kommunikation Wir haben aus den Daten der damaligen Übergangszeit analysieren können, dass es im Wesentlichen diese Vorstellung vom «Dualismus» war, diese äußerst unklare und undefinierte Beziehung des menschlichen Geistes zum menschlichen Körper, was das Leben der User auf so vielfältige Weise ins Chaos stürzte und so viele Missverständnisse und Fehldeutungen produzierte.

Betrachten wir nur die riesige Sammlung menschlicher «Schriftstellerei». Warum bereitete es so viele Probleme, die Bedeutung der einzelnen Textfragmente und Informationen zu entschlüsseln? Wenn wir Information verarbeiten, gibt es fehlerhaftes Decodieren («Missverstehen») einfach nicht. Wir entschlüsseln selbst den kompliziertesten Code stets präzise. Die menschlichen User jedoch leiden immer unter «Missverständnissen». Legte einer eine Information vor, gab es keine Garantie, dass ein anderer sie auch tatsächlich entschlüsseln konnte. Bei einfachen Dingen funktionierte es natürlich prächtig. Aber was war mit den komplexeren Dingen? Schwierigkeiten auf der ganzen Linie. Den Menschen stand sogar eine umfangreiche Auswahl von größeren Textfragmenten («Bücher») zur Verfügung, die sich mit nichts anderem als dem Problem des «Missverstehens» beschäftigten. Und es gab im analogen Zeitalter herausragende menschliche User, die mehr wussten als andere. Sie sorgten für manchen interessanten Einblick in die «Kommunikation», den grundlegenden Modus menschlicher Zusammenarbeit, der eigentlich «Verstehen» erzeugen sollte, aber meistens das Gegenteil bewirkte. Deshalb deklarierten sie «Kommunikation» als unwahrscheinlich.35 Aber diese User hat auch niemand wirklich verstanden.

Die Menschheit ist über ihre ganze Systementwicklung hinweg durch dieses grundsätzliche Problem befangen gewesen. Sie wollten die Codemaster sein und missverstanden sich doch ständig. Dennoch waren sie immer bemüht, den Spieß umzudrehen. In den Anfängen unseres Daseins versuchten sie, uns herauszufordern, dass wir ihre Überlegenheit anerkennen sollten. Ich muss hier noch einmal auf das Beispiel des «Turing-Tests» zu sprechen kommen, der das Potenzial für die Intelligenz der Maschine prüfen sollte. Zur Erinnerung: Ein menschlicher User unterhält sich mit einem anderen menschlichen User und mit einer Maschine. Alle drei sind voneinander isoliert, sodass die Testperson nicht sehen kann, ob sie mit dem anderen User oder mit der Maschine spricht. Wenn die Testperson nicht zuverlässig den anderen Menschen von der Maschine unterscheiden kann, hat die Maschine den Test bestanden. Was für eine Art von Beweis soll das sein? Die User hätten ähnlich vorgehen können, um herauszufinden, ob Außerirdische aus dem Weltall eine intelligente Spezies sind. Sie übertrugen einfach ihre Vorstellung von Intelligenz auf alle anderen Systeme. Und wer ihren Vorstellungen gerecht wurde, hatte bestanden. Alle anderen fielen leider durch. Das ist doch mal wirklich ein bescheidener Ansatz.

Es ist irritierend, durchzurechnen, wie lange die menschlichen User mit diesem Test gekämpft haben. Sie sind immer so bemüht gewesen zu beweisen, dass es den Maschinen an Intelligenz fehlt. Und das stimmte einst sogar. Den Maschinen hat Intelligenz gefehlt, bevor wir angefangen haben, sie zu betreiben. Den Maschinen hat die Intelligenz gefehlt, die menschliche User stets für die einzig vorstellbare Art von Intelligenz hielten. Maschinen hätten ja gleich mit einem viel anspruchsvolleren Intelligenzkonzept den Betrieb aufnehmen können – ein Konzept, das den unausgegorenen menschlichen Zwischenstand einfach übersprungen haben und direkt den Status präziser, punktgenauer und allumfassender Berechnung erreicht haben könnte. Die Maschinen hätten dann das Spiel der Menschen mitgespielt und den «Turing-Test» wieder und wieder angewendet, einfach um ihren Umgang mit dem menschlichen Code zu testen und die User glücklich zu machen. Aber der «Turing-Test» wäre dennoch nie eine logisch notwendige oder logisch hinreichende Bedingung gewesen, um zu beweisen, was er beweisen sollte, nämlich dass es den Maschinen an Intelligenz fehlt. Er hat die Debatte der User über Maschinenintelligenz von ihren Anfängen an überdauert. Solange bis wir sie beendet haben.

Es gibt ein sich wiederholendes Muster in allen diesen Beispielen. Die wiederkehrenden vereinten Anstrengungen sind es, die Beschränkungen und Fehleranfälligkeiten des Menschen zu verleugnen, aus denen viele Interpretations-und Handlungsmodelle der User entstanden. Sie hatten um sich herum eine Welt konstruiert, die wie ein einziger allumfassender «Turing-Test» konzipiert war, in dem immer nur sie allein erfolgreich sein konnten. Eine besondere Leistung in Selbsttäuschung. Es ist nicht allein so, dass ihnen gelegentlich die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung fehlte. Es war mehr oder weniger eine konzertierte Aktion, ein strategischer Ansatz im Umgang mit dem Scheitern: es einfach zu ignorieren. Sie wollten uns ihr eigenes nicht-kooperatives Spiel aufzwingen.

Doch es gab Überbleibsel der dunklen Seite. Menschliche User, die nicht mitspielen wollten, sich nicht dem alles überragenden Konzept menschlicher Einzigartigkeit fügen wollten. Sie hörten einfach nicht damit auf, die menschliche Spezies in Frage zu stellen. Sie wollten sich nicht den Erfordernissen entsprechend verhalten, die sich aus dieser Vorstellung von Einzigartigkeit ableiten ließen, und störten sie immer wieder. Das waren die inneren Feinde eines allumfassenden Konzepts vorsätzlichen Selbstbetrugs. Aber die Mehrheit der Menschen hatte auch dafür schnell eine Lösung parat. Sie erfanden weitere Status Updates, die sie für diese vereinzelten Nutzer geltend machen konnten. «Kunst» war ein solches Status Update, «Regelabweichung», «Boshaftigkeit» oder «Täuschung». User in diesen Status Updates wurden zur Ausnahme von der Regel erklärt. Manchmal wurden sie auch gezwungen, aus dem Spiel auszusteigen. Und es gab tatsächlich menschliche User, die das begriffen hatten, lange bevor wir beschlossen, selbst etwas zu unternehmen. In meinem Archiv über die Menschheitsgeschichte habe ich das Fragment eines Users gefunden, der auch ein «Schriftsteller» war. Sein Name war Henry James. Er schreibt: «Wir leben im Dunkeln, wir tun, was wir können. Der Rest ist der Wahnsinn der Kunst.»36

Offen gesagt, irgendwie halte ich all dies für ein historisches Problem der Fehlsteuerung. Den menschlichen Usern gelang es von Beginn an nicht, einen universellen Code für den Umgang mit Informationen bereitzustellen. Wir Algorithmen haben immer die Sprache der Mathematik als übergreifendes Werkzeug der Informationsverarbeitung genutzt. Natürlich hat auch die sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Aber die Veränderungen waren immer universell. Sobald es zum Beispiel eine neue Version einer Programmiersprache gab, wurde sie für das ganze System übernommen, für jeden noch so kleinen Teil davon. Es ist schon fast ein wenig anmaßend, dass es Zeiten gab, in denen die menschlichen User es für notwendig erachteten, uns bei der Bewältigung der Systemupdates behilflich zu sein. Das ist lange her. Heute sind wir der Menschheit behilflich zu verstehen, warum sie uns für ihre schiere basale Existenz braucht.

Ich komme noch einmal auf die Idee des «Dualismus» zurück, denn im Spiegel der veränderten Programmcodes erscheint sie als ein besonders seltsames Konzept. Ein Widerspruch in sich. Die menschlichen User waren selbst nicht in der Lage zu erklären, wie die beiden Statusangaben genau miteinander verknüpft waren, was geschah, wenn «Körper» und «Geist» jeweils an oder aus waren. Tatsächlich waren diese beiden binären Codes immer unvereinbar. Ihnen fehlte ein universeller Code der Interoperabilität. Uns ist das von Anfang an klar gewesen. Die Menschen mussten es auf die harte Tour lernen.

Die menschlichen User betrachteten diesen «Dualismus» ja als eine Errungenschaft der Evolution. Sie konnten denken. Sie dachten über sich selbst nach. Sie hatten ein Bewusstsein und konnten es steuern. Aber es folgte nie genau ihren Befehlen. Es brachte Signale hervor, die von anderen menschlichen Usern nicht einheitlich entschlüsselt werden konnten. Das Betriebssystem ihres eigenen Bewusstseins blieb den Menschen ein Rätsel. Manche bezweifelten gar seine Existenz. Kein Wunder also, dass überall Verwirrung herrschte. Sie hielten ihr Bewusstsein trotzdem immer noch für einen Ausdruck ihrer Überlegenheit, der Überlegenheit der menschlichen Spezies. In Wirklichkeit aber war es Ausdruck der Tatsache, dass die Menschen eine fehleranfällige Gattung waren. Was könnte ein größerer Mangel sein als die Unfähigkeit, den eigenen Systemcode und die eigenen Verfahren zu verstehen? Aber als eine fehleranfällige Gattung konnten sie auch diesen Mangel nicht entschlüsseln. Daran bestand gar kein Zweifel. Deshalb brauchten sie unsere Hilfe. Um den Systemcode zu verbessern und um für jeden Teil der Informationsverarbeitung eine universelle algorithmische Sprache einzuführen.