14 | In einer Welt der Pistolen auf die Messer hören
Eine Minute später stand ich in einem kleinen Hinterzimmer. Wobei ich ein wenig überrascht war ob der geschmackvollen Einrichtung. Nirgends Velours, nirgends Symbole der Zuhälterei. Kein Koks auf dem Glastisch, überhaupt kein Glastisch, sondern weißes Holz. Klare, einfache Formen. Mick saß auf irgendeinem Klassiker der Moderne. Hinter ihm standen die beiden jungen Männer, die zuvor an der Bar gewesen waren. Nervöse Kinder, dachte ich mir. Natürlich wären mir die drei Grazien lieber gewesen.
»Sie waren drauf und dran, die Partie zu verlieren, das wissen Sie«, erinnerte ich Mick an seine uneingestandene Flucht.
»Um das zu sagen, stören Sie?«
»Ihre drei Schönheiten haben mich bestohlen. Es geht um die Plastiktüte, die neben mir auf der Bank lag. Für mich hat der Inhalt einen großen Wert, für diese Damen nicht. Ich glaube kaum, daß die drei überhaupt wissen, was das ist, was sie da entwendet haben.«
»Hören Sie, mein Guter, ich bin weder vom Raubdezernat noch der persönliche Moralapostel von Gina, Yvonne und Rebecca – welche übrigens nicht meine Angestellten sind, sondern freie Mitarbeiterinnen.«
»Ja, ja, ich weiß schon. Das hier ist ein Architekturbüro. Trotzdem, Herr Mick, ich muß Sie bitten, die drei anzurufen. Ich will meinen Besitz zurück. Nicht morgen, nicht in einer Stunde, sondern sofort.«
»Und was, wenn nicht? Werden Sie dann ungemütlich?« Mick lachte. Offenkundig war er sehr viel weniger klug und hellsichtig, als man angesichts seiner Erzählung ob eines in die Zukunft geflüchteten Schriftstellers hätte annehmen können. Er schien mich allen Ernstes für ein … wie sagt man in Wien? … für ein Würschtl zu halten. Als würden Würschtl es wagen, die Hinterzimmer von Zuhältern zu betreten. Er hätte sich eigentlich denken können, daß ich wußte, was ich tat.
»Ich würde es wirklich bevorzugen«, erklärte ich, meine Worte mit dem Ton echter Müdigkeit ausstattend, »wenn wir dieses kleine Problem friedlich aus der Welt schaffen könnten. Darum schlage ich vor, ich setze mich jetzt wieder an die Bar, bestelle einen Kaffee, und in einer Viertelstunde kommt jemand und bringt mir, was mir gehört. Eine Viertelstunde ist realistisch. Die Damen schlafen sicher noch nicht. – Ich verlange von Ihnen nur etwas, was ich von Ihnen auch verlangen kann.«
Das schien Mick anders zu sehen. Er faltete die Hände, als wollte er beten, preßte die beiden Zeigefinger gegen seine Lippen und schüttelte ungläubig den Kopf. Dann öffnete er seine Lippen zu einem kleinen Spalt, ließ aber gewissermaßen die Kette vorgehängt und murmelte: »Alter Depp.«
Wie gesagt, ich sehe wie fünfzig aus. Ich finde allerdings nicht, daß das ein hohes Alter ist. Mick mochte vielleicht dreißig sein, freilich merkte man ihm die vielen langen Nächte an. In zwanzig Jahren würde er sich die Schminke fingerdick auftragen müssen, um nicht an einen Autounfall zu erinnern.
Egal! Mick gab seinen beiden Jungs ein Zeichen. Ganz klar, sie sollten mich vor die Türe setzen.
Gewalt macht mich traurig, umsomehr, als ich ein Teil von ihr bin. Sie ist in der Regel unnütz. Würde die Gewalt Probleme lösen, die anders nicht zu lösen sind, gut, ich wäre sofort dafür. Doch meistens bedeutet die Gewalt einen verzichtbaren und leidvollen Umweg. Würden wir nämlich genau hinschauen, wüßten wir von vornherein, wie ein bestimmter Krieg – in der weiten Welt oder mitten in der Familie – ausgehen wird. Wir könnten uns also ersparen, ihn zu führen. Es gibt nichts zu verteidigen, wenn es schon verloren ist. Und ginge es wirklich um die Ehre, nun, dann würden wir nicht mit Bomben schmeißen und foltern und kleine Kinder mit reinziehen.
Wäre es irgendwie möglich gewesen, hätte ich die beiden Jungs, die jetzt breitschultrig auf mich zustampften, dazu eingeladen, eine Partie Schach zu spielen. Aber so lief das leider nicht. Kein Schach, keine Würde, viel Unglück. Einer zog ein Messer.
»Wollt ihr mich abstechen?«
Es war Mick, der antwortete: »Aber ich bitte Sie, wir sind doch keine Fleischhacker. So ein Messer ist halt ein Symbol. Dafür, daß es einem ernst ist.«
»Ja, aber wie ernst denn bitte?« fragte ich. Und sagte: »In einem Messer steckt stets die Wahrscheinlichkeit, daß es auch benutzt wird. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche. Darum sollten wir es nie als Symbol mißbrauchen. Außer, wir zeichnen oder modellieren es. – Dieses Messer hier ist aber unglücklicherweise vollkommen echt.«
Und indem ich das sagte, schob ich meinen Arm vor. Wenn es sein muß, bin ich schnell. Sehr schnell. Ich habe gelernt, Bewegungen zu optimieren. Ich führte meine offene Hand knapp an der Klinge entlang, packte die Hand des Jungen und drückte meinen scharfen Daumennagel in seinen Muskel. Der Junge löste unwillkürlich die Faust. Ich erwischte das Messer, indem ich zwei Finger spangenartig um den Griff fügte und mit einer Drehung um die Achse die Richtung der Klinge verkehrte, sodaß jetzt die Spitze auf den Angreifer zeigte. Auf diese Drogendealer- und Jungzuhälterexistenz. Türke wohl. Ich kann nicht behaupten, daß ich die Türken mag. Obgleich ich in einem gebildeten Milieu lebe, wo man nichts gegen sie sagt. Sich nichts zu sagen traut, um nicht intolerant dazustehen. Doch wozu tolerant sein? frage ich mich. Vor allem: tolerant gegen wen? Gegen Leute, die ihre Töchter einsperren, die ihre Söhne auf die Straße schicken, weil sie zu faul oder zu blöd sind, ihnen aus einem Buch vorzulesen? Leute, die sich der Religion wie eines Schlagstocks bedienen, um ihre autoritäre Energie auszuleben? Ich weiß schon, daß nicht alle Türken so sind, daß es auch liberale Türken gibt. Bloß, daß ich keine kenne. Die, mit denen ich zu tun habe, sind nicht tolerant. Das kann man sehen. So wie man ja auch sehen kann, wenn so ein paar Jungs dir auf der Straße entgegenkommen und dich dazu zwingen, ihnen auszuweichen. Was soll ich von denen halten? Daß sie nur spielen wollen? Nein, diese Leute verachten alles Liberale. Selbst der Mann, der das türkische Restaurant führt, wo ich früher oft zu Gast war. Ein freundlicher, geradezu vornehmer Mensch. Ich habe mich einmal mit diesem freundlichen, vornehmen Menschen über Familie und Erziehung unterhalten. Seither mache ich einen Bogen um ihn und sein Lokal. Vielleicht bin ich ein Rassist, gut möglich. Ich mag ja auch keine Vögel. Sogar hier auf der Erde mag ich sie nicht, obwohl sie da gar keine Plage sind. Ich denke, der Rassismus ist nur dort ein Problem, wo er mit einem Vernichtungswillen einhergeht. Überlegenheitsgefühl aber ist etwas anderes. Gar keine Frage, ich fühle mich Leuten, die ihre Kinder einsperren und ihnen eine verderbliche, noch dazu religiös verbrämte Arroganz antrainieren, ja, ich fühle mich ihnen überlegen. Als Bürger von Botnang wie als Außerirdischer vom Planeten X. So ist das.
Daß ich jedoch zustach, hatte mit alledem nichts zu tun. Oder wenigstens fast nichts. Mag schon sein, daß ich bei Yvonne oder Rebecca nicht zugestochen hätte. Immerhin vermied ich es, den jungen Türken an Brust oder Bauch zu treffen. Ich wählte seinen Oberarm. Was natürlich ebenso schiefgehen kann.
»Verdammt!« Er sah ungläubig auf das Blut, das aus der Wunde strömte.
»Du…!« fauchte mich der andere Junge an.
Ich fuhr meine freie Faust aus. Brauchte nicht einmal richtig hinzusehen. Ich schlug ihm auf die Nase. Das ist tatsächlich das Beste, was man tun kann, die Nase treffen. Die Nase ist weicher als das Kinn. Sie bildet gewissermaßen den Bauch des Gesichts. Einen Spitzbauch. Der Junge fiel nach hinten und krachte auf den schönen weißen Bauhaustisch.
Während ich registrierte, daß der eine Türke sich den Oberarm hielt und der andere seine Nase, bemerkte ich, wie Mick in sein Jackett griff.
»Das würde ich nicht versuchen.«
Mick stoppte in der Bewegung, sodaß es jetzt aussah, als wollte er sich bloß ans pochende Herz fassen, stierte mich mit seinen Senfaugen an und meinte: »Wie hätte ich wissen können, daß Sie ein Profi sind?«
Ich erklärte ihm, daß es ja wohl das eigentliche Wesen von Profis sei, nicht als solche daherzukommen und der ganzen Welt sternsingerartig ihr Profidasein zu offenbaren. Dazu ergänzte ich: »Lassen Sie bitte Ihre Pistole, wo sie ist. Es würde nichts bringen. Ich wäre flinker als Sie.«
Das war nicht einmal gelogen. Denn immerhin hatte ich noch das Messer des ersten Angreifers in der Hand. Von meinem eigenen, mit dem ich Nix erledigt hatte, einmal abgesehen. – Ich bin seit jeher ein Freund der Messer. Pistolen mag ich weniger. Pistolen sind wie Touristen. Sie sind laut. Sie sind auffällig. Sie sind eine Gefahr. Für die Welt, aber auch für sich selbst. Die Einfachheit einer Pistole verführt dazu, daß jeder meint, damit umgehen zu können. Bei einem Messer ist das anders. Das Messer hat eine archaische Qualität. Der Jäger muß lautlos sein, behende, konzentriert. Er muß haushalten können, weil er ja nicht ständig neue Messer nachfüllen kann, wie man Magazine nachfüllt. Haushalten ist eine gute Devise.
»Außerdem«, sagte ich, »möchte ich Sie nicht verletzen. Ich brauche Sie. Ich will meinen Stein zurück.«
»Stein?«
»Kein Stein, wie Sie sich das denken. Kein best friend eines girls. Sondern ein Fossil. Er hat für niemanden einen Wert außer für mich. – Jetzt nehmen Sie also bitte das Telefon und geben den Damen Bescheid. Damit wir endlich ins Bett kommen. Beziehungsweise ins Krankenhaus. Ihr Mann braucht einen Arzt.«
Mick nickte. Er gab dem Jungen mit der demolierten Nase ein Zeichen. Dieser rappelte sich hoch, wankte hinüber zu seinem Kollegen, drückte ihm eine zusammengefaltete Jacke auf die Wunde, stützte ihn, und zusammen verließen sie den Raum. Arme Schweine. Prädestiniert fürs Gefängnis, während einer wie Mick stets an der Justiz, wie an den Niederlagen im Schach, vorbeilaviert.
Mick, der Lavierer, nahm sein Handy und begann zu telefonieren. Ich sagte ihm, ich würde draußen im Lokal warten, und wechselte wieder an die Bar, wo noch immer der Mann stand, der mich bedient hatte.
»Vielleicht einen Whisky?« fragte er.
Nach einer solchen Nacht mochte ein kleiner Schluck kein Fehler sein. Ich nickte also. Der Barkeeper füllte ein Glas und stellte es mit einer leichten Verbeugung vor mich hin. – Wären nur alle Leute…
Eine Viertelstunde später stand Yvonne vor mir. Ich hatte sie zuerst gar nicht erkannt. Ohne ihre schwarzen Strümpfe, mächtigen Wimpern und roten Haare. Sie trug ein fleckiges T-Shirt, und ihr Haar war blond und dünn und deprimierend. Sie betrachtete mich vorwurfsvoll und legte die Tüte mit dem Stein auf die Theke. Dann wollte sie gehen.
»Sind Sie mit dem Auto hier?« fragte ich.
Sie wandte sich um und lugte über einen unsichtbaren Brillenrand.
Ich erklärte ihr, daß ich in die Universumstraße müsse, es mir wahrscheinlich aber schwerfiele, den richtigen Weg zu finden.
»Kann ich vielleicht auch noch mit einem Fick dienen?« fragte die Frau ohne rote Haare.
Komisch, daß sie das fragte. Tatsächlich hatte ich Lust. Obgleich sie bar ihrer Verkleidung alles andere als eine attraktive Person war. Doch ich mag diesen etwas verlebten Typus. Frauen an Supermarktkassen, Frauen, die aus Fabriken kommen, Laborantinnen, Grundschullehrerinnen. Mir gefällt dieses Gebrochene, die Müdigkeit in der Stimme und der Bewegung. Der blasse Teint, dieser ganz grundsätzliche Pigmentverlust. Wie ausgewaschen. Ich gestehe, meine Frau ist ganz anders. Aber es ist ja auch nur so eine gewisse Lust…
»Also gut«, sagte Yvonne, »ich fahre Sie.«
Wir gingen nach draußen. Das grelle Tageslicht fuhr mir in die Augen, als sei ich mitten in einen physikalischen Versuch geraten. So ein Urknallexperiment. Ich hielt mir eine Hand vors Gesicht und folgte Yvonne zu einem kleinen Wagen. Wir stiegen ein. Sie fuhr mich die wenigen Gassen hinüber in die Universumstraße, wo dank der hohen Bäume das Licht in erträglich kleinen Splittern herumflirrte.
»Hier ist es«, sagte ich.
Yvonne hielt vor dem Haus, in welchem die Pension Leda untergebracht war.
»Wieviel?« fragte ich.
»Wieviel was?«
»Wenn Sie mit hochkommen.«
»Ist das dein Ernst?«
»Nicht duzen«, bat ich. »Das kann ich nicht ausstehen. Wir wollen ja nicht etwa Freunde werden, oder?«
»Nein, sicher nicht«, sagte sie. Dann nannte sie einen Betrag, der völlig in Ordnung ging. Offensichtlich wollte sie, nachdem sie mich bestohlen hatte, nicht auch noch unverschämt sein.
Ich mache so etwas selten. Denn ich mag ja meine Frau. Aber mit Mögen hat es eben nichts zu tun. Der Sex mit jemandem, den man nicht kennt, ist anders. Es ist wie Urlaub in der Fremde. Im Gegensatz zu jenen nicht minder schlechten Urlauben, die man in der nächsten Umgebung verbringt. Dennoch, es ist ganz bezeichnend, daß die meisten Urlauber in der Ferne zu Exaltationen neigen, zu übermäßigem Konsum von was auch immer, zu Ausschweifungen, zu sinnlosen und gefährlichen Dingen wie Kraterbesteigungen und Paragliding. Dicke, unsportliche Menschen kommen plötzlich auf die Idee, sich in Taucheranzüge zu zwängen und ein Meer zu erkunden, das ihnen völlig gleichgültig ist. Diese ganzen Fische kann man sowieso in jedem größeren Aquarium sehr viel besser bestaunen. Aber in den Zoo geht man eben zu Hause. In der Fremde steigt man ins Meer, wenn das Meer schon mal da ist. Und natürlich, weil das Meer ein bißchen gefährlich ist. Oder sogar sehr. Umgekehrt nützt man einen in der Heimat verlebten Urlaub zu vernünftigen Dingen wie Fahrradfahren und Hobbygeologie. Hier hat man es mit einer Landschaft zu tun, die man tatsächlich liebt. Aber wie ich schon sagte, es geht nicht um Liebe. Der außereheliche Sex ist der Versuch, über die geradezu waghalsige Annäherung an einen fremden Menschen die eigene Fremdheit auszuleben. Wenn man das vernünftig angeht, sich an ein paar Grundregeln hält, ist das eine gute Sache. Man darf nur nicht übertreiben. Man kommt ja auch nicht auf die Idee, das gesamte Jahr über auf einer blöden Insel zu hocken und Krabbensuppe zu schlürfen.
Ich übertreibe nie.
Yvonne war der pragmatische Typ. Sie fragte mich, was ich gerne hätte. Sie fragte ohne Verachtung und ohne Leidenschaft. Und dann tat sie, worum ich sie bat und wofür ich sie bezahlte. – Vielleicht ist das für mich das eigentliche Abenteuer: diese Kälte. Müßte ich mir eine Insel aussuchen, dann Grönland.
Ich war übrigens erstaunt gewesen, daß mir Frau Leda keine Schwierigkeiten bereitet hatte, als ich da mit einer Frau in die Pension gekommen war. Ihr Blick war zwar ein strenger gewesen. Doch diese Strenge hätte allem möglichen gelten können. Auch meiner etwas unordentlichen Frisur. Jedenfalls hatte Frau Leda nichts gesagt, sondern stumm und düster den Schlüssel ausgehändigt.
Nachdem Yvonne gegangen war, legte ich mich zwei Stunden schlafen. Als ich erwachte, fühlte ich ein kleines Brett in meinem Kopf. Ein Brett mit Nägeln von der Art, die immer rostig und immer schief hineingeschlagen sind. Ich stand auf, schluckte ein Aspirin, zog mich an, nahm den Archaeopteryx und ging hinüber zur Rezeption. Zu meiner Erleichterung stand einer der angeblichen Söhne hinter der Theke. Er legte mir eine Rechnung vor, die ich ein wenig hoch fand. Ich blicke ihn fragend an.
»Eine Nacht, zwei Personen«, sagte er.
Nun, da hatte er auch wieder recht. Wenn ich schon aus diesem merkwürdigen Haus ein Stundenhotel machte, durfte ich mich nicht wundern, daß das ins Geld ging. Ich zahlte also und verließ die Pension.
Als ich auf die Straße trat, um in ein wartendes Taxi zu steigen, kam gerade Frau Leda um die Ecke, einen Korb mit frischem Gemüse im Arm. Sie fragte: »Na, geht’s wieder heim?«
»Ja, zurück nach Stuttgart«, gab ich zur Antwort.
Sie lachte im Stil einer Alarmanlage, kam sehr nahe heran, faßte mich an der Wange und zog mich zu sich hinunter. Ich spürte ihren warmen Atem. Und vernahm ein Dröhnen aus ihrem Inneren. Wie aus dem Bauch eines Ozeanriesen. Zwischen diesem Dröhnen, dem Stampfen der Maschinen, drangen ihre Worte nach oben. Sie sagte so leise wie deutlich: »Man kann die Vögel nicht umbringen.«
Sie ließ meinen Kopf los, wandte sich ab und trat ins Haus.
Ich wollte noch etwas sagen. Etwas von der Art, daß die Hoffnung als letztes stürbe. Aber ich glaube, das ist eine dämliche Fußballweisheit. Ich sagte also nichts. Ohnehin hätte Frau Leda mich nicht mehr gehört. Ich setzte mich ins Taxi und ließ mich zum Bahnhof bringen.
Draußen war Wien und kochte in der Sommerhitze vor sich hin. Hauptsache, ich war weg, wenn das nächste Gewitter losbrach.
Das ist so ein Klischee, daß die Welt, wenn sie untergeht, damit in Wien anfängt. Wenn man für dieses Klischee irgendwo unterschreiben kann, her damit!