1959

Erst waberte nur ein Gerücht, dann redeten in der Schlange vor der Essenausgabe alle nur noch über das eine: Der Leiter der Normabteilung war ein Nazi. Einige meinten sogar, er habe in der SS gedient. Aber das stimmte dann doch nicht. Zumindest so viel stand fest: Er hatte seine Mitgliedschaft in der Nazipartei verschwiegen. Damit war er sicher nicht der Einzige im Werk; nicht wenige Parteigenossen rechneten fest mit der Vergesslichkeit der Menschen. Und sollten recht behalten. Nur in diesem Fall nicht. Eine «sozialistische Leiterpersönlichkeit», wie es in der neuen Zeit hieß, konnte dieser Mann jedenfalls nicht bleiben. So einer war nicht zu halten, nicht an einer solch empfindlichen Stelle. Alles, was mit den Normen zu tun hatte, das hatte auch mit dem 17. Juni zu tun.

Dem 17. Juni.

Die Erinnerung an die Ereignisse wirkte nach, noch Jahre später. Das blutige Geschehen hatte sich, ohne dass man die Bilder im Fernsehen hätte sehen können, tief ins Bewusstsein der Arbeiter gegraben. Bei der politischen Elite – die Angst. Auch wenn die Ereignisse am Werk merkwürdig spurlos vorübergegangen waren. Zwar hatte sich die Belegschaft auf dem Platz vor der Verwaltung versammelt, es wurde erhitzt gestritten, gefordert und gestikuliert, aber dann machten doch alle pünktlich Feierabend.

Der Chef der Normenabteilung trug also besondere Verantwortung. Ein findiger Mann musste her, einer, der dafür sorgte, dass der Plan erfüllbar blieb und zugleich die Arbeiter gerade genug verdienten, um nicht wieder zu murren oder gar wegzulaufen. Dorthin, wo ihre alten Chefs längst waren. Viele von ihnen zogen bereits mit den Amerikanern ab – nicht ohne die wichtigsten Unterlagen, Baupläne und Patente. Besonders begehrt waren die Blaupausen des nur aus einem futuristischen Flügel bestehenden Strahljägers, mit dem die Gothaer Flugzeugkonstrukteure die Konkurrenz um Jahre geschlagen hatten. Das Wunderwerk deutscher Technik, zum Kriegsende noch nicht serientauglich, befeuerte die Fantasie der Generäle im Osten wie im Westen. Als dann die Russen einzogen, fanden sie zu ihrem Ärger nur noch die leeren Pappdeckel der Ordner, in denen die vertraulichen Papiere unter Verschluss gelegen hatten.

Schnell waren sich Werkleiter und Parteisekretär einig: Wenn es einen gibt, der die heikle Aufgabe übernehmen konnte, dann war es Lorenz. Ein Fachmann, beliebt bei den Kollegen, dazu redegewandt, trinkfest. Bei den Stammgästen der «Schiene» galt er in kürzester Zeit als einer der Ihren. Der Tresen in der Kneipe war ein feiner Seismograph für die Stimmung in der Belegschaft. Wer sich hier durchsetzte, genoss Respekt im Werk. Lorenz hatte das nicht nur einige Lokalrunden gekostet, sondern viel Überzeugungskraft, Schnapsglas für Schnapsglas. Am Ende blieb niemand mehr übrig, der ihn beim Wodka herausfordern wollte. Das harte Training im russischen Norden zahlte sich aus.

Als Fritz die freudige Nachricht überbrachte, reagierte Lorenz zurückhaltend. «Normenfitzerei» hieß diese Art von Beschäftigung bei den Arbeitern. Ekel schwang in dem Wort und Verachtung. Aber eine Wahl hatte er wohl nicht. Seinen Ausflug ins Schlosserleben hielt er für abgeschlossen. Jeder, der es wissen wollte, wusste es nun: Ob Hammer oder Rechenschieber, ihm lag beides gut in der Hand. Er war bereit, sich jeder neuen Aufgabe zu stellen, auch wenn die Abteilung Arbeitsnormen nicht auf seiner Wunschliste stand. Den Irrsinn überzogener Normen kannte er aus Russland. Bisweilen schien es, als sei das gesamte Tun der sowjetischen Planungsbürokratie darauf gerichtet, das Wirken ökonomischer Gesetze außer Kraft zu setzen. Produktivität, Ressourcen, Zeit, sie hielten derlei Kategorien offenbar für Aberglauben. Alles konnte beschlossen werden, und was beschlossen war, das galt, egal wie unsinnig es war. Nicht nur im Gulag, in jedem Winkel des Riesenreichs konnte keiner einer Zahl trauen. Die einen lieferten nicht das, was bestellt war. Die anderen orderten Dinge, die sie nicht brauchten. Die Dritten stellten Sachen her, die keiner haben wollte. Und das stalinistische Planungssystem breitete sich auch in den Satellitenstaaten unaufhaltsam aus.

Leider hatten die überkorrekten Deutschen das russische Spiel mit Plankennziffern und Normen nicht durchschaut. Nur so konnte sich Lorenz den Aufstand des 17. Juni erklären. Sie glaubten fest an alles, was nur auf dem Papier stand. Für jemand, der die «sowjetskaja Ekonomika» ausgekostet hatte, schien diese Einstellung, wenn auch typisch deutsch, so doch reichlich einfältig.

Trotz der Bedenken stürzte sich Lorenz auf die neue Aufgabe. Bereits das erste vorzeigbare Ergebnis seines Wirkens sorgte für Aufsehen. Den Auftrag, für die Transportarbeiter ein neues Prämien-Zeitlohn-System zu entwickeln, setzte der neue Mann schnell und präzise um. Die Fahrer erlebten nun: Wer sich anstrengt, bekommt mehr Geld. Am Zahltag nahmen sie in der Kantine einen Umweg in Kauf, damit jeder Einzelne Lorenz auf die Schulter klopfen konnte.

«Hast du-du gut gemacht Lo-Lorenzowitsch», stieß ihn Hans «der Stotterer» mit seiner kräftigen Pranke in die Seite.

Entgegen der üblichen Gepflogenheit ergab die «Anpassung» ihrer Löhne nicht weniger, sondern mehr. Was die Arbeiter freute, ließ die Direktoren Böses ahnen. Höhere Verdienste waren nicht das Ziel der Normabteilung. Zu spät. An der Begründung durch den neuen Leiter der Normen gab es nichts zu deuteln. Wer sich querstellte, machte sich verdächtig, dem Klassenfeind in die Hände zu spielen.

Denn Lorenz war überzeugt, was im hohen Norden half zu überleben, das konnte auch jetzt nicht von Nachteil sein. So war in der Vorlage an die Betriebsleitung vom überragenden Beitrag der Transportarbeiter für den Weltfrieden die Rede, und selbst die «Bonner Ultras» bekamen eins drüber. Auch wenn verschwommen blieb, was Adenauer und sein Kriegsminister Strauß mit der Entlohnung der Transportarbeiter in Gotha zu tun hatten … Einmal in Fahrt, schaffte es Lorenz spielend, ein halbes Dutzend Schutzheiliger der sozialistischen Produktion einzuspannen. Sie hießen Tschutkich, Karabelnikowa, Mitrofanow oder Seifert, und ihre ganz persönliche Methode, sozialistisch zu arbeiten, war gespickt mit Einsichten wie «Du sollst nicht trunken zur Arbeit kommen» (du könntest vom Gerüst fallen) oder «Du sollst den Helm aufsetzen auf der Baustelle» (es könnte dir ein Ziegel auf den Kopf plumpsen). Die einfachsten Dinge erschienen als Geistesblitze der neuen Zeit und offenbarten letztlich nur eins: Das Selbstverständliche war unter sozialistischen Verhältnissen nicht selbstverständlich.

Gegen diese geballte Weisheit hervorragender Vertreter der Arbeiterklasse konnte keiner etwas sagen. Trotzdem wuchs in der Chefetage das Unbehagen. Lorenz spürte die Blicke in seinem Rücken; er war nicht sicher, wie lange sich ein solcher Schwebezustand zwischen den Erwartungen der Nomenklatura und den Hoffnungen der Arbeiter durchhalten ließ.

Da kam ihm der Zufall zur Hilfe. Der technische Direktor des Werks wurde unerwartet nach Berlin in die VVB-Zentrale abberufen. Die «Vereinigung Volkseigener Betriebe» war eine Art Holding der Planwirtschaft und Vorläufer der Kombinate. Der alte «Technische» galt nicht direkt als Fehlbesetzung, dennoch wurde sein Weggang mit Erleichterung aufgenommen. Wie er den Absprung nach Berlin geschafft, wer ihm dabei geholfen hatte, sorgte für allerlei Gerede, aber Genaues wusste niemand. Jedenfalls war sein Stuhl über Nacht verwaist, und Lorenz fand sich nach einem kurzen Abstecher in die Welt der Normen hinter einem großen, wie aus einem Stück deutscher Eiche gehauenen Schreibtisch wieder. Menschen für eine neue Aufgabe begeistern, das lag ihm eher, als mit der Stoppuhr neben der Werkbank zu stehen.

 

Es gab Aufregung, es gab Bedenken. Er scherte sich nicht darum, er schickte ihn los. In den Westen. Ein junger Ingenieur aus der Konstruktionsabteilung fuhr. Warum auch nicht? Mit ihren Straßenbahnen wollten sie weit über die Grenzen des Landes Kunden finden. Im Osten gab es nichts Vergleichbares, aber was war mit dem Westen? Diese Frage musste beantwortet werden. Natürlich wusste jeder, ob Autos, Flugzeuge, Hemden, Margarine oder Kugelschreiber – alles, was von dort kam, war nicht nur bunter oder duftete besser, sondern war auch technisch ausgereifter. In Ostdeutschland saß die Erfahrung der Zweitklassigkeit tief. Niemand fand etwas dabei, täglich in den Betrieb zu gehen, um wissentlich schlechtere Arbeit abzuliefern und zugleich mit der miesen Qualität der Waren anderer unzufrieden zu sein. Die Folge war eine ständige Jagd nach etwas «aus dem Westen», auch wenn die unzähligen Mütter, Tanten, Onkel und Cousinen immer für Nachschub an Seife, Waschpulver, Kaffee, Butter, Konserven und Süßigkeiten sorgten. Wer keine Westverwandten hatte, blieb ein armer Tropf.

Lorenz war von diesem Zustand mehr als irritiert. Schon wie die meisten «Westgeld», «Westzigaretten» oder «Westtante» aussprachen, ließ sich nicht überhören. Wie bei König Midas vergoldete das Wort «West» praktisch alles. Zuerst tat er das belustigt als «kleinbürgerlichen Widerstand» gegen die neuen Verhältnisse ab. Doch er musste sich korrigieren. Es war nicht nur ein Phantomschmerz in Erinnerung an das Alte. Dahinter steckte mehr. Seine eigene Mutter, die nach wie vor in Gelsenkirchen, nahe bei der Schwester Lydia, lebte, hatte ihm in das erste Paket neben Schokolade für die Kinder und Wolle zum Stricken für Lena einen Füller gelegt. Wohl in Erinnerung daran, dass ihr Lorenz einst auf dem Weg war, Schriftsteller zu werden. Die Ausgabe griff hart in ihre Ersparnisse. Aber sie wusste, der Füllhalter würde ihm gefallen. So lag das Prachtstück in einer Holzschale auf seinem Schreibtisch, und immer, wenn er etwas besonders Schwieriges zu entscheiden hatte, drehte er ihn langsam zwischen den Fingern. Einen vergleichbaren Füller gab es im ganzen Osten nicht. Die weiße Eisspitze der Kappe, der elegant geschnittene Messingbügel, alles an diesem Schreibgerät war bis ins Detail durchdacht. Alles war perfekt. Es war das Mindeste, was man tun musste, um gut zu sein.

Er war fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass keine Straßenbahn das Werktor verließ, die diesem Anspruch nicht genügte, nicht solange er dafür verantwortlich war. Sie mussten schnellstens herausfinden, was die Konkurrenz im Westen zu bieten hatte. Auf legalem Weg schien das unmöglich. Wer sollte all die Anträge, Begründungen, Rücksprachen, Kalkulationen für eine West-Dienstreise durchdrücken? Lorenz entschied sich für eine Abkürzung. Der junge Konstrukteur, der ihn ständig mit neuen Zeichnungen und kühnen Schnitten für die Bahnkleider begeisterte, zögerte nicht, als er ihn fragte. Schnell hatten sie eine Legende von einem dringlichen Familienbesuch gestrickt, und schon ging es mit Zeichenblock, Fotoapparat und etwas Reisegeld ins Schwabenland. Tage vergingen. Die Bedenkenträger fühlten sich bestätigt:

«Ein völlig Unerfahrener …»

«… und dann gleich in den Westen!?»

«Na, wenn das mal gutgeht …»

Da stand der Junge wieder in der Tür des «Technischen». Er brachte Skizzen und Fotos mit, die allesamt belegten, dass die Gothaer nicht nur ähnliche, sondern oft bessere Lösungen gefunden hatten. Von «Werkspionage», wie einige meinten, anmerken zu müssen, konnte also keine Rede sein. Lorenz nannte den Auftrag daher gelassen die «Wiederherstellung des Gleichgewichts». Die Geschichten darüber, wie sich nach dem Krieg erst die eigenen Chefs, dann die Amerikaner, dann die Russen im Werk bedient hatten, machte ihn immer wieder zornig. Dass sich im Osten überhaupt noch etwas drehte, glich einem Wunder. Dreimal geplündert und immer wieder neu aufgebaut, wer sollte das verkraften?

Die Russen konnten den Abbau ganzer Betriebe nach dem Krieg nur im Wodka-Delirium beschlossen haben. Davon war Lorenz überzeugt. Kaum eine Anlage lief im großen Sowjetreich je wieder. Krane, Maschinen, Werkbänke verrotteten irgendwo in der Steppe, abgekippt gleich neben dem Bahngleis. Selbst in Workuta traf einiges ein. Was nicht zum Ausbessern in den Schächten benötigt wurde, lag auch Jahre später noch unter Schneewehen begraben. So landete eines Tages die gesamte Ausrüstung eines Kieswerks hinter dem Polarkreis. Die Maschinen stammten aus Tambach-Dietharz, einer kleinen Stadt bei Gotha. Keiner kümmerte sich darum, keinen ging die Lieferung aus Deutschland etwas an. Bis im Sommer ein Bagger kam und etwas Geröll drüberschob. Das war’s. Sinnloses Zerstörungswerk.

Maschinen verrotteten wie Menschen. Lorenz hatte dafür nur eine Erklärung: Stalin glaubte nie daran, dass er die DDR halten könnte. Sein großes Wort von den Hitlern, die kämen und gingen, während das deutsche Volk bliebe, war nur pathetische Floskel. Anders konnte man die Demontage der ostdeutschen Wirtschaft nicht verstehen. Erst seine Nachfolger verhielten sich schlauer. Im Kreml dämmerte die Erkenntnis, dass es günstiger sei, die emsigen Deutschen für sich arbeiten zu lassen.

Doch genau jene Sowjetunion, die selbst keine brauchbaren Straßenbahnen bauen konnte, maßte sich in Gestalt eines Iwan Iwanowitsch Korenzow, seines Zeichens «Einkäufer», nun an, die Güte der Erzeugnisse aus Gotha in Zweifel zu ziehen. Lorenz fehlten die Worte. Dieser Mann ließ zum Monatsende, weil ihm gerade danach war oder weil ihm das Frühstück im Hotel nicht geschmeckt hatte oder weil ihm seine Frau aus Moskau wieder einen langen Wunschzettel zugesandt hatte, dieser Mann ließ mehrere Straßenbahnen auf dem Werkhof stehen. Das hieß für den Betrieb, er hatte den Exportplan nicht erfüllt. Das hieß wiederum, die Kreisleitung der Partei stellte blöde Fragen. Ein nicht erfüllter Plan war an sich schon ein Ärgernis. Aber ein nicht erfüllter Exportplan in die Sowjetunion war obendrein ein Politikum. Und da die Partei immer alles besser wusste, durfte die Werkleitung im «kleinen Kreml», der örtlichen Parteizentrale, antreten und ellenlange Erklärungen abgeben, um sich dann von ahnungslosen Funktionären bedeutende Ratschläge anzuhören. So fraß man die Wut in sich hinein und ließ nacharbeiten. Was wiederum zusätzliche Kosten verursachte.

Dieser verdammte Korenzow mochte nicht viel im Kopf haben, aber wie er aus seiner Position das meiste herausholen konnte, das wusste er. Seine neueste Masche: Die Schlitze der Messingschrauben, mit denen die Buchenleisten der Sitze befestigt waren, standen nicht in einer Richtung. Die Schlitze der Schrauben, wohlgemerkt. Obwohl dies das Bild nicht störte, ja, es kein Mensch überhaupt wahrnahm und es auf Funktion oder Haltbarkeit der Sitzbänke schon gar keinen Einfluss hatte, reichte es, um den Transport einer Partie Straßenbahnen nach Leningrad zu blockieren.

«Ist der verrückt?!», fragte Lorenz. Er ließ einen dreifachen russischen Fluch über den Gang rollen, dass die Mitarbeiter die Köpfe einzogen, und fragte den Assistenten, wo dieses «arbeitsscheue Element» zu finden sei.

«Er residiert im ‹Mohren›», die eilige Antwort, «und soll dort jedes Mal eine satte Rechnung auf Kosten der ‹Lowa› stehenlassen.»

«Du sagst im ‹Mohren›? Das trifft sich gut. Den kauf ich mir.»

Am Abend stand Lorenz im Zweireiher mit Krawatte in der Tür der Hotelgaststätte. Von acht Tischen waren drei besetzt. Das Pärchen am Fenster hatte offensichtlich mit Straßenbahnen nichts zu tun. Auch unter den Männern, die etwas zu feiern hatten, war der Gesuchte nicht. Übrig blieb ein Mann in einem Anzug aus «amerikanischer Hühnerwolle», wie man in Russland eine solche Stoffqualität zu nennen pflegte. Er schien Ende fünfzig, hinter den dicken Gläsern seiner Hornbrille sahen die Augen klein und blass aus. Mit der rechten Hand hielt er ein Glas Bier und betrachtete vergnügt dessen Inhalt. Die andere Hand ruhte auf einer Schachtel russischer Papirossy. Kein Zweifel, dieser Mann kam aus den Weiten des Sowjetlandes.

Genussvoll nahm er einen kräftigen Schluck, dann wandte er sich dem Tatar zu. Lorenz schritt entschlossen auf den Freund der deutschen Kaltküche zu.

«Oh, was für ein seltenes Schauspiel!», begann er. «Ein Russe, der rohes Fleisch isst, wo gibt es so etwas? Das ist doch eher etwas für germanische Barbaren!»

Korenzows Gesicht, das eben noch den seligen Zustand der frohen Erwartung ausgedrückt hatte, verfinsterte sich. Er mochte es nicht, beim Essen gestört zu werden. Schon gar nicht von einem Landsmann. Nie wusste man, in wessen Auftrag so einer unterwegs war, an wen er seine Berichte schrieb. Schlimmer noch, die meisten hatten kaum Geld. Schlecht bezahlt, schnorrten sie, wo es nur ging, und er, Korenzow, musste ihnen dann auch noch einen Wodka nach dem anderen spendieren. Ohne Hoffnung, dass sich einer von ihnen je revanchierte. Hier nicht und daheim in Russland auch nicht.

Der ungebetene Gast hatte sich nicht einmal vorgestellt. Korenzow überlegte, ob es eine Möglichkeit gäbe, dem Gespräch auszuweichen, einfach so zu tun, als hätte er nichts gehört. Aber der Eindringling sah nicht aus, als ließe er sich abweisen.

«Rohes Fleisch? Wie kommen Sie darauf? Es ist eine Farce, eine wunderbar fein durchgedrehte, frische Farce. Es wäre schön, wenn es so etwas Gutes auch bei uns daheim gäbe.»

«Sie wissen doch, warum das in Russland unmöglich ist?»

Lorenz spottete weiter, zufrieden, dass es ihm auf Anhieb gelungen war, dem Mann ein Gespräch aufzudrängen.

Er schaute den Einkäufer herausfordernd an:

«Richtig! Wegen der winzigen Gesellen, die sich im Nu im rohen Fleisch verlaufen. Hier passt man genau auf. Bei Ihnen zu Hause ist das schwieriger. Ich kannte mal so ein Männlein an der Wolga, dürr, blass, immer schlecht gelaunt, dem ließen die Mitbewohner in seinem tiefsten Inneren keine Ruhe. Womit wir fast beim Thema wären.»

«Welchem Thema? Wer sind Sie überhaupt? Und was wollen Sie?!» Korenzow erstarrte in Abneigung.

«Ach ja, ich habe versäumt, mich vorzustellen: Lorenz Lorenzowitsch Lochthofen. Ich bin der technische Direktor im Waggonbau.»

«Technischer Direktor? Das kann nicht stimmen. Den kenne ich. Der heißt anders und sieht auch anders aus.»

«Der, den Sie meinen, der ist weg. Nach Berlin. Jetzt bin ich für Sie zuständig, und ich glaube, wir müssen reden. Darf ich?»

Lorenz zog einen Stuhl heran und winkte den Kellner herbei, der entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten sofort kam. Er konnte sich offensichtlich noch an das Trinkgeld erinnern, als Lorenz mit der Familie im Hotel wohnte.

«Zweimal das Übliche. Und bringen Sie mir bitte auch einen solchen Teller mit viel Zwiebel. Es duftet wunderbar.» Dann drehte er sich zu dem russischen Einkäufer um.

«Sie sind also der berühmte Korenzow?»

«Wieso berühmt?»

«Soll ich lieber sagen: berüchtigt? Wegen der Schrauben …»

«… der Schrauben?», wiederholte der Russe. «Welcher Schrauben zum Teufel?!»

Er hatte genug von diesem lästigen Gast. Gerade wollte er ihn auffordern, ihn in Ruhe zu lassen, da wurde er abgelenkt. Der Kellner setzte mit elegantem Schwung zwei Gläser auf den Tisch. Korenzow musterte sie verwundert. Das war kein Bier. Kein schönes, kühles Pils, das er so liebte. In diesen Gläsern schimmerte Wasser. Schon wollte er fragen, was der Unsinn zu bedeuten hätte, da wehte ein leichter Hauch zu ihm. Das war kein Wasser. Das war Wodka.

Schnapstrinken aus einem Wasserglas? Das hatte er im «Mohren» noch nicht gesehen. Daheim in Russland, ja. Da trank man Wodka aus allen Gefäßen, die eine Flüssigkeit fassen konnten. An Konservendosen, die nach Fisch rochen, oder leeren Gurkengläsern störte sich keiner. Hauptsache, es mangelte nicht an Alkohol. Gab es wenig davon, so half eine «Wodka-Suppe». In einem tiefen Teller wurde Schwarzbrot zerkrümelt, darüber goss man den Restschnaps. Wer dieses Nationalgericht auslöffelte, konnte sicher sein, dass er besonders schnell ans Ziel kam. Der nächste Tag war schrecklich.

Korenzow dachte angestrengt nach. Er war kein Freund von Trinkgelagen. Trinken hieß immer Gefahr. Man wurde übermütig, wollte glänzen, schwatzte dummes Zeug. «Meine Zunge ist mein Feind», auch er wusste um diese Weisheit und um ein Dutzend Fälle, wo sich Schwätzer um Kopf und Kragen geredet hatten. Das Auftauchen von Wodka in Wassergläsern konnte nur eines bedeuten: Vorsicht. Der ungebetene Gast konnte kein lupenreiner Deutscher sein. Dazu war sein Verhalten viel zu russisch.

«Trinken wir auf unsere Bekanntschaft!»

Lorenz hob sein Glas. Der Einkäufer zögerte, dann griff auch er zu. Sie stießen an und leerten die Gläser in einem Zug.

«Darf ich?»

Ohne die Antwort abzuwarten, streckte sich Lorenz über den Tisch und brach zu Korenzows Verwunderung ein Stück von dessen Brotscheibe ab. Er hielt sich das kleine Stück Brot unter die Nase, zog tief Luft in sich hinein und biss ab.

«Bitte, bitte …», antwortete Korenzow pikiert. «Ich sehe, Sie kennen sich gut aus in russischen Trinksitten. Wo haben Sie das gelernt? Woher können Sie unsere Sprache so gut?»

Lorenz lächelte. Wodka und Russe, das klappte immer. Er hatte ihn am Haken wie einen prächtigen Lachs, nun musste er ihn vorsichtig, ganz vorsichtig, herüberziehen.

«Das ist eine lange Geschichte. Ich war auf einer ganz besonderen Universität, hoch oben im Norden.»

«Ach, ich habe auch in Leningrad studiert. So ein Zufall!»

«Nein, Leningrad war es nicht.»

Er schaute Korenzow an, der hatte die Andeutung nicht verstanden. Der Russe schmierte das durchgedrehte Fleisch auf die Brotscheibe und biss herzhaft zu. Etwas Eigelb tropfte auf die Tischdecke. Ärgerlich kratzte er den Klecks mit dem Messer weg. Aus dem Tropfen, kaum sichtbar, wurde ein langer gelber Wisch.

«Aber wissen Sie, ich kenne nicht nur die Sprache und die Bräuche der Russen …», setzte Lorenz das Gespräch fort, um sogleich mitten im Satz innezuhalten und dem Kellner wortlos ein Zeichen zu geben. Der nickte und brachte, ebenfalls stumm, zwei weitere Gläser. Und ehe der verblüffte Korenzow etwas sagen konnte, hielt Lorenz abermals sein Glas hoch und prostete ihm zu.

«… sondern ich weiß auch, wie bei Ihnen gearbeitet wird!»

Ärgerlich musste Korenzow zur Kenntnis nehmen, dass der Mann die neuerliche Portion Wodka ohne jegliche Regung in sich versenkte. Nur das Glas schlug beim Absetzen etwas hart auf, die anderen Gäste schauten herüber. Der Kellner brachte Lorenz gerade rechtzeitig seine Portion, so dass er diesmal von seinem eigenen Brot ein Stück abbrechen konnte.

«Und glauben Sie mir, Iwan Iwanowitsch, es gibt zwischen Brest und Wladiwostok keinen Betrieb, der eine solche Qualität liefert wie wir. Die Schrauben stehen also nicht plan? Sie wissen doch, dass man sich bei Ihren Straßenbahnen daheim nicht einmal die Mühe macht, die Schrauben überhaupt hineinzudrehen. Sie werden mit dem Hammer hineingedroschen und fertig. Dass die Leisten in ein paar Wochen ab sind, wen interessiert das schon. Also, Genosse Generalabnehmer, was sollen die Mätzchen?»

Die undiplomatische, klar gestellte Frage erwischte Korenzow kalt. Mit so viel Dreistigkeit gegenüber einem sowjetischen Partner hatte er nicht gerechnet. Wie kam dieser Mensch dazu, ihn einfach bei Vor- und Vaternamen zu nennen, als verbände sie eine lange Freundschaft? Dazu noch dieser Ton. Und dann die Ausdrucksweise, «Mätzchen». Das konnte er sich nicht bieten lassen. Nicht von einem Deutschen. Schließlich hatten die den Krieg verloren. Schließlich standen russische Soldaten auf deutschem Boden und nicht umgekehrt. Er war dabei, eine Grobheit zu knurren, zog es aber dann doch vor, in der Deckung zu bleiben. Weiß der Teufel, was das für ein Kerl war. Ohne Grund würde niemand so anmaßend auftreten. Da musste sich einer sehr sicher sein. Korenzow entschied sich für «energisch», aber in der Wortwahl «beherrscht»:

«Ich habe getan, wie sagt man in Deutschland so treffend, was meine Pflicht ist. Schließlich zahlen wir viel Geld für Ihre Bahnen.»

«Nun, über die Preise könnten wir auch reden, andere zahlen deutlich besser!», unterbrach ihn Lorenz unwirsch. «Leider haben wir beide keinen Einfluss darauf. Wenn es jedoch um die Qualität der Arbeit geht, dann bin ich dafür zuständig. Und da würde ich bitten, dass diese Nörgelei aus nichtigem Anlass aufhört. Ich sage es gleich offen und klar: Ich bin entschlossen, notfalls auch meine Freunde in Moskau einzuschalten. Wer braucht solchen Ärger? Ich nicht. Und Sie auch nicht. Der ‹Mohr› wäre bestimmt traurig, wenn er Sie nicht wiedersehen würde. Der Tatar auch. Neider, die gerne Ihre Aufgabe übernehmen, gibt es gewiss viele. Das wissen Sie doch besser als ich, Iwan Iwanowitsch!»

Er prostete dem Russen mit dem dritte Glas Wodka zu, das der Kellner inzwischen ungefragt serviert hatte:

«Sie kennen sicher den alten Trinkspruch aus dem Kaukasus vom Esel, der sein wollte wie ein Löwe? Nein? Na, dann will ich Ihnen die Geschichte erzählen: Ein Esel hatte eines Tages den Spott satt, mit dem ihn die anderen Tiere den lieben langen Tag bedachten. Dumm und faul sei er, störrisch obendrein. Wartet, ihr Kanaillen, dachte der Esel und beschloss, ein Löwe zu werden. Bei einem Trödler beschaffte er sich ein Raubtierfell, streifte es über Kopf und Rücken und stolzierte markerschütternd brüllend umher. In der Tat, aus der Ferne sah er zum Fürchten aus, die Tiere waren überzeugt, das muss ein echter Löwe sein. Sie hatten große Angst. Eine Kuhherde nahm Reißaus, die Hühner legten keine Eier, selbst die Schweine wagten nicht mehr, sich in der Pfütze zu suhlen. Doch dann kam Wind auf. Plötzlich ein richtiges Unwetter. Eine Böe schnappte das Fell und flog mit ihm davon. Jetzt sahen alle, der furchterregende Löwe war gar kein Raubtier, sondern nur der alte, allen gut bekannte Esel. Auf die Erleichterung folgte der Zorn. Auf den Zorn die Tat. Gemeinsam vertrimmten sie den Hochstapler.

Also, Genosse Korenzow, lass uns die Gläser darauf erheben, dass wir keine Angst vor großen Tieren haben. Vor echten nicht und erst recht nicht vor falschen. Trinken wir darauf, dass all die Esel um uns herum Sie und mich nicht täuschen können!»

Das Glas in der Hand, überlegte der Russe, was die Geschichte mit dem Esel bedeuten sollte. Vielleicht hatte ihn der Deutsche ja schon wieder vorgeführt. Doch der kippte selenruhig, ohne den leisesten Hauch von Spott, den Schnaps hinunter. Korenzow blieb nichts weiter übrig, als ihm zu folgen. Mit dieser dritten Staffel zeigte der Alkohol seine Wirkung. Der Einkäufer lief rot an, während seine Nase ins Violette wechselte. Er prustete, konnte den Wodka nicht in einem Zug trinken, musste absetzen und wusste sogleich, dass er dem Druck des neuen «Technischen», der so anders auftrat als all die übrigen Deutschen, nicht gewachsen war. Die meisten von ihnen hatten schon die Hosen voll, wenn der sowjetische Genosse nur die Augenbrauen hob. Der nicht.

Dabei waren die Rollen klar verteilt. Korenzow wusste um den politischen Mehrwert der Lieferungen in das «Land Lenins». Folgerichtig betrachtete er seinen Aufenthalt in Gotha als eine Art Ausflug eines altrussischen Gutsinspektors zu den Leibeigenen aufs Land. Ein Grund, ein paar Bahnen stehenzulassen, fand sich immer. Das hatte für ihn einen doppelten Effekt: Im Werk wurde er gefürchtet, daheim in Moskau waren sie froh, einen so tüchtigen Mann entsandt zu haben. Und wenn einige der dringend erwarteten Bahnen erst Monate später eintrafen, in der Zentrale kümmerte es niemanden. Für Moskau reichte es, in der Provinz konnten sie warten.

Derweil genoss Korenzow im Hotel «Zum Mohren» ein schönes Leben. Er hatte sich im größten Zimmer mit extra dickem Federbett einquartiert. Wie er diese deutschen Federbetten, ihre wonnigliche Schwere liebte. Er aß und trank auf Kosten seiner Gastgeber, um dann nach Wochen, beladen mit Geschenken für Frau und Kinder und – was noch wichtiger war – für die Vorgesetzten, seine Rückreise nach Moskau anzutreten. Das Mitgebrachte für die Chefs musste besonders sorgfältig ausgesucht sein. Wer hier zu kleinlich vorging, riskierte alles. Er wusste, worauf es ankam. Mit einem Pralinenkasten oder einer Flasche Wein ließ sich wenig ausrichten. Denn sein Chef musste seinerseits nach oben abgeben. Und der Chef vom Chef lieferte noch weiter nach oben ab. Und da war es schon nicht mehr weit bis zum Minister. Von dem wusste Korenzow lediglich eines: Er nahm nur Bares. Ein Mitbringsel für das «Kontor», wie die Kollegen ihre Im- und Exporteinrichtung nannten, sah dann so aus: ein paar Schühchen für die Gattin des Abteilungsleiters, sie hatte Größe 41. Ihre Maße kannte er besser als die seiner Frau, einschließlich Körbchengröße. Ihr Gatte, sein Chef, war mit einer Flasche Korn zufrieden. Nach weiter oben gingen zwei weitere Flaschen, eine Stange «Pall Mall» und hundert Ost-Mark in kleinen Scheinen. Gab es im «Kontor» Gerüchte, dass die Zahl der Mitarbeiter gekürzt werden sollte, legte Korenzow noch zwei Krawatten dazu, die er vor der Heimreise in einem Berliner Kaufhaus zu erwerben pflegte. So hoffte er, die Kaderentscheidung möge zu seinen Gunsten ausfallen. Bisher hatten sie ihn nicht enttäuscht.

Nun das!

Dieser neue «Technische» verdarb ihm die Laune. Unruhe kam auf, die selbst der Wodka nicht eindämmen konnte. Was ist, wenn der «von ganz oben» den Auftrag hatte, ihm, Korenzow, auf die Finger zu schauen? Was ist, wenn die Genossen in Moskau davon Wind bekamen, dass er hier im «Mohren» nicht nur ein schönes Bett, sondern, passend dazu, auch ein schönes Fräulein hatte? Nun, schön, ja, vielleicht auf den zweiten Blick, und frisch wie der junge Morgen war es auch nicht mehr, aber immerhin, sie hatten ihre Freude. Nicht zu oft, dafür aber regelmäßig. Er lieferte russisches Konfekt und Sekt. Was war, wenn sie diesen sonderbaren Menschen geschickt hatten, um ihm seinen schönen Posten zu verderben? Das Beherrschen der russischen Sprache, die Trinkfestigkeit, das anmaßende Auftreten, das konnte kein Zufall sein. Ein Inspektor, möglicherweise sogar vom KGB? Dieser Gedanke ließ Korenzow blass werden. Sollte er seinen Führungsoffizier fragen? Lieber nicht. Die Herrschaften reagierten auf Fragen allergisch. Es galt, vorsichtig zu sein. Sehr vorsichtig. Korenzow griff den Ton seines neuen Bekannten auf:

«So, so, die Schrauben haben es Ihnen angetan. Nun, ich glaube, da lässt sich etwas machen. Sie müssen nur fest angezogen sein. Und, na ja, ein paar Schrauben können doch der deutsch-sowjetischen Freundschaft nichts anhaben. Oder?»

«Wunderbar! Dann sind wir uns einig! Sie können sicher sein, Iwan Iwanowitsch, an unseren Schrauben kann man einen Panzer abschleppen. Also abgemacht! Die Bahnen werden geliefert, wie sie sind. Wenn das kein Grund ist – auf Ihre Gesundheit!»

«Na sdorowje», brabbelte Korenzow. Er wusste genau, wie er sich morgen fühlen würde. Wie gerne hätte er Bier in seinem Glas …

 

Der nächste Tag kam, anstandslos gingen die längst überfälligen Straßenbahnen auf Reisen. Vier Wochen hörte Lorenz nichts von dem Mann aus Moskau. Dann stand der Assistent mit traurigem Gesicht wieder vor seinem Schreibtisch:

«Ich glaube, Sie müssen aufs Neue mit diesem Korenzow trinken.»

«Wieso, ist er inzwischen wieder nüchtern?»

«Es scheint so. Zumindest stänkert er schon wieder.»

«Gefallen ihm die Schrauben nicht mehr?»

«Nein, die Schraubenschlitze sind jetzt in Ordnung. Nun will er die Bergtauglichkeit der Bahnen testen.»

«Testen? Wozu das? Die sind getestet. Werden es jeden Tag. Unter realen Bedingungen. Der Anstieg hier am Nelkenberg ist der beste Test. Und überhaupt: Eine Straßenbahn ist keine Bergziege!»

«Das reicht ihm nicht. Er möchte, dass auf dem Werkgelände eine steile Rampe gebaut wird.»

«Ist der verrückt? Weder in Leningrad noch im Donbass haben sie Berge, auch Simferopol liegt in der Steppe. Dem Kerl ist es wohl wieder langweilig. Wo ist er? Immer noch im ‹Mohren›?»

«Soviel ich weiß, bringen sie ihn gerade mit dem Auto zum Zug nach Berlin. In zwei Monaten ist er wieder da, dann möchte er die Wagen klettern sehen.»

Lorenz stürmte aus dem Zimmer, wenige Minuten später hörte man ihn in der Parteileitung energisch auf Fritz einreden:

«Das können wir uns nicht bieten lassen! Das nicht!»

«Wer hat dich so in Fahrt gebracht?»

«Iwanowitsch! Diese Export-Import-Pfeife aus Moskau!»

«Leise, bitte, leise, Lorenz. Es wäre nicht gut, wenn jemand hört, wie du über den sowjetischen Genossen sprichst.»

«Ha, Genosse? Was ist an dem von einem Genossen? Sitzt hier, frisst sich durch und stört bei der Arbeit! Hast du schon von seiner neusten Gemeinheit gehört?»

«Ja, habe ich.»

«Das bedeutet für uns erheblichen Mehraufwand, den wir nicht bezahlt kriegen!»

«Das ist ärgerlich, aber wir werden einen solchen Kunden nicht verprellen können.»

«Ja, was glaubst du, wer dieser Korenzow eigentlich ist? Meint, er hält den lieben Herrgott bei den Eiern, dass er sich hier so aufspielen kann?»

Fritz zuckte. Obwohl er schon von Amts wegen kein gottesfürchtiger Mann sein konnte, bat er Lorenz, sich doch bitte etwas zu beruhigen. Die drastischen Bilder der russischen Metaphorik erschreckten ihn immer noch.

«Ich verstehe dich, aber wenn der Towarisch es so will, dann werden wir ihm die Rampe bauen müssen. Das ist noch immer billiger, als die Straßenbahnen auf dem Hof stehenzulassen.»

«Merkst du denn nicht, dass der uns nur schikaniert, um sich daheim als unabkömmlich aufzuspielen?»

«Was schlägst du vor? Dein letzter Einsatz war gut, aber es hat ja leider nicht lange vorgehalten. Willst du ihn totsaufen?»

«Nein, der kann ja nicht mal richtig trinken. Ich habe eine bessere Idee: Einer von uns fährt zu den Russen, dort hin, wo unsere Straßenbahnen laufen. Vorbei an allen Ein- und Verkäufern muss man mit den Leuten sprechen, du wirst sehen, die sind des Lobes voll. Denn das Einzige, was bei denen im Depot funktioniert, sind mit Sicherheit unserer Bahnen. Es wäre ein Wunder, wenn die keine Hymnen auf ihre proletarischen Brüder in Gotha anstimmten. Haben wir das schriftlich, dann kann uns ein Korenzow mal …»

Fritz überlegte. Er hatte sich an die unkonventionellen Lösungen seines «roten Bruders», wie sie sich in einem Anflug von Indianer- und Revolutionsromantik nannten, gewöhnt, aber so mir nichts, dir nichts in die Sowjetunion zu fahren, das klang abenteuerlich. Wenn etwas schiefging, dann wäre mit Sicherheit nicht nur der «Technische», sondern vor allem er, der Parteisekretär, dran. Die langen Predigten in der Kreisleitung, wie er nur so etwas zulassen konnte, klangen ihm schon in den Ohren. Andererseits war dieser Korenzow die Krätze, und wer konnte sagen, was da noch alles auf sie zukommen würde, wenn man dem nicht endlich das Maul stopfte.

«Eine gute Idee. Und wenn einer fährt, dann du. Du kennst dich als Einziger dort aus.»

Für einen Moment herrschte Schweigen. Mit so einer Wendung des Gesprächs hatte Lorenz nicht gerechnet. Wollte er das? Wollte er wirklich in den Zug Berlin – Moskau steigen? Genau in jenen Zug, der ihn nach vielen Jahren, als er es fast schon nicht mehr glauben konnte, endlich hierhergebracht hatte. Die seidene Luft der Krim, ein Gläschen Rotwein mit dem alten Pawel Alexandrowitsch, mit den beiden Jungs durch die Weinfelder zum Meer laufen, das alles konnte er sich gut vorstellen. Irgendwann. Aber jetzt? Hals über Kopf eine Dienstreise antreten, von der man nicht einmal sagen konnte, wohin sie führte? Erst recht nicht, wer ihn dort erwartete. Dass die sich eine solche Gelegenheit nicht entgehen ließen, um wieder ihre Macht zu demonstrieren, das konnte er sich gut vorstellen. Sofort hörte er wieder das Bellen der hungrigen Hunde, das Heulen der Purga.

Wollte er das?

Er wäre froh gewesen, die Entscheidung nicht selbst treffen zu müssen. All seine Bedenken, die Angst, darüber sprechen konnte man nicht. Die «unverbrüchliche Freundschaft zur Sowjetunion» ging über alles. Sie war der entscheidende Glaubenssatz ostdeutscher Politik. Wer den verletzte, war draußen. Egal, was einer da oben in der Tundra erlebt hatte. Egal, welche Gründe ihn leiteten. Und Gründe gab es mehr als genug. Denn es war offensichtlich, in der Sowjetunion ging nicht nur einiges, sondern das meiste schief. Die Millionen Toten des Gulag. Die völlige Rechtlosigkeit des Einzelnen. Die hoffnungslose Rückständigkeit der Wirtschaft. Über all das schwieg das neue, sich selbst als das bessere wähnende Deutschland. Die Ulbrichts und Piecks hatten verstanden. Die Letzten, die noch Fragen stellten, waren schon lange tot. Der Krieg war Geschichte, man munkelte, Stalin solle aus dem Mausoleum verbannt werden. Doch die Angst lebte weiter. Jeder Spitzenmann der SED war das immer nur von Moskaus Gnaden. Ein langes Band, an dem sie liefen, aber sie blieben angekettet.

Bereits wenige Tage nach der Rückkehr hatte Lorenz zur Kenntnis nehmen müssen, dass sein Traum von einem anderen Sozialismus in diesem anderen Deutschland ein Traum bleiben würde. Eine romantische Attitüde seiner Jugend, die, wenn er sich umsah, bei den meisten längst verkümmert war. Er hatte inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft, genauer die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik, erhalten. Gleich nach der Ankunft füllte er die Formulare aus und bekam bald einen deutschen Personalausweis. Zu der Zeit konnte so ein Papier, oder wie Lorenz nach russischer Art zu sagen pflegte: Dokument, nicht gesamtdeutsch genug klingen. Später änderte sich das radikal. Der Westen hatte den Osten aufgegeben. Der Osten bereits viel früher den Anspruch, das bessere Deutschland zu sein. Er war nur noch die bessere DDR.

Bewegt hatte Lorenz den neuen Ausweis in die Jackentasche gesteckt, auch wenn er aussah, wie eben alles in der DDR aussah. Grau. Dennoch dachte er nicht daran, seinen sowjetischen Pass abzugeben. Schon wegen der Kinder. Beide Jungs blieben Ausländer. Wie ihre Mutter. Lena war nicht bereit, in dieser Frage auch nur einen Millimeter nachzugeben. Im Gegenteil. Ein Gespräch mit ihr wurde immer schwieriger. Je tiefer er in die Arbeit eintauchte, sich die ersten Erfolge einstellten, umso vergifteter wurde ihre Beziehung. Als vorläufiger Tiefpunkt gestaltete sich eine Feier in ihrer ersten Gothaer Wohnung in der Reuterstraße.

Damit Lena nicht allein sitzen musste – im Gegensatz zum Deutsch der Kinder blieb ihres mangelhaft –, gehörte zu den Gästen auch ein russisches Ehepaar. Major Melichow, ein unterhaltsamer Mann, diente in der Gothaer Garnison; seine Frau arbeitete wie fast alle Offiziersfrauen nicht. So hatte sie viel Zeit für ihre Lieblingsbeschäftigung, das Tratschen, und für ihr wichtigstes Problem, das Abnehmen. Aber das sah man nicht. Allenfalls konnte man sich wundern, wieso das Kleid, in das sie sich auf wundersame Weise gezwängt hatte, nicht einfach platzte. Geladen waren auch die Buchhändlerin Karin und ihre Freundin Sonja. Karin hatte sich auf russischsprachige Literatur spezialisiert und beherrschte, wie ihre Freundin, die Sprache gut. Beide waren ledig und noch um einige Jahre jünger als Lena.

Zunächst zeigten sich die Gäste, ob nun Deutsche oder Russen, entzückt von der vorzüglichen Bewirtung durch die Hausfrau. Lena hatte sich auf ihren großen Auftritt vorbereitet. Pelmeni, Borschtsch, es schmeckte wunderbar, und da man sich reichlich einschenkte, herrschte alsbald ausgelassene Stimmung. Ein Plattenspieler wurde geholt, deutsche Schlager mischten sich mit russischen Romanzen. Als Lorenz zum vierten Mal Sonja zum Tanz aufforderte, fauchte Lena unüberhörbar. Als sich Lorenz später mit Sonja Wange an Wange wiegte, schritt sie zur Tat. Sie gab der jungen Frau eine saftige Ohrfeige, verschwand im Kinderzimmer und ließ sich trotz aller Versuche, etwas zu erklären, nicht mehr sehen. Die Gäste verabschiedeten sich, Sonja ward im Haus nicht mehr gesehen.

Lorenz wusste nun, in die Enge getrieben, konnte er Lenas Reaktion nicht mehr kontrollieren. Das hieß für ihn, die Zahl solcher Begegnungen klein zu halten. Er selbst fand durch die Arbeit sehr schnell Anschluss an andere, für Lena hingegen begann der Rückzug in die Isolation.

Während Lorenz noch nach einer Begründung suchte, warum er auf keinen Fall diese Dienstreise antreten konnte, eilte Fritz in seinen Gedanken voraus. Dem Werkleiter die Sache zu verklickern, schien nicht das Problem. Der musste zwar das Geld rausrücken, die Parteileitung hatte ja im Grunde kaum Mittel, aber eine echte Wahl hatte der Werkleiter auch nicht. Dem Parteisekretär eine solche Bitte auszuschlagen, wäre unklug.

Aber wäre es überhaupt klug, Lorenz allein fahren zu lassen? Sicher nicht. Sie hatten sich inzwischen angefreundet, und Fritz vertraute Lorenz. Das war nicht selbstverständlich. Das Misstrauen zwischen den Menschen saß tief, ein unbedachtes Wort, und schon stand es in einem Bericht. Bei Lorenz war sich Fritz sicher, der sagte, was er meinte, und außer Produktionsberichten schrieb der keine anderen. An niemand. Aber sein Temperament. Schnell ließ sich Lorenz von etwas begeistern, vorbehaltlos stürzte er sich in neue Aufgaben, riss andere mit. War aber auch gnadenlos zu jenen, die das Tempo nicht halten konnten. Langes Abstimmen, mehrseitige Anträge stellen, im Zweifel lieber zurückweichen, all das war mit ihm nicht zu machen. So schien es angeraten, den technischen Direktor nicht allein auf Reisen zu schicken. Und siehe da, Lorenz war über einen Begleiter sogar froh. Das kam zwar den Betrieb teurer, aber zu zweit konnte man ganz anders auftreten. Damit waren sie eine «Delegazia». Und eine «Delegazia» hatte in Russland einen weit höheren Stellenwert als jeder einzelne Abgesandte.

Zwei Tage später saßen Lorenz und einer aus der Kaufmännischen in einem Abteil der sowjetischen Staatsbahn und schaukelten in den Abend, Richtung Moskau. Im Gepäck, neben Schreibmappen mit Goldprägung auf dem Leder, Kugelschreiber, Armbanduhren und eine Batterie Kornflaschen.

Bereits der erste Chef eines Straßenbahndepots war beim Anblick der Freundschaftsgeschenke bereit, zu unterschreiben, was die «germanischen Freunde» nur wollten. Die Stadt hieß Stalino, es war Lenas Heimatstadt. Lorenz dachte an die Zufälle des Lebens und sah zu, wie in der Aktentasche des Chefs Stifte und Mappen verschwanden. Als der Gastgeber den Blick der Deutschen spürte, meinte er fröhlich:

«Machen Sie sich keine Sorgen, ich verteile das schon. Glauben Sie mir, die Sächelchen werden der sowjetisch-germanischen Freundschaft einen wichtigen Impuls verleihen! Und damit auch Sie zufrieden sind, bitte ich Sie, Lorenz Lorenzowitsch, diktieren Sie meiner Sekretärin das Dankschreiben. Sie scheinen mir weit geeigneter dafür als jeder andere. Und ich unterschreibe die Urkunde. Das Stempelchen liegt schon bereit. Und wenn wir mit der Arbeit fertig sind, widmen wir uns der Vertiefung unserer freundschaftlichen Bande. Wir haben da etwas Kleines vorbereitet.»

Der Mann schnalzte mit der Zunge, Lorenz wusste, das «Kleine» konnte nur ein großes Gelage sein.

 

Währenddessen verfinsterten sich in Gotha die Gesichter. Man hatte vergessen festzulegen, wann die Delegation zurück sein sollte. Wo denn der Genosse Lorenz abgeblieben sei, klopfte der Werkleiter nach zwei Wochen betont höflich bei Fritz an. Ärgerlich. Doch siehe da, am Tag darauf stand Lorenz in der Tür, stellte Fritz eine Flasche Kognak auf den Tisch, dazu eine Tüte Konfekt.

«Die Süßigkeiten sind nicht für dich, sondern für dein Röslein! Und für die Frauen im Vorzimmer.»

Er lachte und holte aus der Aktentasche einen Packen Papiere. Die meisten Urkunden zierten rote Fahnen und goldene Staatswappen. Lorenz griff nach einem prächtigen Exemplar, mit salbungsvoller Stimme übersetzte er:

«Die Straßenbahner der Heldenstadt Leningrad grüßen die teuren Genossen in Gotha, deren hervorragende Arbeit dazu beiträgt, dass wir unsere Aufgaben bei der Gestaltung des kommunistischen Aufbaus täglich vorbildlich erfüllen können. – Na, ist das nichts? Oder hier: Die vorbildhafte Qualität der Tramwaj aus Gotha hilft uns täglich, den Plan zur Beförderung der Werktätigen von Stalino nicht nur zu erfüllen, sondern auch zu überbieten. Die Kohlekumpel des Donbass senden den Waggonbauern aus Gotha einen kommunistischen Gruß, sie stehen gemeinsam in der vordersten Front der Kämpfer gegen westdeutsche Revanchisten und Kriegstreiber.»

Fritz war die Erleichterung anzusehen:

«Wenn die Urkunden alle so sind, dann haben wir den Iwan Iwanowitsch im Sack!»

«Klar sind die alle so! Alle selbst diktiert!»

Als der ahnungslose Korenzow kurze Zeit später aus dem Heimaturlaub zurückkam und düster wie eine Gewitterwolke durchs Werktor fuhr, wurde er höflich in die Parteileitung gebeten. Seine Frage nach der Rampe blieb unbeantwortet, stattdessen empfing ihn Fritz schon an der Tür mit «teurer sowjetischer Genosse». Korenzow zeigte sich in Anbetracht der ungewohnt herzlichen Begrüßung irritiert, dennoch fand er das Benehmen angemessen. Gefällig nahm er zur Kenntnis, dass sich zu seinem Empfang die gesamte Werkleitung aufgestellt hatte, versammelt um einen Tisch, der neben Bier- und Kornflaschen reichlich mit Thüringer Würsten gedeckt war. Diese Art von Begrüßung mochte Iwan Iwanowitsch an seinem Beruf besonders.

«Das sieht sehr gut aus, was Sie hier vorbereitet haben! Und riecht auch sehr gut! Aber müssen wir nicht zuerst etwas arbeiten? Denn wie Genosse Lenin schon sagt …»

Was der Begründer des Sowjetlandes zu sagen pflegte, erfuhren die Teilnehmer der Runde nie. Lorenz sprang dem Mann entgegen, umarmte ihn, als seien sie von Kindesbeinen an miteinander vertraut, zog ihn vom lockenden Tisch zur gegenüberliegenden Wand. Korenzow schaute entgeistert. Die Wand war von oben bis unten mit rotem Tuch bespannt. In den Ecken standen Fahnen, kunstvoll drapiert. Die Porträts von Thälmann und Lenin, die streng, aber nicht unfreundlich auf das Treiben vor ihnen blickten, markierten die Mitte der Komposition, während um sie herum mehrere Reihen in Goldrahmen gefasster Urkunden hingen. Ehe Korenzow etwas fragen konnte, begann Lorenz:

«Iwan Iwanowitsch, wir wissen nicht, wie wir uns bedanken sollen. So viel Lob und Anerkennung wie von unseren sowjetischen Partnern haben wir noch nie bekommen.»

Der Einkäufer las aufmerksam die Texte und wusste sofort, der Vorgang war geeignet, sein ausgeklügeltes Geschäftsmodell zu zerstören. Lorenz begann, das Geschriebene zu deklamieren. Auch wenn die meisten in der Runde des Russischen nicht mächtig waren, so ließen sie keinen Zweifel, dass sie alles verstanden.

Als am späten Abend die Flaschen leer waren und Fritz das letzte Mal mit seiner satten Stimme den «Herrlichen Baikal» anstimmte, den er «auf einer Lachstonne» zwingen wollte, wusste Korenzow, dass es für ihn hier nichts mehr zu holen gab. Die Sache mit der Rampe konnte er vergessen. Er schaute Lorenz lange mit glasigen Augen an und zischte:

«Kosa na kamen naschla …»

Die Sense ist auf einen Stein gestoßen.

Schwarzes Eis: Der Lebensroman meines Vaters
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