Wovon sprichst du, Mann?«

Die Zellentür ging mit einem lauten Rasseln auf.

Wilson spähte zwischen Armen und Knien hindurch zu Dante hinüber. »Wunderschön.«

»Sieht aus, als hättest du einen Fan, Rockboy«, meinte der Bulle spöttisch.

»Umformer«, wiederholte Wilson.

Kopfschüttelnd trat Dante aus der Zelle. Die Tür schloss sich knallend hinter ihm. Er folgte dem Polizisten den Gang entlang, während Wilsons Worte das Blut in seinen Adern gefrieren ließen.

 

»Wo ist er?« Heather blieb vor LaRousses chaotischem Schreibtisch stehen.

»Jemand hat die Kaution für ihn gestellt«, sagte LaRousse, ohne den Blick von seinem Bildschirm zu wenden oder mit dem Tippen aufzuhören. »Uns blieb nichts anderes übrig, als ihn freizulassen.«

Heather beugte sich über den Schreibtisch und presste die Hand auf die Tastatur. Der Computer gab seltsame Laute von sich. LaRousse sah auf. Seine Augen blitzten wütend. Sie erwiderte seinen Blick und hoffte, dass sie genügend Entschlossenheit hineinlegte.

Das hier ging weiter als der übliche passiv-aggressive Mist, mit dem sie sich sonst auseinandersetzen musste, sobald sie sich in eine laufende Ermittlung einmischte. Es ging sogar weiter als das alltägliche Empörtes-Alphamännchenverweigert-sich-weiblicher-Autorität-Gehabe. Das hier war etwas zwischen ihr und LaRousse – ausschließlich zwischen ihnen.

»Ich wollte eine Aussage von ihm«, sagte Heather. »Sie wussten das.«

»Dann rufen Sie ihn daheim an und vereinbaren Sie ein Treffen.«

»Arschloch.« Heather nahm die Hand vom Keyboard. »Haben Sie sich überhaupt die Mühe gemacht, ihn zu befragen? Er kannte das Opfer.«

In den anderen Arbeitskabinen hörten die Unterhaltungen auf. Auch das Klicken der Keyboards verstummte. Alle schienen zu lauschen.

»Wir haben versucht, eine Aussage von ihm zu bekommen«, antwortete LaRousse, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und legte die Füße auf den Tisch. »Alles, was wir eine geschlagene Stunde lang als Antwort erhielten, war ›Verpisst euch‹.«

»Offenbar so charmant wie Sie«, schnaubte Heather und verschränkte die Arme.

»LaRousse und charmant?«

Sie sah in die Richtung, aus der die Stimme kam, und entdeckte Collins unter der Tür des Mannschaftsraums. In den Händen hielt er je einen Styroporbecher mit Kaffee. Anscheinend war er gerade erst angekommen. Sie nickte ihm zu. »Trent.«

»Agent Wallace wollte gerade gehen«, erklärte LaRousse, nahm die Füße vom Tisch und setzte sich aufrecht hin. Er schaltete seinen Computer aus und sah dann zu Collins. »Es sei denn, du willst, dass dir deine Lieblingsagentin noch etwas Gesellschaft leistet.«

»Wie gesagt – charmant.« Collins schlenderte zu Heather hinüber und trat neben sie. Eine tiefe vertikale Linie zeigte sich auf seiner Stirn – eine Falte, die Heathers Mutter immer die Denkerfalte genannt hatte. »Was gibt es Neues?«

»Ich habe Grund zu der Annahme, dass Dante Prejean das nächste Opfer des CCK ist«, entgegnete Heather.

»Ach ja?«, meinte LaRousse. »Von mir aus kann er Prejean haben.«

»Warum gerade Prejean?«, wollte Collins wissen. Er gab Heather einen der Becher.

Sie nahm den Kaffee dankbar an. Der starke Duft des frisch gebrühten Getränks half ihr, sich wieder besser konzentrieren zu können. »Die letzten beiden Opfer standen in Kontakt mit Prejean, eines davon in intimem. Das erste Opfer war aus Lafayette – wie Prejean.«

Collins nickte. »Ich habe gerade von dem Mord heute Morgen erfahren.«

Heather hielt inne und trank einen Schluck Kaffee. »Der CCK – wenn er es ist – hat Prejeans Anarchiesymbol seiner üblichen Signatur hinzugefügt. Ein Opfer wurde neben dem Club Hell ermordet, das andere sogar im Club selbst. Ich glaube, der Mörder engt seinen Kreis immer mehr ein. Früher oder später wird er sich Prejean aussuchen.«

»Sind Sie sicher, dass es nicht Prejean selbst ist?«, gab LaRousse zu bedenken.

»Ich habe sein Haus zur Zeit der letzten Tat beobachtet«, erklärte Heather. Gina. Sie hieß Gina. Vor ein paar Stunden hat sie noch geatmet.

»Sind Sie ganz sicher, dass er tatsächlich im Haus war?«, fragte LaRousse, ein höhnisches Grinsen auf den Lippen.

»Ja«, antwortete sie ruhig. »Ich habe gesehen, wie er ankam und hineingegangen ist, und er kam erst wieder heraus, als ich mit dem Durchsuchungsbefehl klingelte.«

»Es muss Spaß machen, ihn zu beobachten, Agent Wallace«, meinte LaRousse und lehnte sich wieder breit auf seinem Stuhl zurück. »Einen gut aussehenden Rockstar wie ihn, meine ich.«

»Klingt fast, als wären Sie es, der ein Auge auf ihn geworfen hat – und er ist kein Rockstar«, antwortete Heather. »Er hat Underground-Kultstatus und ist attraktiv. Na und?«

»Gut aussehender Abfall, meinen Sie wohl«, brummte LaRousse. »Der würde ehrliche Arbeit doch nicht mal erkennen, wenn man sie ihm vor die Nase hielte.«

Collins stöhnte auf. »Verschone uns mit deinen Predigten, LaRousse.«

Heather konnte kaum glauben, was sie da hörte. LaRousse war auf Dante eifersüchtig. Ob er ihm den sogenannten Erfolg, das angebliche Geld oder die Groupies missgönnte, ob er Dantes gutes Aussehen oder seine Art von Leben wollte, war im Grunde egal. Das Einzige, was zählte, war die Tatsache, dass er sich weigerte, ein mögliches Opfer zu beschützen und ihm erlaubt hatte zu verschwinden.

Heather spürte ihren Puls in ihren Schläfen. Sie packte eine der Armlehnen von LaRousses Drehstuhl und wirbelte diesen herum, so dass er sie ansehen musste. »Hören Sie mir mal genau zu«, sagte sie. »Falls ihm etwas passiert, werde ich Sie persönlich dafür verantwortlich machen. Verstanden?«

LaRousse blickte sie an. Seine Miene verdüsterte sich vor Zorn und Hass. Nach einem kurzen Moment blickte er weg, die Lippen zu einer schmalen weißen Linie zusammengepresst.

Sie ließ den Stuhl los und wandte LaRousse den Rücken zu. Collins sah sie mit hochgezogenen Brauen an. Jetzt war seine Denkerfalte verschwunden. Er sah sie warnend an. Vorsicht. Ganz dünnes Eis.

»Ich weiß«, flüsterte Heather. »Ich will, dass Sie die Prejeans und die Spurrells in Lafayette kontaktieren und herausfinden, ob die Familien einander kennen.«

»Mach ich – und was haben Sie vor?«

»Prejean finden.«