12

»Ja natürlich. Ich verstehe.« Victor Bishop stand am selben Nachmittag am offenen Kamin seines Arbeitszimmers und führte ein Gespräch auf der gesicherten Leitung seines Dunklen Hafens. Er hatte lange überlegt, ob es klug war, diesen Anruf zu tätigen, aber nur wegen der negativen Folgen, die die schlechten Neuigkeiten, die er zu überbringen hatte, womöglich für ihn haben konnten.

Schließlich war er zu dem Schluss gekommen, dass es in seinem besten Interesse war, sein Bündnis zu erneuern – er musste Dragos seine Loyalität bekunden, damit er nicht wieder unter feindlichen Beschuss geriet.

»Wenn ich weitere Informationen bekomme, können Sie sicher sein, dass ich Sie unverzüglich kontaktieren werde.« Er räusperte sich und verachtete sich dafür, wie unsicher seine Stimme klang. »Und bitte, äh, wenn Sie … dafür sorgen könnten, dass er weiß, dass ich mit diesen unerwarteten Entwicklungen nichts zu tun hatte … Ich habe sein Vertrauen nie missbraucht und stehe ihm selbstverständlich jetzt und in Zukunft loyal zu Diensten.«

Am anderen Ende wurde das lediglich mit einer gemurmelten Abschiedsfloskel quittiert und der Anruf abrupt beendet.

»Verdammt«, fauchte Bishop und nahm das Telefon vom Ohr. Er drehte sich um, fast versucht, das schnurlose Gerät gegen die nächste Wand zu werfen. Da hielt er inne, überrascht zu sehen, dass er nicht allein war.

Regina stand stumm hinter ihm und starrte ihn aus rot geränderten Augen vernichtend an.

»Ich dachte, du wärst noch im Bett«, bemerkte er bewusst barsch, ging an ihr vorbei und stellte das Telefon vorsichtig in seine Basisstation auf dem Schreibtisch zurück. »Du siehst müde aus, Liebes. Vielleicht solltest du dich noch eine Weile erholen.«

Sie war sofort zu Bett gegangen, nachdem Corinne und der Krieger aus Boston den Dunklen Hafen verlassen hatten. In den Stunden, die seither vergangen waren, hatte er nicht versucht, mit ihr zu reden; er wusste, dass sein Geständnis letzte Nacht eine Kluft zwischen ihnen aufgerissen hatte, die sich nicht wieder überbrücken ließ. Nicht einmal seine Blutsverbindung mit Regina konnte retten, was jetzt zwischen ihnen zerbrochen war. Sie waren durch Blut und Schwur miteinander verbunden, aber ihr Vertrauen und ihre Liebe würden ihm nie wieder wirklich gehören.

Er musste zugeben, dass ein Teil von ihm erleichtert war. Die Lüge war ihm so lange eine Last gewesen, es hatte ihn ungemein strapaziert, die Maske des fassungslosen, trauernden Vaters aufrechtzuerhalten, wo doch seine instinktive Verbindung zu Regina ihn jederzeit verraten konnte. Es fühlte sich gut an, dass nun endlich alles offengelegt war. Befreiend, auch wenn sich jetzt Reginas Verachtung in ihn einbrannte wie ätzende Säure.

Sie strömte in ihn hinein, durch ihren anklagenden Blick und das wilde Dröhnen ihres Pulses, das in seinen eigenen Adern widerhallte.

»Mit wem hast du gesprochen, Victor?«

»Es war nichts Wichtiges«, antwortete er und warf ihr aus schmalen Augen einen Blick zu, der sie zum Schweigen bringen sollte.

Sie ging einen Schritt auf ihn zu, die Hände an ihren Seiten zu Fäusten geballt. »Du lügst mich wieder an. Oder vielmehr immer noch. Es macht mich krank, wie lange du mich angelogen hast.«

Wut loderte in ihm auf. »Geh zurück in dein Bett, Liebes. Du bist sichtlich überreizt, und ich möchte nicht, dass du Dinge sagst, die du später bereust.«

»Ich bereue alles«, sagte sie und sah ihn mit einem gequälten Stirnrunzeln an. »Wie konntest du das alles nur tun, Victor? Wie konntest du mit dir leben nach allem, was du Corinne angetan hast?«

»Was dir offenbar nicht in den Kopf will«, knurrte er, »ist, dass ich das alles für uns getan habe. Für unseren Sohn. Als Nächstes hätte Starkn sich nämlich Sebastian genommen. Ich konnte doch unseren Jungen, unser Fleisch und Blut, nicht in Gefahr bringen …«

Regina starrte ihn mit offenem Mund an, als hätte er sie geschlagen. »Corinne war auch unser Kind, Victor. Sie und Lottie waren genauso unsere Kinder wie Sebastian. Wir haben sie bei uns aufgenommen und geliebt wie unsere leiblichen Kinder.«

»Du vielleicht, ich nicht!«, fuhr er sie an und ließ die Faust auf den Tisch hinabsausen. Er spürte hilflose Wut beim Gedanken an Sebastian, den sensiblen, viel zu grüblerischen Jungen, seine vielversprechenden Sohn, dem die Welt hätte zu Füßen liegen sollen. Der all das und noch mehr gehabt hätte, wenn er sie nicht alle so sorgfältig in das Netz seiner Täuschungen eingesponnen hätte.

Nicht sorgfältig genug, dachte er jetzt.

Es war dieses Netz, in dem Sebastian sich schließlich verfangen und zuerst seine Persönlichkeit und dann seine Zukunft verloren hatte.

»Es ist nicht mehr von Belang«, murmelte Bishop seiner sichtlich aufgebrachten Stammesgefährtin zu. »Getan ist getan. Es war sowieso alles umsonst. Wir haben Sebastian verloren, trotz allem, was ich getan habe, um ihn zu schützen.«

Regina starrte ihn mit einem wissenden Blick an. »Er war nie wieder ganz der Alte, nachdem Corinne verschwunden ist«, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Victor. »Ich erinnere mich daran, wie in sich gekehrt Basti wenig später wurde und wie er sich in diesen letzten Wochen von uns zurückgezogen hat … bevor die Blutgier ihn nahm.«

Bishop hasste es, dass sie ihn daran erinnerte. Er wollte nicht an den Augenblick zurückdenken, als ihm die schreckliche Erkenntnis kam, dass sein eigener Sohn zum Rogue mutierte – verloren an seinen Durst, seine Sucht nach Blut, das doch der Stoff war, der dem ganzen Stamm Leben, Kraft und Macht verlieh. Basti war schwach gewesen, aber endgültig in den Abgrund getrieben hatte ihn nicht seine Abhängigkeit, sondern sein eigener Vater.

Selbst ohne Blutsverbindung hätte Regina ihm seine Schuldgefühle angesehen. »Was ist passiert, Victor? Du hast auch Sebastian verraten, nicht wahr?«

Bishop biss die Backenzähne zusammen, wütend, dass sie ihn zwang, sich wieder an den schlimmsten Augenblick seines Lebens zu erinnern. Den zweitschlimmsten – nichts konnte den Tag überbieten, an dem Sebastian betrunken von einem blutigen Amoklauf zurückgekommen war, sich eines von Victors eigenen Gewehren genommen und abgedrückt hatte.

»Er hat es herausgefunden, nicht wahr?«, drängte sie. »Du hast uns alle zum Narren gehalten, aber ihn nicht. Er ist irgendwie dahintergekommen, was du getan hast.«

»Halt den Mund«, knurrte Bishop, als die unwillkommenen Erinnerungen auf ihn einströmten.

Sebastian und sein Sinn für Organisation und Ordnung. Wie stolz er auf den Waffenschrank aus Mahagoni gewesen war, den er eigenhändig geschreinert hatte, als Geschenk für seinen Vater. Er hatte es als Überraschung geplant und begonnen, Victors geliebte antike Waffensammlung aus ihrem alten Schrank in den wunderschönen neuen zu räumen. Da hatte er das Geheimfach auf dem Boden entdeckt.

Das Victors finsterste Geheimnisse enthalten hatte.

Sebastian hatte von der Hure erfahren, die er hatte töten lassen, damit alle dachten, dass Corinne tot war. Da waren die Schneiderrechnungen für ein hastig angefertigtes Kleid nach Victors genauen Vorgaben. Die Notiz eines befreundeten Juweliers in der Innenstadt mit der Skizze einer Halskette, die er bestellt hatte und die genauso aussehen sollte wie die, die Corinne in der Nacht ihres Verschwindens getragen hatte.

Es war dumm gewesen, diese Andenken aufzubewahren, er hätte sie längst verbrennen sollen, genau wie er jede Hoffnung begraben hatte, Corinne jemals wiederzusehen.

Sebastian war über seine Entdeckung entsetzt gewesen, aber er hatte geschwiegen. Denn Victor hatte ihm verboten, von der Angelegenheit zu reden, hatte ihm sogar gedroht. Er hatte Sebastian gesagt, wenn er das alles öffentlich mache, riskiere er den Tod der ganzen Familie.

Und unter der Last dieses schrecklichen Geheimnisses war Sebastian schließlich zusammengebrochen.

»Du warst es«, sagte Regina mit hölzerner Stimme. »Du bist schuld an dem, was unserem Sohn geschehen ist. Mein Gott … du hast ihn dazu getrieben. In die Blutgier und dazu, sich in diesem Zimmer eine Kugel in den Kopf zu jagen.«

Bishop explodierte vor Wut. »Halt den Mund, habe ich gesagt!«

Regina zuckte angesichts der Schärfe seiner Stimme zusammen, aber sie wich nicht zurück. Mit zu Fäusten geballten Händen, die Knöchel weiß vor Wut, kam sie auf ihn zu. »Du hast Sebastians Leben zerstört genau wie Corinnes, aber das genügt dir offenbar noch nicht. Du würdest sie immer noch verraten.« Sie sah zum Telefon hinüber, das jetzt wieder in seiner Basisstation ruhte. »Das hast du, nicht? Der Anruf eben … es ging dir darum, deinen eigenen Hals zu retten, selbst wenn das nur auf ihre Kosten möglich ist. So kann ich nicht leben, nicht mit dir. Du bist ein Feigling, Victor. Du widerst mich an.«

Er streckte die Hand über den Tisch und schlug sie mit der Faust so hart ins Gesicht, dass sie zu Boden fiel. Dann kam er um den Schreibtisch herum und starrte auf sie herunter. Er kochte vor Wut, seine Fänge füllten seinen Mund aus, doch sie hatte keine Angst vor ihm. Sie hob den Kopf und starrte ihm in die Augen, zuckte nicht einmal zusammen beim Anblick seiner transformierten Iriskreise, die ihr Gesicht in einen bernsteinfarbenen Schein tauchten. Ihre Zunge tastete nach dem kleinen Riss in ihrem Mundwinkel, aus dem Blut auf ihr Kinn sickerte.

»Hast du auch nur die leiseste Ahnung, was man ihr all die Jahre angetan hat?«, fragte sie anklagend. »Sie wurde vergewaltigt, Victor. Geschlagen und gefoltert. Man hat Experimente mit ihr angestellt wie mit einem Versuchstier. Sie hat in diesem Gefängnis ein Baby bekommen. Jawohl, Corinne hat einen Sohn. Man hat ihn ihr weggenommen, und sie hat gedacht, du würdest ihr helfen, ihn zu finden, ihn zurückzubringen. Alles, was sie wollte, war, dass wir alle wieder eine Familie sind, zusammen mit ihrem Kind.«

Bishop hörte ungerührt zu. Nicht einmal Reginas Tränen, die ihr jetzt die Wangen hinunterliefen, konnten zu ihm durchdringen. Er steckte schon zu lange und zu tief in der Sache drin; statt Zeit mit Mitleid oder Reue über Dinge zu verschwenden, die er nicht ändern konnte, überlegte er bereits, wie er diese Situation zu seinem Vorteil verwenden konnte, um die Gunst von Gerard Starkn zu gewinnen – oder Dragos, wie der mächtige Mann sich heutzutage nannte.

Schweigend sah er Regina beim Aufstehen zu, ohne ihr zu helfen. Sie verachtete ihn; er spürte es daran, wie ihr Blut kochte.

»Ich will, dass du gehst, Victor. Ich will, dass du diesen Dunklen Hafen heute Abend für immer verlässt.«

Das war eine so lächerliche Forderung, dass er laut herauslachte. »Du erwartest, dass ich mein eigenes Haus verlasse?«

»Das wirst du«, antwortete sie, so standhaft, wie er sie nie gesehen hatte. »Denn wenn du es nicht tust, werde ich deine korrupten Machenschaften dem ganzen Stamm enthüllen. Ich werde euch enttarnen – dich, Gerard Starkn, Henry Vachon … euch alle.«

Trotzig drehte sie sich um und ging auf die offene Tür des Arbeitszimmers zu. Doch er ließ sie nicht so weit kommen.

Innerhalb eines Sekundenbruchteils war er von der Raummitte zu ihr gerast und verstellte ihr den Weg ins Foyer.

Er packte sie wild an den Oberarmen und sprach durch zusammengebissene Zähne: »Du wirst gar nichts dergleichen tun, meine Liebe. Du wirst vielmehr darauf achten, in welchem Ton du mit deinem Gefährten redest, wenn du weißt, was gut für dich ist.«

Ihre Augen wurden ein wenig größer, und er sah, wie sich beim Schlucken ihr Hals bewegte. Bis sie ihm antwortete, hatte er es für Angst gehalten. »Oder was?«, fragte sie, viel kühner, als ihm lieb war. »Oder was willst du tun, Victor? Willst du mich töten?«

Obwohl es sehr selten vorkam, besonders in diesen modernen, zivilisierten Zeiten, wäre er nicht der erste Stammesvampir, der die Kontrolle über die wildere Seite seiner Natur verlor und seine Gefährtin tötete.

Als er Regina jetzt ansah, erkannte er, wie viel leichter es für ihn ohne sie sein würde. Sie würde seine Sünden mit ins Grab nehmen. Und wenn Corinne, was auch immer aus ihr wurde, jemals auf die Idee kam, sich ihm in den Weg zu stellen, würde er sie ohne Gewissensbisse zerquetschen wie eine Laus. Sie bedeutete ihm nichts mehr, noch weniger als damals in der Nacht, als Gerard Starkn sie ihm gestohlen hatte.

Unwillkürlich packte Bishop seine Stammesgefährtin fester. Sie runzelte die Stirn, ihr hübsches Gesicht verzog sich vor Schmerz. »Du tust mir weh«, beschwerte sie sich und warf einen nervösen Blick über seine Schulter, als hielte sie nach Hilfe Ausschau.

Jetzt kochte er vor Wut, und ihm kam die kalte Erkenntnis, dass nicht nur ihr Vertrauen in ihn zerstört war, sondern auch seines zu ihr. »Es war sehr dumm von dir, mir zu drohen, Regina. Mit deiner Verachtung hätte ich vielleicht leben können, aber wie du so zutreffend bemerkt hast, bist du zu einer Gefahr für meinen Lebensstil geworden. Du bist ein Risiko, das ich mir nicht leisten kann …«

Das leise Klicken einer Kugel ertönte, die in die Kammer geladen wurde. Kaltes Metall drückte sich gegen seine rechte Schläfe. Victor erschrak.

»Lassen Sie sie los, Sir. Sofort.«

Mason.

Er brauchte nicht hinzusehen, er kannte die tiefe, ruhige Stimme eines seiner dienstältesten Wächter. Und er hatte den Mann oft genug in Aktion gesehen und wusste, dass er sich in einer äußerst brenzligen Lage befand. Mason war rechtschaffen bis zum Gehtnichtmehr und würde im Kampf nicht nachgeben, bevor er seinen Gegner getötet hatte. Und besonders, wenn es darum ging, die schöne Regina zu verteidigen. Bishop vermutete schon lange, dass Mason insgeheim mehr in ihr sah als nur die Dame des Hauses. Er würde sie mit seinem Leben verteidigen, da machte Bishop sich nichts vor.

Was bedeutete, dass er sich die Hände schmutzig machen und sie beide auf dem Gewissen haben würde, sobald dieser Tag um war.

Egal, dachte Bishop. Gnade kannte er nicht mehr.

Er würde tun, was nötig war, um sein zukünftiges Leben in weniger komplizierte Bahnen zu lenken.

»Ich habe gesagt, Sie sollen sie loslassen.« Mason stieß die kalte Mündung seiner Pistole mit Nachdruck gegen Bishops Schläfe.

Bishop gehorchte dem knappen Befehl und ließ Regina los, aber nur, um den Wächter im Glauben zu lassen, dass er die Situation unter Kontrolle hatte. Sobald er spürte, dass Mason den Finger am Abzug wieder entspannte, stürzte sich Bishop mit gebleckten Fängen auf ihn.

Regina schrie auf, als er Mason die Waffe aus der Hand schlug, und floh aus dem Arbeitszimmer, als die Pistole klappernd auf den Boden des Foyers aufschlug.

Bishop sprang seinen Wächter an. Sie waren ebenbürtige Partner, Bishop im Vorteil wegen seiner wilden Entschlossenheit und seiner rasenden Wut, die ihm in Kopf und Adern dröhnte. Mit dem Aufbrüllen eines Wahnsinnigen packte er Mason am Kragen und warf ihn mit aller Kraft gegen die gegenüberliegende Wand des Arbeitszimmers. Er gab dem Wächter keine Sekunde, um zu reagieren, sondern sprang ihn gleich an und rammte ihm den Absatz seines italienischen Slippers in die Hoden. Der Vampir brüllte vor Schmerzen auf, seine Augen wurden zu glühenden Kohlen, und seine Fänge schossen ihm aus dem Zahnfleisch.

Bishop kicherte. Er merkte, dass er es genoss, dem anderen Mann Schmerzen zuzufügen. Er würde Mason langsam töten und Regina dann mit bloßen Händen erwürgen.

Während ihm dieser Gedanke durch den Kopf schoss, registrierte er eine schnelle Bewegung im Foyer.

Regina war zurückgekommen, sie war gar nicht weit gegangen. Und was sie da in beiden Händen hielt, war Masons Pistole.

Bishop warf den Kopf herum und sah sie scharf an – gerade als das metallische Klicken des Hahns ertönte und sie abdrückte. Die Kugel kam in einer kleinen Rauchwolke auf ihn zu. Er sprang im allerletzten Moment aus der Schusslinie, und hinter ihm explodierte die Glastür in einem Scherbenregen. Durch das Loch in den dicken Vorhängen drang nachmittägliches Sonnenlicht herein und brachte eisige Dezemberkälte mit.

Bishop schnaubte höhnisch und wollte sich schon über die zitternden Hände und die lausige Treffsicherheit seiner Stammesgefährtin lustig machen.

Aber dann feuerte sie wieder. Sie feuerte wieder und wieder auf ihn, und dieses Mal hatte er keine Chance, dem Kugelhagel auszuweichen. Sie feuerte, bis sie das ganze Magazin auf ihn verschossen hatte.

Er stolperte zurück und sah auf seine Brust herab, aus der ein roter Blutstrom drang. Er konnte ihn nicht stillen, konnte nur in fassungsloser Verblüffung auf das höllische Gemetzel starren. Er spürte, wie sich sein Herz anstrengen musste, um seinen Rhythmus beizubehalten, bei jedem Atemzug schlugen sich eiserne Klauen in seine Brust. Ihm knickten die Beine weg.

Und jetzt war Mason auf den Füßen und stand vor ihm, und sein hünenhafter Körper strahlte Feindseligkeit aus wie eine dunkle Gewitterwolke.

Bishop wusste, dass sein Ende gekommen war.

Die Kugeln allein würden ihn nicht töten, aber sie hatten ihn bitter benötigte Kraft gekostet. Seine Lungen waren perforiert, auch sein Herz. Aber er klammerte sich an seine Wut – das Einzige, was er in seinem letzten Augenblick noch hatte.

Mit einem Aufbrüllen, das ihn von innen heraus zu zerreißen schien, versuchte Victor Bishop sich auf seine Stammesgefährtin zu stürzen.

Masons unnachgiebige Hände hielten ihn auf, packten ihn und hoben ihn vom Boden hoch. Und dann flog er auch schon hinterrücks in die hohe Glastür, die sich auf den Rasen seines Anwesens hin öffnete. Sein Körper krachte durch Vorhänge und Glas und blieb zerschmettert und blutend auf dem gefrorenen Boden liegen.

Er starrte in den Himmel auf, unfähig, sich zu rühren. Unfähig, sich vor dem langsamen, qualvollen Tod zu retten, der ihn erwartete, während er staunend in das strahlende, gnadenlose Sonnenlicht aufblinzelte.