7
Intervention
»Jen!« Sophies Stimme riss mich aus meinem Traum.
Jedenfalls hoffte ich inständig, dass es nur ein Traum war.
Zum dritten Mal sah ich blinzelnd auf den Zettel in
meiner Hand. Es war kein Traum. Da stand mein Codename, schwarz auf
weiß. Und darunter meine geschäftliche Telefonnummer. Die Geister,
die ich rief. Von der eigenen Marketingstrategie ausgetrickst. Das
Ganze war so surreal, dass ich mir gar nicht erst die Mühe machte,
es nachzuvollziehen.
Ich wusste nur eines: Ich musste Sophie
aufhalten.
»Hast du noch alle Tassen im Schrank? Du willst
doch hoffentlich nicht ernsthaft da anrufen, oder?«, stieß ich
gepresst hervor.
»Du weißt doch überhaupt nicht, was diese Ashlyn
genau macht. Meine Kollegin meinte, ihre Dienste seien von
unschätzbarem Wert.«
Ich schnaubte. »Ich kann mir nur zu gut vorstellen,
was das für Dienste sind.« Kaum hatte ich
es ausgesprochen, schämte ich mich für den Verrat an mir
selbst.
Sophie nahm mir den Zettel aus der Hand und
studierte ihn.
»Sie ist wohl so eine Art verdeckte
Ermittlerin.«
Geistesabwesend fuhr sie mit den Fingern über das
Papier. »Ashlyn«, las sie. »Hübscher Name.«
Es lief mir eiskalt über den Rücken, als ich ihn
nun ausgerechnet aus Sophies Mund hörte.
»Angeblich ist sie sehr gut im...«
Ich riss ihr den Zettel aus der Hand und zerknüllte
ihn. »Du bist doch verrückt!«
»Hey!«, protestierte sie und griff danach.
Vergeblich. Es kam mir vor, als wären wir zwei Fünfjährige, die
sich um die letzte Leckerei aus Omas Süßigkeitenvorrat zankten.
»Was soll denn das?«, rief sie und sah mich an, als wäre ich verrückt. Womit sie in diesem Augenblick gar
nicht so unrecht hatte.
Mein Puls raste, mein Körper schaltete auf
Panik-Modus. Gehetzt sah ich mich um. Da, ein Mülleimer! Ich machte
einen großen Schritt darauf zu und pfefferte das Papierknäuel in
die kleine schwarze Tonne. »Ich bewahre dich davor, etwas zu tun,
das du noch bereuen wirst.«
Sophie stemmte erbost die Hände in die Hüften.
»Ach, ja? Glaubst du nicht, ich könnte es vielmehr bereuen, wenn
ich jemanden heirate, der mich womöglich eines Tages
betrügt?«
Bei ihren Worten gefror mir das Blut zu Eis. Als
hätte mich jemand in einen Kühlraum gesperrt. Genau aus diesem
Grund hatte ich meinen Beruf ergriffen – um zu verhindern, dass
jemand eine derartige Entscheidung bereut. Um Antworten zu liefern
für die, die sie hören wollten... die sie dringend benötigten.
Frauen wie Sophie.
Nur, dass diese Frauen nicht Sophie waren. Sie waren namenlos, praktisch
gesichtslos. Leicht zu vergessen.
Jedenfalls die meisten.
Ich durfte nicht zulassen, dass meine beste
Freundin durchmachte, was so viele andere Frauen meinetwegen
durchgemacht hatten. Auf keinen Fall. Außerdem war Eric nicht der
Typ Mann, der zu Seitensprüngen neigte, da war ich fast
hundertprozentig sicher. Zugegeben, ich kannte ihn noch gar nicht,
aber ich verfügte diesbezüglich über eine Art sechsten Sinn. Selbst
aus dieser Entfernung.
Ich hatte übermenschliche Fähigkeiten, verdammt
noch mal!
Okay, es gab noch einen weiteren Grund, warum ich
diesen Zettel weggeworfen hatte, auch wenn ich es mir nicht
eingestehen wollte. Einen äußerst egoistischen Grund.
Sophie durfte nicht hinter mein Geheimnis
kommen.
Niemals.
Ich musste es bewahren, und im Augenblick war mir
zu diesem Zweck nichts Besseres eingefallen, als diesen dämlichen
Zettel wegzuwerfen.
»Miss!«, ertönte eine Stimme zu meiner Linken. Der
Mann vom Parkservice deutete auf meinen Range Rover. »Ihr Auto ist
hier.« Er klang bereits leicht verärgert.
»Moment noch!«, bellte ich ihn an, sodass er den
Kopf einzog und einen Schritt zurückwich.
Sophie warf mir einen besorgten Blick zu. »Jen, was
ist bloß in dich gefahren?«
Sofort biss ich mir auf die Lippe und setzte ein
Lächeln auf. »Was meinst du?«, fragte ich unschuldig, wohlwissend,
dass ich damit niemanden täuschen konnte.
»Erst reagierst du nicht auf meine Eröffnung, dass
ich verlobt bin, dann flippst du total aus, weil ich sicherstellen
will, dass ich Eric auch wirklich vertrauen kann, ehe ich ihn
heirate, und jetzt machst du auch noch völlig grundlos den armen,
unschuldigen Mann vom Parkservice zur Schnecke. Ich erkenne dich
gar nicht wieder.«
Sie hatte recht. Ich erkannte mich selbst nicht wieder. Und ich hatte keinen blassen
Schimmer, wer diese Frau war, in deren Haut ich steckte. Ich holte
tief Luft. »Entschuldige. Ich
stehe beruflich zurzeit ziemlich unter Druck«, schwindelte ich
rasch. Wie so oft musste wieder einmal die Ausrede mit der Arbeit
herhalten, um die Situation zu retten. »Hör mal, können wir das auf
ein andermal vertagen? Das war einfach zu viel auf einmal für mich.
Gib mir etwas Zeit, um alles zu verarbeiten.«
»Okay...«, sagte sie unsicher.
»Aber versprich mir, dass du nichts unternehmen und
niemanden anrufen wirst, ehe wir diese Angelegenheit besprochen
haben.«
Sophie ließ den Kopf hängen und spielte mit ihrem
Parkschein.
»Versprich es mir!«
»Also gut, versprochen.«
Es herrschte einen Moment betretenes Schweigen.
Dann hatte ich mich wieder gefangen. »Hey, was hältst du davon,
wenn wir uns heute Abend auf ein paar Cocktails treffen und deine
Verlobung feiern!«
Die Erwähnung ihrer Verlobung heiterte sie auf der
Stelle auf. »Super Idee! Ich bin dabei!« Sie strahlte.
»Großartig!«, rief ich, um einen möglichst
enthusiastischen Tonfall bemüht. »Bring Eric doch auch mit! Dann
lern ich...«
Schon machte sie wieder ein Gesicht wie drei Tage
Regenwetter. »Er ist vorhin nach Chicago zurückgeflogen. Er muss
dieses Wochenende tatsächlich
arbeiten.«
»Oh.«
»Dafür soll ich ihn in einer Woche besuchen«, fügte
sie hinzu.
Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Na,
also.«
Sie nickte. »Aber wir
können uns ja trotzdem treffen.«
»Unbedingt. Ich geb auf dem Heimweg Zoë und John
Bescheid.«
Doch auf dem Heimweg hatte ich ganz andere Sorgen.
In meinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, schneller als
ein Wirbelsturm und fast genauso destruktiv. Da hatte ich ja gerade
noch eine Katastrophe abwenden können... zumindest vorerst.
Wie zum Teufel sollte ich Sophie von ihrem Vorhaben
abbringen? Sollte ich es überhaupt versuchen?
Ein ums andere Mal ging mir mein Gespräch mit Roger
Ireland von vor ein paar Tagen durch den Kopf. Immer wieder hörte
ich mich selbst sagen: »Es ist immer klüger,
den Treuetest vor der Heirat durchzuführen. Auf diese Weise hätten
sich viele meiner Klienten eine Menge Kummer erspart.«
Sophie tat genau das, was ich ihr geraten hätte,
wenn sie … eben nicht Sophie gewesen wäre.
Was sollte ich nur machen? Ich hatte drei
Möglichkeiten.
Erstens: Ich konnte sie einweihen. Das ist mein Job. Das ist meine Telefonnummer da auf dem
Zettel, und Ashlyn ist mein Codename. Ich führe ein
Doppelleben. Auf diese Weise müsste ich nicht mit ansehen, wie
Sophie die mit einem Treuetest verbundenen seelischen Qualen
durchmacht. Sie würde doch sicher nicht wollen, dass ich Eric auf die Probe stellte. Nein,
ausgeschlossen.
Aber war ich schon bereit, sie einzuweihen? Würde
sie es verstehen? Würde sie mir verzeihen, dass ich mein Geheimnis
über zwei Jahre lang für mich behalten hatte? Und musste ich es
dann auch Zoë und John verraten?
Schon bei der Vorstellung wurde mir flau.
Okay, Option zwei: Ich konnte versuchen, es ihr
auszureden. Du kannst Eric vertrauen. Er würde
dich niemals hintergehen. Die ganze Sache ist total
lächerlich!
Das klang attraktiver als Option eins, würde
allerdings weitere Lügen erfordern. Und zwar nicht nur ein paar
harmlose wie »Ich bin in Boston wegen eines millionenschweren
Deals, bei dem die Investoren gerade einen Rückzieher gemacht
haben.« Oh, nein. Da müsste ich schon schwerere Geschütze
auffahren. Lügen, die alles in Frage stellen würden, woran ich
glaube. Alles, wofür ich stehe.
Und wer garantierte mir, dass sich Sophie überhaupt
davon abbringen lassen würde? Niemand weiß besser als ich, dass man
Vertrauen nicht von außen erzwingen kann. Vertrauen muss von innen
kommen. Und im Endeffekt greifen die meisten dann doch auf jemanden
wie mich zurück.
Blieb also noch die dritte Möglichkeit.
Vorausgesetzt, mir fiel noch eine dritte ein. Bis jetzt
Fehlanzeige. Tja, das war’s dann wohl mit Option drei.
Als ich zu Hause ankam, hatte ich mich zu einem
Entschluss durchgerungen. Ich hatte zwar den Zettel weggeworfen,
aber wenn sich Sophie meine Nummer schon einmal verschafft hatte,
dann konnte sie es wieder tun.
Also musste ich ihr zuvorkommen. Ihr alles erklären
und zu Gott beten, dass sie mich verstand.
Heute Abend war die Gelegenheit dafür.
Ich rief Zoë und John an und bat sie, sich um zehn
in unserer Lieblingsbar einzufinden. Anschließend informierte ich
Sophie, bestellte sie allerdings schon eine Stunde eher hin. Das
sollte reichen. Hey, wenn ich dem vierzig Jahre alten Boss einer
Motorenfabrik einreden konnte, ich wüsste, wie eine Zündkerze
funktioniert, dann sollte ich meine beste Freundin doch wohl mit
links von meiner Geschäftsidee überzeugen können.
Mit Betonung auf »sollte«.
Sophie und ich suchten uns ein ruhiges Plätzchen
in Jayes Martini Lounge, einer Nobelbar in Brentwood, die wir zu
unserem neuen Stammlokal auserkoren hatten, nachdem Zoë beanstandet
hatte, unserer altes würde sich zusehends zu
einem Tummelplatz für NBVs (notgeile besoffene
Verbindungsstudenten) entwickeln. Das Jayes bot außerdem eine weit
größere Auswahl an klebrig-süßen mädchenhaften Martini-Cocktails,
bei denen James Bond garantiert verächtlich die Nase gerümpft
hätte.
Sophie setzte sich, warf verwundert einen Blick auf
die Uhr und einen zweiten in Richtung Eingang. »Seltsam, dass Zoë
und John noch nicht hier sind.«
»Äh, ich habe sie erst für zehn herbestellt«,
gestand ich, während ich gegenüber Platz nahm. »Ich wollte noch
etwas mit dir bereden.«
Sophie legte ihre kleine limettengrüne Handtasche
auf den Platz neben sich und stellte ihr Glas ab, so dass es exakt
mittig vor ihr auf dem Tisch stand. Dann sah sie mich
erwartungsvoll an. Als ahnte sie bereits, was ich auf dem Herzen
hatte.
»Was denn?«
»Es geht um die Sache von heute Vormittag. Die
Nummer, die du mir gezeigt hast.«
Sie nickte. »Und die du in den Mülleimer geworfen
hast.«
Ich lächelte. »Genau die.«
»Was ist damit?«
»Also...« Ich schluckte. Okay, Augen zu und durch.
»Es gibt da etwas, das du wissen musst. Über mich.«
Sophie lachte laut, prustete förmlich. »Jen, wir
kennen uns seit unserem achten Lebensjahr. Ich weiß alles über dich.«
Ich krümmte mich innerlich. Ihre Worte machten mir
die geplante Enthüllung nicht unbedingt leichter.
»Nun, nicht ganz alles«,
entgegnete ich.
Das saß. Als sie meine ernste Miene sah, beugte sie
sich gespannt über den Tisch.
»Du kennst doch mein besonderes... Talent.«
»Die Mannalyse, meinst du?« Den Ausdruck hatten sie
und Zoë sich ausgedacht, damals, als wir meine Gabe, Angehörige
des anderen Geschlechts korrekt einzuschätzen, entdeckt hatten.
Heute Abend kam sie mir allerdings eher wie ein Fluch vor.
»Genau.« Ich holte tief Luft. »Also, in letzter
Zeit habe ich davon... sagen wir mal... verstärkt Gebrauch gemacht.
Es ist inzwischen weit mehr als bloß ein Partygag. Es ist... nun,
ja... quasi Präzisionsarbeit.«
Oh, Gott. Ich hörte mich ja an wie diese verrückten
Wahrsager am Venice Beach, die es auf leichtgläubige Touristen
abgesehen haben. Erbärmlich.
Sophie legte die Stirn in Falten. »Was soll das
heißen?«
Ich suchte vergeblich nach den richtigen Worten. Es
schien sie einfach nicht zu geben. Meine Muttersprache war nicht
dafür konzipiert, der besten Freundin ein solches Geheimnis
anzuvertrauen. »Ach, verdammt«, sagte ich schließlich. »Ich weiß
einfach mit hundertprozentiger Sicherheit, dass Eric dich nicht
betrügen wird, und damit basta.«
Stöhn. Ich sah sie lauernd an. Hatte ich sie
überzeugt? Sie starrte auf ihren Orange-Dream-Martini, tupfte mit
dem Finger auf die schaumige Oberfläche.
Da sie schwieg, hatte ich das Gefühl, umso mehr
reden zu müssen. Viel mehr. »Vertrau mir einfach. Wie gesagt, ich
irre mich so gut wie nie, und das weißt du auch. Deshalb ist es
total überflüssig, diesen dubiosen Treue-Dingsbums-Service
anzurufen. Erspar dir das Theater«, sprudelte ich hervor. »Eric
würde diesen Test zweifellos bestehen, und du müsstest dein Leben
lang mit der Tatsache leben, dass du eine Privatdetektivin auf ihn
angesetzt hast, um ihm nachzuspionieren, weil du ihm nicht vertraut
hast. Das ist doch keine gute Basis für eine Ehe, oder?«
»Wie kannst du dir so sicher sein, obwohl du ihn
gar nicht kennst?«
Ich zögerte, sah mich Hilfe suchend im Raum um.
»Ich … Ich... Den Typ im grauen Hemd und der dunklen Hose dort
drüben kenne ich genauso wenig.« Ich zeigte auf einen Mann an der
Bar, der eben erfolglos eine attraktive Asiatin anbaggerte. »Und
ich wette, er ist für mich auch wie ein offenes Buch.«
Sophie spähte zur Bar, dann verschränkte sie
skeptisch die Arme vor der Brust: »Okay. Schieß los.«
Ich reckte den Hals und unterzog mein
Forschungsobjekt einer gründlichen Analyse, studierte ihn wie die
Ehemänner und Freunde meiner Auftraggeberinnen. Hielt Ausschau nach
winzigen, aufschlussreichen Details, nach unauffälligen
Eigenheiten... Ich gehe dabei nie nach Plan zu Werke. Die
Erkenntnis kommt irgendwie einfach über mich. Zauberei.
»Also, erstens: Er mag Asiatinnen.«
Sophie verdrehte die Augen. »Pfff, das hätte ich
dir auch sagen können, und ich weiß nichts
über Männer.«
Ich hob abwehrend die Hand. »Ja, aber hättest du
mir auch sagen können, dass er noch nie mit einer zusammen
war?«
Das weckte nun doch ihre Neugier. Jetzt bloß nicht
aufhören. »Er ist erst neuerdings auf den Geschmack gekommen.
Eigentlich steht er mehr auf den klassischen Typ – weiß, blond,
blauäugig. Für Asiatinnen hatte er nie sonderlich viel übrig, aber
ich schätze, er hat kürzlich irgendeinen Film mit einer asiatischen
Schönheit gesehen, Memoirs of a Geisha oder
so, und da fragte er sich plötzlich, warum ihm dieser Frauentyp
noch nie aufgefallen ist. Also hat er beschlossen, sein Glück
künftig bei Asiatinnen zu versuchen, teils, weil er sie attraktiv
findet, teils, weil er bei den klassischen Blondinen keine Chance
hat. Er geht mindestens zweimal pro Woche in eine Bar, um Frauen
aufzureißen, ist aber meist ziemlich erfolglos, weil er keine
Ahnung hat, wie man das anstellt. Seine
Strategie ist, sie zu beeindrucken, dabei wirkt er allerdings
entweder zu ängstlich oder zu überheblich.«
So. Ich lehnte mich selbstbewusst zurück. Ich
wusste, dass ich richtig lag. Blieb nur zu hoffen, dass ich auch
Sophie überzeugt hatte.
Sie starrte mich mit offenem Mund an. »Sag mal,
hast du einen Kurs belegt?«, erkundigte sie sich vorsichtig, als
hätte sie es mit einer Wahnsinnigen zu tun, die Leute in Stücke
hackt und zu Pasteten verarbeitet, wenn sie sie in Rage
bringen.
Ich nippte an meinem Chocolate-Mint-Martini und
wich ihrem Blick aus. »Nein... Ich bin mit der Zeit einfach immer
besser geworden. So wie Männer mit den Jahren kahler werden.«
Sophie starrte zur Bar, wo unser Forschungsobjekt
mittlerweile etwas verloren herumstand, nachdem die Asiatin ihm den
prophezeiten Korb gegeben und das Weite gesucht hatte. »Und woher
soll ich wissen, dass du recht hast?«
Ich erhob mich. Ich hatte nichts zu verlieren –
außer meiner Freundin, falls mein Plan fehlschlug. »Ich werd es dir
beweisen.«
Sie verfolgte skeptisch, wie ich zur Bar ging, dem
Mann auf die Schulter tippte, mich vorstellte und ihn höflich
lächelnd bat, uns Gesellschaft zu leisten. Er folgte mir
bereitwillig. Sophie beobachtete uns mit einem Blick, der darauf
schließen ließ, dass sie ernsthaft an meiner Zurechnungsfähigkeit
zweifelte.
Vor unserem Tisch blieb ich stehen und sagte:
»Sophie, das ist Brad. Brad, darf ich vorstellen: meine Freundin
Sophie.« Die beiden schüttelten einander die Hand.
»Wir würden Sie gern etwas fragen, Brad. Uns
interessiert einfach die Meinung eines Mannes zu diesem
Thema.«
Er blickte etwas verunsichert von Sophie zu mir,
war aber sichtlich nicht abgeneigt, mit zwei hübschen Frauen zu
plaudern,
die ihn aus unerfindlichen Gründen dazu auserwählt hatten, ihre
Neugier zu stillen.
»Nur zu«, willigte er, wenn auch etwas argwöhnisch,
ein.
»Großartig!«, rief ich und drückte seinen Arm.
»Also, wir haben beobachtet, wie Sie sich vorhin mit dieser
bildschönen Asiatin an der Theke
unterhalten haben, und da haben wir uns gefragt, was Männer an
Asiatinnen so toll finden. Liegt es an ihrem exotischen Aussehen
oder...« Ich verstummte, wohlwissend, dass er mich ohnehin gleich
unterbrechen würde.
»Also, ehrlich gesagt...« Wer sagt’s denn.
»Ja?«
»... bin ich diesbezüglich wohl nicht der richtige
Ansprechpartner. Ich bin erst kürzlich auf den Trichter gekommen,
und ich weiß nicht, wie lange meine Begeisterung anhalten wird,
nachdem ich gerade so beinhart abgeblitzt bin.« Er gluckste, um
seine Enttäuschung über die erlittene Kränkung zu kaschieren.
Ich bedachte Sophie mit einem vielsagenden Blick
und wandte mich dann wieder unserem ahnungslosen Versuchskaninchen
zu. »Ach, wirklich? Und wie sind Sie ›auf den Trichter
gekommen‹?«
Er nahm seinen Drink in die andere Hand. »Tja, ich
habe neulich House of Flying Daggers
geguckt und...«
Ich schnappte nach Luft und legte ihm die Hand auf
den Arm. »Ist Ziyi Zhang nicht einfach atemberaubend?«
Sophie musterte mich misstrauisch. Brad stieß ein
ekstatisches Stöhnen hervor. »Ja! Sie ist... unglaublich. Ich wage
kaum, es zuzugeben, aber erst heute hab ich mir über Netflix
Memoirs of a Geisha bestellt.«
Sophie schüttelte verblüfft den Kopf.
»Im Grunde stehe ich gar nicht besonders auf solche
Filme«, fuhr Brad fort, »aber...«
»Okay, das war eigentlich schon alles, was wir
wissen wollten«,
unterbrach ich ihn brüsk und klopfte ihm zum Abschied auf den
Rücken, ehe ich wieder gegenüber von Sophie Platz nahm. »Vielen
Dank für Ihre Hilfe.«
Er starrte uns fragend an, machte den Mund auf,
klappte ihn aber gleich wieder zu. Wahrscheinlich war er zu dem
Schluss gekommen, dass er es lieber gar nicht so genau wissen
wollte – und vermutlich ohnehin nicht kapieren würde. Er würde die
Episode einfach unter der Rubrik »Frauen sind von der Venus«
abhaken und damit basta.
»Stets zu Diensten.« Er nickte leicht verärgert und
machte sich vom Acker, um sich den nächsten Korb zu holen.
»Siehst du?«, sagte ich zu Sophie, sobald er außer
Hörweite war.
Sie kniff die Augen zusammen und musste wider
Willen lachen. »Wow, Jen. Ich kann nur sagen: Wow!«
»Dann glaubst du mir also, wenn ich dir sage, dass
du Eric vertrauen und diesen idiotischen Test vergessen
kannst?«
»Was für einen Test?« Das war unverkennbar Zoës
Organ. Ich hob den Kopf, und da stand sie vor uns, fast an
derselben Stelle, wo eben noch Brad der Verstörte gestanden
hatte.
Ich schielte auf meine Armbanduhr. Verdammt, sie
war zu früh dran. »Ach, nichts«, sagte ich rasch. »Ich dachte, du
kommst erst um zehn.«
Zoë ließ sich neben Sophie auf die Bank plumpsen.
»Oh, entschuldige«, erwiderte sie pikiert. »Ich konnte ja nicht
ahnen, dass eure Unterhaltung nur für GG (geladene Gäste) bestimmt
ist.«
Seufz. Ich warf Sophie einen warnenden Blick zu.
»Das stimmt doch gar nicht. Außerdem sind Sophie und ich auch noch
nicht lange hier.«
Zoë lächelte uns arglos an, dann drehte sie sich um
und reckte den Hals. »Wo steckt denn die Bedienung? Ich möchte
bestellen.«
Ich warf Sophie einen flehentlichen Blick zu.
»Ich lasse es mir durch den Kopf gehen«, murmelte
sie.
Dann wandte Zoë ihre Aufmerksamkeit wieder uns zu
und verlangte, unverzüglich noch einmal Sophies Ring zu sehen, als
hätte er in den paar Stunden seit dem Brunch womöglich seine Form
oder Farbe verändert.
Damit war der nichtöffentliche Teil des Abends
offiziell beendet. Ich konnte nur hoffen, dass ich Sophie hatte
umstimmen können.
Wenn nicht, würde ich demnächst auffliegen.
John traf kurz nach zehn ein, und nach Sophies
übertriebener Schilderung meiner »bemerkenswerten« Vorstellung
verging der Rest des Abends damit, dass die drei nach dem
Zufallsprinzip auf Männer zeigten und ich ihnen widerstrebend die
Lebensgeschichte der Betreffenden erzählte. Ich kam mir vor wie
eine Zirkusattraktion.
»Schon wieder richtig!«, rief Zoë, als sie von der
Bar zurückkehrte, wo sie sich im Auftrag von John und Sophie mit
dem sexy Barkeeper, unterhalten hatte, um meine Vermutungen über
ihn zu überprüfen.
»Ist er wirklich im letzten Studienabschnitt?«,
fragte Sophie gespannt.
Zoë nickte. »Yep. Er macht demnächst seinen Master
an der University of California.«
Sie starrten mich ehrfürchtig an. »Woran hast du
erkannt, dass er an der UCLA studiert?«, staunte Sophie.
Puh. Es war wohl doch nicht so clever gewesen, ihr
eine Kostprobe meines perfektionierten Könnens zu geben. Dabei
hatte ich sie doch nur davon abbringen wollen, dass sie mich engagierte, um ihren Verlobten zu testen. Aber
jetzt lief die Sache allmählich etwas aus dem Ruder. Ich musste
aufpassen, dass die drei keinen Verdacht schöpften.
»Und woher wusstest du, dass er kein Schauspieler
ist?«, wollte John wissen. »Ich dachte, alle Barkeeper in L.A.
wären Schauspieler.«
Ich stöhnte und setzte zur vierten Erklärung an
diesem Abend an. »Schaut ihn euch doch mal ganz genau an. Er wirkt
total authentisch. Er mimt den Barkeeper nicht bloß, er ist einer.
Er hat mehr zu bieten als bloß ein hübsches Gesicht und die
Fähigkeit, vor der Kamera sein Hemd auszuziehen. Außerdem lässt
sich diese Arbeit zeitlich gut mit dem Studium kombinieren. Und er
ist eindeutig zu alt für einen Freshman, folglich ist er im zweiten
Abschnitt.«
Die drei wandten wie ein Mann den Kopf und
verfolgten, wie der Barkeeper einem Gast einen Drink
einschenkte.
»Und die Tatsache, dass er hier in Brentwood
arbeitet und nicht irgendwo in Hollywood lässt darauf schließen,
dass er an der UCLA studiert. Von der University of Southern
California ist es zu weit bis hierher«, fuhr ich fort.
Alle Köpfe flogen herum.
»Ich arbeite bloß nach dem Ausschlussverfahren«,
sagte ich bescheiden.
»Absolut NZF.« Zoë schüttelte fassungslos den
Kopf.
Sophie sah mich an, als erwartete sie von mir eine
Übersetzung.
»Nicht zu fassen«, erklärte Zoë ungeduldig. Sie
hasst es, in ganzen Sätzen sprechen zu müssen; das ist in ihren
Augen TZV (totale Zeitverschwendung). Akronyme sind doch viel
effizienter – vorausgesetzt, dass alle anderen wissen, wofür sie
stehen.
»Also, mal ehrlich, Jen, ich wusste, dass du begabt
bist, aber das ist echt der Hammer«, fuhr sie bewundernd
fort.
Ich zuckte bloß die Schultern. Höchste Zeit für
einen Themenwechsel. Doch nach den verblüfften Mienen der drei zu
urteilen, würde das nicht einfach werden. »Ach, so toll ist das
nun auch wieder nicht.« Ich legte den Kopf in den Nacken und
kippte den Rest meines Drinks.
»Wenn man damit doch nur irgendwie Geld verdienen
könnte«, sagte Zoë nachdenklich. Ich konnte förmlich sehen, wie
sich die Zahnräder in ihrem Kopf drehten.
Ich lachte matt. »Ja, schön wär’s.«
»Oder zumindest hin und wieder einen Mann
aufreißen.« John blinzelte mir zu, während er einen Schluck von
seinem Bahama-Mama-Martini nahm.
»Pfff. Als hätte ich Zeit dafür.«
Sophie ergriff über den Tisch hinweg meine Hand.
Sie fühlte sich warm an auf meinen klammen Fingern. »John hat
recht, Jen. Wir fangen allmählich an, uns Sorgen zu machen.«
Damit war unversehens die Stimmung gekippt. Ich sah
von einem zum anderen. Reihum zustimmendes Nicken. Das sah mir
verdächtig nach einem Hinterhalt aus. »Was soll das heißen, ihr
macht euch Sorgen?«
Selbst Zoës Stimme klang auf einmal sanft. »Wir
fragen uns eben, warum du nie mit Männern
ausgehst. Überhaupt gar nie. Dabei würde es an Interessenten weiß
Gott nicht mangeln. Ich hab doch miterlebt, wie dich die Kerle
ansehen... Wir alle haben das schon gesehen. Und wir fragen uns, ob
es neben deinem beruflichen Stress womöglich noch einen anderen
Grund gibt.«
Sofort ging ich in die Defensive. »Ach, ja? Was
denn für einen?«
Sophie zuckte mit unschuldiger Miene die Achseln.
»Das versuchen wir gerade herauszufinden.«
Ich spürte, wie die Wut in mir aufflackerte.
Allmählich konnte ich mir vorstellen, wie sich George Washington
gefühlt haben musste, als herauskam, dass Benedict Arnold für die
Briten arbeitete. »Ihr sitzt also herum und diskutiert mein
Liebesleben, ja? Macht ihr regelmäßig ein Brainstorming, als wäre
mein Leben eine Sitcom und ihr die Drehbuchautoren? Habt ihr nichts
Besseres zu tun?«
Sophie warf Zoë einen Blick zu, der darauf
hindeutete, dass sie genau diese Reaktion erwartet hatte.
»Wie ihr alle wisst, habe ich sehr viel zu tun«,
verteidigte ich mich. »Ich nehme meine Arbeit eben sehr ernst.
Männer sind zurzeit wirklich das Letzte, woran ich denke.«
»Jen, wir machen uns doch bloß Sorgen um dich, weil
wir dich lieben.« John ließ mal wieder den schwulen Softie
heraushängen. »Und es ist unsere Pflicht, sicherzustellen, dass du
nicht als alte Jungfer endest.«
Ich verdrehte frustriert die Augen. Zoë
unterdrückte ein Kichern.
»Mal im Ernst«, sagte Sophie. »Dein letztes Date
ist... ich weiß schon gar nicht mehr wie lange her.«
Ich starrte auf die aufgeweichte Serviette unter
meinem Glas.
»Bist du schon mal auf die Idee gekommen, dass dein
nicht existierendes Privatleben nicht nur auf beruflichen Stress
zurückzuführen sein könnte?«, fragte Sophie.
Ich stützte das Kinn in die Hand. »Sondern?«
Sophie sah zu Zoë hinüber, die aufmunternd nickte.
Sophie holte tief Luft. »Sondern auf die Trennung deiner Eltern zum
Beispiel.«
Prompt hatte ich einen Kloß im Hals und spürte, wie
mir Tränen in die Augen stiegen. Ich wandte mich rasch ab und
blinzelte, um sie zurückzuhalten. Sophie hatte, ohne es zu ahnen,
den Nagel auf den Kopf getroffen. Den wunden Punkt erwischt. Sie
wusste gar nicht, wie recht sie hatte. Wenn ich diese
Auseinandersetzung gewinnen wollte, musste ich einen großen Bogen
um die Wahrheit machen – und um jenen schicksalhaften Tag, an dem
sich mein normales Kinderleben
in etwas verwandelt hatte, das ich mir davor nie hätte träumen
lassen.
Ausgerechnet jetzt ertönte das gedämpfte Klingeln
meines Handys. Verärgert wühlte ich in meiner Tasche und brachte
den Störenfried unverzüglich zum Verstummen. Dann umklammerte ich
mein leeres Glas, um das Zittern meiner Hände zu kaschieren. »Es
hat nicht das Geringste mit meinen Eltern zu tun«, widersprach ich
leise, aber stur.
Wir alle wussten, das war eine Lüge, und eine
durchsichtige obendrein. Doch nur ich wusste, wie weit sie wirklich
von der Wahrheit abwich.
»Überleg doch mal«, drängte Sophie. »Vor drei
Jahren hat dir deine Mutter eröffnet, dass dein Vater sie betrügt
und sie sich scheiden lassen. Und von einem Tag auf den anderen
hast du keine Zeit mehr für das andere Geschlecht. Ist doch ein
klassischer Fall von...«
»Ich sage dir, es hat nichts damit zu tun«,
unterbrach ich sie schroff.
Sophie ergriff erneut meine Hand. »Jen, nicht alle
Männer sind Betrüger.«
»Das sagst ausgerechnet du?«, explodierte ich und entzog ihr meine
Hand.
»Na, wenigstens habe ich den Männern eine Chance
gegeben!«, konterte sie überraschend laut. »Ich war immerhin
bereit, ein Risiko einzugehen und mich anderen Menschen zu
öffnen.«
»Ja, ganz recht. Deine Risikobereitschaft geht
sogar so weit, dass du jemanden engagieren musst, um dir zu
beweisen, wie risikofreudig du bist!«
Damit waren Zoë und John offiziell aus der
Unterhaltung ausgeschieden. Ich registrierte aus dem Augenwinkel,
wie die beiden zwischen Sophie und mir hin und her sahen, als
würden sie aus nächster Nähe ein Tennismatch verfolgen. Inzwischen
war ihnen aufgegangen, dass sie etwas verpasst hatten. Was ihnen
wohl auch ganz recht war, denn auf diese Weise konnten sie
wenigstens nicht zwischen die Fronten geraten.
»Und was ist mit dir?«, rief Sophie. »Ich kann mich
gar nicht erinnern, wann du zuletzt einen Mann geküsst hast, geschweige denn...«
Von wegen. Ich stöhnte und biss mir auf die Zunge.
Ich konnte Andrew Thompsons Berührungen noch förmlich spüren, sehr
zu meinem Missfallen.
Sophie senkte die Stimme. »Wovor hast du solche
Angst, Jen?«
»Du bist hier doch
diejenige, die Angst hat«, murmelte ich verhalten.
»Was auch immer es ist, es hindert dich am
Glücklichsein.«
Wieder wallten Zorn und Groll und Frust in meinem
Inneren auf. Das Schlimmste war, ich konnte mir noch nicht einmal
einen Bruchteil dessen, was ich gern losgeworden wäre, von der
Seele reden. »Woher willst du wissen, was
mich glücklich macht?«, knurrte ich. Zum Glück dämpfte die
dröhnende Hintergrundmusik meinen übertrieben feindseligen Tonfall
etwas. »Nur, weil ein Diamant an meinem Ringfinger nicht mein
erklärtes Lebensziel ist, heißt das noch lange nicht, dass ich
unglücklich bin.«
Sophie senkte den Kopf und starrte auf den Tisch.
Ich fürchtete schon, ich wäre zu weit gegangen, hätte den Bogen
überspannt. Ich wollte mich eben entschuldigen, als sie flüsterte:
»Du redest ja nicht einmal mit deinem eigenen Vater...«
»Unsere Unterhaltung ist beendet!« Ich sprang auf
und drängte mich an John vorbei aus unserer Ecke. Alle drei
starrten mich entgeistert an, als würden sie mich nicht
wiedererkennen. Doch das war mir egal. Ich hatte ein viel größeres
Problem: Ich erkannte mich selbst kaum wieder.
»Zum allerletzten Mal: Es hat nichts mit meinen
Eltern zu tun.«
Damit stürmte ich aus der Bar.
Draußen saß ich eine ganze Weile in meinem Range
Rover. Sollte ich zurückgehen und mich – vor allem bei Sophie – für
meinen Ausbruch entschuldigen? Schließlich sorgten sie sich bloß um
mich und konnten gar nicht ahnen, was Sache war, wenn ich alles vor
ihnen geheim hielt.
Ich spähte durch meine fleckige Windschutzscheibe
zum Eingang, wartete darauf, dass eine vertraute Gestalt
auftauchte, über den leeren Parkplatz rannte, zu mir in den Wagen
stieg und eine Erklärung verlangte. Die Wahrheit zu erfahren
verlangte.
In diesem Augenblick wäre ich vielleicht sogar
damit herausgerückt.
Doch es kam niemand.
Irgendwann torkelten einige betrunkene Mädchen
heraus, gefolgt vom neuesten Mitglied des Ziyi-Zhang-Fanclubs, aber
das war auch schon alles. Keine Sophie, keine Zoë, kein John.
Tja, so hatte sich unversehens eine dritte Option
aufgetan – nämlich, Sophie vor versammelter Mannschaft anzubrüllen
und ihr ihre Paranoia vorzuwerfen. Vielleicht würde sie das ja
davon abhalten, sich »Hilfe« von außen zu suchen.
Seufz. Ich wollte eben einen Gang einlegen und
losfahren, als mir auffiel, dass in meiner Handtasche ein rotes
Licht blinkte.
Mit dem Fuß auf dem Bremspedal fischte ich mein
Handy aus der Tasche und wählte die Nummer meiner Mailbox. Eine
Stimme, die mir vage bekannt vorkam, sagte: »Hi, hier ist Clayton.
Ich hoffe, du erinnerst dich an mich. Wir haben uns vor ein paar
Tagen im Studio kennengelernt... als du vor dem Teufel davongerannt
bist... Na, jedenfalls würde ich
dich immer noch gern auf einen Smoothie einladen, oder auf einen
Power-Riegel, oder meinetwegen auch auf eine komplette Mahlzeit,
wenn du Lust hast. Ruf mich doch zurück. Meine Nummer ist...«
Ich musste direkt lachen, als ich auflegte und
losfuhr. Welche Ironie. Das Schicksal ließ sich ja so einiges
einfallen, um mich daran zu erinnern, was in meinem Leben alles in
Ordnung gebracht werden musste. Eigentlich erinnerte es mich nicht
nur, sondern nörgelte geradezu an mir herum.
Tja, wer hätte das gedacht? Ich hatte doch
tatsächlich ein Date in Aussicht.