5 | Ein Witz?
Lorenz Mohn nutzte den Rest des Nachmittags, um zu einem befreundeten Tischler zu fahren, mit welchem er die Frage nach der Art der Regale erörterte, die er für sein Geschäft plante. Entscheidend erschien ihm dabei weniger die Anordnung der Gestelle, sondern vor allem die Frage nach dem richtigen Holz. Und Holz würde es sein müssen. Also betrachtete er die Musterplatten, ließ sich die Vor- und Nachteile der Holzarten erklären und begab sich am Abend mit den gesammelten Informationen nach Hause.
Mohns Wohnung war geschmackvoll gestaltet, zugleich aber ein wenig lieblos und unpersönlich. Man sagt wohl »kalt« dazu, obwohl der rötliche Parkettboden und das sanfte Licht aus mannshohen Stehleuchten eine wohnliche Wärme suggerierten. Trotzdem, es handelte sich eben um eine kalte Wärme, wie ja auch der ganze Lorenz etwas von dieser kalten Wärme in sich trug. Eingedenk dessen, daß, wenn jemand gerade aus der Hölle kam, er innerlich ausgesprochen kalt war. Wie anders sollte er gegen die äußere Hitze gewappnet sein. Nun jedoch, ins Diesseits getreten, sehnte er sich nach Liebe. Und nach einem poetischen Heroismus, der sich genau daraus ergab, ein Handarbeitsgeschäft zu eröffnen. Die Kälte wärmte sich am Gedanken an eine bessere Zukunft.
Lorenz holte sich ein Flasche Bier und nahm auf einem wuchtigen kubischen Lederfauteuil Platz, um mittels der Fernbedienung einen Fernsehbildschirm in Betrieb zu setzen, wie man sich vielleicht vorstellt, daß ein Drache durch bloßes Ausatmen einen Kamin anfeuert. Eine lächelnde Dame sprach gerade über den Aktienmarkt. Sehr nett, wie sie das tat. Überhaupt war es diesen Leuten, die über Aktien redeten, gelungen, eine gewisse Harmlosigkeit, ja Lustigkeit des Themas vorzutäuschen. Wozu es bestens paßte, daß Börsennachrichten gerne im Umfeld vom Sportnachrichten und dem Wetter angesiedelt sind, wo ja gerne ein bißchen geblödelt wird. (Allerdings wird der Sport uns nicht umbringen. Das Wetter schon eher, aber ebenfalls nicht richtig. Sehr wohl hingegen der Aktienmarkt. Es ist, als hätte ein Spielkasino die Macht über die Welt übernommen, ein Kasino, in dem sich die Roulettekessel wie verrückt drehen und die Spieler kaum mit dem Verlieren nachkommen. Und mit Spielern sind klarerweise alle gemeint, auch – beziehungsweise erst recht – jene, die gar nicht mitspielen. Der Aktienmarkt quillt aus unseren Klosetts und unseren Waschbecken, aus den Waschmaschinen und Klimaanlagen und überflutet uns mit der nicht gerade wohlriechenden Ausscheidung sinnlos gewordener Werte. – Als richtiges Spiel wäre das ganz in Ordnung, als Brettspiel oder Kartenspiel oder Computerspiel. Diese ganze Privatisierung, dieses An-die-Börse-Gehen, wie Sechzehnjährige sagen, sie würden jetzt endlich mal ins Puff gehen, das könnte man bestens unterbringen in den virtuellen Welten derjenigen, die ein zweites Leben leben. Aber wieso es zulassen, daß rotierende Roulettekessel der ganzen Welt den Kopf abtrennen?)
Das Bier schmeckte Lorenz, obgleich er ahnte, daß irgendwann auch aus den Bierflaschen die stinkende Sauce verwesender Wertpapiere dringen würde. Doch davon wollte er jetzt nichts wissen, wechselte das Programm und war bald vor dem flachen, an die Wand gepreßten Bildschirm eingeschlafen.
In seinem Traum war Ostern. Er dachte das zumindest, weil überall Leute mit bemalten Eiern durch die Gegend liefen, Rieseneiern, die sie wie Hinkelsteine auf dem Rücken trugen. Es war ein blöder Traum, von der Sorte, bei der man sagt, so was gibt’s nur im Traum. Gleichwohl verspürte Lorenz eine würgende Angst: Ebenfalls mit einem solchen Ei beladen, fragte er sich auf Grund dessen nicht nur beträchtlicher Größe, sondern auch beträchtlicher Schwere, was sich in diesem Ei befinden könnte. Schokolade? Marzipan? Schwere Luft? Oder doch etwas sehr viel Unangenehmeres? Denn die fröhliche Bemalung erschien ihm eher wie ein sarkastischer Kommentar. Als würde man einem Monster eine Schleife aufs gruselig verbeulte Haupt setzen. Freilich wurde Lorenz bald klar, worin der Fluch bestand. Nämlich darin, dieses Ei nie und nimmer abstellen zu können. Denn einmal zu Boden gelassen, würde es auseinanderbrechen und sich sein ganzer Schrecken offenbaren. Darum also erduldeten Lorenz und die anderen die Qual, erduldeten es, wie in einem verrückten Comic ihre Ostereier durch die Gegend zu schleppen und…
Es klingelte.
Wie gut, daß es hin und wieder klingelt und man von der blöden Eiertragerei befreit wird. Allerdings war es ein bleiernes Erwachen, nachdem Lorenz die ganze Nacht in seinem Sessel zugebracht hatte. Es war auch nicht sein Wecker, der sich meldete, sondern die Türglocke. Lorenz schlüpfte aus dem tiefen Möbel – einen Moment überlegend, daß der klassische Schrecken eines großen Eis vor allem darin bestand, daß man selbst es war, der in diesem Ei zur Welt kam –, streckte sich sodann zu voller Größe und wechselte in den kleinen Flur, um die Wohnungstüre zu öffnen.
Er gehörte nicht zu den Menschen, die durch ein Guckloch sahen, bevor sie aufmachten. Wer oder was sollte schon vor der Türe stehen? Im schlimmsten Fall die Polizei. Es war aber nicht die Polizei, sondern die kleine, alte Dame von nebenan, die tagein und tagaus mit einer weißen Schürze zu sehen war und welche stets den Geruch von Weihnachtsgebäck verströmte.
Seit Jahren kam Lorenz regelmäßig in den Genuß, daß ein Teller mit Zimtsternen, Vanillekipferln, Maroniherzen, Schokotrüffeln, Kokoskugeln, so liebevoll wie raffiniert verzierten Petits fours, mitunter auch Torten- oder Strudelstücken, abgedeckt von einer Klarsichtfolie, auf seinem Abstreifer stand. Zwar hatte er versucht, der freundlichen Nachbarin klarzumachen, daß er ihre Liebenswürdigkeit durchaus schätze, aber aus Gründen seines Ernährungsplans den Verzehr von Süßspeisen meide. Doch entweder hatte die gute Frau ihn nicht verstanden, oder sie hatte ihn nicht verstehen wollen. Wie auch immer, Lorenz war dazu übergegangen, die Leckereien stets zu seinen Drehterminen mitzunehmen und dort zu verteilen. Seine Kolleginnen achteten nämlich sehr viel weniger auf ihre Figur. Man kann überhaupt sagen, daß in der Pornographie bei weitem nicht so viele gertenschlanke und magersüchtige Frauen herumlaufen wie etwa in den Modejournalen. Es ist darum auch so wenig zu verstehen, wieso die meisten Frauen gegen die Pornographie Sturm laufen, sich aber gleichzeitig den ganzen Vogue- und Madame-Dreck hineinziehen. Geht es vielleicht gar nicht darum, daß Frauen ein Problem damit haben, reduziert zu werden? Geht es ihnen vielleicht nur darum, wer sie reduziert?
Jedenfalls hatten die Süßigkeiten jener weißbeschürzten Nachbarin immer den allergrößten Anklang bei den Schauspielerinnen und den Drehleuten gefunden. Und keinem war begreiflich gewesen, wie Lorenz so hart gegen sich selbst sein konnte, nicht ein einziges Stück dieser wunderbaren Naschereien zu verkosten.
Weil aber das alte Leben des Lorenz Mohn vorbei war und er ja auch beschlossen hatte, weniger auf seinen Körper und mehr auf seinen Seelenfrieden achten zu wollen, war er nun höchst erfreut, die alte Dame zu sehen.
Wie hieß sie noch schnell? Er konnte sich nicht erinnern. Zudem mußte er leider feststellen, daß sie statt eines mit Leckereien gefüllten Tellers ein Briefkuvert in der Hand hielt. Mit ihrer kleinen Stimme erklärte sie: »Das wurde für Sie abgegeben, Herr Mohn.«
»Wann?«
»Heute früh.«
»Von wem?«
»Das weiß ich nicht«, sagte die alte Dame. Sie erklärte, das Kuvert auf dem Boden ihres Vorzimmers gefunden zu haben. Offensichtlich sei es von jemandem durch den Briefschlitz geworfen worden. Und offensichtlich habe dieser Jemand die Türen verwechselt, denn es stehe ja deutlich zu lesen Lorenz’ Name darauf.
Gerne hätte Lorenz die Frau jetzt nach einer Süßspeise gefragt. Sie selbst, die Frau, roch so herrlich danach. Ihre Schürze, ihr Haar, ihre Haut, man kann sagen, sogar ihre Sprache noch verströmten den Geruch von warmer Butter und erhitztem Zucker. Und erst recht drang der Duft aus der offenstehenden Wohnung der alten Dame. Der Gang füllte sich damit, das ganze Haus.
Aber natürlich unterließ es Lorenz, eine Kostprobe zu erbitten. Eine Kostprobe, die sich hoffentlich zu späterer Stunde, auf dem obligaten Teller serviert, einfinden würde. Im Moment freilich war nichts anderes zu tun, als das Kuvert zu nehmen. Lorenz tat dies, bedankte sich und wünschte einen schönen Tag. Aber im verbalen Nachfassen ließ er sich doch noch zu der Frage hinreißen, was denn heute gebacken werde.
»Mohnkuchen, Herr Mohn.«
Es klang wie ein dummer Witz. Aber es war keiner.
So ist es häufig. Viele Dinge, die wie ein Witz daherkommen – etwa Tarifverhandlungen zwischen Leuten, die gewissermaßen miteinander im Bett liegen und auch dafür bekannt sind, daß sie das tun –, erweisen sich als ernstgemeint. Nie würde einer dieser sich lautstark oder unbeugsam gebenden Verhandlungsführer auf die Idee kommen, sich einmal hinzustellen und zu erklären, dies alles sei nur ein Kasperltheater: die nächtelangen Krisensitzungen, das aufgeregte Hin- und Hergefahre, das tagelange Okkupieren von Luxushotels, das Gequake bezüglich eigener Vernunft und fremder Unvernunft, die Streikdrohungen, ja die Streiks selbst, das Beleidigtsein, das Nachgeben, das Aufeinandertreffen in der Mitte, das Millimeter- und Promillegetue, dieses ganze Affentheater, das sich über Tage und Wochen zieht und das zwei mathematisch versierte Sekretärinnen in fünf Minuten über die Bühne kriegen würden.
Die Dinge kommen als Witz daher. Aber wir lachen nicht. Wir nehmen alles ernst. So lange, bis es auch ernst ist.
Lorenz ging in die Küche und drückte den Knopf seiner vollautomatischen Kaffeemaschine. Der kleine Roboter preßte in Sekundenschnelle das erhitzte Wasser durch die perforierte Kapsel und entließ einen Strahl dunkler Flüssigkeit. Wenn Braun stirbt, dann hat man einen Espresso.
Er griff nach der Tasse, ging zurück ins Wohnzimmer, setzte sich in seinen Fernseh- & Schlafsessel, nahm einen Schluck Kaffee und öffnete endlich das Kuvert. Es steckte ein einfaches Blatt darin, auf dem sich eine mit Schreibmaschine gefertigte Nachricht befand. Bereits der bloße Anblick verursachte ihm ein unangenehmes Gefühl. – Das Schriftbild von Schreibmaschinen, diese gewisse Fragilität der Buchstaben, ihre mitunter invalide Körperlichkeit erinnern stets an jene Zeit, da man Verbrecher noch mittels der Eigenheit einer bestimmten Type (meistens des vielbenutzten »e«) überführen konnte. Schreibmaschinen hängt der Verdacht an, in einem quasi körperlichen Verhältnis zu ihren Benutzern zu stehen, sodaß jeder Abdruck der Maschine zugleich einen Abdruck des Schreibenden darstellt. Darum darf es nicht verwundern, daß heutzutage, in einer Epoche glanz- und charakterloser Computerausdrucke, der Umstand einer mit Schreibmaschine erfolgten Mitteilung augenblicklich in einem kriminellen Kontext gesehen wird.
So empfand es auch Lorenz. Und fühlte folglich schon vor der Lektüre eine Angst aufkeimen.
In der Tat handelte es sich weder um einen Liebesbrief noch um die Nachricht einer Behörde. Und wenn es ein Witz war, dann ein schlechter. Denn hier war zu lesen:
Lassen Sie die Hände von dem Laden. Und lassen Sie die Hände vor allem von Sera. Für den Fall, daß Sie meinen, diese Warnung nicht ernst nehmen zu brauchen, sollte es kein Problem sein, Ihnen eine kleine Lektion zu erteilen. Sie sind ja ein gutaussehender Kerl und wissen doch gewiß, wie häßlich das aussieht, wenn man in eine Eisenstange hineinläuft und einem nachher der Kiefer bis zur Brust hängt. Wollen Sie das haben, schöner Mann? Sie wären schlecht beraten, es auf einen Versuch ankommen zu lassen, selbst wenn Sie meinen, die Kieferchirurgie leiste heutzutage Erstaunliches. Das wird sehr übertrieben. Alles kriegen diese Ärzte auch nicht hin.
Hoffentlich haben Sie verstanden.
Mehr stand nicht auf dem Papier. Aber es reichte ja. Lorenz merkte, wie ihm die Hitze, die in der Regel nur seine Füße und Beine betraf, nun bis zum Kopf schoß. Er stand jetzt ganz in Brand. Tropfen von Schweiß traten aus seiner Haut. Es versteht sich, daß das nicht der Moment war, wo eine Schale Espresso ihn retten würde. Also erhob er sich, ging ins Badezimmer und hielt seinen Kopf unter die Wasserleitung. Das Wasser war viel zu warm, trotzdem half es. Lorenz beruhigte sich, atmete wieder, ja er lachte fast, wenigstens für einen Moment sich der Illusion hingebend, es eben doch nur mit einem schlechten Scherz zu tun zu haben.
Aber Hand aufs Herz. Wer würde ein solches Schreiben einfach zur Seite schieben? Oder wer würde sich sagen: Sollen die nur kommen, damit ich ihnen zeigen kann, wer da in wessen Eisenstange hineinläuft und nachher mit einem Hängekiefer herumläuft?
Würde man so denken? Vielleicht dann, wenn man etwas Derartiges in einem Roman liest. Aber wohl kaum im wirklichen Leben. Jedenfalls verflog rasch jene Belustigung, zu der Lorenz sich gezwungen hatte, um sich erst einmal aus der inneren Feuersbrunst zu befreien.
Er setzte sich wieder, fand wieder zurück zu seinem Espresso und begann damit, sich zu überlegen, wer ihm diesen Brief geschickt haben könnte. Zunächst einmal tippte er selbstredend auf Lou Bilten. Überhaupt wirkte eine Botschaft, in der die Formulierung »schöner Mann« fiel, weiblich. Das galt auch – bei aller demonstrativen Brutalität – für das Bild eines bis zur Brust hängenden Kiefers. Männer würden wohl eher damit drohen, den Kiefer in tausend Stücke zu zerschlagen, und in der Folge erklären, daß ein auf diese Weise behandelter Gesichtsknochen nur noch für ein Völkerkundemuseum taugte. Etwas von dieser Güteklasse. Aber »hängend«?
Andererseits war es eigentlich schwer vorzustellen, daß eine Person wie Lou Bilten auf die Idee eines anonymen Schreibens verfiel, wenn sie doch eine solche Drohung offen heraus ins Gesicht ihres Feindes schmettern konnte. Und wenn schon ein Brief, dann hätte ihn Lou ganz sicher unterschrieben, während dieses Schriftstück hier ganz ohne Signatur war.
Wer also konnte diesen Versuch einer Einschüchterung verfaßt haben? Ein Verehrer von Sera, von dem Lorenz noch nicht wußte? Ein Freund von Lou, welcher dieser den Gefallen tat, einen Eindringling in die Flucht zu schlagen?
Fragte sich allerdings, warum gleich im ersten Satz die Forderung aufgestellt wurde, daß Lorenz die Hand von der Bäckerei Nix lassen solle. Was hatten der Laden und Sera gemein? Oder war es nur als grundsätzlicher Hinweis gemeint, in dieser Straße und dieser Gegend nicht willkommen zu sein?
Viele Fragen taten sich auf. Fragen, die Lorenz bedrängten. Denn schließlich waren es nur noch wenige Stunden hin, bis er im Büro des Maklers erscheinen sollte, um den Mietvertrag zu unterschreiben. Eine Handlung, die möglicherweise die Erfüllung des Versprechens nach sich zog, Lorenz mit einer Eisenstange bekannt zu machen.
Lorenz Mohn war trotz seines durchtrainierten Körpers alles andere als ein Draufgänger. Er ließ sich nie in Streitigkeiten oder gar Schlägereien ein. Wenn jemand ihn eine »schwule Sau« nannte, und das kam schon mal vor, so gut, wie er eben aussah, dann ignorierte er dies in der Regel. Es waren oft seine Begleiterinnen, welche die anpöbelnden Männer zur Räson brachten. Denn dafür besaß Lorenz nun wirklich ein Händchen: immer mit Frauen – gleich, ob Kollegin oder Geliebte– zusammen zu sein, die wußten, wie man großmäuligen Männern das Herz aus der Brust riß. Diese Frauen hatten alle etwas von einer Priesterin oder einem Orakel. Und wer wollte sich mit einem Orakel anlegen? In jedem Fall war Lorenz ganz ohne blaue Augen und eingeschlagene Nasen durchs Leben gekommen. Und diese schöne Regel wollte er auch als Betreiber eines Strickwarengeschäfts aufrechterhalten. Denn weiche Wolle und lädierte Kiefer waren eine schlechte Kombination.
Andererseits war es so, daß er sich zu hundert Prozent sicher war, daß nur dieses eine Geschäftslokal in der Rosmalenstraße in Frage kam. Und ebensowenig Zweifel bestand für ihn darin, daß Sera die Frau war, nach der er ein Leben lang gesucht hatte. Würde er jetzt aus Angst vor irgendwelchen Gewalttätigkeiten darauf verzichten, den Mietvertrag zu unterschreiben, beziehungsweise es unterlassen, Sera noch einmal sehen zu wollen, dann wäre dies gleichsam das Ende seines Lebens. Denn es würde immerhin bedeuten, sich einem langersehnten Schicksal zu verweigern und in der Folge im Vakuum purer Vermeidung vegetieren zu müssen. Dann schon lieber riskieren, in eine Teufelei zu geraten.
Und so kam es, daß Lorenz Mohn drei Stunden später im Büro des Maklers saß und eine ungewöhnlich großspurige Signatur unter den Vertrag setzte. Wahrscheinlich war diese Großspurigkeit dem heiligen Moment zu verdanken. Denn im Grunde war es ein Vertrag mit der Zukunft, einer Zukunft, zu der Lorenz ohne Wenn und Aber, inklusive Eisenstangen, ja sagte. Und nicht zuletzt galt dieses Ja natürlich auch Sera. Man könnte sogar sagen, daß selbiger Mietvertrag die Vorübung auf einen Ehevertrag darstellte, den Lorenz einst unterschreiben wollte.
Als Lorenz das Büro verließ, fühlte er sich zuversichtlich wie selten noch. Und wenn da irgend jemand war, der Krieg wollte, dann sollte er ihn eben bekommen.
Tja, das sagt sich so.