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Apocalypse Rising

Das Treppenhaus wurde an den Absätzen von Notleuchten erhellt. Der Trupp kam recht gut von der Stelle. Auf den Absätzen des sechsten und fünften Stocks hielten sich keine Zombies auf.

»Vielleicht können wir in einem Rutsch bis in den Keller«, sagte Rayna.

Kurz darauf wehte ein Stöhnen zu ihnen hinauf.

»Ich verbiete allen, optimistische Ansichten zu äußern«, wurde sie von Jim getadelt. »Immer, wenn ich so was höre, passiert irgendwas Übles.«

»Verstanden«, sagte Rayna.

Jim ging die Treppe hinab. Als der Absatz der vierten Etage sichtbar wurde, hielt er an. Da unten ging ein einzelner Untoter auf und ab.

»Ich kümmere mich darum«, sagte er leise.

»Nein«, sagte Gary. »Lass mich es tun. Ich brauche Praxis.«

Jim überlegte kurz. Gary hatte Recht.

»Schön«, sagte er. »Martock, deckst du ihm den Rücken?«

»Es wäre mir eine Ehre«, sagte der Klingone.

»Ich brauche keine Hilfe«, sagte Gary.

»Martock ist dein Sekundant«, sagte Jim. »Wie bei einem Duell. Er kann dich beraten. Und nun mach schon.«

Gary und Martock gingen die Treppe hinunter. Sie machten keinen Versuch, unentdeckt zu bleiben.

Der Zombie sprang Gary entgegen. Das fremdartige Auge wuchs aus seiner Stirn hervor. Gary hob sein Yan und drosch es so fest wie möglich in den Hals des Fleischfressers. Die Klinge traf die Wirbelsäule und blieb stecken. Gary geriet in Panik und versuchte sie herauszuziehen. Doch er zog den Zombie nur an sich heran.

»Die Klinge taugt nichts!«, rief Gary. »Wie soll man denn damit jemanden umbringen?«

Martock trat vor, packte kaltblütig den Griff und trat fest gegen den Brustkorb des Zombies. Die Klinge löste sich, die Kreatur fiel zu Boden und streckte alle viere aus.

»Du musst beim Angriff mehr Kraft ins Gelenk legen.« Martock zeigte Gary mit einer raschen Geste, was er meinte. »Dann fällt dein Hieb kräftiger aus.«

Er gab Gary die Waffe zurück. Der Zombie rappelte sich wieder auf und rückte erneut vor. Sein Kopf hing nun etwas zur Seite, da Garys erster Hieb das Innenleben seines Halses offengelegt hatte. Gary nahm Kampfposition ein und holte erneut aus. Diesmal fuhr der Yan sauber in den Hals des Gegners und trennte seinen Kopf ab, der durch den ganzen Raum flog.

Gedämpfter Applaus kam von den Zuschauern auf der Treppe. Gary wandte sich um und verbeugte sich.

»Zieh hier keine Schau ab«, sagte Leia. »Wo der eine hergekommen ist, werden noch ’ne Menge andere sein.«

Schon auf der nächsten Ebene stieß man auf drei weitere. Jim tötete zwei, während Leia ihre Lirpa gefechtsmäßig einarbeitete und mit einem präzisen Hieb einer Hotelangestellten das obere Schädeldrittel entfernte.

Danach erwischte sie Gary dabei, dass er mit seinem Handy Fotos von ihr machte.

»Für Facebook«, erläuterte er.

Sandoval schaute auf seine Armbanduhr. Es war schon 5:15 Uhr.

»Das dauert alles zu lange«, sagte er. »Wir müssen uns beeilen.«

Im gleichen Moment wehte ein Ächzen durchs Treppenhaus. Und dann ein anderes. Und noch eins.

Die Gruppe pirschte weiter, bis der Absatz der zweiten Etage in ihr Blickfeld kam.

»Mist«, sagte Martock.

»Das ist nun wirklich nicht meine Schuld«, sagte Rayna. »Ich habe keinen einzigen positiven Kommentar abgegeben.«

Jim schaute nach unten. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er sah seinen wahr gewordener Alptraum: Auf dem Treppenabsatz waren mindestens fünfzehn Zombies zu sehen. Sie standen so dicht wie Pendler in der U-Bahn. Die Etagentür stand offen – ein bein- und gliedloser Torso hinderte sie daran, ins Schloss zu fallen. Die Leiche war mit einem Wesley-Crusher-Pullover bekleidet.

Gary stöhnte leise. »Nicht jetzt, Wesley.«

Jims Geist raste. Es war wohl am besten, ans Ende der Treppe zu gehen und die Zombies der Reihe nach zu töten. Doch die offene Tür bedeutete vielleicht endlosen Nachschub an Gegnern. Was wiederum bedeutete, dass sie jeden Zombie auf dieser Etage auslöschen mussten. Vielleicht waren sie gerade fertig, wenn die Atombombe fiel.

»Martock, Leia und Gary, ihr geht runter und zieht ihre Beachtung auf euch«, sagte er. »Bleibt auf den untersten Stufen und legt sie um, wenn sie auf euch losgehen.«

Das Trio ging hinab. Zwei Stufen vor dem Treppenabsatz verharrten sie und bildeten eine Front. Die Zombies reagierten mit einem Ächzchor auf sie. Jim wartete, bis sie die Tür frei gemacht hatten.

Er schaute am Geländer vorbei zur nächsten Etage hinab. Bis dorthin waren es etwa vier Meter. Alles kam darauf an, dass er sicher landete. Ein gebrochenes oder verstauchtes Fußgelenk war das Letzte, was er jetzt brauchte.

»Was hast du vor?«, fragte Rayna, die ihn nervös beäugte.

»Etwas wirklich Dummes.«

Jim kletterte auf das Geländer und benutzte es, um sich auf die Treppe darunter zu schwingen. Er landete sauber mit beiden Füßen auf der Stufe, doch dann wäre er beinahe hintenübergekippt. Mehrere Sekunden peinlichen Armwedelns bewahrten ihn vor einer Katastrophe.

Nachdem er die Balance wiedergefunden hatte, lief er hinauf und setzte das Kar’takin ein, um zwei Zombies zu enthaupten, die sich hinter der nach oben drängenden Meute befanden.

Jim eilte zur Etagentür, schob Wesley Crusher mit der Waffe außer Reichweite und zog die Tür ins Schloss. Inzwischen waren im Treppenhaus nur noch sechs Zombies auf den Beinen. Leia, Martock und Gary wurden aber leicht mit ihnen fertig. Mit geschulterter Waffe schaute Jim ihnen zu. Die letzte stehende Kreatur war ein großer, hagerer Mann in einer Uniform der Next Generation, der sich erfolglos bemühte, über seine gefallenen Genossen hinwegzusteigen.

Martock, der ziemlich ungeduldig war, kam zur letzten Treppenstufe herab und ließ sein Bat’leth, nachdem er weit ausgeholt hatte, auf den Schädel des letzten Untoten krachen. Die Schneide bohrte sich hinein. Der Zombie erschlaffte.

»Kapla!«, brüllte der Klingone und schwenkte die Waffe über dem Kopf.

Er übersah, dass einer der Zombies in dem Haufen am Boden überhaupt nicht tot war: Die Masse der auf ihm lastenden Leichen hielt ihn nur fest. Während Martock seine Leistung bejubelte, machte der Zombie sich frei, packte das rechte Bein des Klingonen und schlug die Zähne in seinen Stiefel.

»Khest’n!«, schrie Martock und fiel nach hinten.

Er trat dem Zombie ins Gesicht und riss sich los. Garys Yan schlug auf den Schädel des Ungeheuers.

Jim hatte alles gesehen. Er lief zur Treppe, zog Leichen beiseite und schuf so einen Korridor.

»Hat er durchgebissen?«, fragte er.

Martock zog den Stiefel aus und untersuchte seine Haut. Leia und Sandoval halfen ihm dabei.

»Ist in Ordnung«, meldete er. »Durch das Leder ist er nicht gekommen.«

Leia nickte zustimmend.

»Wir müssen weiter«, sagte Jim. »Die Zeit drängt.«

Martock zog den Stiefel wieder an und nahm seine Position ein. Die Gruppe huschte zum Treppenabsatz der ersten Etage hinab. Er war leer. Es ging weiter zur Garagenebene. Hier war es dunkler und schmutziger und roch nach Dieselöl. Aber die Gegend war zombiefrei.

»Endstation.« Jim blieb vor der Tür stehen. »Gute Arbeit, Leute.«

Er wusste, es war ein Wunder, dass sie ohne Verluste bis hierher gelangt waren. Es hatte nicht mal nennenswerten Widerstand gegeben. Schon sah die Welt schöner aus. Falls man dies von einer Welt, in der der Tod regierte, überhaupt sagen konnte.

Jim schob die Tür zum Parkhaus auf. Leia und Rayna gesellten sich zu ihm.

»Siehst du was?«, fragten sie.

O Gott, dachte Jim.

Er machte die Tür wieder zu. Dann setzte er sich auf den Boden.

»Was ist denn da?«, fragte Leia.

»Die Borg«, sagte Jim. »Eine ganze Meute grauhäutiger, Kostüme tragender Borg.«

»Wie viele?«, fragte Rayna.

»Ich würde sagen, ein ganzes Kollektiv.«

Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. In weniger als einer Stunde würde der Morgen grauen.

»Und wir haben nur fünf Minuten, um uns durch sie hindurchzukämpfen.«