5

 

Fain blieb hin­ter ihm zu­rück, und als der Ab­stand zwi­schen ih­nen sich ver­grö­ßer­te, spür­te Skal­lon, wie ei­ne Last von ihm ab­fiel. Die Schie­ße­rei, der To­te – das al­les hat­te ihn doch mehr auf­ge­regt als ihm lieb sein konn­te. Aber das Schlimms­te wa­ren Fains lei­den­schafts­lo­ses Ge­sicht und sei­ne kal­ten, kal­ku­lie­ren­den Au­gen. Zu­ge­ge­ben, der Mann ver­stand et­was von sei­ner Ar­beit. Aber die ru­hi­ge Wild­heit, mit der er sie ver­rich­te­te, konn­te Skal­lon mür­be ma­chen. Si­cher, er selbst war auch trai­niert wor­den. Si­mu­la­ti­ons­übun­gen auf der Er­de, com­pu­te­ri­sier­te Sze­na­ri­os, Jagd­the­ra­pie und was es sonst noch gab. Aber Fain war hier drau­ßen ge­we­sen, auf an­de­ren Wel­ten. Er war an­ders. Und noch jetzt, da Skal­lon vor­aneil­te, er­picht dar­auf, von sei­nem Part­ner weg­zu­kom­men, sprang ein An­den­ken an die­sen Mann ne­ben ihm her, steck­te die Na­se ins Ge­büsch, lausch­te mit auf­ge­stell­ten Oh­ren nach selt­sa­men Ge­räuschen und er­forsch­te den Weg mit schlitz­för­mi­gen Au­gen.

Al­vea. Ach­sel­zu­ckend schob Skal­lon die Er­eig­nis­se der letz­ten Stun­den bei­sei­te. Er blieb ste­hen, reck­te den Hals und sog die Luft in sich hin­ein. Al­vea. Kein Si­mu oder ei­ne an­nä­hernd ähn­li­che An­la­ge auf der Er­de, son­dern der gan­ze, ech­te, gott­ver­damm­te Pla­net.

Rie­sen­far­ne nick­ten im Wind. Kleb­ri­ge Pol­len juck­ten in sei­nen Na­sen­lö­chern. Die Far­ne spreiz­ten ih­re großen We­del wie Schir­me, fuch­sin­rot und le­der­ar­tig und von kom­ple­xen blau­en Adern durch­zo­gen. Skal­lon hör­te, wie Scor­pio ste­hen­blieb. Der Hund frag­te sich wahr­schein­lich, warum sie an­hiel­ten. Na, soll­te er. Skal­lon hat­te Jah­re dar­auf ver­wandt, die­sen Pla­ne­ten zu stu­die­ren. Und jetzt war er hier. Er woll­te ver­dammt sein, wenn er auch nur das ge­rings­te ver­säum­te.

Er wand­te sich um, und Na­men zuck­ten durch sei­ne Ge­dan­ken, als er die Pflan­zen iden­ti­fi­zier­te. Lu­gen­ta­na, haa­ri­ge Far­ne, die sich mit trä­ger An­mut be­weg­ten und un­ter de­nen er sich vor­kam wie ein klei­ner Wurm, der in der wo­gen­den See un­ter ei­nem Ko­ral­len­riff trieb. Ba­zar­taeus ala­tan, pfau­en­blaue Wat­te­ku­geln, die plötz­lich zu ei­nem Ne­bel klei­ner Spo­ren zer­platz­ten. Rees­jat, gum­mi­ar­ti­ge Stäm­me, durch­lö­chert von den Bau­ten klei­ner Tie­re. Ca­ta­ka­si, bän­der­för­mi­ge Pa­ra­si­ten, glit­zernd wie ge­häm­mer­tes Kup­fer, das sich an die ro­ten und oran­ge­far­be­nen Stäm­me klam­mer­te. Glän­zen­de Rut­le­ria, fei­ne Net­ze zwi­schen Ju­we­len von Blü­ten. Har­tes vio­let­tes Licht schim­mer­te durch das ho­he Blät­ter­dach.

„Was. Ist.“

„Nichts. Ich schaue nur.“

„Wo. Nach.“

„Schon gut. Ge­hen wir wei­ter.“

Wenn du ster­ben müß­test, könn­test du dir kei­nen hüb­sche­ren Ort da­für aus­su­chen, dach­te er säu­er­lich. Die Zeit war so kost­bar, daß er sich nicht er­lau­ben konn­te, Al­vea gründ­lich zu be­trach­ten, und er ver­mu­te­te, daß sich das wäh­rend der ge­sam­ten Missi­on nicht än­dern wür­de. Kein Platz für Tou­ris­ten. Kei­ne Zeit – noch ein­mal warf er einen Blick nach oben, wäh­rend er Scor­pio nach­eil­te, und ro­si­ges Gras griff nach ihm mit feuch­tem Flüs­tern –, um die Ge­gend zu füh­len. Um die gol­de­nen Ran­ken zu be­trach­ten, die so dünn wa­ren, daß schon ei­ne leich­te Bri­se sie in un­sicht­ba­ren Strö­mun­gen schwim­men ließ. Um den ste­chen­den Duft der schim­mern­den Blät­ter zu rie­chen, die er streif­te. Um zu le­ben, we­nigs­tens ein­mal, statt ge­dan­ken­los ein­her­zu­stamp­fen und der Kar­rie­re nach­zu­ja­gen.

„Je­mand.“

„Wie weit?“ frag­te Skal­lon. Er zwin­ker­te über­rascht.

„Sieb­zig. Me­ter. Nä­her.“ Pau­se. „Nä­her.“

„Geh in De­ckung. Ver­steck dich.“

In Se­kun­den­schnel­le war Scor­pio un­ter ein paar runz­li­gen Farn­blät­tern ver­schwun­den. Skal­lon be­schloß, ab­zu­war­ten und zu se­hen, wer da auf dem Pfad auf­tau­chen wür­de, aber dann fiel ihm ein, daß es selt­sam aus­se­hen muß­te, wenn er da so ein­fach mit­ten im Dschun­gel her­um­ste­hen wür­de. Er hör­te das Ra­scheln ei­ner Be­we­gung. Has­tig sprang er vor­an und ging auf das Ge­räusch zu.

Ein klei­ner, fet­ter Al­vea­ner kam um ei­ne Bie­gung des Pfa­des her­an. Skal­lon ver­lang­sam­te sei­nen Schritt nicht. Das Ge­sicht des Man­nes wirk­te zu­sam­men­ge­drückt zwi­schen den flei­schi­gen Fal­ten sei­ner Wan­gen. Noch nie im Le­ben hat­te Skal­lon je­man­den ge­se­hen, der so fett war. Di­as, Bil­der von Al­vea­nem, ja, aber die Wirk­lich­keit … Er be­hielt den Rhyth­mus sei­ner Schril­le bei. „Heil“, sag­te er.

„Ja?“

„Wißt Ihr, wo ich einen klei­nen Hand­wa­gen fin­den kann?“

„Ihr seid in Not?“ sag­te der Mann mit sanf­ter Stim­me.

„Ich bin ein Pil­ger. Aus dem Sü­den. Ich ha­be …“

„Ja, al­ler­dings. Mir kam Eu­re Spra­che gleich be­kannt vor.“ Der Mann lä­chel­te ein we­nig, als sei er er­freut über sich selbst, weil er rich­tig ge­ra­ten hat­te. „Einen Hand­wa­gen könnt Ihr wahr­schein­lich bei der Bahn­sta­ti­on fin­den, vier Ki­lo­me­ter von hier.“

„Ihr seid über­aus freund­lich. Ich wer­de für Euch be­ten, in der Kir­che von …“

„Ja, ja“, mur­mel­te der Mann. Er ver­lor das In­ter­es­se. „Gu­te Rei­se.“ Be­hut­sam trat er um Skal­lon her­um und setz­te sei­nen Weg fort. Auch Skal­lon ging wei­ter. Sein Atem ging wie­der et­was leich­ter. Die ers­te Prü­fung hat­te er be­stan­den. Die Dou­bluth-Ge­wän­der schie­nen dem Mann nicht auf­ge­fal­len zu sein. Sie wa­ren von mat­tem Pur­pur­rot und hat­ten oran­ge­far­be­ne Fle­cken, und ge­le­gent­lich bläh­ten sie sich im Wind, der wis­pernd durch den Dschun­gel strich.

„Al­les. In. Ord­nung.“

Skal­lon fuhr zu­sam­men, als Scor­pi­os ein­tö­ni­ge Stim­me aus ei­nem Fle­cken auf­blü­hen­der Pil­ze her­vor­drang. „Klar. Al­les ta­del­los ge­lau­fen. Aber du hältst dich doch bes­ser ab­seits vom Weg. Du kannst par­al­lel ne­ben­her lau­fen.“

Der Hund ver­schwand wie­der. Skal­lon schlug jetzt ein schnel­les Tem­po an. Es war schon Nach­mit­tag im Sechs­und­zwan­zig-Stun­den-Tag von Al­vea, und er woll­te in der Stadt sein, be­vor es dun­kel wur­de. Die Stra­ßen auf der Er­de wa­ren nachts le­bens­ge­fähr­lich, und er war nicht si­cher, ob es in­fol­ge der al­vea­ni­schen Fest­ta­ge und der Aus­wir­kun­gen der Pest­jah­re hier nicht ge­nau­so war.

Er wür­de nach An­zei­chen der Seu­chen Aus­schau hal­ten müs­sen. Al­les, was er über Al­vea ge­lernt hat­te – oh­ne je­mals hier­ge­we­sen zu sein –, ba­sier­te auf den ru­hi­gen Jah­ren. Meh­re­re Jahr­hun­der­te lang wa­ren die Al­vea­ner von den epi­de­mi­schen, ver­hee­ren­den Krank­hei­ten nicht heim­ge­sucht wor­den. Jetzt aber wa­ren sie zu­rück­ge­kehrt, und schlim­mer als zu­vor. Es wa­ren heim­tücki­sche Er­kran­kun­gen, die die Au­gen her­vor­quel­len lie­ßen, bis der Druck ein Blut­ge­fäß im Kopf zer­plat­zen ließ, Krank­hei­ten, die den Ma­gen zer­fra­ßen, und An­fäl­le von Ra­se­rei, die die Ah­nungs­lo­sen er­grif­fen und sie tan­zen lie­ßen, bis sie in ih­rem irr­sin­ni­gen Tanz ih­re Fü­ße zu blu­ti­gen Stümp­fen zer­stampft hat­ten und tot auf der Stra­ße zu­sam­men­bra­chen. Und das al­les, weil die al­vea­ni­sche Bio­lo­gie so lang­sam ar­bei­te­te. Al­les, dach­te Skal­lon, weil der Mensch dort ein­zu­drin­gen ver­such­te, wo er in Wahr­heit nicht hin­ge­hör­te, kos­te es, was es wol­le.

Al­vea war ei­ne schein­bar fried­li­che Welt, als die Men­schen sie ent­deck­ten. Sei­ne un­er­meß­li­chen grü­nen Ozea­ne ström­ten über von Le­ben, und das Land be­her­berg­te zahl­lo­se Pflan­zen­for­men. Es gab so­gar ein­zel­ne zag­haf­te Ver­su­che tie­ri­schen Le­bens – Fi­sche, die dumpf die schlam­mi­gen Ufer­ge­wäs­ser durch­streif­ten, un­be­hol­fe­ne In­sek­ten, die in ei­ner Par­odie auf das Flie­gen durch die Luft tau­mel­ten. Und so ka­men Män­ner und Frau­en her und för­der­ten die sel­te­nen und ge­winn­brin­gen­den Bo­den­schät­ze aus der Er­de. Aber der F6-Stern, den Al­vea um­kreis­te, spie all­zu­viel ul­tra­vio­let­tes Licht her­ab. Krebs brei­te­te sich aus. Zucht­tie­re konn­ten sich nicht fort­pflan­zen. Zu­erst star­ben ei­ni­ge Ar­ten von Kü­hen und Ka­nin­chen, dann wei­te­re und schließ­lich Men­schen.

Die ers­ten Ko­lo­nis­ten funk­ten zur Er­de und ba­ten um Hil­fe. Dies ge­sch­ah in der ex­pan­sio­nis­ti­schen An­fangs­pha­se der Neu­en Re­naissance. Die Er­de war reich, oder sie hielt sich zu­min­dest da­für. Sie sand­te ein Team von Bio­ad­ap­tern her­auf. Die­se stu­dier­ten die kom­ple­xen Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen mensch­li­cher Phy­sio­lo­gie und al­vea­ni­scher Öko­lo­gie. Die Pro­ble­me la­gen nicht auf der Hand. Es ging nicht dar­um, daß Men­schen nur links­ge­dreh­ten Zu­cker ver­dau­en kön­nen, wäh­rend Al­vea nur rechts­ge­dreh­ten her­vor­brach­te. Die Schwie­rig­kei­ten wa­ren viel sub­ti­ler. Win­zi­ge Men­gen von Spu­ren­ele­men­ten in den mensch­li­chen Zel­len er­schöpf­ten sich auf Al­vea. Un­we­sent­li­che Pro­zent­bruch­tei­le von Bor und In­di­um, che­misch nicht kom­pa­ti­bel mit dem bio­che­mi­schen Haus­halt des mensch­li­chen Or­ga­nis­mus, führ­ten schließ­lich zu ei­nem Stau von Ab­fall­pro­duk­ten in be­stimm­ten Zel­len. Die Nu­kleo­ti­den rea­gier­ten trä­ge. Die Kon­ta­mi­nan­ten ver­ban­den sich. In der Mit­te vie­ler Zel­len bil­de­te sich ein Kranz von Ab­la­ge­run­gen. Zum Teil be­schleu­nig­te dies den Al­te­rungs­pro­zeß. Wei­te­re sol­cher Fehl­ent­wick­lun­gen häuf­ten sich und ver­ur­sach­ten na­gen­de Krebser­kran­kun­gen. Es gab kei­ne Mög­lich­keit der Ab­hil­fe, es sei denn, man ver­än­der­te die ge­sam­te Bio­sphä­re von Al­vea oder man mo­di­fi­zier­te die Men­schen, die dort leb­ten. Die Neue Re­naissance war ex­pan­siv, aber nicht toll­kühn. Man ent­schied sich für die ge­ne­ti­sche Ver­än­de­rung der paar tau­send Men­schen.

Aber kei­ne Ver­än­de­rung an der DNS-He­lix hat nur einen ein­zi­gen Ef­fekt. Die Ket­te von Kon­se­quen­zen bringt im­mer auch Über­ra­schun­gen mit sich. Die Ver­träg­lich­keit für ein neu­es Ele­ment be­dingt zu­gleich auch ei­ne ge­ring­fü­gi­ge Schwä­che in be­zug auf einen an­de­ren Fak­tor der Um­welt. Der Mensch hat­te sich an die Er­de an­ge­paßt, weil Mil­li­ar­den win­zi­ger Le­ben den Preis da­für ge­zahlt hat­ten. Al­les Le­ben wur­de von der schwe­ren Hand der Aus­son­de­rung ge­steu­ert. Auf Al­vea konn­te die ge­ne­ti­sche For­schung einen großen Teil die­ser Op­fer um­ge­hen, aber eben nicht al­le. Die Men­schen paß­ten sich an, in­dem sie ei­ni­ge Ele­men­te der DNS-He­lix be­hut­sam neu ar­ran­gier­ten. Phos­phor und Was­ser­stoff wur­den an ei­ne an­de­re Stel­le ge­drängt. Aber das un­um­gäng­li­che Kal­kül der Ver­er­bung be­deu­te­te, daß die nächs­te Ge­ne­ra­ti­on neue Ver­wund­bar­kei­ten und an­de­re Ängs­te auf­wei­sen wür­de.

Ein schla­gen­des Ge­räusch riß Skal­lon aus sei­nen um­her­schwei­fen­den Ge­dan­ken. Et­was kam mit sanf­tem, feuch­tem Häm­mern auf ihn zu. Er riß den Kopf hoch, als ein rie­si­ger, schlan­ker Vo­gel im Wind her­ab­ge­glit­ten kam und an Ge­schwin­dig­keit ge­wann. Ein Klatsch­flü­gel. Bei je­dem Auf­wärts­schwung schlu­gen die le­der­ar­ti­gen Flü­gel ge­gen­ein­an­der; das war sein Paa­rungs­ruf. Der Vo­gel sah Skal­lon ge­las­sen an und glitt dann in den Dschun­gel.

Auch ei­ne ge­ne­ti­sche An­pas­sung. Die­ser hat­te als See­vo­gel an­ge­fan­gen, er­in­ner­te Skal­lon sich. Ein Fal­ke oder et­was Ähn­li­ches. Jetzt paß­te er durch ein ent­spre­chen­des Trim­men sei­ner Ge­ne in ei­ne öko­lo­gi­sche Ni­sche. Ein kal­ku­lier­tes Ge­schöpf, ja, aber auch ein schö­nes. Das Son­nen­licht schim­mer­te blau, als die Flü­gel ge­gen­ein­an­der­klatsch­ten. Be­hen­de husch­te der Vo­gel durch die Luft, die ihn um­hüll­te.

Skal­lon sah ihm nach. Ein neu­es Ge­räusch stieg aus dem schwei­gen­den Dschun­gel em­por. Ein per­len­der Ton, von vorn. Er ging wei­ter, und das Ge­räusch wur­de stär­ker. Er über­quer­te ei­ne brau­ne Plan­ken­brücke und sah hin­un­ter. Was­ser hüpf­te und tanz­te un­ter ihm, und es schleu­der­te Fa­cet­ten von Licht in sei­ne Au­gen.

Was­ser. Was­ser, das of­fen da­hin­ström­te, in ei­ner Art von Gra­ben mit un­re­gel­mä­ßi­gen Ufern. Fri­sches Was­ser, das of­fen dalag, wo es je­der, der vor­über­kam, steh­len konn­te. Skal­lon starr­te hin­un­ter auf das Zeug. Er stieg hin­un­ter zum Rand und schöpf­te ei­ne Hand­voll auf. Es war über­ra­schend kühl und schmeck­te wie ein phos­pho­res­zie­ren­der Ner­ven­trank, war je­doch oh­ne den be­täu­ben­den Ef­fekt. Er trank mehr da­von. Es war ver­flucht gut.

Bil­der aus sei­ner Kind­heit stie­gen in ihm em­por: ein äthe­ri­scher Wald, ver­mensch­lich­te Tie­re, die dro­hen­de Ge­gen­wart des Men­schen im­mer im Hin­ter­grund. Dis­neys Bam­bi, ei­nes der großen Wer­ke der Ver­gan­gen­heit, aus den letz­ten Ta­gen des bri­ti­schen Em­pi­res, er­in­ner­te er sich. Sei­ne Freun­de, die die Me­di­en stu­dier­ten, hat­ten ge­sagt, daß es un­echt wir­ke, daß es of­fen­sicht­lich Pro­pa­gan­da für das herr­schen­de Sys­tem sei. Skal­lon be­zwei­fel­te das. Der Film hat­te ei­ne el­fen­haf­te Qua­li­tät, voll von hüp­fen­den Reh­l­ein und zit­tern­den, leuch­ten­den Re­gen­trop­fen. Er war an­ders als je­de Pro­pa­gan­da, die er kann­te. Die wirk­li­che Pro­pa­gan­da hat­te einen ernst­haf­ten Bei­ge­schmack, als hät­te sich das Pu­bli­kum stirn­run­zelnd zu kon­zen­trie­ren. Nein, Bam­bi war ein spon­ta­nes Pro­dukt, so frisch wie die­ser Dschun­gel. Und die­ses Was­ser­ding – plötz­lich er­in­ner­te er sich an das ver­al­te­te Wort: die­ser Bach – war hier, weil nie­mand dar­an dach­te, es zu ka­na­li­sie­ren und das Was­ser zum Ge­brauch zu spei­chern, ehe man es in den Ozean entließ. Trotz sei­nes Stu­di­ums, trotz der Si­mu­la­tio­nen und Ho­los von Al­vea hat­te Skal­lon nie dar­an ge­dacht, daß es hier Bä­che ge­ben kön­ne.