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To the Death

Leia, Rayna und die anderen schauten abwechselnd zur Tür hinaus. Sie sahen ein Meer von wie Borg gekleideten Zombies, die zwischen Personenkraftwagen, Lastern und Bussen hin und her wankten. In der Ferne konnte man die USS Stockard sehen.

»Bin ich irre«, sagte Willy, »oder hat wirklich einer von denen eine Posaune bei sich?«

»Es sind Musiker«, erwiderte Martock. »Sie stehen auf der Liste.«

»Auf was für einer Liste?«

»Auf dem Programm, meine ich. Ein Blasorchester. Sie nennen sich die Sechsundsiebzig Borgtröten.«

»Es sind sechsundsiebzig Mann?«, fragte Jim.

»Eigentlich sind es über hundert«, sagte Martock. »In ihrem Tourneebus war wohl ein Infizierter. Die sind nie aus der Garage rausgekommen.«

»Wir können uns von denen nicht aufhalten lassen«, sagte Sandoval.

»Wir machen es folgendermaßen«, erwiderte Jim. »Ihr geht zum Wohnmobil. Martock, Gary und Leia, ihr bleibt dicht bei Rayna. Sie hat die Schlüssel und weiß, wie man das Ding steuert. Sandoval und Willy, durchhalten! Bleibt dran, geht an Bord und macht euch vom Acker. Verstanden?«

»Und was ist mit dir?«, fragte Leia.

»Ich lenke sie ab.«

»Keine Frage«, sagte Rayna.

»Auf dieser Ebene gibt es eine Ladestation für die zum Hotel gehörenden Golfkarren. Mein Freund Dexter hat sie benutzt, um nachts seine Runde zu machen. Um nachzusehen, ob die Autos im Parkhaus auch alle eine Parkerlaubnis haben.« Jim erklärte, dass er mit einem Golfkarren ans andere Ende der Garage fahren und die Borg damit hoffentlich von ihnen ablenken konnte. »Wenn ihr erstmal freie Bahn habt, rennt zum Wohnmobil. Dann fahr ich zu euch rüber und stoße zu euch.«

»Das gefällt mir überhaupt nicht«, sagte Leia.

»Es ist unsere einzige Chance.«

»Dann gehe ich mit dir«, erwiderte Leia.

»Ich brauche dich an der Seite meiner Schwester. Wenn du später mal mit ’nem Golfkarren fahren möchtest, will ich gern sehen, was ich machen kann.«

»Die Sache ist beschlossen«, sagte Sandoval. »Aber wir müssen uns beeilen.«

Jim küsste Leia auf die Wange.

»Wenn du draufgehst, rede ich kein Wort mehr mit dir«, sagte Leia.

»Verstanden«, sagte Jim. »Wartet, bis sie sich in Bewegung setzen, dann haut ab.«

Er öffnete die Tür und ging hinaus. Der naheste Zombie erspähte ihn sofort und stöhnte, was auch den Rest alarmierte. Jim machte sie noch etwas heißer, indem er immer wieder hochsprang und die Arme schwenkte.

»Kommt doch her, ihr kybernetischen Arschlöcher!«, schrie er. »Ich hab hier was für euch, das ihr gern assimilieren könnt!«

Die Garagenwände warfen seine Worte als Echos zurück. Die Zombie-Borgs taten ihm den erbetenen Gefallen: So schnell ihre abgestorbenen Beine sie trugen, schlurften sie hinter ihm her.

Jim trabte nach links, dorthin, wo die Laster und Personenwagen standen. Er wollte mit den Untoten eine Partie Pac Man im Maßstab 1:1 spielen.

Ein Borg trat hinter einem Chevy Tahoe hervor. Jim spaltete seinen Schädel mit dem Kar’takin. Als er zwischen den Wagenreihen weiter vorstieß, lief er an einem weiteren Borg vorbei, hielt aber nur so lange inne, wie er brauchte, um die Waffe in sein drittes Auge zu bohren.

»Warte!«, hörte er eine schrille Stimme rufen.

Jim wandte sich um und sah, dass Willy ihm folgte.

»Was soll das?«, fragte er. »Warum bist du nicht beim Rest der Mannschaft?«

»Ich habe gedacht, du brauchst vielleicht Hilfe. Ich könnte auf dem Golfkarren mitfahren.«

»Es gibt gar keine Golfkarren«, sagte Jim. »Die hab ich nur erfunden.«

Willy schaute verdattert drein. »Wie kommst du dann zum Wohnmobil?«

»Gar nicht«, erklärte Jim und hob seine Glock hoch. »Ich locke sie in eine Ecke, und dann geb ich mir ’ne Kugel.«

»Ein Selbstmordkommando?«, sagte Willy mit erschreckter Miene. »So sieht’s wohl aus.«

Sie wurden von einem endlos lauten Stöhnen unterbrochen. Die Borg rückten vor. Sie wogten wie eine Flut zwischen den Autos heran.

»Wir wollen es ihnen nicht leichtmachen«, sagte Jim. »Du gehst dort entlang, ich hier.«

»War nett, dich kennengelernt zu haben«, sagte Willy.

»Ich dich auch, Kumpel. Martock wird irgendwann einen klingonischen Schlachtgesang über uns schreiben.«

Die Borg waren nur noch sieben, acht Meter entfernt, als Jim und Willy sich trennten und durch verschiedene Fahrzeugreihen liefen.

Jim wechselte von einem Parkstreifen zum anderen. Er wollte den Verfolgern die Jagd möglichst erschweren. Er war so erfolgreich und führte sie so weit von seinen Gefährten weg, dass er sich zu fragen begann, ob es ihm vielleicht doch gelänge, zur Stockard zurückzurennen.

Dann kam er um eine Ecke und stand vor einer Gruppe von Zombies, die aus mehr als einem Dutzend Köpfen bestand.

Den ersten Zombie enthauptete er. Den zweiten ebenfalls. Aber es waren zu viele. Für jeden, den er vernichtete, tauchten zwei bis drei neue auf.

Jim verzog sich wieder zwischen die Autos. Ein Zombie blockierte seinen Rückzug. Jim schlitzte ihn auf. Ein anderer nahm seine Stelle ein. Jim saß zwischen einem Lieferfahrzeug und einem großen Baulastwagen fest. Er kletterte auf die Ladefläche des Lasters und sprang dann auf das Führerhaus. Im Moment war er sicher. Sicher, aber auch umzingelt.

Er versuchte einen Blick auf das Wohnmobil zu erhaschen, aber ein Bus blockierte die Aussicht.

Bald umringten vier Reihen Borg den Wagen. Ihre schiere Masse wogte hin und her. Jim bemühte sich, die Balance nicht zu verlieren.

Die Zombies, die ihm am nächsten waren, versuchten seine Beine zu packen. Jim überlegte, ob er das Kar’takin einsetzen sollte, fürchtete jedoch, dass er den unsicheren Halt dann noch eher verlor.

Es ist aus, dachte er.

Die in seinem Gürtel steckende Glock fiel ihm ein. Es war höchste Zeit, sie einzusetzen.

Ob Willy mehr Glück gehabt hatte?

Jim zog die Pistole. Er wollte sie gerade durchladen, als er das Kreischen von Reifen hörte. Dann sah er zu seiner grenzenlosen Erleichterung, dass Willy tatsächlich mehr Glück gehabt hatte. Viel mehr!

Ein schwarzer H2-Hummer raste mit eingeschalteten Scheinwerfern auf ihn zu. Am Steuer saß Willy. Er drückte auf die Hupe. Die Zombies wichen vor dem Laster zurück; die blendenden Lichter regten sie auf. Jim sprang vom Wagendach auf die Motorhaube, dann auf die Haube des Hummers und schließlich auf sein Dach. Er hatte keine Zeit, in das Fahrzeug einzusteigen. Er hielt sich einfach am Dachträger fest.

»Wo hast du die Karre her, verdammt?«, schrie er.

»Daher, wo die Reichen parken«, schrie Willy zurück. »Ich wollte eigentlich einen Maserati klauen, aber dann …«

»Gib Gas!«, rief Jim. »Los, los, los

Willy raste mit kreischenden Pneus weiter. Der Hummer brach durch eine Reihe von Borg, plättete Tröten und Gefallene und ließ scharlachrote Reifenspuren hinter sich zurück.