25

Auf der unteren Ebene des Parkhauses stand Jeff vor einer der zwei Auffahrten. Er war mehrere Minuten lang still, während ihn Ron und Sal argwöhnisch beobachteten. Er verharrte einfach dort und tat nichts. Dann plötzlich drehte er sich um.

»Oh scheiße, die hier werdet ihr brauchen. Das Ding kommt uns gleich entgegen.« Jeff zog zwei Sicherheitsbrillen aus seinen Hosentaschen und reichte sie den beiden. Er schien genauso verrückt zu sein wie Bill.

»Was soll das?«, fragte Sal.

»Warte ab.« Jeff verschränkte die Arme und lächelte, während er gespannt auf die Rampe schaute.

Er erweckte den Anschein, sie durch Willenskraft einreißen zu wollen, und genau in dem Moment ertönte ein langgezogenes Ächzen, während Staub an den Fugen der Konstruktion hochwirbelte. Ich werd’ nicht mehr, er macht das telepathisch, dachte Ron. Sal wurde nervös und trat einen Schritt zurück. Es knarrte noch einmal laut, gefolgt von einem erschütternden Donnern und einer Explosion von Staub, der über das Bauwerk waberte.

»Was zum Henker geschieht hier, Jeff?«, rief Ron lauter, als er eigentlich wollte.

»Oh, ihr Kleingläubigen … und so weiter«, zitierte Jeff grinsend. »Dauert nicht mehr lange.«

Daraufhin gab die Bausubstanz einen anhaltenden, durchdringenden Seufzer von sich und erzitterte. Dem folgte ein Quietschen von Stahl auf Stahl und zuletzt ein greller, nachhallender Knall, der prompt in ein ohrenbetäubendes Tosen überging, als die Rampe vor ihren Augen zusammenbrach. Der Boden vibrierte wie bei einem Erdbeben, und die beiden Männer wichen zurück. Sal stolperte und fiel rücklings hin. Die Luft war schwer von weißem Staub, der ihnen die Luft und die Sicht raubte. Doch der Wind verwehte ihn rasch.

Hinter Jeff lag nun ein gewaltiger Brocken Beton, wo zuvor die Auffahrt nach oben führte, und 15 Fuß darüber tat sich ein rechteckiges Loch auf.

Jeff johlte und heulte ausgelassen. Der Jungspund hatte sich noch nie so emotional gezeigt. Er tanzte herum und grölte: »Habt ihr das gesehen? Habt ihr diesen Shit gesehen? Yeah, Mann, ich bin der Geilste, der Allergeilste! Sagt’s mir, Leute, wer hat’s drauf: ich oder ich?« Staubwolken wallten von seiner Kleidung auf. Er hielt inne, weil er husten musste.

»Mensch, das war genial, was?« Er grinste über beide Ohren. »Nächstes Mal müssen wir Masken tragen, ihr wisst schon: die Dinger, die das ganze Gesicht bedecken, die Luft filtern und ‘ne Menge Kohle kosten. Ach nein, jetzt gibt’s die ja für lau, richtig?«

Sal und Ron klopften sich ab.

»Du hättest uns vorwarnen können.«

»Und die Show ruinieren? Komm schon, Mann, das war das Krasseste, was du je gesehen hast, gib’s zu.«

Ron lächelte. »Ja, war es. Tut mir leid, aber vielleicht hat mich die Sache mit Bill runtergezogen. Ihr habt ihn nicht so gut gekannt wie ich. Er war kein schlechter Kerl … na ja, scheiße, eigentlich doch, oder? Ich hätte nie gedacht, dass er Mary verprügelt. Wäre mir das bewusst gewesen …«

»Also, er war nicht mein Freund und ein Arschloch, also vergib mir, wenn ich dich darum bitte, mir diesen Moment nicht zu versauen.« Jeff zog etwas aus den Trümmern. »Brennt ihr Jungs nicht darauf zu erfahren, wie der Große Jeffini diese Rampe abgerissen hat, ohne sie anzurühren?«

»Und ob«, sagten beide gleichzeitig.

Jeff hielt einen von vier hydraulischen Wagenhebern hoch, die er unter der Konstruktion aufgestellt hatte. In Anbetracht ihrer Leistung waren sie erstaunlich klein. »Diese Teile haben den Fuß der Rampe langsam angehoben, sodass sie oben aus ihrer Verankerung gerutscht ist. Dann stürzte sie einfach ein.«

»Wahnsinn.« Sal schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich bereits sicherer.«

Sie halfen Jeff dabei, die anderen Werkzeuge aus den Trümmern zu bergen.

»Wie kommen wir wieder nach oben, wenn wir die andere Rampe und die Treppen abgerissen haben?«

»Wir gehen hoch, bevor wir die Heber einschalten. Dann zeige ich euch unser neues Fahrstuhlsystem.«

Ron sah Sal an, und beide schmunzelten.

»Wärst du so nett, uns in deinen Plan einzuweihen?«, bat er. »Vielleicht können wir dabei helfen, denn mal ernsthaft: Das war gefährlich. Beim nächsten Mal sollten wir Bescheid wissen.«

Jeff antwortete nicht, sondern grinste weiter.

Als sie panische Schreie von oben hörten, zuckte Ron zusammen. »Oh, Mist. Jede Wette, dass sie glauben, wir seien tot?«

Sal kicherte, während Ron seiner Frau beruhigende Worte zurief. Dabei neigte er sich Jeff zu. »Ich schätze, du bist vielleicht zu jung, um das zu begreifen, aber die Ladys werden das nicht halb so cool finden wie wir.« Dann wandte er sich an Ron. »Wir dürfen ihnen nicht sagen, dass er uns fast umgebracht hat, sonst werden sie ihn hassen. Sorry, Kleiner, wir werden ihnen erzählen, dass wir wussten, was los war, und dann die Schelte dafür ausbaden, es vor ihnen verheimlicht zu haben.«

»Du hast Recht.« Ron seufzte. »Sie wird mir den Arsch aufreißen.«

»Das verstehe ich nicht.« Jeff sah erheitert aus. »Wollt ihr mich veräppeln?«

Ron zwinkerte. »Ich verstehe es auch nicht, weiß aber, wie es läuft.« Sal lachte weiter vor sich hin.

Da echote Donnas Stimme herab: »Mein Gott, was ist das denn?«

Sie stand eine Ebene höher am Rand des Lochs, sah verärgert aus und schaute auf Ron. Mary war bei ihr. Auch sie gab vor, wütend zu sein, während sie Sal ansah, der sich wiederum freute, weil es eine Person auf der Welt gab, die sich seinetwegen aufregte. Er strahlte sie an.

Ron warf Jeff einen Blick zu, als wolle er sagen: Pass gut auf, so geht’s. Dann rief er: »Wir haben bloß diese Auffahrt zerstört, so wie wir es zuvor besprochen hatten. Es dauerte nur ein paar Sekunden, ohne dass wir uns die Finger schmutzig machen mussten. Wollt ihr wissen, wie?«

»Zur Hölle, nein! Vielmehr will ich wissen – und zwar bevor es soweit ist –, wann wieder etwas passiert, dass mir eine Scheißangst einjagt und mich denken lässt, mein Ehemann sei tot!« Donna drehte sich um und ging. Mary folgte ihr.

Jeff nickte. »So langsam wird mir einiges klar, glaube ich.«

Sal lächelte wieder und klopfte ihm auf den Rücken. »Für ein Genie bist du definitiv schwer von Begriff. Was du verstehen musst, ist, dass du es eben nie verstehen wirst.«

***

Eine Horde Infizierter traf ein, nachdem die erste Rampe eingebrochen war, also lockten sie sie mit dem Van weg. Als sie zurückkehrten, stellten sie die Wagenheber wieder auf und rissen die zweite Rampe nieder. Mit den Treppen ging es leicht vonstatten. Die Toten mussten wiederholt vom Parkhaus weggelockt werden, doch bei Sonnenuntergang war es vorüber. Als die letzte Treppe fiel, befanden sie sich auf der zweiten Ebene.

»Jetzt zu unserem neuen Fahrstuhl.« Jeff ging voraus. Er führte die anderen zu einer Stelle, an der es dem Anschein nach nichts Besonderes gab, und blieb stehen.

»Das ist noch provisorisch. Ich gehe davon aus, ihn noch umbauen und verbessern zu müssen, aber wie dem auch sei … passt mal auf.« Er griff hinter einen der äußeren Stützpfeiler und nahm einen breiten Plastikkasten mit Knöpfen hervor. Dieser hing an einem dicken, schwarzen Kabel. Als Jeff einen grünen Knopf drückte, sirrte es leise über ihnen. Ein schwerer Klotz aus Beton geriet in Sicht und senkte sich langsam. Jeff betätigte einen roten Knopf, und das Ding stoppte.

»Also, wie ich schon sagte: provisorisch. Aber ihr erkennt das Potenzial, nicht wahr?«

»Natürlich.« Sal lächelte abermals, während er sich bereits überlegte, wie sich eine Plattform daran befestigen und stabilisieren ließ.

Ron und er hatten die Sache mit den Bikern nicht vergessen, also schwang deren Bedrohung immerzu in ihren Hinterköpfen mit.