4

Zum Nutzen aller

Wenn du das Leben für eine Mahlzeit hältst und dich als Küchenmeister siehst, der alles im Griff hat – genau dann wirst du gewöhnlich abgekocht.

Im Flug beim Licht von Avalons Sternen schlug Basilgarrad seine Flügel so schnell, dass ihre Bewegungen nur verschwommen zu sehen waren. Kein Geschöpf konnte schneller als ein Drache fliegen – und er war ein Drache, der es eilig hatte. Sehr eilig.

»Merlin«, knurrte er, während er über den Himmel raste, »für einen mit so eindrucksvollen Kräften hast du jedenfalls den Bogen raus, wie man in Schwierigkeiten kommt!«

Er kniff die Augen zusammen, die grün in der Nacht leuchteten. Diese Schwierigkeiten waren häufiger geworden, zugleich gefährlicher. Für beide, Merlin und Basilgarrad. Und auch für die Welt, die sie liebten, einen Ort, der keinem anderen glich. Avalon – die magische Welt in einem Baum, aus einem Samen gewachsen, den Merlin selbst gepflanzt hatte.

Es war ein Same, das wusste der Drache genau, der mehr enthielt als eine neue und wunderbare Welt. Etwas, das auf seine Art noch größer – und sogar noch wichtiger war. Eine Idee. Dass irgendwo im weiten Universum ein Ort sein könnte, wo alle Geschöpfe aller Arten eine Möglichkeit fänden, in Harmonie zusammenzuleben. Ihre Welt mit gegenseitigem Respekt zu bewohnen. Aus ihren Unterschieden Kraft zu ziehen statt Konfliktstoff. Und die vielen Schönheiten dieser Reiche zu beschützen.

Die Avalon-Idee nannte Merlin sie gern. Es war eine Vorstellung, die Herz und Geist zugleich bewegte. Eine Vorstellung, die zunehmend gefährdet erschien. Und deshalb war er trotz seines Murrens froh, dass Merlin ihn gerufen hatte – wie der Magier es seit Neuestem öfter tat. Eigentlich so oft, dass Merlin viel mehr Zeit mit Basilgarrad verbrachte als mit seiner Frau Hallia.

Basilgarrad brüllte, während er im Drachentempo dahinflog. Es gab nur einen Platz, an dem er sein wollte – einen Platz, der dem winzigen kleinen Kerl seiner Jugend unmöglich erschienen war, einen Platz, der ihm jetzt mehr wie ein Zuhause vorkam als irgendein Ort auf dem Land. An Merlins Seite.

Er schlug regelmäßig die großen beschuppten Flügel, schaute hinunter und erkannte jedes der sieben Wurzelreiche. Bald nachdem er Waldwurzel, wo die Landschaft so frisch und angenehm roch, hinter sich gelassen hatte, bemerkte er Wasserwurzel – wo die Seen selbst im Sternenlicht in allen Regenbogenfarben schimmerten. Ein paar Minuten später: Steinwurzel, dessen Glocken er jederzeit läuten hörte, am Tag oder bei Nacht. Jetzt Waldwurzel, wo Merlin mit der Magie des Lebens den Boden angereichert hatte. Danach kam Luftwurzel, von den Sylphen YSwylarna genannt, dort sah er die geschichteten Wolken, die Tanzböden der Nebelmädchen. In weiter Ferne – ewige Dunkelheit, schwärzer als schwarz: Schattenwurzel. Und jetzt hatte er das vulkanische Reich Feuerwurzel direkt unter sich.

Er bog nach Norden, zu der gebirgigen Region, wo die Gobsken kürzlich eine steinerne Festung mit so dicken Mauern errichtet hatten, dass noch nicht einmal Drachenfeuer hindurchdrang. Trotz ihrer Abneigung gegenüber den Gobsken, für die Kämpfen so natürlich wie Atmen war, hatten Merlin und Basilgarrad entschieden, die Festung stehen zu lassen. Solange die Gobsken sie nicht als Basis zur Eroberung anderer Völker benutzten, gab es kein Problem. Und wenn die Gobsken und die Feuerdrachen durch ihre traditionelle Fehde damit beschäftigt waren, einander zu bekämpfen, konnte die Festung eine nützliche Ablenkung sein. War es zu viel Hoffnung, diese andauernde Fehde könnte die Drachen so sehr in Atem halten, dass sie ihre obsessive Gier nach den leuchtenden Juwelen der Zwerge vergaßen?

Basilgarrad flog über eine Reihe von Vulkanen und schaute nach einem Anzeichen von Merlin aus. Durch Schwefeldämpfe und ausbrechende kochende Lava bemerkte er einen Trupp marschierender Gobsken, ein Feld mit zischend heißen Lavateichen, einen Wald toter Eisenbäume mit feuergeschwärzten Stämmen und Ästen.

Aber keine Spur von dem Zauberer.

Er wandte sich leicht zur Seite und strich über die Krater eines alten Vulkans. Von den stinkenden Wolken in der Luft brannten ihm die Augen, doch er starrte unentwegt auf das versengte Gelände. Etwas an diesen Kratern erschien nicht richtig. Fast als ob …

Da! Auf dem Kamm des Vulkans erkannte er einen neuen Flammenausbruch. Aber das war nicht das Feuer geschmolzener Lava. Nein, es war das Feuer von Drachen. Sie bildeten einen Kreis und richteten ihre tödlichen Flammen auf eine Person, die in ihrer Mitte stand.

Merlin!

Er stand am Kraterrand und schleuderte Blitze von seinem Stab und goldene Feuerbälle von seiner freien Hand. Wie er da ständig herumwirbelte, während er sich vor den Flammenstößen der Angreifer duckte, glich er mehr einem Tänzer als einem Krieger. Doch das war kein Spaß. Er kämpfte um sein Leben.

Siebzehn, achtzehn, neunzehn Drachen! Basilgarrad schwirrte der Kopf. Wie konnte ein Mann, selbst ein Zauberer, einer so großen Übermacht standhalten? Und wie könnte er, der einzige Drache auf Merlins Seite, seinem Freund am besten helfen?

Er verlangsamte seinen Flug, sodass er die Szene beim Näherkommen deutlich überblickte. Von den lodernden Vulkanen und den Sternen am Himmel beleuchtet, zeigten die Angreifer alle Farben der Drachen von Feuerwurzel: rot, orange und bernsteinfarben. Und tatsächlich – unter ihnen war ein riesiger purpurroter Drache, den Basilgarrad erkannte.

Nun, nun, Lo Valdearg. Fühlst du dich schon wieder stark genug zum Kämpfen? Er schnaubte mit flatternden Nüstern. Pech für dich.

Basilgarrad fasste den Zauberer ins Auge und bemerkte sofort, dass Merlins Gesicht ungewöhnlich hager wirkte. Sein dichter schwarzer Bart war angesengt, der Saum seines Umhangs zerrissen. Plötzlich sah der Drache eine andere Gestalt, im Krater verborgen.

Hallia! Auch wenn er sie erkannte, hatte diese zusammengekauerte Gestalt wenig Ähnlichkeit mit der Frau, die vor langer Zeit Merlins Herz gewonnen hatte, deren Anmut, Güte und die Fähigkeit, sich in eine Hirschkuh zu verwandeln, in ganz Avalon berühmt waren. Jetzt hatte sie sich in einen zerrissenen blauen Schal gewickelt, lehnte an der Felswand des Kraters und duckte sich vor den verirrten Funken und Flammen. Ihr kastanienbrauner Zopf löste sich auf, ihre Hirschaugen waren voller Angst.

Etwas rührte sich im Krater und bewegte sich auf sie zu. Noch eine Person! Basilgarrad strengte sich an, durch den vulkanischen Dunst zu schauen – dann sah er, wer es war: Krystallus, Sohn von Hallia und Merlin. Er war in den vergangenen Jahren zu einem kräftigen jungen Mann herangewachsen. So groß wie seine Eltern, wirkte er mit seiner weißen Mähne sehr stattlich – trotz der Tatsache, dass er zu Merlins Enttäuschung kein Anzeichen magischer Fähigkeiten erkennen ließ. Von oben sah der Drache, wie Krystallus nach der Hand seiner Mutter griff und sie zu trösten versuchte.

Dann bemerkte Basilgarrad etwas anderes am Krater. In seiner Mitte flackerten grüne Flammen – nicht das Feuer des Kampfes, sondern das gleiche magische Feuer, das in seinen grünen Augen brannte. Das Feuer von Élano, dem mächtigsten Zauber überhaupt, dem wesentlichen Saft im großen Baum von Avalon.

Ein Portal, erkannte er ehrfurchtsvoll. Hier, im abgelegensten Teil von Feuerwurzel! War Hallia durch diese Pforte hierhergekommen? Bestimmt hatte Merlin sie nicht absichtlich hergebracht – in dieses versengte öde Land, wo niemand lebte außer kriegerischen Gobsken und zornigen Drachen.

Gerade als er mit seinen Flügeln die Landung vorbereitete, begriff Basilgarrad, warum die Krater auf diesem Kamm so merkwürdig wirkten. Anders als die Krater, die er anderswo gesehen hatte, waren sie vollkommen rund. Kreisförmig – als wären sie gegraben, erkannte er. Ausgehöhlt – von Leuten mit der Fähigkeit und den Geräten dafür. Von Leuten wie den Zwergen.

In den letzten Sekunden bevor er den Boden berührte, kombinierte er: Das sind überhaupt keine Krater. Das sind Eingänge! Zu den unterirdischen Tunneln der Zwerge. Vielleicht sogar zu …

Bevor er den Gedanken fertig denken konnte, sah er, wie Merlin einen neuen, schrecklich heftigen Flammenstoß der Drachen umlenkte. Zeit, meine Ankunft anzumelden, beschloss er – und landete mit einem donnernden Krach in dem geschwärzten Hügel neben dem Krater.

Der starke Aufprall warf Merlin fast vom Kraterrand, doch der Magier konnte sich mit seinem Stab absichern. Sofort hielten die Drachen rundum mit ihren Flammenstößen inne. In diesem stillen Moment trafen sich die Blicke von Merlin und Basilgarrad.

»Was hat dich denn so lange aufgehalten?«, fragte der Zauberer in rauem, aber liebevollem Ton.

»Oh, ich habe unterwegs ein paar Aussichten genossen.« Dann kniff der Drache besorgt die Augen zusammen. »Was hast du geplant?«

»Ich?« Merlin runzelte die Stirn. »Ich dachte, du hättest etwas geplant.«

»Grüner Drache!«, schallte eine mächtige Stimme aus dem Ring der Angreifer. »Auf welcher Seite bist du?«

Basilgarrads großer Kopf fuhr zum Angreifer herum – einem riesigen Drachen, dessen orange Schuppen vom Ruß fast ganz geschwärzt waren. Rauchsäulen stiegen aus seinen Nüstern; Zorn brannte in seinen bernsteinfarbenen Augen. Obwohl er einer der größten Drachen in dem Ring war, maß er nur zwei Drittel der Größe von Basilgarrad, der so plötzlich eingetroffen war. Lo Valdearg, der neben dem orangen Drachen stand, fuhr überrascht auf. Dann verzog er zornig das Gesicht. Rauchringel kamen aus seinen Nüstern und er riss sich wütend die Reste verkohlter Bartstoppeln aus.

»Auf welcher Seite?«, wiederholte der orange Drache. »Auf der deiner Brüder, der Drachen von Rahnawyn?« Er blies einen besonders dunklen Rauchstoß aus. »Oder auf der dieses zerlumpten Zauberers, der versucht, uns von unseren Edelsteinen abzuhalten?«

»Euren Edelsteinen?«, rief Merlin fast ebenso laut wie der Drache. »Sie gehören nicht euch, sondern den Zwergen. Die sogar jetzt unter der Erde leben, wie ich ihnen geraten habe – die aber, wenn nötig, tapfer euren Angriff abwehren würden. Ihr besitzt die Edelsteine nicht, nur weil ihr nach ihnen verlangt wie eine Mücke nach Blut.«

»Bald werden wir sie haben!« Flammenfunken flogen wie Speichel vom Maul des orangen Drachen. »Genau wie wir Drachen bald jeden Teil dieses Reiches beherrschen und jeden Gegner zermalmen werden, der uns im Weg steht.«

Neben ihm nickte Lo Valdearg und starrte auf einen Gegner im Besonderen, den einzigen Drachen, der ihn je im Kampf besiegt hatte.

Der orange Anführer stampfte mit dem Vorderbein auf den Boden und wirbelte damit eine Aschewolke auf. »Wähle jetzt, grüner Drache, denn heute Nacht beginnt der Kampf erneut. Und bevor er vorbei ist, werden alle Verbündeten dieses Hexers tot sein.«

Von innerhalb des Kraters sagte Hallia etwas zu Merlin, aber so leise, dass die anderen es nicht hörten. Der Zauberer machte zur Antwort ein grimmiges Gesicht.

Basilgarrad bewegte langsam seinen großen Körper und hob den Schwanz in die Luft. Ganz plötzlich schlug er das Knüppelende des Schwanzes mit einem hallenden Schlag herunter. Steine, Erde und Asche flogen hoch. Schwingungen erschütterten den Vulkankamm wie ein heftiges Zittern. Drei oder vier der Drachen im Kreis verloren das Gleichgewicht und rollten auf ihre Nachbarn. Während der schreckliche Knall verklang, sprach Basilgarrad – nicht nur zu dem orangen Drachen, sondern zu jedem im Kreis.

»Ich bin Basilgarrad.« Von tief in seiner Kehle stieg ein schreckliches Poltern. »Und ich stehe auf Merlins Seite.«

Sofort schoss der orange Drache – unterstützt von Lo Valdearg und den meisten anderen – eine Ladung zischender Flammen ab. Basilgarrad fuhr herum und beschützte seine Freunde im Krater mit einem Flügel und seine Augen mit dem anderen. Doch er holte nicht zum Vergeltungsschlag aus. Noch nicht.

Während die letzten Flammen versiegten, hob er den Kopf. »Ist das alles, was ihr habt?«, spottete er. »Sonst nichts?«

Ein weiterer Feuerschwall brach los – stark genug, den schwarzen Fels des Vulkankamms zu schmelzen und zischende Obsidianflüsse zu bilden. Doch wieder leiteten Basilgarrads Flügel das Feuer um. Als endlich der Flammenanschlag aufhörte, hob er wieder den Kopf. Er musterte die erbitterten Drachen und erklärte: »Flammen habt ihr, meine Cousins. Flammen und Kraft! Aber ich frage euch – was nützen sie? Sind so große Gaben zu nichts anderem gut, verschwendet ihr sie auf das Stehlen und Morden? Gibt es keine größere Aufgabe für Drachen, die wunderbarsten Geschöpfe in allen Reichen aller Welten?«

Er hielt inne und ließ seine Worte in der Nachtluft schweben. Dann senkte er die Stimme zu einem tiefen Brummen und fragte: »Warum gebraucht ihr eure große Kraft nicht für etwas anderes, etwas Verdienstvolleres? Warum gebraucht ihr sie nicht zum Nutzen aller?«

Einige Drachen, darunter Lo Valdearg, schnaubten verächtlich oder lachten laut heraus. Doch Basilgarrad ließ sich nicht irritieren. Drüben auf dem Krater nickte Merlin zustimmend, während Hallia und Krystallus die Köpfe über den Rand streckten.

»Ich bitte euch, Drachenbrüder«, fuhr Basilgarrad fort, »was ist ein Leben voll Eroberungen anderes als ein hohles Ei? Wenn alles, was ihr besitzt, von anderen gestohlen oder vom Land geraubt ist, welchen Wert habt ihr dann geschaffen? Wahrer Wert – und ja, wahre Größe – liegt nicht in dem, was wir nehmen, sondern was wir geben.«

Überraschend schauten einige Drachen einander ängstlich an. Andere spürten den Stachel seiner Worte und legten nachdenklich den Kopf schief. Ein leises, aber zunehmendes Murmeln der Unsicherheit entstand im Kreis.

»Achtet nicht auf diesen Verrat!« Lo Valdeargs Stimme donnerte und hallte von den Vulkanbergen ringsum wider. Als größter Drache im Ring – noch größer als der orange Anführer, aber immer noch kleiner als Basilgarrad – sprach er mit befehlender Autorität. Alle anderen Drachen drehten sich zu ihm. »Denn Verrat ist es!«

Ermutigt durch die Mehrheit auf seiner Seite, machte Lo Valdearg ein paar Schritte vor. Zu dem grünen Eindringling gewandt, der es gewagt hatte, die Gewohnheiten der Drachen anzugreifen, brüllte er: »Du bist nichts als ein Werkzeug – ein Schoßhund dieses Zauberers dort. Er bestimmt dein Leben, nicht du! Und ein Drache sollte frei sein. Sonst ist er eigentlich gar kein Drache!«

Fast alle Drachen im Kreis nickten mit den Köpfen. Einige schlugen die großen Schwänze auf den Boden und zeigten so ihren Beifall.

Lo Valdearg schaute dem Eindringling gerade in die Augen und spottete: »Du entehrst deine Art! Schau dich an, grüner Schoßhund! Du kannst ja noch nicht einmal Feuer ausstoßen!«

Mehrere Drachen grunzten überrascht. Nur Merlin bemerkte, dass Basilgarrad ganz leicht zusammenzuckte.

»Das stimmt«, fuhr Lo Valdearg fort. »Er mag groß sein, aber er ist immer noch nur ein Grünschnabel aus Waldwurzel. Er könnte noch nicht einmal ein kleines Lagerfeuer anzünden und schon gar nicht einen mächtigen Brand auslösen. Kein Wunder, dass er Frieden predigt – für den Krieg ist er nicht geeignet!«

Ohne Warnung blies der scharlachrote Drache auf seinen Gegner einen Brandstoß, der so mächtig war, dass er Merlin fast rücklings in den Krater warf. Doch Basilgarrad wich nicht zurück. Er drehte nur kurz den Kopf und nahm die ganze Kraft des Angriffs auf die Schuppen seines Halses und der Brust. Als die Flammen erstarben, wandte er sich langsam wieder Lo Valdearg zu.

»Du bist wirklich dumm.« Basilgarrad schüttelte den Kopf. »Noch dümmer, als du aussiehst. Und das ist fast unmöglich.«

Darauf blies ihm Lo Valdearg einen weiteren flammenden Brand ins Gesicht. Zugleich sprang er erschreckend geschwind los mit dem Ziel, die Zähne in irgendeinen Teil von Basilgarrads Körper zu senken. Wenn nur einer dieser Zähne eine Schuppe zerknackte – das wäre eine schlimme Wunde.

Zugleich rief der orange Drache den anderen zu: »Helft Lo Valdearg! Besiegt den Feind!«

Auf dieses Kommando eilte jeder Drache im Kreis vor. Mit gebleckten Zähnen bliesen sie einen Flammensturm. Blitzschnell stürzten sie sich auf ihren Gegner.

Aber nicht schnell genug. Basilgarrad drehte sich mit überraschender Geschwindigkeit von Lo Valdearg weg, dann machte er etwas völlig Unerwartetes. Er spannte den gewaltigen Körper an, peitschte den mächtigen Schwanz hoch – und wickelte ihn dem scharlachroten Drachen um den Hals. Mit betäubendem Gebrüll nutzte Basilgarrad seine enorme Kraft und Lo Valdeargs Schwung dazu, den anderen Drachen vom Boden zu heben. Er wirbelte ihn mehrfach herum, lichtete so den Kreis der Drachen und gebrauchte den Körper des anderen als Schild.

Der überraschte Lo Valdearg konnte nur ein ersticktes Gurgeln von sich geben. Die anderen Drachen, von dieser riesigen wirbelnden Keule zurückgedrängt, starrten ängstlich und erstaunt. In ihrer ganzen Stammesgeschichte hatte kein Drache je etwas so Kühnes in einem Kampf getan!

»Tötet ihn! Stürzt euch auf ihn!«, befahl der orange Anführer. »Ihr könnt euch nicht von einem einzigen Drachen besiegen lassen.«

Doch seine Anhänger schwankten. Nur eine Handvoll von ihnen griff an und jeden traf ein schmerzender Schlag von dem herumgewirbelten Körper. Zwei wurden so hart am Kopf getroffen, dass sie bewusstlos umfielen. Und immer noch wirbelte Basilgarrads Schwanz.

»Greift ihn an, ihr Idioten!« Der orange Drache schrie lauter denn je, aus seinem Maul sprühten Funken. »Los jetzt!«

Gerade da bog Basilgarrad seinen breiten Rücken und hob den Schwanz steil in die Höhe – und mit ihm den hilflosen Drachen, der seine Waffe geworden war. Mit aller Kraft schlug er Lo Valdearg hinunter – direkt auf den verzweifelten Anführer.

Die zusammenstoßenden Drachen schrien, Knochen krachten und Schuppen splitterten. Als alle Aschewolken schließlich verpufft waren, lag Lo Valdearg ausgestreckt auf dem Körper seines Anführers. Vor Schmerzen stöhnend rollte er hinunter und krachte auf den Boden. Der orange Drache, dessen Rücken gebrochen worden war, rührte sich nicht mehr.

Verwirrt, verzweifelt und völlig verängstigt flohen die anderen Drachen in alle Richtungen. Sie sprangen in die Luft und flogen, so schnell sie konnten, davon, ohne einen Blick zurück zu wagen, falls der kühne grüne Drache am Ende beschloss, sie zu verfolgen!

Auf dem Schlachtfeld besichtigte Basilgarrad die Reste der Angreifer. Direkt unter dem zusammengebrochenen Leichnam kroch Lo Valdearg, der nicht mehr fliegen konnte, gepeinigt davon. Nachdem Basilgarrad ihn ein paar Sekunden lang gemustert hatte, fügte er ihm den Schlag zu, der am meisten demütigte: Er wandte sich einfach ab.

Der grüne Drache drehte sich zu Merlin um – der ihn wie Hallia und Krystallus mit dankbarer Bewunderung anschaute – und kniff die Augen zusammen. Befriedigt und mit Genuss erklärte er: »Das soll eine Warnung sein für jeden, der es wagt, mich einen Schoßhund zu nennen.«