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Scharm al-Scheich, nachts

Er setzte sich an sein Schlagzeug, hob die Stöcke zum Himmel und liess sie hart auf die Drums niederprasseln. Mit geschlossenen Augen sog er den Duft des Meeres, das in seinem Rücken lag, tief in die Lungen. Er beobachtete, wie seine Rhythmen aufstiegen und die Armeen der Tänzer vor ihm mit sich fortrissen. Bevor er schliesslich zum letzten Stück ansetzte, sah er sie von weitem herankommen – und geriet aus dem Takt. Dann wurde er so langsam, dass es den Leuten schon auffiel. Sie kam immer näher, bis sie endlich vor ihm stand und seine Hände zu spielen aufhörten. Taha flüsterte dem Gitarristen eine Entschuldigung ins Ohr und folgte ihren Fussstapfen durch den Sand.

Am Meer holte er sie schliesslich ein, und sie drehte sich zu ihm um. Der Anblick des Mondlichts in ihren Augen und ihr schwarzes Kleid verschlugen ihm die Sprache. Lächelnd sagte sie zu ihm: »Du hast eben wesentlich besser ausgesehen als gespielt.«

Ebenfalls lächelnd blickte er ihr in die Augen und schwieg.

»Erinnerst du dich noch daran, wie du zum ersten Mal mit mir gesprochen hast?«, fragte sie.

»Du hast gesagt, ich spiele ziemlich schlecht.«

»Wenn ein im Zeichen Zwillinge Geborener sich über etwas lustig macht, heisst das, dass es ihm gefällt.«

»Hat Jassir dir verraten, dass ich hier bin?«

»Nun ja, vergiss nicht, dass ich eine fähige Journalistin bin!«

»Dann bist du wohl zum Arbeiten hergekommen, oder?«

»Nach meinem Artikel über das, was auf dem Platz passiert ist, hab ich die Zeitung verlassen. Ich wollte ihn noch zurückziehen, Taha, glaub mir! Aber es ging nicht mehr. Ich hab auch viel durchgemacht und Dinge erlebt, die ich nie für möglich gehalten hätte. Als ich deinen Brief gelesen habe, ist in meinem Leben alles anders geworden. Dass du mit all dem fertig werden musstest und es für dich behalten hast, hätte ich mir nie vorstellen können – und ebenso wenig, dass jemand mich so lieben könnte. Du hast mein Leben verändert. Seit du gegangen bist, habe ich wie verrückt versucht, dich anzurufen.«

»Du bist wirklich verrückt.«

»Verrückt ja, aber ich will dich.«

»Der Taha, den du willst, ist nicht mehr derselbe wie früher.«

»Ich bin auch nicht mehr dieselbe wie früher.« Er sah zum Himmel auf, und sie griff nach seinen Fingern. »Du möchtest wohl nicht tanzen?«

Er sah ihr in die Augen und lächelte. »Absolut nicht!«

»Gut, dann lass mich doch bitte noch ein bisschen von deinem fürchterlichen Krach hören!«

Lächelnd nickte er und legte die Hand um ihre Finger. Gemeinsam gingen sie zur Tanzfläche zurück und verschwanden in der Menge.