6

Wink of an Eye

Jim wies Gary die Richtung zum Gweagal-Saal, dann machte er einen Umweg über die Hotelrezeption. Janice war allein am Tresen.

Und schien darüber sehr unglücklich zu sein.

»Was machst du denn noch hier?«, fragte er.

»Dwayne ist nicht zum Dienst gekommen«, sagte Janice. »Außerdem funktioniert sein Telefon nicht. Ich kann ihn nicht erreichen.«

»Ist denn niemand anders da?«

»Würde ich dann hier stehen?«

Janice schenkte Jim einen langen, abschätzenden Blick. Jim glaubte, das Schnurren der Rädchen in ihrem Kopf zu hören.

»Vielleicht könntest du mich ablösen«, sagte Janice schließlich.

»Kann ich nicht«, sagte Jim. »Ich hab ’ne Sache am Laufen.«

»Ach, du hast ’ne Sache am Laufen«, äffte Janice ihn nach. »Wie heißt sie denn, die Sache?«

»Es ist nicht so, wie du denkst. Meine Schwester ist wegen der Veranstaltung hier. Ich bin zum Klingonenfest, oder wie auch immer das heißt, mit ihr verabredet. Ich kann mich nicht davor drücken.«

Bevor sie ihn weiter unter Druck setzen konnte, verschwand er im Gang.

»Und ich hätte dich beinahe zum Team gezählt«, rief Janice hinter ihm her.

Jim hatte keine Ahnung, was auf Klingonenfesten passierte, aber er hatte angenommen, dass es dort etwas lebhafter zuging als im Gweagal-Saal, einem kleinen Versammlungsraum, in dem bei Empfängen, Banketten und Betriebsfesten hundertfünfzig Leute Platz hatten. Heute Abend zählte er höchstens fünfzig bis sechzig Köpfe. Die meisten klebten entweder an der Bar oder hatten sich in Grüppchen an den Tischen versammelt. Einige Anwesende trugen verschiedene Varianten von Raumflottenuniformen. Der Rest war in Leder oder Kunstleder gekleidet und schleppte Säbelimitate mit sich herum.

In einer Ecke veranstalteten mehrere Klingonen einen Kopfstoß-Wettbewerb, indem sie wie Bergziegen ihre Schädel aneinanderhauten. Drüben an der Bar hämmerte jemand eine monotone klingonische Oper in ein Synthesizer-Keyboard. Mehrere Gäste sangen das Libretto in einem kehligen, bewusst tief gehaltenen Bariton. Jims Kenntnisse der klingonischen Sprache waren zwar nur rudimentär, aber Worte wie »kämpfen«, »töten« und »Tod« verstand auch er.

Der Banketttisch war mit terranischen Entsprechungen klingonischer Leckereien beladen. Der Anblick und die Gerüche reichten von exotisch bis zu hundert Prozent abscheulich. Zu den eher genießbaren Artikeln gehörten Kradaschenkel (geräucherter Truthahn), Pipiusklauen (stinknormale Krabben) und Targherzen (lebhaft zuckende rote Sülze).

Zwei Männer in klingonischer Kleidung schoben sich ans Büfett heran. Einer grabschte sich einen Pseudokradaschenkel und biss genüsslich hinein.

»Wie schmeckt es denn?«, fragte Jim.

»Fade«, erwiderte der Klingone. »Da muss mehr Crapoksoße dran.«

Jim nahm sich etwas, von dem er hoffte, dass es ein normaler Cheeseburger war. Dann ging er an den großen runden Tisch, an dem Matt, Rayna, Gary und T’Poc schon speisten. Ihnen gegenüber saß ein Klingonenrudel.

Sobald Matt Jim sah, funkelte er ihn wütend an.

»Was ist das denn hier für ein Scheißladen, Alter?«, fragte er.

»Wie bitte?«, sagte Jim.

»Das ist ja das schlimmste Klingonenfest seit fünf Jahren. Schau dir mal all die leeren Stühle an. Hier kriegt man ja nicht mal ’nen Teller Gagh!«

Na, das ist aber komisch, dachte Jim. Sarah Cornell hatte doch so entschlossen gewirkt, die Gummiwürmer zu besorgen. Aber allem Anschein nach war sie noch nicht aus dem Großhandel zurück.

»Wir haben mit dreitausend Tagesgästen gerechnet«, sagte Jim.

»Dreitausend«, sagte Matt. »Ich werd nicht mehr!«

Jim schaute sich im Raum um. Diese Versammlung hatte wirklich keine Ähnlichkeit mit einem Fest. Soweit er es überschauen konnte, waren auch nur zwei unaufmerksame Bedienungen da. Bei einem Dinnerbankett in einem Raum dieser Größe hätten es sieben sein müssen.

»Vielleicht haben die alle die Con-Pest«, sagte Rayna. »Zu viele Menschen, zu viele Bakterien, zu viel Alkohol, zu wenig Schlaf. In San Diego hat es mich voriges Jahr sehr übel erwischt. Ich hab die letzten beiden Tage der Veranstaltung auf der Nase gelegen und gegen ein Virus gekämpft.«

»Vielleicht«, warf Gary ein und legte, der Dramatik wegen, eine kurze Pause ein, »sind die Zombies daran Schuld.«

»Was?«, sagten Rayna und T’Poc wie aus einem Munde.

»Jim hat es erwähnt«, sagte Gary. »Er glaubt, Houston ist von Zombies übernommen worden.«

»Das habe ich nicht gesagt«, griff Jim korrigierend ein. »Ich habe nur gesagt, ein Ausbruch von Morbus Zombicus könnte einige seltsame Dinge erklären, die ich heute beobachtet habe. Zwei meiner Kollegen wurden gebissen. Die Bullen sind wie verrückt beschäftigt. Irgendeine Psychopathin hat Garys Hemd mit Blut beschmiert. Heute ist kein normaler Tag.«

»Du weißt doch wohl, dass es keine Zombies gibt, hm?«, fragte Rayna.

»Auf meinem Kopf wachsen jedenfalls keine Fühler«, erwiderte Jim. »Wirf mir also nicht vor, ich hätte ’ne ausufernde Fantasie.«

Es war ein eher ungünstiger Moment, aber T’Poc mischte sich dennoch ein, um der Spannung die Schärfe zu nehmen.

»Bringt mir Hiiiiirne!«, jubelte sie. »Lieber habe ich Untote am Hals als eine Bande von Babylon 5-Fans!«

Alle am Tisch anwesenden Wesen, die Klingonen eingeschlossen, bekundeten ihre herzliche Zustimmung.

»Heutzutage decken die meisten SF-Conventions ja fast jeden Scheiß ab«, sagte T’Poc zu Jim. »Aber dieser hier ist nur was für Trekkies!«

»Es gibt da was, das ich nie verstanden habe«, sagte Jim. »Gibt es wirklich einen Unterschied zwischen einem Trekker und einem Trekkie?«

Der ganze Tisch fing an zu diskutieren. Mehrere Anwesende wollten gleichzeitig antworten. Rayna übertönte sie alle.

»In dieser Angelegenheit hat jeder seine eigene Meinung«, sagte sie. »Manche Menschen halten Trekkie für einen abfälligen Begriff, den Leute geprägt haben, die die Szene nicht verstehen. Sie glauben damit jemanden zu bezeichnen, der keine gesellschaftlichen Beziehungen hat und im Star Trek-Universum eine Art Ersatzleben führt.«

»Trekkie«, rief Matt und deutete auf Gary.

»Arschloch«, erwiderte Gary und deutete auf Matt.

»Hab’s verstanden«, sagte Jim. »Und was ist nun ein Trekker?«

»Ein Trekker ist jemand, der sich bemüht, nach der Philosophie und den Idealen zu leben, die das Star Trek-Universum befürwortet.«

»Indem man was macht?«, sagte Jim. »Sich blau anmalt? Glänzende Klamotten anzieht?«

»Indem man zum Beispiel an die Perfektionierbarkeit der Menschenrasse glaubt«, antwortete Rayna.

»Oder daran, dass es morgen besser wird als heute«, fügte einer der Klingonen hinzu.

»Oder daran, dass man mit harter Arbeit einen echten und dauerhaften Wechsel herbeiführen kann«, sagte Gary.

Jim widerstand dem Drang, über die Naivität der anderen zu lachen. Manchmal fühlte er sich geradezu gezwungen, das Grauen zu beschreiben, das er in Afghanistan gesehen hatte: Plattgemachte Dörfer. Verstreute Gliedmaßen. Verkohlte Leichen. Kleine Kinder, die so kaputt und vom Krieg traumatisiert waren wie ergraute Schlachtveteranen. Angesichts solcher Dinge erfüllte ihn die Zukunft der Menschheit nicht mit Zuversicht. Doch wie sonst hielt er auch diesmal die Klappe, und das Gespräch wandte sich anderen Themen zu: dem Gamma-Quadranten, der Voyager, Leonard Nimoys beruflichem Erfolg als Regisseur. Jim beschloss aufzustehen und an die Bar zu gehen. Die beiden Servierkräfte, die im Raum bedienten, rannten sich jetzt schon die Hacken ab. Jim wusste, dass er sein Getränk eher bekam, wenn er nicht darauf wartete, dass sie zu ihm kamen und sich nach seinen Wünschen erkundigten.

»Möchtest du einen Klingonen-Martini?«, fragte der abgespannt aussehende Barkeeper. »Er besteht aus Gin und Wermut und einem Schuss Blutwein.«

»Was ist in dem Blutwein?«

»Soda und rote Lebensmittelfarbe. Heute Abend kommt er gut an.«

»Ich glaube, ich trinke lieber ein Budweiser Bier«, sagte Jim. »Mach mir ’n Krug.«

Er kehrte an den Tisch zurück und fragte, ob jemand ein Bier wollte. Seine neuen Freunde jubelten – außer Matt, der offenbar damit beschäftigt war, den Saaleingang im Auge zu behalten. Als alle ein Glas hatten, fragte Jim Matt, ob er nach etwas Besonderem Ausschau hielt.

»Ich wollte eigentlich einen Klingonen treffen«, erklärte Matt. »Er macht scharfe Klingen. Ich habe ein Bat’leth bei ihm bestellt. Ist alles Maßarbeit. Hab fünfzehnhundert Dollar anbezahlt.«

»Ich kenn den Typen«, sagte Jim. »Ich hab ihn kennengelernt, kurz bevor ihr gekommen seid.«

»Tja, er sollte schon vor zehn Minuten hier sein«, sagte Matt. »Wenn er mit meinem Vorschuss abgehauen ist, tret ich ihm in den Arsch.«

T’Poc sagte mit einem erheiterten Schnauben: »Hast du Martock gesehen? Er ist über zwei Meter groß. Der Typ ist so muskulös wie ein Augment.«

»Und er hat genug Messer und Säbel, um ein ganzes Enterkommando auszurüsten«, fügte Jim hinzu. »Der zerstückelt dich wie eine Portion Bregitlunge.«

Um den Tisch herum wurde gelacht.

»Leckt mich, ihr Typen«, sagte Matt. »Ich spiele eine Hauptrolle. Mir passiert schon nichts.«

»Was spielst du?«, fragte Jim.

»Ich bin der Star dieser Folge«, erläuterte Matt. »Hauptdarsteller kommen bei Star Trek nie ums Leben.«

»Was ist mit mir?«, fragte Gary. »Kann ich draufgehen?«

»So ungern ich es zugebe«, sagte Matt. »Du bist vermutlich ebenfalls sicher. Die bist die komische Nebenfigur. Die schaffen es meist auch bis zur nächsten Folge.«

»Und ich?«, fragte Rayna.

Matt runzelte die Stirn.

»Sieht nicht gut aus«, sagte er. »Die Figuren, für die der Kommandant etwas empfindet, machen nie lange mit. Du beißt bestimmt in der Schlusssequenz ins Gras.«

Matt machte so schnell weiter, dass Raynas irritierte Miene ihm gar nicht auffiel.

»Wo ich stehe, weiß ich«, sagte T’poc. »Ich bin eine Figur, die hier und da mal vorkommt, wie Guinan in der Nächsten Generation. Ich brauche eigentlich nicht zu sterben. Ich könnte morgen verschwinden, dann würde alles einfach ohne mich weitergehen.«

»Das fasst es in etwa zusammen«, sagte Matt.

Jim trank einen Schluck Bier. »Was haltet ihr denn davon?«, fragte er. »Angenommen, ihr wärt alle Statisten? Ist euch eigentlich klar, wie viele Raumschiffe mitsamt ihren Captains, Offizieren, verschrobenen Ärzten und lustig-doofen Nebenfiguren in den Star Trek-Episoden in Fetzen gerissen wurden? Vielleicht seid auch ihr so eine Crew. Vielleicht seid ihr nur Phaserfutter für eine andere Darstellergruppe, die für das Gesamtkonzept wirklich wichtig ist.«

Jim trank noch einen Schluck und ließ die Trekkies darüber nachdenken.

»Das ist ganz schön hintergründig, Alter«, sagte Gary schließlich. »Wir latschen hier rum und denken, wir sind was, und in Wirklichkeit sind wir nur die Mannschaft der USS Constellation, der USS Bellerophon oder der USS Yamato. Wir existieren nur, weil wir sterben sollen. Wir werden in einer Nebenhandlung nur mal erwähnt, und dann knipsen sie uns aus.«

»Wie bedrückend«, sagte T’Poc.

»Scheißdreck«, sagte Matt. »Ich bin kein Statist. Ich werde im Scheißvorspann erwähnt.«

Jim wollte gerade eine Antwort formulieren, als eine Klingonin leise fluchend von der Bar an den Tisch zurückkehrte.

»Die Party ist gelaufen«, sagte sie. »Denen ist gerade der Blutwein ausgegangen. Und sie kriegen keinen mehr rein.«

»Was?«, sagte Matt.

Sein finsterer Blick fiel auf Jim, als sei der persönlich dafür verantwortlich.

»Von mir aus.« Gary zuckte die Achseln. »Ich bin ohnehin todmüde.«

»Schlafen kannst du, wenn du tot bist«, sagte Matt. »Lasst uns in mein Zimmer gehen und weiterfeiern.«

Jim konnte nicht fassen, dass noch jemand lebte, der das Wort »feiern« benutzte, um ein Erlebnis zu beschreiben, das eigentlich Spaß machen sollte. Sogar die am Tisch sitzenden Klingonen schauten skeptisch drein. Sie begutachteten sich zuerst gegenseitig, und dann ihre Armbanduhren.

»Wir können eigentlich auch Schluss machen«, sagte ein Klingone. »Eigentlich sollten wir ja die Bat’leth-Vorführung machen, aber zwei von unseren Leuten sind bei dem Krawall festgenommen worden. Es war unten am Bahnhof, glaub ich. Ich sollte sie da abholen, aber bei dem Verkehr fahr ich keinen Meter weit.«

»Hast du Krawall gesagt?«, fragte Jim.

»Die haben Krawall gesagt. Und angehört hat es sich auch so.«

»Vielleicht sind es die Zombies.« T’Poc lachte amüsiert. »Oder … wartet mal … Vielleicht sind es Vampire! Die Sonne ist untergegangen! Da kommen sie doch immer aus den Särgen.«

Gary und Rayna lachten. Jim lachte nicht.

Er wusste, dass niemand mal so eben von Krawall sprach, wenn es keinen gab. Der Empfang seines Handys war zwar schlecht, aber so schlecht nun auch wieder nicht. Der Bursche mit dem Spielzeugphaser hatte gesagt, sein Fernseher funktioniere nicht. Er empfing nichts. Außer Schnee.

Jims Instinkt schrie auf. Er konnte den wahren Charakter der Bedrohung zwar noch nicht erfassen, doch ihre Umrisse wurden spürbar. Und sie waren gewaltig.

Er sagte zu Rayna, er wolle mal eben an die Rezeption gehen und etwas mit der Geschäftsführung klären.

»Ja, mach das«, sagte Matt. »Sag Ihnen, dass der Promi in Zimmer 754 wegen dem Kackservice die Faxen dicke hat. Und sag es ihnen genau mit diesen Worten, klar?«

»Verstanden«, sagte Jim. »Faxen dicke. Kackservice.«

Sie standen in Massen vom Tisch auf. Ihre Bewegung löste eine allgemeine Bankett-Evakuierung aus. Alle Anwesenden strömten leicht lustlos zum Ausgang.

»Du kommst doch zurück, oder?«, fragte Rayna.

»Verlass dich drauf«, sagte Jim. »Pass bis dahin auf dich auf.«

»Ich soll auf mich aufpassen? Wieso das denn?«

»Könnte Ärger geben.«

»Geht’s dir gut? Du verhältst dich irgendwie paranoid.«

»Irgendwas geht hier vor. Ich sag ja nicht, dass es Zombies sind, aber irgendwas stimmt hier nicht. Ich spüre es schon den ganzen Tag. Und jetzt hat es sich ganz plötzlich verschlimmert. Wo du auch hingehst, schau dich um.«

Jim schaute der Gruppe hinterher, die nun durch den Korridor zur Empfangshalle schritt. Er blieb noch eine Weile in der Gegend, weil er sehen wollte, ob vielleicht jemand kam, der das Chaos beseitigte. Fehlanzeige. Sogar die beiden Kellner schienen verschwunden zu sein.

Schließlich trat Jim in den Gang hinaus, schaltete das Licht ab und schloss die Tür hinter sich zu. Er machte die Augen zu und drehte den Kopf langsam von rechts nach links.

Er öffnete die Augen genau in der Sekunde, in der Martock aus der Herrentoilette gerannt kam und in Richtung Empfangshalle lief. Er war zwar noch immer kostümiert und geschminkt, bewegte sich aber mit einer Dringlichkeit, die nicht so aussah als spiele er eine Rolle. Jim wollte gerade seinen Namen rufen, als ihm auf dem Boden etwas auffiel.

Etwas Rotes.

Etwas Feuchtes.

Fußabdrücke.

Jim folgte ihnen bis zur Toilettentür. Sie lag auf halbem Weg den langen Gang hinunter, der Empfangshalle und Endeavour Room verband. Er trat vorsichtig an die Tür, und da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, klopfte er an. Niemand bat ihn herein.

Jim atmete tief durch, dann schob er die Tür auf. Sie bot leichten Widerstand. Er hörte, dass etwas Metallisches über den Boden kratzte.

»Hallo?«, rief er beim Eintreten. »Ist hier drin alles in Ordnung?«

Ein schneller Blick nach unten enthüllte, dass etwas eindeutig nicht in Ordnung war. Das Kratzen hatte ein Bat’leth erzeugt, das auf dem Boden lag. Jim nahm an, dass Martock es beim Hinausgehen hatte fallen lassen.

Die Klinge war voller Blut.

Jim trat über die Waffe hinweg ins Innere des Toilettenraumes und verfolgte die scharlachroten Fußspuren des Klingonen.

»Ist hier jemand?«, rief er.

Eine Reihe von Toilettenkabinen rechts verhinderte den freien Blick in den Raum. Jim umrundete sie vorsichtig, bis er die Waschbecken und Urinale im hinteren Teil erreichte.

Da lag eine blutige Gestalt in einer schnell gerinnenden rotschwarzen Pfütze.

»Hotelsicherheitsdienst«, sagte Jim und ging näher heran. »Leben Sie noch?«

Ihm fiel auf, dass die Gestalt die gleichen schmutzigen Sportschuhe trug wie die Frau, die er an Martocks Verkaufsstand hatte schlafen sehen.

Dann erkannte er, dass ihr der Kopf fehlte.

Jim wich an die Waschbecken zurück. Es gelang ihm gerade noch, sich an einem Becken festzuhalten, sonst hätte er das Gleichgewicht verloren. Er kämpfte gegen die Übelkeit an und versuchte, die Sache auf die Reihe zu kriegen. Der Klingone hatte die Frau mit seinem Bat’leth geköpft, den Säbel dann an der Tür fallen lassen und war abgehauen.

Jim wandte sich um und schaute in den Spiegel. Mitten auf dem Glas war ein großer scharlachroter Fleck. Sein Blick fiel auf das Waschbecken unter dem Spiegel.

Das blutige Gesicht einer jungen Frau starrte ihn an.

Der vernünftige Teil seines Verstandes sagte ihm, dass die Wucht der Enthauptung ihren Kopf gegen den Spiegel hatte knallen lassen. Er war abgeprallt und ins Waschbecken gefallen. Der urweltliche Teil seines Verstandes schrie ihm zu, er solle die Beine in die Hand nehmen, und zwar sofort.

Einen Moment lang behielt die Vernunft die Oberhand. Jim musterte das Gesicht. Auf der Stirn befand sich eine eigenartige violette Wucherung. Sie sah exakt so aus wie der Fleck auf Sarahs Schulter, war aber größer, mit einem Durchmesser von etwa fünf Zentimeter. Ansonsten sah sie genauso aus.

Jim beugte sich vor, um sie genauer in Augenschein zu nehmen.

Plötzlich platzte die Geschwulst auf und enthüllte ein voll entwickeltes, ihn wütend musterndes Auge. Es schaute ihn direkt an.

Jims vorgetäuschte Vernunft ergriff die Flucht. Er wich zurück, prallte von der Toilettentür ab und lief so schnell hinaus, wie seine schlotternden Beine ihn trugen. Er hielt erst an, als er am Empfang stand.