Podmanitzki ist pleite

 

Eines Abends kam ich zufällig ins Cafe Noga und fand den Sklavenmarkt in vollem Betrieb. Die Abschlüsse reichten von Flötensoli bis zu dreifach gestaffelten Kombinationen aus Volkstänzen, Lyrik und Wahrsagerei.

Zu spät wurde ich gewahr, daß an einem einsamen Tisch in einer mäßig beleuchteten Ecke des Lokals der Schauspieler Jarden Podmanitzki saß. Er hatte mich bereits erspäht, winkte mir lebhaft zu und bat mich, ihm Gesellschaft zu leisten. Wer Jarden Podmanitzki kennt, der weiß, daß es in einem solchen Fall kein Entrinnen gibt.

Ohne weitere Umschweife begann der Veteran des hebräischen Theaters das Gespräch:

»Ich versuche hier ein paar kleinere Engagements zu finden«, gestand er mir. »Ich bin vollständig pleite und muß rasch etwas Geld verdienen. Unsere letzte Inszenierung hatte mich restlos mit Beschlag belegt. Ein Riesenerfolg. 42 Vorstellungen im Monat.«

»Wie entsetzlich!«

»Aber dafür war unsere jüngste Premiere, toi-toi-toi, ein kolossaler Durchfall, so daß ich mich nach einem Nebenverdienst umsehen kann. Ich bin bereit, für schäbige 50 Shekel bis nach Eilat hinunterzufahren, so dringend brauche ich das Geld.«

Ein schmächtiger Mann mit dem typischen Aussehen eines Managers, wenn auch ohne Brille, trat herzu.

»Geht's am Dienstag?« fragte er.

»Ja, wenn's nicht zu weit ist«, antwortete Podmanitzki.

»Gedera. Irgendeine Jubiläumsfeier der Gemeindeverwaltung. Dauer des Programms eine Stunde.«

»Was zahlen Sie?«

»Etwas.«

Nach dieser erschöpfenden Auskunft trat der Schmächtige an einen Tisch und sprach auf den dort sitzenden Künstler ein.

Jarden Podmanitzki begann halblaut zu kalkulieren:

»Ich werde 50 Shekel verlangen... er wird mir 40 anbieten... aber für weniger als 35 geh ich nicht... 30 ist das absolute Minimum...«

Der Schmächtige kam zurück und fragte:

»Was haben Sie für Gedera auf dem Programm?«

»Krilows Fabeln.«

»Nichts zu machen. Nehmen Sie Scholem Alejchem. Und singen müssen Sie auch.«

»Ich werde singen.«

»Wir treffen uns um 7 Uhr vor dem Kaffeehaus.«

»Abgemacht. Und jetzt sagen Sie mir endlich, was Sie zahlen.«

»90 Shekel netto.«

Das Antlitz des namhaften Menschendarstellers verzerrte sich:

»90 Shekel?« brüllte er. »Sie wagen es, einem Jarden Podmanitzki 90 Shekel anzubieten? Verschwinden Sie, bevor ich Sie dem Erdboden gleichmache! Hinaus!«

Eiligen Fußes zog sich der Schmächtige zurück.

Ich wandte mich erstaunt an den wütend hinter ihm Dreinschauenden:

»Aber Sie wollten doch... unter Umständen... für 30 Shekel...«

»Jawohl, für 30 Shekel«, antwortete Podmanitzki. »Aber wenn er mir 90 Shekel anbietet, dann weiß er offenbar nicht, daß ich pleite bin. Und dann sind 90 Shekel zu wenig...«