23

Er lag in kühlem Schatten, und eine sanfte Brise strich ihm durchs Haar. Er wollte nicht aus dem tiefen, traumlosen Schlaf erwachen. Diese Art von Frieden fand er nur selten. Und nie so wie jetzt. Er wollte sich hineinkuscheln und hundert Jahre schlafen.

Aber der schwache Geruch nach Jasmin in seiner Nähe führte dazu, dass er aufwachte. Er sog den süßen Duft in seine Lungen und schmeckte ihn bis hinten in seiner ausgedörrten Kehle, kostete ihn aus. Dann zwang er seine schweren Lider, sich zu öffnen. Er blickte auf und sah wunderschöne braune Augen, die ihn unverwandt anschauten.

„Fühlst du dich besser?“

Das tat er tatsächlich. Der brennende Kopfschmerz war verschwunden. Seine Haut fühlte sich nicht länger an, als würde sie ihm vom Körper gezogen. Der schneidende Schmerz in seinem Bauch war einem dumpfen Nagen gewichen, was sich immer noch furchtbar unangenehm anfühlte. Aber es war nicht so schlimm, dass er es nicht ertragen konnte.

Er versuchte ihr zu sagen, dass es ihm besser ging, aber seine Stimme war nur ein heiseres Krächzen. Nach einigem Räuspern brachte er ein paar Worte hervor. „Ich bin okay.“

Gabrielle saß neben ihm auf dem Bett und hielt seinen Kopf auf ihrem Schoß. Sie hatte ein kühles, feuchtes Tuch in der Hand, das sie ihm sanft auf Stirn und Wangen drückte. Mit den Fingern der anderen Hand streichelte sie ihm zärtlich und beruhigend über das Haar.

Es fühlte sich gut an. So unglaublich gut.

„Du warst in einer ganz schön schlimmen Verfassung. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.“

Er stöhnte auf, als sie ihn daran erinnerte, was geschehen war. Der Anfall von Blutdurst hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen und in eine stotternde, willensschwache Kugel aus Schmerz verwandelt. Und Gabrielle hatte all das mit angesehen. O Gott, er wollte in ein dunkles Loch kriechen und sterben, jetzt, da ihn jemand dermaßen am Boden gesehen hatte. Und gerade Gabrielle. Die Scham über seine eigene Schwäche traf ihn schwer, aber was ihn schlagartig hellwach werden ließ, war die plötzliche Angst, die ihn jetzt ereilte. Er setzte sich hastig auf. „Himmel. Gabrielle, ich habe doch nicht … habe ich dir wehgetan?“

„Nein.“ Sie berührte seinen Kiefer ohne jede Spur von Sorge in ihren Augen oder ihrer zärtlichen Liebkosung. „Es geht mir gut. Du hast mir nichts getan, Lucan.“

Gott sei Dank.

„Du trägst mein Hemd“, sagte er. Erst jetzt bemerkte er, dass ihr Pullover und ihre Jeans verschwunden und ihre schlanken Kurven nur mit einem schwarzen T-Shirt verhüllt waren. Alles, was er trug, war seine Hose.

„Ach ja“, meinte sie und zog an einem losen Faden. „Ich habe es vor einer Weile angezogen, als Dante kam und nach dir sehen wollte. Ich habe ihm gesagt, dass du im Bett liegst und schläfst.“ Sie errötete ein wenig. „Ich dachte mir, er ist weniger geneigt, Fragen zu stellen, wenn ich in diesem Outfit an die Tür gehe.“

Lucan lehnte sich zurück und sah sie mit einem Stirnrunzeln an. „Du hast für mich gelogen.“

„Es schien dir ziemlich wichtig zu sein, dass dich niemand … so sieht.“

Er sah sie an, wie sie entspannt und vertrauensvoll bei ihm saß, und schwieg tief betroffen und voller Bewunderung. Jeder andere, der ihn in dem Zustand sah, hätte ihm eine Titanklinge ins Herz gerammt – und das mit vollem Recht. Aber Gabrielle hatte keine Angst gehabt. Er hatte einen seiner bisher schlimmsten Anfälle durchgestanden, und Gabrielle war die ganze Zeit bei ihm geblieben. Hatte sich um ihn gekümmert.

Sie hatte ihn beschützt.

Seine Brust verengte sich vor Respekt. Vor tiefster Dankbarkeit.

Er hatte nicht gewusst, wie es sich anfühlte, wenn man in der Lage war, jemandem so zu vertrauen. Er wusste, dass er jedem seiner Brüder in der Schlacht den Rücken decken würde, genau wie umgekehrt, aber das hier war etwas anderes. Hier passte jemand auf ihn auf. Behütete ihn, wenn er am verletzlichsten war.

Und das, obwohl er sie angefaucht und angeknurrt hatte und sie hatte vertreiben wollen. Nachdem er sie die wahre Bestie, die er war, hatte sehen lassen.

Er fand keine Worte, um ihr für etwas so zutiefst Großherziges zu danken. Stattdessen beugte er sich vor und küsste sie, so sanft, wie er konnte, und mit all der Ehrerbietung, die er niemals angemessen ausdrücken konnte.

„Ich muss mich anziehen“, sagte er dann und stöhnte bei dem Gedanken, sie verlassen zu müssen. „Es geht mir jetzt besser. Ich sollte mich aufmachen.“

„Wohin?“

„An die Oberfläche, noch ein paar Rogues töten. Ich kann nicht zulassen, dass die anderen meine ganze Arbeit übernehmen.“

Gabrielle rückte auf dem Bett näher an ihn heran und legte ihre Hand auf seinen Unterarm. „Lucan, es ist zehn Uhr morgens. Da oben ist jetzt heller Tag.“

Er drehte den Kopf zu der Uhr auf dem Nachttisch und sah, dass sie recht hatte. „Scheiße. Ich habe die ganze Nacht verschlafen? Dafür wird mir Dante ewig und drei Tage den Arsch aufreißen.“

Gabrielles Lippen verzogen sich zu einem sinnlichen Lächeln. „Tatsächlich glaubt er vermutlich, dass du so was Ähnliches die ganze Nacht mit mir getan hast. Erinnerst du dich?“

Erregung flammte in ihm auf wie Feuer auf trockenem Zunder.

Verdammt.

Allein der Gedanke …

Sie saß da, die Beine unter ihrem Körper verschränkt, und das weite schwarze T-Shirt lag locker um ihre Schenkel, was ihm einen undeutlichen Blick auf einen winzigen weißen Slip am oberen Ende all dieser Pfirsichhaut gewährte. Ihr Haar fiel ihr in üppigen roten Wellen um Gesicht und Schultern. Er wünschte sich nichts mehr, als seine Hände darin zu vergraben, während er in sie eindrang.

„Ich hasse den Gedanken, dass du für mich lügen musstest“, knurrte er rau und strich mit seiner Hand an der seidigen Kurve ihres Schenkels entlang. „Ich sollte eine ehrbare Frau aus dir machen.“

Sie ergriff seine Finger und hielt sie fest. „Meinst du wirklich, du bist dem schon wieder gewachsen?“

Er lachte leise und anzüglich. „Oh, mehr als gewachsen.“

Obwohl ihre Augen warmes Interesse signalisierten, setzte sie eine zweifelnde Miene auf. „Du hast viel durchgemacht. Vielleicht sollten wir über das reden, was passiert ist. Es wäre vielleicht auch besser, wenn du dich noch etwas ausruhst.“

Über seine Probleme zu reden war das Letzte, was er wollte, zumal wenn Gabrielle in seinem Bett so verführerisch aussah. Sein Körper hatte sich von den Strapazen erholt, und sein Geschlechtsteil erwachte schnell zum Leben. Wie üblich, wenn er sich in ihrer Nähe befand. Schon wenn er bloß an sie dachte.

„Sag du mir, ob ich noch Ruhe brauche.“

Er nahm ihre freie Hand und führte sie zu der harten Wölbung seiner Erektion, die prall unter dem Reißverschluss seiner Hose hervortrat. Sie strich mit den Fingerknöcheln über die gespannte Schwellung seines Schaftes und drehte ihr Handgelenk, um ihn mit ihrer ganzen Handfläche zu umschließen. Er schloss die Augen und verlor sich in ihrer Berührung und dem warmen Duft ihrer Erregung, als sie sich in seine Arme schmiegte.

Dann küsste er sie, lange und innig, ließ seinen Mund langsam mit ihrem verschmelzen. Lucan schob seine Hände unter das T-Shirt und ließ seine Finger die seidige Haut an ihrem Rücken entlang nach oben wandern, dann nach vorn zu ihren Rippen und der köstlichen Schwellung ihrer Brüste. Ihre Brustwarzen wurden hart, als er sie streichelte, kleine Knospen, die geradezu darum flehten, dass man an ihnen saugte.

Gabrielle wölbte sich seinen Händen mit einem Stöhnen entgegen. Ihre Hände befingerten den Knopf an Lucans Hose. Zogen den Reißverschluss auf. Glitten hinein und umschlossen seinen Schwanz mit ihrer heißen Handfläche.

„Du bist so gefährlich“, flüsterte er gegen ihren Mund. „Es gefällt mir, dich hier zu haben, in meiner Domäne. Das hätte ich nicht gedacht. Wer weiß, ob das wirklich gut ist.“

Er hob den Saum des T-Shirts, zog es ihr über den Kopf und warf es beiseite, sodass er ihren nackten Körper hemmungslos bewundern konnte. Er hob ihr Haar an und strich es über die Schulter zurück. Dann streichelte er sanft mit den Fingerknöcheln über die Seite ihres Halses.

„Bin ich wirklich die erste Frau, die du hierher gebracht hast?“

Er lächelte schief und liebkoste ihre weiche Haut. „Wer hat dir das erzählt? Savannah?“

„Ist es wahr?“

Er beugte sich nach vorn und nahm eine ihrer rosigen Brustwarzen in den Mund. Dann drückte er sie mit seinem Körpergewicht nach unten, während er sich schnell von seiner Hose befreite. Seine Fangzähne begannen sich aus seinem Zahnfleisch zu schieben, und sein Verlangen brannte so heiß, dass es bald außer Kontrolle geriet und in heißen Wogen durch seinen Körper pulsierte.

„Du bist die Einzige“, sagte er undeutlich. Er schuldete ihr diese Ehrlichkeit als Gegenleistung für das Vertrauen, das sie ihm entgegengebracht hatte.

Und Gabrielle würde auch die letzte Frau sein, die er hierher bringen würde.

Er konnte sich nicht vorstellen, je irgendeine andere in seinem Bett zu haben. Gerade jetzt. Nie wieder würde er jemanden so in sein Herz lassen. Denn das war es, was er getan hatte. Er musste jetzt der unumstößlichen Tatsache ins Auge sehen – trotz seiner sorgfältigen Kontrolle, trotz all der Jahre selbst auferlegter Einsamkeit war er unaufmerksam geworden und hatte seinen emotionalen Schutzwall bröckeln lassen. Gabrielle hatte die entstandene Lücke gefüllt, wie es niemand je wieder schaffen würde.

„Gott, du bist so weich“, sagte er, als er sie liebkoste. Er strich mit den Fingern über ihren Bauch und Unterleib bis zu der zarten Kurve ihrer Hüfte. Dann drückte er ihr einen Kuss auf die Lippen. „So süß.“

Seine Hand wanderte tiefer, zwischen ihre Schenkel, und schob sacht ihre Beine auseinander, um besseren Zugang für seine forschende Berührung zu haben.

„So nass“, murmelte er und lotete ihren Mund mit seiner Zunge aus, wie sein Finger die feuchten Falten ihrer Spalte erforschte.

Er drang mit einem Finger in sie ein. Zuerst war es nur ein Necken, dann tastete er tiefer. Sie klammerte sich an ihm fest und bäumte sich auf, als zwei weitere Finger in sie hineinglitten und die weiche Scheide liebkosten, die ihn so fest umschloss. Er unterbrach den Kuss und schob sich an ihrem Körper nach unten, drückte ihre Beine auseinander und legte sich zwischen sie.

„So schön“, murmelte er rau, fasziniert von ihrer erhitzten Vollkommenheit. Er drückte sein Gesicht gegen ihre Scham und öffnete sie mit beiden Händen. Dann ließ er seine Zunge spielen, leckte ihre Klitoris und die feuchten Falten, die sie umgaben. Er brachte sie zu einem schnellen Höhepunkt und genoss ihre wilden, bebenden Zuckungen, als sie ihre Finger in seine Schultern krallte und aufschrie.

„Gott, du machst mich fertig, Frau. Ich kann nie genug von dir bekommen.“

Er brannte so sehr darauf, in ihr zu sein, dass er kaum ihr erschrockenes Aufkeuchen hörte, als er wieder nach oben kam, um sie mit seinem Körper zu bedecken. Dann bemerkte er ihre plötzliche Reglosigkeit, aber es war ihre Stimme, die ihn über ihr erstarren ließ.

„Lucan … deine Augen …“

Instinktiv drehte er hastig das Gesicht weg. Zu spät. Er wusste, dass sie das hungrige Glühen seines verwandelten Blickes gesehen hatte. Es war der wilde Blick, den sie letzte Nacht an ihm gesehen hatte – oder besser gesagt, dieser Blick ähnelte dem von letzter Nacht so sehr, dass menschliche Augen Schwierigkeiten hatten, den Unterschied zwischen Blutdurst und körperlichem Verlangen zu erkennen.

„Bitte“, sagte sie sanft. „Lass mich dich ansehen …“

Widerstrebend sah er sie wieder an. Er stützte sich über ihr mit seinen Fäusten ab und bemerkte einen Anflug von Angst in ihren Augen, aber sie zuckte nicht vor ihm zurück. Sie betrachtete ihn genau, prüfend, erforschte ihn.

„Ich werde dir nichts tun“, sagte er. Seine Stimme klang rau und belegt. Er ließ sie bei seinen Worten seine Fangzähne sehen, unfähig, jetzt seine körperlichen Reaktionen vor ihr zu verbergen. „Das ist Verlangen, Gabrielle. Begehren. Das passiert deinetwegen. Manchmal reicht es schon, an dich zu denken –“ Er sprach den Satz nicht zu Ende und fluchte leise. „Ich will dir keine Angst machen, aber ich kann die Verwandlung nicht unterdrücken. Nicht, wenn ich dich so verdammt heiß begehre.“

„Und all die anderen Male, als wir zusammen waren?“, flüsterte sie mit gerunzelter Stirn. „Da hast du das vor mir versteckt? Du hast immer dein Gesicht abgeschirmt, deinen Blick abgewandt, wenn wir uns geliebt haben –“

„Ich wollte dir keine Angst machen. Ich wollte nicht, dass du siehst, was ich bin.“ Er lachte. „Du hast trotzdem alles gesehen.“

Sie schüttelte langsam den Kopf und brachte ihre Hände nach oben, um sein Gesicht festzuhalten. Dann sah sie ihm tief in die Augen und nahm alles, was sie von ihm sah, in sich auf. Ihre Augen glänzten feucht und glitzerten. Sie leuchteten unglaublich stark. Es lag ein zärtlicher Ausdruck der Zuneigung darin, und all diese Zärtlichkeit gehörte ihm. „Für mich bist du wunderschön, Lucan. Ich will dich immer sehen. Es gibt nichts, was du je vor mir zu verbergen brauchst.“

Ihre ernsthafte Erklärung bewegte ihn tief. Sie wich seinem wilden Blick nicht aus, als sie seinen starren Kiefer streichelte, und ihre Finger glitten tiefer, um seine geöffneten Lippen zu liebkosen. Seine Fangzähne schmerzten und wurden noch länger, als sie sein Gesicht mit ihrer zärtlichen Berührung erkundete.

Wie um ihm – oder vielleicht auch sich selbst – etwas zu beweisen, ließ sie ihre Finger über seine Lippen in seinen Mund gleiten. Lucan stöhnte tief in der Kehle, ein raues, stimmloses Knurren. Hungrig presste er seine Zunge gegen ihre Fingerspitzen, und seine Zähne streiften ihre Haut mit zärtlicher Zurückhaltung, als er die Lippen schloss und sie tiefer in seinen Mund saugte.

Er sah, wie Gabrielle hart schluckte, und roch das Adrenalin, das durch ihren Körper schoss und sich mit dem Geruch ihres Verlangens mischte.

Sie war so verdammt schön, so weich und gebend, so mutig in allem, was sie tat, dass in ihm ganz von selbst ein Gefühl der Ehrfurcht entstand.

„Ich vertraue dir“, sagte sie, und ihre Augen verdunkelten sich vor Leidenschaft, als sie langsam ihren Finger zwischen seinen scharfen Zähnen herauszog. „Und ich will dich. Jeden Teil von dir.“

Das war mehr, als er ertragen konnte.

Mit einem animalischen Knurren der Lust stürzte er sich auf sie, brachte sein Becken zwischen ihre Schenkel und spreizte sie mit seinen Knien weiter auseinander. Ihre Scham war feucht und heiß an seiner Eichel, ein Willkommen, dem er nicht widerstehen konnte. Mit einem mächtigen Stoß drang er in sie ein, so tief, wie er konnte. Sie nahm ihn bis auf den letzten Zentimeter in sich auf, und ihr enger Kanal umschloss ihn wie eine Faust und tauchte ihn in wunderbare, nasse Hitze. Lucan zischte scharf, als die Wälle ihres Geschlechts bei seinem ersten langsamen Rückzug erbebten. Er drang erneut vor, wobei er ihre Knie über seine Arme legte, sodass er ihr noch näher kommen, noch tiefer in sie eindringen konnte.

„Ja“, feuerte sie ihn an und bewegte sich mit ihm in einem Tempo, das inzwischen alles andere als sanft war. „Gott, Lucan, ja.“

Er wusste, dass sein Gesicht durch die Macht seiner Lust hart aussah. Wahrscheinlich hatte er nie bestialischer ausgesehen als in diesem Moment, als sein Blut zu kochen begann. In ihm erwachte jener Teil, der den Fluch der gewalttätigen Abstammung seines Vaters trug. Er fickte sie hart und versuchte das dröhnende, immer größer werdende Bedürfnis zu ignorieren, das nach mehr rief als diesem ungeheuren Genuss.

Sein Blick heftete sich auf Gabrielles Kehle, wo unter ihrer zarten Haut eine kräftige Ader pulsierte. Ihm lief heftig das Wasser im Mund zusammen, sogar noch, als sich im unteren Teil seiner Wirbelsäule der Druck aufbaute, der seinen Orgasmus ankündigte.

„Hör nicht auf“, sagte sie ohne das kleinste Zittern in der Stimme. Himmel, sie zog ihn tatsächlich noch enger an sich und hielt seinem wilden Blick stand, während ihre warmen Finger über seine Wange strichen. „Nimm so viel von mir, wie du brauchst. Nur … o Gott … hör nicht auf.“

Lucans Nase füllte sich mit ihrem erotischen Duft. Er nahm den leichten Kupferhauch des Blutes in sich auf, das ihre Brüste sowie die blasse Haut ihres Halses und ihres Gesichtes färbte. Er brüllte auf vor Qual, als er darum kämpfte, sich selbst – ihnen beiden – die Ekstase zu versagen, die nur der Kuss eines Vampirs bringen konnte.

Lucan zwang sich, seinen Blick von ihrer Kehle abzuwenden, und drang mit neuer Energie in ihren Körper ein, um erst Gabrielle und dann sich selbst zu einem gewaltigen Höhepunkt zu bringen.

Aber sein Orgasmus stillte nur einen Teil seines Begehrens.

Der andere, tiefere blieb bestehen und wurde mit jedem kräftigen Herzschlag von Gabrielle stärker.

„Verdammt.“ Er drehte sich auf dem Bett von ihr weg, und seine Stimme klang rau und fiebrig.

„Was ist los?“ Gabrielle legte ihm die Hand auf die Schulter.

Sie rückte näher an ihn heran, und er spürte, wie ihre weichen, warmen Brüste gegen seine Wirbelsäule drückten. Ihr Puls pochte hörbar, vibrierte durch Fleisch und Knochen, bis er nichts anderes mehr vernahm. Bis er nichts anderes mehr kannte.

„Lucan? Geht es dir gut?“

Verdammt noch mal“, knurrte er und befreite sich von ihrem leichten Griff an seiner Schulter. Er warf seine Beine über den Bettrand, setzte sich auf und legte den Kopf in die Hände. Seine Finger zitterten, als er durch sein Haar strich. Hinter ihm auf der Matratze lag Gabrielle und schwieg. Er drehte sich um und begegnete ihrem fragenden Blick. „Du hast nichts falsch gemacht. Es fühlt sich mit dir einfach zu richtig an, und ich muss … ich kann im Augenblick nicht genug von dir bekommen.“

„Das ist schön.“

„Nein. Ich sollte nicht auf diese Art mit dir zusammen sein, wenn ich –“ dich brauche, ergänzte sein Körper. „Großer Gott, das hier ist einfach nicht gut.“

Er drehte sich wieder weg und wollte vom Bett aufstehen.

„Lucan, wenn du Hunger hast … wenn du Blut brauchst …“

Sie rückte von hinten an ihn heran, legte einen Arm über seine Schulter, und ihr Handgelenk schwebte direkt unter seinem Kinn.

„Himmel, biete es mir doch nicht an.“ Reflexartig wich er vor ihr zurück wie vor etwas Giftigem. Er sprang auf und zog eilig seine Hose an. Dann begann er umherzulaufen. „Ich werde nicht von dir trinken, Gabrielle.“

„Warum nicht?“ Sie klang verletzt und zu Recht verwirrt. „Du brauchst es doch offensichtlich. Und ich bin im Augenblick der einzige Mensch in deiner Nähe, also nehme ich an, du wirst auf mich zurückgreifen müssen.“

„Das ist nicht der Punkt.“ Er schüttelte den Kopf, die Augen fest geschlossen, um sein wildes Erbe unter Kontrolle zu bringen. „Ich kann es nicht tun. Ich werde dich nicht an mich binden.“

„Wovon redest du? Es ist okay, mich zu vögeln, aber beim Gedanken an mein Blut dreht sich dir der Magen um?“ Sie lachte hart auf. „Mein Gott. Ich kann nicht glauben, dass ich mich tatsächlich deswegen gekränkt fühle.“

„Es wird nicht funktionieren“, erwiderte er. Er war wütend auf sich selbst wegen der Grube, die er zwischen ihnen gegraben hatte und die zusehends tiefer wurde durch seinen Mangel an Selbstbeherrschung, wenn er in ihrer Nähe war. „Das hier wird nicht gut gehen. Ich hätte von Anfang an die Dinge zwischen uns klarstellen sollen.“

„Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann wünschte ich, du würdest es tun. Ich weiß, dass du ein Problem hast, Lucan. Es ist ziemlich schwer für mich, das zu übersehen, nachdem ich dich letzte Nacht erlebt habe.“

„Das ist nicht der Punkt.“ Er fluchte. „Doch, es ist ein Teil davon. Ich will dich nicht verletzen. Und wenn ich dein Blut trinke, dann werde ich das tun. Früher oder später, wenn du im Blut mit mir verbunden bist, werde ich dich verletzen.“

„Mit dir verbunden“, wiederholte sie langsam. „Wie das?“

„Du trägst das Mal einer Stammesgefährtin, Gabrielle.“ Er zeigte auf ihre linke Schulter. „Da ist es, direkt unter deinem Ohr.“

Sie runzelte die Stirn und legte ihre Hand genau auf die Stelle, an der die kleine Träne und der winzige zunehmende Mond auf ihrer Haut zu erkennen waren. „Das? Das ist ein Muttermal. Ich habe es, solange ich zurückdenken kann …“

„Jede Stammesgefährtin, von der ersten Menschenfrau, die den Aliensamen der Alten in ihrem Schoß trug, bis heute, trägt das gleiche Mal irgendwo an ihrem Körper. Savannah und die anderen Frauen tragen es auch. Und meine Mutter ebenfalls. Ihr alle.“

Gabrielle war sehr still geworden. Ihre Stimme war schwach. „Wie lange weißt du das schon über mich?“

„Ich habe es in der ersten Nacht gesehen, als ich in deine Wohnung kam.“

„Als du mein Handy mit den Bildern mitgenommen hast?“

„Danach“, antwortete er. „Als ich später zurückkam. Du hast in deinem Bett geschlafen.“

Begreifen spiegelte sich in Gabrielles Gesicht, und eine Mischung aus Überraschung und Kränkung. „Du warst wirklich da. Ich dachte, ich hätte nur von dir geträumt …“

„Du hast dich nie als Teil der Welt empfunden, in der du lebst, weil es nicht deine Welt ist, Gabrielle. Deine Fotografien, die Art, wie du dich von Orten angezogen fühlst, die Vampire beherbergen, deine Verwirrung über deine Gefühle, wenn du Blut siehst, und der Zwang, es fließen zu lassen – all das gehört zu der Person, die du wirklich bist.“

Er konnte sehen, wie sie darum rang, zu akzeptieren, was sie hörte. Als der brutale Idiot, der er war, konnte er es ihr nicht einmal leichter machen, einfach weil ihm das Talent fehlte, etwas mundgerecht zu servieren. Also konnte er genauso gut gleich alles auf den Tisch bringen und die Sache komplett machen.

„Eines Tages wirst du einen würdigen Mann finden und ihn zu deinem Gefährten nehmen. Er wird nur von dir trinken, und du von ihm. Das Blut wird euch beide vereinen. Das ist bei unserem Volk ein heiliges Eheversprechen. Das ich dir nicht geben kann.“

Dem verletzten Ausdruck in ihrem schönen Gesicht nach hätte er sie ebenso gut schlagen können. „Kannst du nicht … oder willst du es nicht?“

„Spielt das eine Rolle? Ich sage dir, dass es nicht passieren wird, weil ich es nicht zulasse. Wenn wir eine Blutsverbindung miteinander eingehen würden, wäre ich so lange an dich gebunden, wie Leben in meinem Körper ist. Solange du lebst und atmest, wärst du nie wieder frei von mir. Die Verbindung würde mich zwingen, dich überall ausfindig zu machen, wohin auch immer du fliehst.“

„Warum denkst du, dass ich vor dir fliehen würde?“

Er atmete schwer. „Weil das, wogegen ich ankämpfe, mich eines Tages erwischen wird. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du bei mir sein könntest, wenn es so weit ist.“

„Du sprichst von der Blutgier.“

„Ja“, antwortete er. Es war das erste Mal, dass er es wirklich zugab. All diese Jahre hatte er es geschafft, es vor allen geheim zu halten, es zu verbergen, sogar vor sich selbst. Aber nicht vor ihr.

„Blutgier ist die größte Schwäche für die Männer meiner Art. Es ist eine Sucht – eine furchtbare Seuche. Wenn sie einen erst in ihren Krallen hat, sind nur sehr wenige Vampire stark genug, ihr zu entkommen. Sie werden zu Rogues, und dann sind sie endgültig verloren.“

„Wie geschieht das?“

„Das ist bei jedem anders. Manchmal schreitet die Krankheit ganz allmählich fort. Der Hunger wächst, also stillst du ihn. Du stillst ihn, wann immer er ruft, und eines Nachts wird dir bewusst, dass das Bedürfnis niemals gestillt ist. Bei anderen kann schon ein einziger unvorsichtiger Genuss dafür sorgen, dass sie die Grenze überschreiten.“

„Und wie ist es bei dir?“

Sein Lächeln fühlte sich angespannt an, mehr wie ein Fletschen seiner Zähne und Fangzähne. „Ich habe die zweifelhafte Ehre, dass in meinen Adern das Blut meines Vaters fließt. Auch wenn die Rogues Bestien sind, sind sie Waisenkinder im Vergleich zu der Geißel, von der unser Volk abstammt. Für Gen-Eins-Angehörige ist die Versuchung immer gegenwärtig. Sie brodelt wilder in uns als in jedem anderen. Um die Wahrheit zu sagen – ich musste seit meinem ersten Schluck gegen die Blutgier ankämpfen.“

„Du hast also ein Problem, aber zumindest letzte Nacht hast du es überstanden.“

„Ich war imstande, es im Zaum zu halten, was zu einem großen Teil dir zu verdanken ist, aber es wird jedes Mal schlimmer.“

„Du kannst es wieder schaffen. Wir werden es gemeinsam durchstehen.“

„Du kennst meine Geschichte nicht. Ich habe bereits meine beiden Brüder an die Krankheit verloren.“

„Wann?“

„Vor sehr langer Zeit.“ Sein Blick war finster, als er an eine Vergangenheit zurückdachte, die er nicht ans Licht zerren wollte. Aber die Worte kamen schnell über seine Lippen, ob er nun wollte oder nicht. „Evran, der Mittlere von uns dreien, wurde zum Rogue, kurz nachdem er erwachsen war. Er fand den Tod in einem der alten Kriege zwischen dem Stamm und den Rogues. Doch er kämpfte für die falsche Seite. Marek war der Älteste und Furchtloseste. Er, Tegan und ich gehörten zu dem ersten Kader von Stammeskriegern, die sich gegen die letzten Alten und ihre Rogues-Armeen erhoben. Wir gründeten den Orden etwa zur Zeit der großen Pest in Europa. Weniger als hundert Jahre später gewann die Blutgier die Oberhand über Marek, und er suchte die Sonne auf, um seinem Elend ein Ende zu setzen. Selbst Tegan ist der Sucht vor langer Zeit nur knapp entgangen.“

„Das tut mir leid“, sagte Gabrielle sanft. „Du hast so viel an die Blutgier verloren. Und an diesen Krieg mit den Rogues. Ich verstehe, warum du Angst davor hast.“

Ihm lag eine schnoddrige Bemerkung auf der Zunge – irgendein Schwachsinn, den er ohne Zögern jedem Krieger aufgetischt hätte, der unverschämt genug war, anzudeuten, dass er, Lucan, vor irgendetwas Angst hatte. Aber die abschätzige Erwiderung blieb ihm im Hals stecken, als er Gabrielle ansah. Er wusste, dass sie ihn sehr gut verstand, besser als alle anderen, die er in seiner langen Existenz gekannt hatte.

Sie kannte ihn auf einer Ebene, die noch nie jemand erreicht hatte, und ein Teil von ihm würde das vermissen, wenn die Zeit gekommen war, sie in ihre Zukunft zu den Dunklen Häfen zu schicken.

„Mir war nicht klar, dass die Geschichte zwischen dir und Tegan so lange zurückreicht“, meinte Gabrielle. „Du hast ihn bis letzte Nacht noch nie erwähnt.“

„Die Geschichte zwischen ihm und mir führt ganz bis an den Anfang zurück. Wir sind beide Gen-Eins-Angehörige und haben beide einen Eid geleistet, unser Volk zu verteidigen.“

„Aber ihr seid keine Freunde.“

„Freunde?“ Lucan lachte, als er an die jahrhundertelange Feindseligkeit dachte, die zwischen ihnen beiden herrschte. „Tegan hat keine Freunde. Und wenn er welche hätte, würde er mich todsicher nicht dazu zählen.“

„Und warum lässt du ihn dann hier bleiben?“

„Er ist einer der besten Krieger, die ich je gekannt habe. Seine Verpflichtung gegenüber dem Orden sitzt tiefer als jeder Hass, den er mir gegenüber hegt. Wir teilen den Glauben, dass nichts wichtiger ist, als die Zukunft des Stammes zu schützen.“

„Nicht einmal Liebe?“

Einen Moment lang wusste er nichts zu sagen. Er war nicht vorbereitet auf ihre offene Frage und nicht willens, darüber nachzudenken. Er verfügte über keine Erfahrung mit diesem besonderen Gefühl. Aufgrund der Art, wie sein Leben im Augenblick verlief, wollte er in die Nähe von nichts kommen, was ihr auch nur ähnelte. „Liebe ist für die Männer gedacht, die ein einfaches Leben in den Dunklen Häfen wählen. Nicht für Krieger.“

„Manche der anderen in diesem Quartier würden darüber wohl mit dir streiten.“

Er begegnete ihrem Blick ruhig. „Ich bin nicht sie.“

Ihr Gesicht wurde düster, und lange Wimpern verbargen ihre Augen vor seinem Blick. „Und zu was macht mich das alles? Bin ich bloß eine Anlaufstelle, wo du dir die Zeit zwischen den Rogues-Jagden vertreibst, damit du dir länger vormachen kannst, du hättest alles unter Kontrolle?“ Als sie ihn wieder ansah, standen Tränen in ihren Augen. „Bin ich nur ein kleines Spielzeug, dem du dich kurzfristig zuwendest, wenn du das Bedürfnis nach Sex hast?“

„Ich habe von dir keine Beschwerden gehört.“

Ihr stockte der Atem, ein kleines Keuchen blieb ihr im Hals stecken, und sie starrte ihn an, offensichtlich empört, und das mit Recht. Ihre Miene wurde düster. Dann veränderte sie sich und wurde kalt wie Eis. „Fick dich selbst.“

Ihre Verachtung für ihn war verständlich, aber das machte es nicht leichter. Er würde sich solche verbalen Schläge von niemandem gefallen lassen. Noch nie hatte jemand die Frechheit besessen, ihn so herauszufordern. Er war Lucan, der Distanzierte, der eiskalte Killer, der Schwäche in keiner Form duldete – am wenigsten bei sich selbst.

Nach all der Konditionierung und Disziplin, die er in seinen Lebensjahrhunderten gemeistert hatte – hier stand er nun, verbal geohrfeigt und bloßgestellt von der einzigen Frau, die an sich heranzulassen er töricht genug gewesen war. Und sie bedeutete ihm etwas – weit mehr, als gut war. Dadurch war es ihm noch mehr zuwider, ihr wehzutun. Aber die letzte Nacht hatte ihm überdeutlich vor Augen geführt, dass es notwendig war, sie von sich zu stoßen. Es war unvermeidlich. Er würde es nur noch schlimmer machen, wenn er vorgab, dass sie je in sein Leben passen könnte.

„Ich will dich nicht verletzen, Gabrielle, aber ich weiß, dass ich das tun werde.“

„Was denkst du denn, was du gerade tust?“, flüsterte sie mit einem leichten Stocken in ihren Worten. „Weißt du, ich habe dir geglaubt. Gott, ich habe sogar jede Lüge geglaubt, die du mir erzählt hast. Selbst diesen Schwachsinn, dass du mir helfen willst, meine wahre Bestimmung zu finden. Ich dachte wirklich, ich bedeute dir etwas.“

Lucan fühlte sich hilflos, fühlte sich wie der kaltherzigste Scheißkerl überhaupt, weil er zugelassen hatte, dass die Sache mit ihr so außer Kontrolle geriet. Er ging zu einer Kommode hinüber, nahm ein frisches Hemd heraus und zog es an. Dann steuerte er auf die Tür zu, die zu dem Gang vor seinem Privatquartier führte. Er hielt inne, wollte sich nach Gabrielle umsehen. Tat es aber nicht.

Er wünschte sich so sehr, die Hand nach ihr auszustrecken. Er hätte so gern versucht, die Sache irgendwie besser zu machen, aber er wusste, dass das ein Fehler wäre. Eine Berührung, und sie läge wieder in seinen Armen.

Und dann wäre er vielleicht nicht mehr fähig, sie gehen zu lassen.

Er öffnete die Tür. Ohne sich umzuwenden, sagte er: „Du hast dein Schicksal gefunden, Gabrielle. Genau wie ich sagte. Ich habe nie behauptet, dass es mit mir sein würde.“