26

Nothing Human

»Vielleicht setzen Sie sich lieber hin«, sagte Sandoval. »Ich werde Sie zwar so schnell wie möglich in Kenntnis setzen, aber ein paar Minuten wird es wohl dauern.«

Alle ließen sich treu und brav auf der Sitzgruppe am Fenster nieder. Martock saß ein wenig abseits. Er schmollte noch. Sandoval blieb stehen.

»Zuerst erzähle ich Ihnen etwas über die Star Trek-Convention«, sagte er. »Die Veranstaltung wird als einzige von einer Marketingfirma aus Dallas organisiert. Sie heißt Star Unlimited. Dahinter steht die Firma Horizons Exports aus Newark, New Jersey, die heikle Produkte und Materialien an Regierungen und Organisationen in Übersee verschickt. Horizon ist wiederum ein Tochterunternehmen der STNG Corporation, eines multinationalen Konzerns, der seine Finger in allem drin hat, das sich mit privater Sicherheit und dem Bau militärischer Basen beschäftigt.«

»Ich bin einigen dieser Typen in Afghanistan begegnet«, sagte Jim. »Wir haben sie Nervensägen genannt. Es waren echte Arschlöcher.«

»Mag sein, aber sie wissen, wie man Dinge geheim hält. Deswegen kriegen sie auch so viele Aufträge aus Langley, Virginia – von einer Firma namens Central Intelligence Agency.«

»Moment mal«, warf Rayna ein. »Wollen Sie damit sagen, dass die CIA unsere Star Trek-Convention sponsert?«

»Genau.«

»Verdammt«, sagte Gary. »Ich wusste gar nicht, dass die Trekkies unsere nationale Sicherheit bedrohen.«

»Tun sie ja nicht«, fuhr Sandoval fort. »Aber sie liefern eben eine gute Tarnung. In den vergangenen fünf Jahren haben wir diese Convention als Tarnung für ein kleineres Treffen genutzt – eine geheime Zusammenkunft von Naturwissenschaftlern, Militärs und verdeckt arbeitenden Agenten aus den ganzen Vereinigten Staaten.«

»Das ist doch wohl nicht wahr«, sagte Gary. »Warum haben Sie nicht einfach per E-Mail konferiert?«

»Dazu sind die Dinge, über die wir diskutieren, zu heikel. Jeden August treffen sich hier etwa fünfzig von uns persönlich. Wir treten als Trekkies auf und versuchen uns auf den Geist dieser Veranstaltung einzustimmen, was wiederum unserer Tarnung zugutekommt. Normalerweise wird immer derjenige mit einem Preis ausgezeichnet, der in der obskursten Rolle auftritt.«

»Was ist denn an Ihnen obskur?«, fragte Willy. »Sie sind doch der holographische Bordarzt der Voyager. Das weiß doch jeder.«

»Ich bin es eben nicht«, sagte Sandoval. »Ich bin der holographische Bordarzt der Enterprise-E aus dem Film Der erste Kontakt. Meine Uniform sieht etwas anders aus. Wenn Sie sich die Standfotos des Films anschauen, werden Sie es sehen.«

»Das ist ja ganz schön schräg«, sagte Gary. »Meinen Glückwunsch.«

»Und worüber sprechen Sie und Ihresgleichen denn auf diesem Treffen?«, fragte Jim.

Sandoval deutete auf das Fenster.

»Über die da«, sagte er. »Oder genauer gesagt: Die Dinger, die sie produzieren.«

»Dann wissen Sie also, womit wir es zu tun haben«, sagte Jim. »Erzählen Sie uns davon. Erzählen Sie uns alles.«

»Na schön«, sagte Sandoval. »Das, was ich Ihnen nun sage, ist natürlich vertraulich, aber unter den gegebenen Umständen ist es wohl Unsinn, darauf zu bestehen. Stellen Sie bitte erst Fragen, wenn ich fertig bin. Wir stehen vor einem Fristablauftermin, deswegen muss ich schnell reden.«

»Fristablauftermin?«, sagte Jim. »Was für ein …?«

Sandoval hob die rechte Hand, um ihn zu unterbrechen, dann sprach er weiter.

»Ist jemand von Ihnen mit dem Projekt Genesis vertraut?«, fragte er.

»Der Zorn des Khan!«, stieß Willy hervor, als beantworte er die entscheidende Frage bei einem Star Trek-Quiz. »Ein Verfahren, mit dem man auf Planeten, die kein Leben tragen, die Basis für Leben schafft.«

Sandoval schüttelte den Kopf.

»Nein, ich spreche vom echten Projekt Genesis, einem NASA-Unternehmen, das im Jahr 2001 stattfand: Dabei wurden Sonnenwindpartikel eingesammelt und in einer kleinen Kapsel zurück zur Erde gebracht.«

»Ich kann kaum erwarten zu hören, was das mit den Zombies zu tun hat«, sagte Leia.

»Beim Eintritt in die Erdatmosphäre öffnete sich der Fallschirm der Genesiskapsel leider nicht. Sie knallte mit einer Geschwindigkeit von dreihundert Stundenkilometern auf dem Dugway-Testgelände in Utah auf den Boden. Offiziell führte man die Funktionsstörung auf einen Konstruktionsfehler zurück. In Wirklichkeit wurde das Schiff von einem Meteoritenschauer getroffen. Wir waren froh, dass es überhaupt zurückkam. Drei Meteoriten verfingen sich in den Kollektoren und gelangten so zur Erde. Es waren komplexe, auf Silicium basierende Knötchen von fast gleicher Größe. Wir haben sie ausgegraben, ins Johnson Space Flight Center gebracht und in einem sauberen Raum abgelegt. Wir wussten gar nicht, was wir eingefangen hatten. Wir haben uns bemüht, sie vor uns zu schützen.«

»Und was haben Sie eingefangen?«, fragte Jim.

»Um es einfach auszudrücken: Weltraum-Samen. Gott allein weiß, wie lange sie auf der Suche nach einem Ort, an dem sie Wurzeln schlagen können, durchs Nichts getrieben waren.«

»Aber Meteoriten sind doch Steine«, sagte Gary. »Wie können die denn leben?«

»Ihre wahre Natur erkannten wir erst, als wir sie halbierten«, sagte Sandoval. »Ein Techniker wurde ihnen bei diesem Verfahren ausgesetzt. Entweder hat er ein Körnchen des Materials inhaliert oder verschluckt. Drei Stunden später erkrankte er. Und weitere zwei Stunden später war er tot. Und kurz darauf …«

»… war der erste Zombie da«, sagte Gary.

»Der erste Wiederbelebte«, korrigierte Sandoval. »Glücklicherweise passierte es im Labor. Sobald wir die Wahrheit erkannten, haben wir ihn eingesperrt. Trotzdem wäre die Situation beinahe unserer Kontrolle entglitten: Bevor wir den Techniker, den wir später Patient eins nannten, überwältigen konnten, hatte er zwei medizinische Mitarbeiter und eine Wache gebissen. Alle erkrankten, starben und standen wieder auf. Dies hat, um es zurückhaltend zu formulieren, den Tenor unserer Ermittlungen verändert.«

»Sie hätten sie in den Weltraum zurückschießen sollen«, sagte Jim.

»Man hielt das Zeug für zu gefährlich, um es auch nur zu verlagern. Die Regierung ließ auf dem Johnson-Gelände eine geheime unterirdische Anlage bauen. Dort habe ich die letzten fünf Jahre verbracht.«

»Was haben Sie dort erfahren?«, fragte Rayna.

»Wir haben die Musterexemplare mit verschiedenen Pflanzen und Tieren zusammengebracht, um zu erfahren, welche Bedrohung sie für das irdische Leben darstellen. Wir haben festgestellt, dass jede außerirdische Zelle – wobei ich den Begriff Zelle nur im übertragenen Sinn verwende, da ihr Innenleben mit dem unseren nichts gemein hat – innerhalb von zwölf Stunden nach der Ingestion eine Wiederbelebung bewirken kann. Die Opfer sterben und werden neu belebt, wobei ihnen ein drittes Auge wächst. Das Verfahren klappt nicht bei Reptilien, Amphibien, Fischen und anderen niederen Lebensformen. Deren Neuralnetze sind zu primitiv, um die neuen Nervenverbindungen zu handhaben, die die Außerirdischen schaffen.«

»Was sind das für neue Verbindungen?«, fragte Rayna.

»Sie schalten Dinge wie Atmung und höhere Denkfunktionen ab. Aber sie erhalten die Motorik. Oder sagen wir mal, so viel Motorik, wie eine wandelnde Leiche aufbringen kann. Die Außerirdischen können ihren Wirtskörper nur langsam bewegen.«

»Läufer sind sie also nicht«, sagte Gary.

»Bitte?«, fragte Sandoval.

»Ich meine Zombies, die die Hufe schwingen können«, sagte Gary.

Sandoval produzierte ein müdes Lächeln.

»Läufer sind sie nicht.«

»Haben Sie versucht, sich mit ihnen zu verständigen?«, fragte Jim.

»Natürlich. Wir haben schnell erkannt, dass sie kein Bewusstsein haben. Sie wollen eigentlich nur …«

»Fressen?«, fragte Rayna.

»Eigentlich nicht«, sagte Sandoval. »Sie ernähren sich über eine Art Photosynthese. Wenn man ihnen eine Kleinigkeit vom unteren Ende des elektromagnetischen Spektrums zugesteht – von Ultraviolett bis Mikrowellen –, sind sie zufrieden.«

»Warum dann die Beißerei?«, fragte Jim.

»Es ist eine Art der Fortpflanzung. Sie brauchen Wirte, um sich zu reproduzieren, und ihr Infektionsmodus ist raffiniert. Sie vernichten den größten Teil des Hirns eines Infizierten, erhalten aber den Teil, der für die motorischen Funktionen und den Hunger zuständig ist. Die Wiederbelebten werden von dem Urtrieb angestachelt, andere Lebewesen zu verzehren.«

»Wie hilft ihnen das bei der Fortpflanzung?«, fragte Gary.

»Sie werden zwar von dem überwältigenden Verlangen angetrieben, etwas zu jagen, sind aber als Jäger nicht sehr gut. Sie sind langsam und körperlich schwach. Deswegen können sie, sofern sie ihre Beute nicht überraschen oder in die Ecke drängen, kaum mehr als ein, zwei Bisse anbringen, bevor die Mahlzeit ihnen entwischt. Künftige Opfer verkriechen sich dann in einer Ecke, sterben und stehen wieder auf – dann natürlich unter neuer Geschäftsführung.«

»Fortpflanzung über eine miserable Jagdstrategie«, sagte Gary. »Das ist kein elegantes Verfahren.«

Sandoval deutete auf das Fenster.

»Aber es funktioniert«, sagte er.

»Ich nehme nicht an, dass Sie einen Impfstoff entwickelt haben«, sagte Jim.

»Leider nein. Die Krankheit ist allgemein tödlich. Das haben wir beim Studium von sechsundvierzig absichtlich infizierten Versuchstieren erfahren, plus sieben versehentlich infizierten Menschen.«

»Sieben?«, sagte Rayna. »Sie haben nur vier erwähnt.«

»Nach dem Zwischenfall mit Patient eins haben wir extreme Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Aber es ist den Organismen trotzdem gelungen, drei weitere Personen zu erreichen. Als bekannt wurde, dass es auch unter streng kontrollierten Bedingungen zu weiteren Opfern kam, wurde das aktive Studium eingestellt. Nun konzentrieren wir uns auf reines In-Schach-Halten. Das heißt, bis vorige Woche.«

»Wie sind sie entwichen?«, fragte Gary.

»Ich kenne nicht alle Einzelheiten, weil ich, als es passierte, nicht zugegen war. Mittwochabend um 17:12 Uhr hat ein totales Computerversagen die Türen der Kammern geöffnet, in denen sie gefangen waren. Viele dort untergebrachte Exemplare sind seit Jahren nicht mehr untersucht worden. Es war das Risiko nicht wert.«

»Was hat den Computerausfall bewirkt?«, fragte Gary.

»Es könnte ein Cyberangriff gewesen sein. Ich frage mich aber auch, ob die Außerirdischen vielleicht selbst dafür verantwortlich waren. Nachdem ich die heimtückische Vorgehensweise sah, die sie anwandten, um biologische Entitäten zu infizieren, kann ich die Vorstellung nicht verwerfen, dass sie eine Möglichkeit gefunden haben, die Rechner unseres Komplexes zu infiltrieren.«

»Wenn also die Hölle los war, was hat Sie veranlasst, zu dieser Veranstaltung zu kommen?«, fragte Jim.

»Angesichts dieses Geschehens war diese Zusammenkunft wichtiger als je zuvor. Außerdem schien am Anfang kein Grund zur Eile zu bestehen. Für den Fall einer allgemeinen Verseuchung verfügte die Anlage über einen Selbstzerstörungsmechanismus. Eine Thermobombe, die alles im Bunker eingeäschert hätte.«

»Das war dann wohl der Unfall, von dem das Fernsehen berichtet hat«, sagte Jim.

»Genau. Die Bombe war stark genug, um jegliche organische und halborganische Materie zu verdampfen. Aber theoretisch nicht stark genug, um die eineinhalb Meter dicken Wände der Anlage zu durchdringen. Im Fall eines Verlusts der Abschirmung hätte sie den Bunker in ein Krematorium verwandeln sollen.«

»Und doch sitzen wir jetzt hier und verstecken uns vor den Zombies«, sagte Rayna.

»So ist es«, sagte Sandoval. »Schätzungsweise zwei Dutzend Leute aus dem Johnson Space Flight Center wollten an dieser Convention teilnehmen. Einer, vielleicht auch mehrere, war infiziert und hat die außerirdische Seuche nach Houston eingeschleppt. Ich vermute, es war Colonel Oliver Cronin, der Sicherheitschef der Basis, aber es ist nicht bestätigt worden.«

»Wie ist er kostümiert?«, fragte Gary.

Sandoval schien über den Themenwechsel erheitert. »Er ist als Bele hier. Der kommt in der Folge Let That Be Your Last Battlefield (Bele jagt Lokai) vor. Er war ein großer Fan der alten Batman-Fernsehserie.«

»Bele war ein Batman-Fan?«, fragte Jim ungeduldig.

»Nein, Colonel Cronin, der Sicherheitschef der Basis. Der Schauspieler, der den Riddler spielte, hieß …«

»Ah! Weiß ich!«, krähte Gary. »Frank Gorshin!«

»Genau. Frank Gorshin hat den Riddler gespielt, aber auch den Bele. Für unseren Colonel war es kein großes Problem, sich das Kostüm zu basteln. Er brauchte nur eine Hälfte seines Gesichts schwarz und die andere weiß anzumalen und sich eine silberne Latzhose zu besorgen.«

»Ich erinnere mich an die Folge«, sagte Rayna. »Es geht um zwei Typen, die einen interplanetaren Rassenkrieg führen. Die Gesichter der einen Volksgruppe sind rechts schwarz und links weiß. Bei der anderen ist es umgekehrt.«

»Eine echt dämliche Malen-nach-Zahlen-Prämisse«, sagte Gary. »Es war fast schon eine Selbstparodie.«

»Gorshin hat für seine Rolle trotzdem eine Emmy-Nominierung eingeheimst«, führte Willy aus.

»Was ganz schön doof war«, konterte Gary. »Sie haben den Typen, der rechts schwarz war, für den Emmy nominiert, aber der, der auf der linken Seite schwarz war und genau die gleiche Arbeitsleistung erbracht hat …«

»Lou Antonio«, sagte Willy.

»Yeah, Lou-schwarz-auf-der-linken-Seite kriegte nicht mal das Schwarze unterm Fingernagel«, fuhr Gary leicht angesäuert fort.

Sandoval bemühte sich, dem Geplänkel zu folgen. Er hatte den Kopf schief gelegt wie ein Hund, der eigenartige Geräusche hört.

»Ich glaube, wir haben den Faden verloren«, sagte er.

Jim atmete tief ein und langsam wieder aus. Er überlegte schon seit geraumer Zeit, ob er Gary und Willy sagen sollte, sie sollten die Klappe halten. Doch er entschied sich dagegen. Es war besser, wenn sie sich auf Lou Antonios Lebenslauf konzentrierten, statt zu viel über das sie umgebende Grauen nachzudenken.

»Ich bin mir ziemlich sicher, dass Colonel Cronin hier angekommen ist«, sagte Jim. »Heute Nachmittag erhielt unser Sicherheitschef Beschwerden über einen betrunkenen Pantomimen. Der Typ ist herumgewankt und hat an Türen geklopft. Die Polizei hat ihn mitgenommen, was bedeutet, dass er vermutlich im Alleingang ein ganzes Revier infiziert hat.«

»Ein ansonsten gesundes Exemplar spürt die Symptome drei bis vier Stunden nach der Ansteckung«, sagte Sandoval. »Danach setzt schnell körperlicher Verfall ein. Der Tod tritt innerhalb von zwölf Stunden ein, die Wiederbelebung erfolgt kurz danach. Wird das infizierte Subjekt beim ersten Angriff sofort getötet, kann es praktisch auf der Stelle zur Umwandlung kommen.«

»Wieso?«, fragte Rayna.

»Weil es einfacher ist, ein Haus zu klauen, wenn niemand da ist, der es verteidigt«, sagte Sandoval. »Die Parasiten arbeiten auch schneller in Gegenwart einer EM-Quelle. Die Nahrung lässt sie schneller reifen.«

Jim seufzte. Nichts von dem, was er hörte, war hilfreich.

»Offenbar wissen Sie nicht allzu viel über diese Parasiten«, sagte Rayna. »Hatten Sie nicht Jahre Zeit, die Dinger zu studieren?«

»Ich beantworte diese Frage mit einer Gegenfrage«, erwiderte Sandoval. »Was hat Sie ursprünglich zu Star Trek hingezogen?«

»Patrick Stewart fand ich echt scharf«, sagte Rayna.

»Na schön. Wissen Sie, was mir immer gefallen hat? Der unausweichliche Augenblick, wenn irgendeine grauenhafte Krise das Schiff zu vernichten drohte und es so aussah, als gäbe es keinen Ausweg. Und dann, in allerletzter Sekunde, kriegt Scotty, Geordi LaForge, B’Elanna Torres oder Chief O’Brien so einen abwesenden Blick und spult ein endloses Techno-Geschwafel ab, in dem es darum geht, Plasma aus den Warp-Triebwerken abzuleiten oder …«

»… die Dilithiumkristalle neu zu kalibrieren«, sagte Willy.

»… und den Warpkern abzustoßen«, fügte Gary hinzu, der nun wieder voll dabei war.

»Genau«, sagte Sandoval. »Und das machten sie dann auch sofort, indem sie ein paar Knöpfe drückten. Und es hat immer funktioniert. Das hat mir gefallen. Mir gefiel die Idee, dass eine technische Lösung einen immer heraushauen kann, wie ernst die Lage auch ist. Sogar McCoy hat dabei mitgewirkt. Wenn man ein Antidot gegen ein Gift oder einen Impfstoff gegen eine unbekannte Krankheit brauchte, hatte er sie, bevor der Nachspann lief, und zwischendurch auch noch die Zeit für ein Geplänkel mit Spock. Doch jetzt, da ich selbst Wissenschaftler bin … Wissen Sie, was ich über die Star Trek-Vorgehensweise gelernt habe?«

»Was denn?«, fragte Jim.

»Sie funktioniert nur im Fernsehen. In diesem Raum-Zeit-Kontinuum kann man einen Haufen Computer und Scharen von Experten auf ein Problem ansetzen und trotzdem keine schnelle Antwort finden. Es kann ein Jahr dauern. Oder zehn Jahre. Man muss solange auf die Nuss einschlagen, bis ihre Schale zerbricht.«

»Ich glaube nicht, dass wir so viel Zeit haben«, sagte Leia.

»So ist es. Angesichts dessen, was für uns auf dem Spiel steht, ist eine gröbere Vorgehensweise angesagt. Weswegen wir hier wegmüssen.«

»Was soll das heißen?«, fragte Jim.

»In diesem Moment ist eine sehr mächtige Gruppierung damit beschäftigt, die Seuche an der Ausbreitung zu hindern. Diese Leute gehen das Problem anders an, als wir es von den Föderationswissenschaftlern gewohnt sind: Sie gehen eher wie Klingonen vor. Sie werden eine Strategie der Eingrenzung und des Ausrottens anwenden. Houston ist verloren. Man wird dieses Gebiet abriegeln und uns alle liquidieren, ob wir nun infiziert sind oder nicht.«

»Das ist aber ganz schön ätzend«, sagte Gary.

»Alles andere wäre zu gefährlich. Wenn die Seuche sich ausbreitet, könnte sie das Ende der Welt einläuten. Die Regierung wird die Stadt abriegeln und eine kurze Gnadenfrist setzen, die den Gesunden das Entkommen ermöglicht. Und dann …«

»Scheiße«, sagte Jim. »Sie werden uns mit Raketen beschießen.«

»Ich vermute, sie werden eine Atombombe abwerfen und die ganze Gegend hier in Glas verwandeln. Wenn sie sichergehen wollen, ist das die einzige Möglichkeit.«

Es wurde still im Raum. An Lou Antonio dachte nun niemand mehr.

»Ich dachte, die Außerirdischen ernähren sich von Strahlung«, sagte Rayna.

»Nur von niederfrequenter Strahlung«, sagte Sandoval. »Das hochenergetische Zeug, das Atomwaffen abgeben – Gammastrahlen und dergleichen –, ist für sie ebenso tödlich wie für uns. Besonders in ihrer gegenwärtigen mehr oder weniger organischen Form. Der EM-Impuls, der die Explosion begleitet, könnte sich ebenfalls als katastrophal erweisen. Elektrischer Strom kann die Neuralverbindung zu ihren Wirtskörpern unterbrechen.«

»Das erklärt auch, warum unsere Taser funktionieren«, sagte Jim.

»Was also sollen wir tun?«, fragte Rayna.

»Evakuieren«, sagte Sandoval. »Es ist unsere einzige Hoffnung.«

»Houston wird vernichtet, um die Welt zu retten«, sagte Gary. »Ich nehme an, die Bedürfnisse von vielen überwiegen die Bedürfnisse von wenigen.«

»Nur reden wir nicht über wenige«, sagte Jim. »In Houston und Umgebung leben fünf oder sechs Millionen Menschen. Das hier ist die viertgrößte Stadt der Vereinigten Staaten.«

»Nicht mehr lange«, sagte Sandoval.

»Wann werden sie losschlagen?«, fragte Jim.

»Ich schätze bei Sonnenaufgang«, sagte Sandoval. »Sie brauchen das Tageslicht, damit sie den Schaden richtig einschätzen können.«

»Können Sie Kontakt aufnehmen und bitten, uns herauszuholen?«, fragte Jim.

»Habe ich getan – über ein verschlüsseltes Satelliten-Uplink. Das ist jetzt, nach dem Zusammenbruch des Netzes und der Mobiltelefone, so ziemlich die einzige Möglichkeit. Die Reaktion war … Man hat einen Wurm auf meinen Computer überspielt, der meine Festplatte lahmgelegt hat. So gehen Regierungen vor, wenn sie einem sagen wollen, dass man entbehrlich ist.«

»Nein, sind Sie nicht«, sagte Jim. »Keiner von uns ist entbehrlich. Und schon mal gar kein Naturwissenschaftler, der diese Kreaturen versteht. Wir müssen hier raus. Wir brauchen einige Fahrzeuge.«

»Sieh mich nicht an«, sagte Leia. »Ich bin mit dem Taxi gekommen.«

Jim trat ans Fenster und schaute auf die Straße hinab. In der Hotelgarage stand der Botany-Bay-Kleinlaster, aber er verfügte nicht über genügend Sitze.

»Wir brauchen Matts Wohnmobil. Es steht in der Garage. In das kommt man leicht rein, und es hat genug Platz für uns alle.«

»Du vergisst, dass Matt die Schlüssel hat«, sagte Gary. »Vielleicht finden wir ihn ja und fragen ihn, ob er uns fährt.«

Rayna lächelte Gary an. »Du vergisst, dass ich der Steuermann der USS Stockard bin.« Sie zog einen Schlüsselring aus der Tasche und warf ihn Jim zu. »Und in dieser amtlichen Eigenschaft genieße ich das Privileg, ein Duplikat bei mir zu tragen.«

»Großartig«, sagte Jim. »Jetzt brauchen wir nur noch in die Garage runterzukommen, ohne dass die Zombies uns in Stücke reißen.«

»Bleib positiv«, sagte Rayna. »Es könnte auch noch schlimmer kommen.«

In diesem Moment ging das Licht aus.

»Was hast du gesagt?«, fragte Jim.