ACHT

Ich ertappte mich dabei, wie ich David taxierte. Ich suchte nach möglichen Ähnlichkeiten mit jemandem, der für die Nazis in Paris gewesen war, irgendeine höhere Charge, die mit Kunst zu tun gehabt hatte. Wer mochte Davids Großvater gewesen sein? Für die Regierung tätig war ein dehnbarer Begriff. Was das äußerliche Klischee betraf, bot Davids Physiognomie keine Anhaltspunkte. Sein Gesicht wirkte so »deutsch« wie das von Maria Callas. Andererseits wußte ich überhaupt nicht, was typisch deutsches Aussehen ist. Manche bei uns zu Hause stellen sich einen Typen in Lederhose vor, der an einem Eisbein kaut. Die Nazis hatten wohl eine andere Idee im Kopf gehabt. Vielleicht entsprach Davids Vater deren Bild, jedenfalls vor der Tat und bevor er in sich zusammensank. Aber das brachte mich nicht weiter. Davids Mutter? Sie war eine dunkelhaarige Frau gewesen, ein eher spanischer Typ. Die Photos in der Presse zeigten sie als ausgesprochene Schönheit. Aber David ähnelte ihr trotz seiner dunklen Haare und Augen nicht. Wenn David überhaupt jemandem ähnlich sah, dann, wie ich fand, dem Maler Balthus.

Es folgte eine Zeit, in der wir oft zusammen waren. Mein Stoffwechselproblem hatte sich von selbst gelöst. Ich realisierte, daß der Schatten, der mich manchmal bedrückt hatte, wie weggeblasen war. Ich war dankbar dafür, denn diese merkwürdige Stimmung hatte sich weder mit der tatkräftigen Art meiner Mutter vereinbaren lassen noch mit der herzlichen Atmosphäre, die Bob zu Hause verbreitete. Erst recht paßte die düstere Aura nicht zu der Stadt, in der ich groß geworden war. David und ich hatten Spaß miteinander und waren unbeschwert, trotz oder wegen der Umstände, unter denen wir uns kennengelernt hatten. Jedenfalls nahm David Anteil an meiner Arbeit, und wir teilten viele Interessen. Von der Schauspielerei oder einem anderen Beruf war nie mehr die Rede. Er privatisierte. War immer da, mit Plänen, guter Laune, irgendeiner Idee. Und gut gefüllten Hosentaschen. Nicht, daß er tatsächlich Kordel oder tote Mäuse oder ein Taschenmesser darin herumgeschleppt hätte. Aber so ähnlich war es schon, wenn er mich abholte oder bei einem ersten Glas Wein auf einer Café-Terrasse auf mich wartete.

»Ich hab zwei Tickets fürs Kino nebenan.«

Oder er kam mit einer Vernissage drei Straßen weiter. Karten für die Philharmonie. Ein Restaurant, das wenige Tage zuvor geöffnet hatte. Was er tagsüber machte? Darüber sprachen wir nicht. Wir sprachen über Raubkunst. Wenn die Unterhaltung darauf kam, war David lebendiger denn je. Die günstigsten Bedingungen für die neuen Eigentümer zum Beispiel hielt die Schweiz bereit. Das Schweizer Gesetz besagt, daß nach fünf Jahren ein nicht reklamierter Anspruch auf Eigentum verfällt. Die rechtmäßigen Besitzer oder deren Erben, die oft nicht wußten, wohin einzelne Teile ihrer Sammlungen versprengt worden waren, hatten nie eine Chance gehabt. David echauffierte sich, als sei er selbst betroffen. Seine Pupillen verengten sich zu winzigen Kanälen. Man ahnte nicht einmal, wohin sie führen mochten, vielleicht in eine Ecke seines Hirns, in der er bestimmte Pläne entwarf. David wäre ein guter Anwalt geworden. Der richtige Typ für die Art Plädoyer, die der angelsächsische Prozeß vorsieht. Er sprach plastisch, durchaus emotional. Ich hatte nicht selten den Eindruck, in Berlin immer noch inmitten von Nazis zu leben, wenn ich ihn sprechen hörte.

»Stell dir vor, du gehst durch das Kunsthaus in Zürich. Plötzlich siehst du ein Bild aus der Sammlung deines Großvaters.

Du erkennst es sofort. Dennoch bist du unsicher, denn du kannst dir nicht vorsteilen, daß ein Staat die Unverschämtheit besitzt, öffentlich zu zeigen, was ihm nicht gehört. Du zweifelst an dir. Aber es gibt da eine Reihe von Photographien aus dem Haus deiner Großeltern. Tante Annie ist auch darauf. Dein Großvater am Klavier. Dein Vater spielt im Vordergrund mit einem Holzpferd, trägt einen Matrosenanzug, der kleine Kahlschädel. An der Wand im Hintergrund hängt zwischen anderen Bildern der Picasso, den du jetzt vor der Nase hast. Du meinst, das sei der Beweis, daß das Bild deiner Familie gehörte, die in Auschwitz umgekommen ist. Und als du dich an den Kurator der Sammlung wendest, sagt man dir, tut mir leid, mein Herr, aber dieses Bild hängt hier seit zwanzig Jahren. Herr X hat es rechtmäßig von Herrn Y erworben. Da hätten Sie schon 1950 kommen müssen, spätestens – und außerdem ist eine Photographie noch längst kein Provenienzbeweis. Wenn du einräumst, daß deine Familie schon ’43 geplündert wurde und danach deportiert und daß die, die gerade noch emigrieren konnten, sich um ihr nacktes Leben kümmern mußten und sich weder um den Verbleib der Bilder kümmern noch mitten im Krieg unter der Herrschaft der Nazis Ansprüche stellen konnten – zuckt der nette, kundige Kurator, der ein paar Jahre jünger ist als du, mit den Achseln und beruft sich auf das nationale Recht und die Ungerechtigkeit der Geschichte.«

»Aber das ist nur in der Schweiz so, nicht in Deutschland und auch nicht in Frankreich.«

»Wahrscheinlich hängen solche Bilder wohlweislich nur in deutschen Privatsammlungen, die einem öffentlichen Publikum nicht zugänglich sind. Wie bei uns. Man sollte sie öffentlich auspeitschen.«

»Wen?«

Kurz hatte ich die Vision eines religiösen Eiferers, als ich David so sprechen hörte. Ein berufener Mann hebt die morsche Welt aus den Angeln. Er sagt die Wahrheit. Alle glauben ihm. Eine merkwürdige Bewegung entsteht, die durch Eigendynamik immer eifriger wird. Davids Enthusiasmus war mitreissend, aber auch ein wenig abstoßend. Er war hitzig. Vollkommen undifferenziert. Manchmal hatte ich den Eindruck, als wäre er nicht ganz bei Bewußtsein, wenn er so sprach. Er gestikulierte lebhaft. Zog Grimassen. Seine Stimme – tief, fast singend. David schlug vor, eine Kampagne zu starten. Gemeinsam seien wir das ideale Paar, Reste von Raubkunst in öffentlichen wie in privaten Sammlungen aufzustöbern und bekannt zu machen, wo die einzelnen Stücke hingekommen waren, wem sie gehört hatten und eigentlich immer noch gehörten.

»Stell dir vor, wir heben sie alle aus. Guten Abend, Frau von Blabla, herzlichen Dank für Ihre Einladung. Aber ja, gerne führe ich Ihre Nichte zu Tisch. Sie sammeln auch? Ach, Sie haben die Sammlung von Ihrem Onkel geerbt? Aufgebaut in den dreißiger Jahren? Sogar Picasso? Braque? Ist ja interessant. Galt damals doch als entartet. Ihr Großvater war ein Widerstandskämpfer in Sachen Kunst? Das ist ja bemerkenswert. Was es damals alles gab! Man weiß einfach immer noch zu wenig, nicht wahr?«

Nach einer Atempause leuchteten seine dunklen Augen erregt. Leiser fügte er hinzu: »Rache nehmen. Wo sich die Täter selbst entziehen, muß man ausweichen auf die Nachkommen.«

Rache? Einen Augenblick lang war ich sprachlos. So einfach sollte die emotionale Genugtuung sein? Da klingelte mein Mobile.

»Ich habe mich gefragt, ob du nicht doch Hunger hast? Wir könnten auch ein paar Schritte spazieren gehen. Einfach an die Luft und dann einen Cocktail trinken.«

Mona. Auf einmal rief sie mich abends an. Privat. Das hatte sie vorher nie gemacht.

»Es geht nicht. Ich habe keine Zeit. Ich muß noch …«

»Jetzt? Um diese Zeit muß doch niemand mehr irgend etwas.«

Eine Frau, die sich aufdrängt. Wie ich das verabscheue. Während ich versuchte, Mona loszuwerden, war David verstummt. Er sah mich grinsend an. Ein Verbündeter. Als wüßte er, daß sie es war. Als ich aufgelegt hatte, gab er mir einen Klaps auf die Schulter.

»Los, laß uns essen gehen. Wir nehmen meinen Wagen und fahren raus an den Schlachtensee. Genau richtig für diesen Abend.«

Wir saßen in Davids Cabrio und ließen uns den Sommerwind durch die Haare wehen. Ich sah ihn von der Seite an. David drehte sich kurz zu mir und lächelte. Dann blickte er wieder auf die Straße.

Die Begutachtung des Courbet – und damit auch die Recherche – hatte ich erwartungsgemäß bereits einen Tag nach dem Tausch mit Mona abgeschlossen. Sie führte mich zu einem der neuen Berliner Häuserkomplexe, die alle ein bißchen neureich und ein bißchen geschmacklos wirken. Ich stand in einer Vorhalle aus schwarzem Granit. Über mir baumelte ein mittelalterlich anmutender Lüster, wie ich ihn aus den großen Verwaltungsgebäuden Downtown Manhattan kannte – nur waren die um 1930 erbaut. Damals fand man den düsteren Pomp in New York elegant, heute gilt das offenbar für Berlin. Merkwürdig, diese Zeitschleife aus Kitsch.

»Herr von Arnold de la Pierre erwartet Sie.«

Der Portier in dezenter Uniform – in Berlin eine neue Erscheinung – wies auf die Aufzüge im Fond. Offenbar hatte man ihm eingebleut, daß es zu seinem Job gehörte, stolz auf seinen Job zu sein: Blasierter als er konnte keiner wirken. Der Aufzug hielt im sechsten Stock. Ich hatte mir noch nicht überlegen können, wie ich den langen Gang und seine Dekoration empfand, da trat mir im mattschimmernden Licht ein junger Mann entgegen. Weißes Hemd, sehr tief aufgeknöpft, enge Jeans ohne Gürtel, von den Hüftknochen gehalten. Die Farbe seiner Augen irisierte trotz des dämmrigen Lichts wie die in der Sonne glänzenden Schuppen eines Fisches.

»Herr Dr. Saunders? Bitte kommen Sie mit mir.«

Ich wurde zu einer offenstehenden Etagentür geführt. Einen Augenblick lang zuckte ich vor dem gleißenden Licht zurück. »Herr von Arnold wird sofort bei Ihnen sein.«

Der Junge ging. Seine Bewegungen waren konzentriert und selbstvergessen, wie man sie nur bei Menschen findet, die nicht um ihre Ausstrahlung wissen. Ich sah ihm noch nach, als die Tür, die ihn geschluckt hatte, längst geschlossen war. Für eine Weile stand ich wie angenagelt dort, als hätte ich eine Erscheinung gehabt. Meine Hände wurden feucht. Verstohlen wischte ich sie an der Hose ab. Dann wandte ich mich um. Statt des düsteren Marmors ging man hier über glatt poliertes Intarsienparkett. Der lichtdurchflutete Raum endete in fünf Metern Höhe in einer umlaufenden Galerie. In einer Ecke war eine Wendeltreppe. Oben sah ich Vitrinen mit ein paar Büchern. Kein Bild, keine bemerkenswerte Lampe, kein einziger Kunstgegenstand. Auch die untere Ebene war nur spärlich möbliert. Zwei Sessel, eine leere Staffelei, sonst nichts. Zur linken Seite öffnete sich eine Fensterfront zu einer Terrasse, darauf geschnittene Buchse unterschiedlicher Größe. Nackte, schwarzlackierte Gitter. Durch die Fenstertüren sah man das Brandenburger Tor, die Lindenallee, Fragmente des Tiergartens. Das Geschehen am Leipziger Platz war schalldicht entfernt. Man war unbelästigt hier oben und doch mittendrin.

»Ich gebe zu, es ist mir manches Mal schon passiert, daß meine Angebote mit diesem Blick nicht konkurrieren konnten«, sagte eine Stimme in meinem Rücken. Ich drehte mich um.

»Roderick von Arnold de la Pierre.«

Vor mir stand ein kleiner rundlicher Mann, zu dem der Name paßte wie ein Stöckelschuh in den Matsch. Er streckte mir die Hand entgegen, machte eine kleine altmodische Verbeugung und lachte. Seine Zähne waren makellos. Ich hatte noch nie eine Schießbudenfigur gesehen, so etwas gab es in meiner Kindheit nicht einmal mehr auf Coney Island. Aber genau so wie de la Pierre stellte ich mir eine vor. Seine Gestik war heftig und schien jeden Augenblick seinen zu engen, zu modischen Anzug zu sprengen. Der runde Kopf mit den geröteten Schweinebäckchen verriet zu hohen Blutdruck. Bestimmt war dieses nicht sein erster Beruf. Vielleicht war er vorher mit Staubsaugern oder Immobilienverkäufen unterwegs gewesen oder er hatte Schweinebäuche verschickt. Ich konnte mich gerade noch beherrschen zu fragen, warum um Himmels Willen ausgerechnet er diesen Namen trüge. Ich reichte Herrn Arnold de la Pierre meine Karte.

»Wir hatten wegen des Courbet telephoniert, den Sie uns angeboten haben.«

»Das weiß ich doch, das weiß ich doch. Saunders, Saunders – könnte ich schon mit Ihrem Vater zusammengearbeitet haben?«

Angeber. Laut sagte ich: »Bedauere, meine Familie stammt nicht aus Berlin.« Lieber hätte ich gesagt, das kann ich Ihnen sagen, wenn Sie mir sagen, wer mein Vater war.

»Ach, ich dachte nicht unbedingt an Berlin, London vielleicht?«

Ich verneinte.

»Na ja, man denkt in diesem Geschäft, man müßte alle kennen. Unsere Welt ist klein. Da macht man aus ihr immer direkt einen Familienbetrieb.«

»Der Courbet stammt aus Berlin?«

»Ja, er stammt aus einer privaten Sammlung. Der Anbieter möchte gerne noch anonym bleiben. Bei Abschluß des Geschäftes gibt er natürlich seine Identität bekannt.«

»Ich würde das Bild gern sehen.«

»Natürlich, Herr Dr. Saunders, deswegen sind Sie ja hier. Ich werde es holen. Darf ich Ihnen in der Zeit etwas bringen lassen?«

Ich lehnte ab und wandte mich wieder zur Terrasse. Manchmal hatte ich den Eindruck, in der falschen Stadt zu leben. Immer häufiger kam mir der Gedanke, gelegentlich um Versetzung zu bitten, nach Paris oder Amsterdam. Oder zurück nach New York. Nicht, daß mir Berlin unangenehm war. Ich fühlte mich nur nicht wohl – trotz der Freundschaft mit David. Ich vermutete unterirdische Spuren, die nicht zur Oberfläche paßten. Vielleicht hatte Rosies Aversion mich verdorben oder ich suchte unwissentlich nach der Bestätigung ihrer Ansichten. Aber was überlegte ich da? Ich hatte kein lästiges Erbe zu verwalten. Offenbar hatte sich Monas Beschwörungsformel eingeschlichen. Wahlverwandtschaften. Lächerlich.

»Die Anbieter sind nicht in einer Notlage. Ehrlich gesagt kann ich nicht ganz verstehen, warum sie überhaupt verkaufen. Immerhin ist das Bild seit einigen Generationen in der Familie. Ich habe den Eindruck, dem Verkauf liegt ein privates, um nicht zu sagen intimes Motiv zugrunde. Aber bei so einer Ahnung fragt man natürlich nicht weiter nach.«

Davids Äußerung, daß mit dem Courbet alles – was das auch immer war – begonnen hätte, paßte dazu. Aber er würde mich doch nicht belügen! Warum sollte er? Dazu waren wir inzwischen viel zu vertraut. Ich sah mir das Bild, das Herr von Arnold auf die Staffelei gestellt hatte, genauer an. Es war, so weit ich meiner Erinnerung trauen konnte, das Bild, das ich bei Perlensamts gesehen hatte. Auf den ersten Blick sah es ganz gewiß nicht wie eine Fälschung aus. Ein weiteres aus der Serie also?

»Sie haben die Expertise?«

»Natürlich.«

»Von wem?«

Die Papiere enthielten eine Liste von Eigentümern, ein Gutachten mit Photo sowie Beschreibung und Auswertung einer Röntgenprüfung. »Sie können diese Kopien gern behalten.«

Jedesmal, wenn ich solche Unterlagen in Händen hielt, fragte ich mich, was sie wirklich wert waren. Sie sind etwas wert, soviel steht fest. Ob Rothschild auf der Liste steht oder heute Saatchi, Thyssen, Flick. Die Namen sind etwas wert, obwohl häufig die wirklichen Stationen nicht nachprüfbar sind. Oft genug wird gemogelt, manchmal betrogen. Die Firma hatte einmal einen Beuys in der Auktion gehabt, der für sechs Millionen, damals noch D-Mark, unter den Hammer kam. Die Provenienz war lückenlos. Da war nur diese Sache mit dem letzten Besitzer. Er war gerade in einen heftigen Wirtschaftsskandal verwickelt. Nicht genug. Sein Vater hatte ärgerlicherweise zur crème brulée der Nazis gehört und war nach den Prozessen von Nürnberg gehängt worden. Solche Fingerpatscher wollte niemand auf der deutschen Avantgarde hinterlassen wissen. Also ließ man diesen Eigentümer einfach weg. Das erhöhte die erzielte Summe um ein Vielfaches. Aber was eine Provenienz genau wert ist, weiß niemand. Und natürlich kommt es vor, daß ein Bild einer Sammlung entstammt, die zweifelhaft ist. Jeder weiß das. Niemand will es beweisen. Ich überflog die Papiere. Nirgendwo auf der Liste stand der Name Perlensamt. Der Experte war mir bekannt, und darüber hinaus wurden Namen von Sammlungen genannt, die man überprüfen konnte. Nur ein Idiot würde das fälschen.

»Gut. Ich gebe die Daten weiter, und Sie bekommen Bescheid, auf welche Auktion es gehen könnte, möglicherweise Ende des Jahres nach Paris, aber das entscheide ich nicht, wie Sie wissen. Ich nenne Ihnen dann auch den aktuellen Schätzpreis.«

Herr von Arnold nickte. »Auf die erste Auktion, in die es paßt. Mein Kunde möchte es – bald verkauft wissen. Das intime Motiv, Sie verstehen.«

Ich wollte es gar nicht verstehen. Mir ging durch den Kopf, was Mona gesagt hatte. Ob David der heimliche Anbieter war. Ob er vielleicht langsam damit beginnen wollte, die Sammlung aufzulösen. In diesem Fall hätte die Petersburger Hängung jetzt wohl eine leere Stelle. Es war ein sportlicher Akt, das eben zu überprüfen, reine Neugier. Herr von Arnold schien angenehm berührt, daß ich es eilig hatte.

»Sie möchten nicht vielleicht doch etwas trinken?«

»Nein, vielen Dank, ich habe in zehn Minuten schon den nächsten Termin.«

Er begleitete mich hinaus. Unten angekommen schwang ich mich aufs Fahrrad und radelte die Straße des 17. Juni unter einem wolkenlos blauen Himmel nach Westen. Ich war so gespannt, was mich in der Fasanenstraße erwarten würde, daß ich trotz meiner guten Kondition fast außer Atem geriet.